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Eben erst hat die Provinz, die infolge der Aus wirkungen des Versailler Diktates seit Jahren das Sorgenkind des Reiches war, Ostpreußen, unter Führung ihres Oberpräsidenten Koch, in einem schlecht hin beispiellosen Ansturm die Arbeitslosigkeit über wunden. Die Provinz steht heute als erste und bisher einzige arbeitslosenfrei da. Diese Tatsache erscheint jetzt, da in Königsberg ein zweites Ereignis von größter Be deutung für Ostpreußen vor sich geht, die deutscheOst- m e s s e, fast wie eine symbolische Vorbereitung auf diese Schau der Leistungsfähigkeit ostprenßischer Industrie, ost preußischen Handels, ostpreußischen Handwerks und Ge werbes. Es will immerhin etwas heißen, wenn in der Zeit der allgemeinen Weltwirtschaftskrise die Königs berger Ostmesse des Jahres 1933 als die bisher er folgreichste angesehen werden muß. Und ein drittes Ereignis lenkt die Aufmerksamkeit aller Deutschen, die durch den unsinnigen Korridor von der äußersten deutschen Provinz im Osten sich getrennt wissen, aus dieses Gebiet, das wie kein zweites anderes in Deutschland nationalpolitisch bedroht ist: die Ost land-Treuefahrt von etwa 1500 Kraft fahrern aus dem ganzen Reich. Sie werden sich mit den Vertretern der Provinz und mit den Vertretern aus vielen anderen deutschen Gauen auch zusammenfinden, um am Tannenberg-Denkmal den Erinnerungs- tag än einen der größten Siege unseres Reichspräsidenten und Generalfeldmarschalls von Hindenburg würdig zu begehen. Alle diese Vorgänge erwecken wieder einmal die Er innerung an die vierzehn Jahre hoffnungs losen Niederganges, die diese Provinz unter der Syswmherr schäft der Novemberliuge und ihrer Bundes genossen besonders fühlbar durchmachen mußte. Ostpreußen trug wie kein anderer Gebietsteil im ganzen Reich die Folgen einer Regierungspolitik, die bei allen ihren Hand lungen zuerst ängstlich über die Grenzen des Reiches, vor allem nach Paris, schielte, die nationalpolitischen, wirt schaftspolitischen und bevölkerungspolitischen Erfordernisse Ostpreußens erst in zweiter Linie berücksichtigte, und sich durch den immer rascheren Verfall dieser einst so blühenden Provinz in keiner Weise beeinflussen ließ. Die Folgen sind bekannt. Ostpreußen, das früher eine hochen'wickelte In dustrie hatte und seine Erzeugnisse nicht nur an die nächsten Nachbargebiete des Nordostens und Südostens, sondern weit darüber hinaus bis in das außereuropäische Ruß land, nach dem Balkan, ja nach Kleinasien sandte, dieses Ostpreußen ferner, das als landwirtschaftliche Überschuß- provinz für die Ernährung des deutschen Volkes von größter Bedeutung war, diese Provinz, die an dem größeren Teil ihrer Grenzen von den immer zudringlicher werdenden Polen belagert wird, sie wurde im Laufe der Nachkriegsjahre mehr und mehr zu einer kostspieligen Zuschußprovinz für das Reich. Es fiel der regie renden Sozialdemokratie selbstverständlich nicht ein, sich selbst die Schuld an diesen Zuständen zuzuschrei- bcn. Im Gegenteil, sie verwies gegenüber den häufigen Klagen vor allem der nationalen Opposition nur darauf, daß'der langjährige Inhaber des preußischen Minister- präsidentensesscls, OttoVraun, ja selbst Ostpreuße sei und daher am besten wissen müsse, was dort zu tun sei. Daß die Sozialdemokratie angesichts der schließlich kata strophal werdenden Lage der unglücklichen Provinz mit jenem Argument sichselbst und ihren eigenen Minister präsidenten anfs schärfste an klagte, wollte sie natürlich nicht wahrhaben. So erlosch denn ein Feuer nach dem andern unter den Kesseln ostpreußischer Fabriken, denen nach allen Seiten hin das frühere Hinterland gesperrt war. So sah sich der ostprenßische Handel, das Gewerbe, der Landmann von der Konkurrenz auf dem innendeutfchen Markt fast ausgeschaltet, da infolge der großen Entfernung von den mittel- und westdeutschen Absatz gebieten und infolge der durch den Korridor verursachten Zollschwierigkeiten ostprenßische Waren und Landwirt- schaftsprodukte gegenüber den anderen Reichsgebieten untragbar verteuert wurden. Mit am stärksten hat die Auswirkung der vierzehnjährigen Marxistenherrschaft aber wohl der ostpreußische Bauer zu verspüren bekommen. Die sinnlose Steuerpolitik der Erfüllungsparteien plün derte den Bauern so lange ans, bis ihm durch Wegnahme des letzten Pferdes, der letzten Kuh die Aufrechterhaltung seines Wirtschaftsbetriebes unmöglich geworden war. wir uns nicht alle noch des oft unwürdigen Gezankes der Parteien und aller möglichen politischen Organisationen um die sogenannte „O sthilf c"? Es ge- ständig wiederkehrenden Programmpunkt in den Regierungserklärungen der Nachkriegskabinette, daß Ostpreußen m seinem Existenzkampf vom Reich und von Preußen besonders berücksichtigt werden müsse Mit großem Tamtam wurde dann die „Osthilfc" nach endlosen Vorverhandlungen gestartet. Was von ihr nach der Be friedigung eines viel zu großen Büroapparates für die Provinz dann tatsächlich an baren Mitteln noch übrigblieb, war so enttäuschend gering, daß die Klagen über dieses Sie Wil M MWM Mts. Die fremde Juristenkommission und der Reichstagsbrand. Die Antwort des schwedischen Rechtsanwalts Dr Branting an den Oberreichsanwalt, der den Schweden bekanntlich um Überlassung eines angeblich in internatio nalen Händen befindlichen Materials in der Reichs tagsbrandsache gebeten hatte, liegt jetzt vor. Branting zählt zunächst die Juristenkommission auf, dir man anscheinend für diese Einmischung in ein schwebendes Verfahren zusammengebracht hat, behauptet, „reiches Material" zu haben, und nimmt für jene völlig unbefugte Kommission die Bezeichnung „Untersuchungsausschuß" in Anspruch. Er unterstellt dem Oberreichsanwalt einfach, daß dessen Beweismaterial nicht ausreichend sei, mutz die Wichtigkeit der Vorlage jeglichen aufklärenden Materials vor dem Reichsgericht zugeben, macht aber die Herausgabe des angeblichen Materials von bestimmten „Voraus setzungen für eine freie und unabhängige Ver teidigung" abhängig. Welcher Geistesrichtung diese Juristenkommission an scheinend ist und welche Unwissenheit ihre Mitglieder gegenüber deutschen Verhältnissen haben, geht aus der Aufzählung dieser Voraussetzungen hervor, die einerseits Selbstverständlichkeiten und andererseits derartige Be kundungen von Weltfremdheit enthalten, wie etwa „menschenwürdige Behandlung der Angeklagten" und „Sicherheit des Lebens für die Verteidiger"! Als ob es sich um Rußland und nicht um Deutschland handelte! Der Oberreichsanwalt kann denn auch in seiner Ant wort betonen, daß er ja schon in seinem ersten Schreiben auch um Entlastungsbelege gebeten hat und erklärt sich mit der Vorlage etwaigen Materials durch die Verteidigung ohne weiteres einverstanden. Im übrigen macht er den schwedischen Juristen auf die freie Verteidigerwahl in Deutschland sowie aus das Recht zur Einsichtnahme in die Akten und zur ungestörten Aussprache mit den Angeklagten aufmerk sam und weist Unterstellungen, wie sie in der Forderung nach „menschenwürdiger Behandlung der An- geklagicn" und nach „Sicherheit des Lebens der Ver teidiger" liegen, nachdrücklich zurück. Der französische Schriftsteller Romain Rolland hat in einem Schreiben an den Oberreichsanwalt die Aushändigung des angeblich im Besitz des ausländischen Untersuchungsausschusses befindlichen Beweismaterials von denselben Bedingungen abhängig gemacht wie Rechtsanwalt Branting. Der Ober- re i ch s a n w a l 1 hat zu dessen Forderungen im gleichen Sinne Stellung genommen wie in dem Schreiben an Rechtsanwalt Branting. Verschiedentlich verlautete, daß der Prozeß gegen die Reichstagsbrandstifter nicht in Leipzig, sondern in Berlin stattfinden solle, da das Reichsgericht einen großen Teil der Verhandlungen ohnehin in Berlin ab halten müsse. An zuständiger Stelle des Reichsgerichts ist jedoch von einer Verlegung des Sitzes von Leipzig nach Berlin für die Dauer des Prozesses nichts bekannt; allerdings werden der Lokaltermin wie auch ein Teil der Zeugenvernehmungen in Berlin stattfinden müssen. Wie weiter verlautet, ist zu dem Reichstagsbrand stifterverfahren Rechtsanwalt Dr. Sack als Wahl verteidiger des Angeklagten Torgler zugelassen. Soll ckss Ubrültung leln? Roosevelt kommt Frankreich entgegen. Weitgehende Zugeständnisse in der Kontroll- und Sicherheits frage. In zwei Wochen begibt sich der amerikanische Ver treter auf der „Abrüstungskonferenz", Norman Davis, wieder nach Genf. In einer längeren Unter redung gab ihm Präsident Roosevelt umfassende In struktionen. Es verlautet, daß Roosevelt die früheren englisch- französischen Versuche, die Frage der Kriegsschulden mit der Abrüstung zu verkuppeln, schroff zurückwcist und beide Fragen getrennt behandelt sehen will. Die Regierung der Vereinigten Staaten werde auf der nächsten Sitzung der Abrüstungskonferenz beantragen, daß der französische Vorschlag einer Überwachung der Abrüstung grundsätzlich in den Macdonald-Plan mit ausgenommen werden sollte. Die französische Forderung nach Sicherheit solle durch Zugeständnisse in der Frage der Verteidigungs waffen wie Fcstungsanlagen usw. befriedigt werden. Der amerikanische Präsident stehe nach wie vor zu seinem Abrüstnngsplan, wie er ihn im Frühjahr bekannt gab. Er lehne es daher auch ab, weitere Kon zessionen, besonders hinsichtlich politischer Sicher heitsgarantien zu machen. Wohlverstanden: Roosevelt will diese Zugeständnisse zu Verteidigungszwecken nicht etwa dem entwaffneten und von allen Seiten bedrohten Deutschland, sondern viel zu engherzig angewandte und in seiner Anlage von vornherein verfehlte Mittel nicht mehr abrissen. So kam es, daß Hunderte und aber Hun derte ost preußischer Bauern ihren Grund und Boden am weißen Stabe als Bettler verließen, das Proletariat der Städte vermehrten und als Erwerbslose der staatlichen Wohlfahrt zur Last fielen. An der Grenze aber saß der Pole, beobachtete den Verfall mit steigender Gier und schlich sich hinter einem Strohmann als Käufer für Bauernhöfe ein. Wer noch im vergangenen Jahre unter uns behauptet hätte, gerade die Provinz Ostpreußen würde im Sommer des Jahres 1933 frei von Arbeitslosen sein, er wäre als hoffnungsloser Phantast verlacht worden. Heute, nach erst halbjähriger Herrschaft der Hitler-Regierung, ist Ostpreußen wieder als vollwertiges M i tgliev in die große Maschinerie der deutschen Wirtschaft ein gegliedert. Die Auswirkungen der wirtschaftlichen Wiedergeburt Ostpreußens werden sich noch in diesem Jahre für die ganze deutsche Volkswirtschaft bemerkbar machen. Ein zweites Tannenberg ist ge schlagen. P. A. R. der größten Militärmacht der Welt, Frankreich, machen, er scheint also über die tatsächlichen Verhältnisse ebensowenig unterrichtet zu sein wie Wilson, der 1919 bei Fricdensschluß über europäische Dinge entscheiden sollte deren Grundlagen ihm nicht bekannt waren. Sollte die Meldung in dieser Forni zutreffcn, so wäre die Haltung des Präsidenten völlig unverständlich, da sie geeignet ist, einerseits Frankreich in seiner vertragswidrigen Ver- weigernng der Abrüstung zu bestärken und andererseits die Wehrlosigkeit Deutschlands gegenüber jedem Einfall oder Angriff n o ch länger andanern zu lassen. Auch der angebliche Wunsch Roosevelts nach Aufnahme der franzö sischen Kontrollforderung in den für Deutschland ohnehin bedenklichen Macdonald-Plan bedeutet ein sehr gefährliches Zugeständnis an Frankreich; denn Frankreich wird selbstverständlich niemals eine unein geschränkte und bedingungslose Kontrolle seiner riesigen Rüstungen etwa durch deutsche Fachleute dulden, wie es auch im Sinne der Gleichberechtigung läge, aber ein etwaiges Kontrollabkommen vor allem gegen Deutschland anwenden, das ja die interalliierten Schnüffelkommissionen mit ihren Übergriffen noch sehr deutlich in Erinnerung hat. Englands neue Flotienbauten. Während die fälschlich „Abrüstungskonferenz" ge nannte Genfer Institution also im September einer neuen Rede- und Verschleppungsperiode entgegengeht, pfeift England genau wie alle anderen hochgerüsteten Staaten praktisch auf alles, was mit Abrüstung zu tun haben könnte. Aus Frankreich kommen in Abständen von einigen Wochen regelmäßig Meldungen von den Stapelläufen neuer Fotteneinheiten. In Amerika hat Präsident Roosevelt im Juli ein umfangreiches Flotten bauprogramm genehmigt. Jetzt will nach Meldungen aus London die englische Admiralität folgende Forderungen an die Regierung stellen: 2 5 neue Kreuzer, die der Größe und Rüstung nach mit den besten ausländischen Fahrzeugen gleich wertig sind, ein jährliches Kontingent v o n 15 bis 18 Torpedobootzerstörern, ein großes Unterseebootbauprogramm, er hebliche Verstärkung des Marincflicgerkorps, Ver mehrung des Personals in der Marine um min destens 1 0 0 0 0 Mann und Vermehrung der Flotten ¬ manöver. , Das amerikanische Bauprogramm, heißt es bezeichnender weise weiter in den Londoner Meldungen, insbesondere habe England „sehr überrascht", da man angenom men hatte, daß die Amerikaner den größten Wert auf eine Abrüstung zur See legen würden.