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Sächsischer Landes-Anzeiger : 17.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188806170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880617
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880617
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-06
- Tag 1888-06-17
-
Monat
1888-06
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 17.06.1888
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Nr. 139. — 8. Jahrgang. Vrr jeden Wochentag Abend (mit Datum de» folgende» Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische LandeS-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unter» baltungSblatte und mit dem Extrabeiblatt ?„stige» Bilderbuch kostet bei den Ausgabe» stellen monatlich 70 Pfg., bet den Post-Anst. 75 Pf. (1888er ZtgS.-Preisliste Nr. Mö.) Wr Abonnenten erscheint je einmal im Jahr: Zom»ier>Eisenbahnfahrplunheft für Sachsen. »inter-Eisenbahnfahrplanbeft für Sachsen. »inte»', . .. gllustr. Kalender des Sächsischen Landboten. ' ZlinstrirteS Mresbuch desLandeS-Aiizeiger-. SSchsischer §««i>ks-Kiifkijjkr mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Sonntag, 17. Jnni 1888. izelgendreiS de« „Silchs. 8ande-»«nzelaer«", aum einer schmalen Torpn-zeile ls Pfa. evvrzugte Stelle (lsvalt. Petitzeile) SO Pf. «n,eigen »reis de«. Kaum einer schm ... Vrvorzugte Stelle (lsvalt LeiWicderholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von AuSwärt» wolle man Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifügen iiestSilbenCorpuSschrist bilden ca.lZeile.) Annvncenannahnl« nur bis Vormittag. Seck«: MM Me. Buchdruckerei. Eyemnitz. Theaterstraße 5 (Fernsprcchstelle Nr. ISS). relegr.»Adr.: LandeS-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltnngsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4 Sächsisches Allerlei — 6. Jllnstrirtes Unterbaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt. Luftiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten. Vom 15. Juni. Paris. Die Nachricht vom Tode des Kaisers Friedrich wurde ! zuerst durch eine Extraausgabe des „Jntransigeant" bekannt und ver breitete sich wie ein Lauffeuer durch Paris. Die Nachmittagsblättcr enthalten bereits kurze Biographien des Verstorbenen. Der „National" I veröffentlicht unter der Ueberschrift: „Das Ende eines Reiches" einen Leitartikel, worin mit nicht wiederzugebenden Ausdrücken von Idem Nachfolger Friedrichs III. gesprochen wird. „Europe" sagt: „Der „National" hat in Friedrich 111. den besten Vertheidiger des Friedens verloren, dennoch hoffen wir, daß derselbe erhalten bleibt." „Siecle" wirft bereits einen Blick in die Zukunft; er glaubt nicht, daß die Beziehungen Deutschlands zu Frankreich sich unter Wilhelm II. Ändern werden; dennoch müsse Frankreich auf Alles gefaßt sein, und Europa müsse wissen, daß jeder Franzose sein letztes Goldstück und seinen letzten Blutstropfen für die Vertheidigung des Vaterlandes zu opfern bereit sei. London. Die Nachricht vom Tode Kaiser Friedrichs traf hier um Mittag ein. Der Prinz von Wales ist in London ange kommen und bereit, nach Berlin abzureisen. Die Abendblätter aller j Schattirungen überbictcn sich in Lobpreisungen der Tugenden des Verstorbenen als Mann, Gatte und patriotischer Fürst. Die konser vative „St. James Gazette" hebt hervor, daß er mit beispiellosem Muth an Reformen gearbeitet habe, bis der Tod ihn abrief; er habe die kurze Spanne Zeit gut ausgenützt. Die radikale „Pall Mall Gazette" sagt, er habe der Welt gezeigt, wie ein König sterben könne. In London sind die Zeichen der Trauer allgemein, im West- cnde sind die Fensterläden geschlossen. Aus der deutschen Botschaft I wurde die Flagge um ein Viertel nach 2 Uhr Halbmast gehißt. Berlin, den 16. Juni, 11 Uhr SS Min. Bormittag. Das Slrmeeverordnnngöblatt enthält einen Armee befehl des nunmehrigen Kaisers Wilhelm, Morin er auf die unverbrüchliche Zugehörigkeit der Armee zum Kriegs herrn und auf die Borbilder seines glorreichen Groß vaters und theuren Vaters hinweist und dann sagt: So gehören wir zusammen, Mir sind für einander geboren und wollen znsammcuhalten, möge Friede oder Sturm sein. — In dem Erlaß an die Marine heißt es: Die Marine I weiß, daß mich nicht nur große Freude erfüllt, ihr durch ein äußeres Band anzugehören, sondern daß mich feit frühester Jugend in UebLreinstimmung mit meinem Bruder ein lebhaftes warmes Interesse mit ihr verbindet. Berlin, 16. Juni, 12 Uhr 10 Min. Mittags. Heute I Bormittag findet die Vereidigung der hiesigen Garnison I statt. Seit 9 Uhr holen die Truppen ihre Fahnen ab. Die Kaiserin-Wittwe Augusta trifft morgen früh in Pots dam ein und nimmt im Stadtschlotz Wohnung. Kaiser Friedrich s Tod. üü Chemnitz, den 16. Juni. Bekanntmachung. Der Königliche Dulder hat vollendet. Nach Gottes Rathschluß I ist Se. Majestät der Kaiser und König Friedrich, unser Allergnädigster Herr, nach langem, schwerem, mit bewunderungswürdiger Standhaftig keit und Ergebung in den göttlichen Willen getragenem Leiden heute kurz nach 11 Uhr Vormittags zur ewigen Ruhe eingcgangen. Tief betrauern das Königliche Haus und unser in so kurzer Zeit zum I zweiten Male verwaistes Volk den allzufrühcu Hintritt des viel geliebten Herrschers. Berlin, den 15. Juni 1888. Das Staatsministerium. Mabel Meredith's Liebe. Novelle von Mrs. Leith Adams. Autorisirte Uebersetznng von M. Dj Fortsetzung. Nachdruck verboten. Mag aber der Tag uns noch so viele Qual und bitteren Schmerz bringen, die Geschichte des Wendepunktes eines ganzen Lebens ent halten, er muß dennoch durchlebt werden, und die verschiedenartigen Pflichten, welche er von uns fordert, müssen erledigt werden. Auch ^ ich konnte mich diesem Muß nicht entziehen und mußte dazu die möglichste Ruhe und Fassung zur Schau tragen, als ich Tante Ja- »et's langer Beschreibung, wie ihr die Nacht vergangen war, zuhörte, I ihre tausendfachen, die Haushaltung betreffenden Fragen, deren Er ledigung mir jetzt allein oblag, beantwortete, und, was mir am schwersten ward, ich mußte Nanni's forschende», lieben Augen die Bekümmernisse meines Herzens zu verbergen suchen. Bald, nachdem ich mein einfaches Mittagsmahl genossen oder vielmehr kaum berührt hattte, betrat sie das Wohnzimmer und theilte mir sichtlich freudig erregt mit: „Es ist ein Brief von dem Prediger gekommen, Miß Mabel, und Mrs. Malcombe hat ihn hierher geschickt, damit Sie und Mrs. Fraser ihn lesen sollen. Ihre zitternden Hände vermögen ihn nicht zu halten, wollen Sie daher nicht sogleich zu ihr gehen?" Meine Arbeit, welche in meinen Händen in dem Schoße geruht hatte, bei Seite legend, erhob ich mich und schritt langsam, ohne ein Wort zu sagen, der Thüre zu. Nannis scharfer Blick war, seit ich das Zimmer betreten hatte, nicht von meinem Gesichte gewichen, nnd jetzt sagte sie: „Miß Mabel, ich fürchte, Sie sind krank, sehr krank. — —" Ich sah sie an, antwortete aber nicht und begab mich zu meiner Tante, welche über Mrs. Malcombcs Güte und Aufmerksamkeit, ihr ! den Brief zu schicke», sichtlich erfreut war. Sie reichte ihn mir mit zitternder Hand, indem sie mich zugleich aufforderte, ihn zu lesen. Mich au ihr Bett setzend, erfüllte ich ihren Wunsch und las mit fester, sicherer Stimm? das Schreibendes Lehrers und zitterte nicht, als ich an die Stelle kam: - r „Du und ich, liebe Frau, wir werden uns »och sehr einsam und verlassen fühlen, wenn erst der junge Fvresythe uns unsere «leine Mabel entführt. Doch wird sie sicherlich uns oft besuchen und uns ihr Herz und ihre Liebe bewahren, auch wenn sie eine vornehme Londoner Dame geworden ist." Kaiser Friedrich ist genau 14 Wochen nach dem Tode Kaiser Wilhelms I. entschlafen. Um >^9 Uhr am Freitag den 9. März hauchte Kaiser Wilhelm seine Seele aus, gegen ^12 Uhr am 15. Juni Kaiser Friedrich. Und an diesem 15. Juni, genau vor drei Jahren, starb der ruhmgekrönte Vetter Kaiser Friedrichs, der Feldmarschall Prinz Friedrich Karl von Preußen, der berühmte Sieger von Metz und Orleans. Die letzten Tage. Die gefährliche Wendung im Befinden Kaiser Friedrichs datirt seit der Nacht zum letzten Dienstag. Damals stellte sich heraus, daß die Speiseröhre von dem fürchterlichen Krebsleiden in Mitleidenschaft gezogen worden war. Die natürliche Ernährung stellte sich als un möglich heraus, es mußte zur künstlichen Nahrungs-Einflößung mittels Gummischlauches übergegangen werden. Der Kaiser hatte wenig oder gar keinen Appetit, die Kräfte nahmen rapid ab. Der Mittwoch war besser. Der Kaiser konnte den Besuch des Königs von Schwede» empfangen, konserirte mit dem Reichskanzler und erledigte noch zahl» reiche Regierungsgeschäfte. Aber die Nacht zum Donnerstag brachte die tödtliche Verschlimmerung. Es ergab sich, daß durch die erwei terte Luftröhre, an der Kanüle vorbei, Eitertheile aus dem kranken Halse in die Lungen gerathen waren und dort eine schwere Endzünd ung hervorgcrufen hatten. Die Kräfte des Kaisers nahmen reißend ab, ein Zustand der Theilnahmlosigkeit gewann die Oberhand, welcher das Aergste als nahe bevorstehend erscheinen ließ. Noch wandte sich der Kaiser zu einigen Personen seiner Umgebung, gratulirte seiner Tochter Sophie zu ihrem Geburtstage, drückte dem Reichskanzler freundlich die Hand, aber feine Lebenskraft war gebrochen. Die Nahrungsaufnahme bot keine Erfolge mehr, Athem, Puls, Kräfte ließen nach, der hohe Patient verfiel in einen Schlummer, welcher ihn schließlich zum Tode hinüberführte. Die gesammte kaiserliche Familie weilte bis zur späten Nachtstunde am Krankenlager und ebenso wieder vom frühen Morgen, die Hofprediger Rogge und Persius waren anwesend und sprachen Gebete. Zehn Uhr Vormit tags wurde das letzte Bulletin publizirt, es lautet: „Se. Majestät der Kaiser und König liegen zur Zeit in leichtem Schlummer, welcher von Zeit zu Zeit unter deutlichen Zeichen des Bewußtseins ohne Schmerzcnsäußerungen unterbrochen wird. Puls und Athmung sind sehr schwach." Unterzeichnet ist das Bulletin von allen Aerzten. Die letzten Stunden. Kaiser Friedrich ist sanft und schmerzlos hinübergefchlummert in das Jenseits, er ist kaum bei Bewußtsein gewesen. Die Nacht zu dem Todestage war eine überaus unruhige. Während bis 1 Uhr das Schloß im tiefsten Frieden dalag, kam gegen 2 Uhr Plötzlich Bewegung in die Umgebung. Die Aerzte und die Dienerschaft eilten herbei, der Kaiser hatte einen schweren Anfall. Es wurden be ruhigende und erleichternde Mittel angewendct, darunter Cocäüi, aber während die Athmungsbeschwcrden und das wieder hoch gesteigerte Fieber dadurch gebannt wurden, nahm die Schwäche gewaltig zu Um 6i/i Uhr Morgens wurden alle Mitglieder der kaiserlichen Familie zusammen berufen. Der Kronprinz und der Erbprinz von Meiningen waren während der ganzen Nacht nicht vom Bette des Kranken gewichen, die Kaiserin hatte nur auf dringendes Bitten und dann immer nur auf kurze Minuten Ruhe gesucht. Mit den Aerzten erschien um 9 Uhr Professor Anton von Werner, um die Züge des Kaisers zu skizziren. Still und ruhig, das Gesicht von tiefstem Frieden verklärt, lag der Kaiser auf seinem Lager. Hof- Prediger Persius hatte ihm am Donnerstag das heilige Abendmahl gereicht. Bald nach 10 Uhr wurde allen Personen, welche nicht zum Schlosse gehörten, der Eintritt in dasselbe versperrt, auch wenn sie Passirkarten besaßen. Um diese Zeit verbreitete sich das Gerücht, der Kaiser sei verschieden. Bald genug hörte man, daß die Meldung falsch sei, aber man erfuhr auch, daß die Kräfte des Kaisers mehr und mehr schwanden. Es konnte sich nur noch um Stunden handeln. I Endlich, 12 Minuten nach 11 Uhr, sank die Fahne halbmast, der! Kaiser war geschieden. Eine Fluthwellc von Menschen stürzte nach Bahnhof Wildpark, um von dort nach Berlin zurückzueilen. Wenige Minuten später wurden die Thore geschlossen und die Wachen verdoppelt. Die Todeskunde brachte in der ganzen Bevölkerung von Potsdam und Berlin die ge waltigste Aufregung hervor. Tausende hatten Friedrichskron umlagert, sie alle traf die Meldung wie ein Blitzstrahl. Ja, Alle waren darauf vorbereitet gewesen, daß der theure Herr in kurzer Zeit abberufen werden würde, aber als die Nachricht nun kam, da war es mit der ^ Fassung vorbei. Unter heißen Thräncn trauerte man um den ent schlafenen Kaiser, den Liebling des Volkes. In Berlin durchwogten Im Nu gewaltige Menschenmassen unter düsterem Schweigen die Straßen, die Trauerkleidung wurde zur herrschenden und Trauer fahnen erschienen an allen Häusern. Trauerembleme tauchten mit außerordentlicher Geschwindigkeit auf und zeigten des Volkes Theil- nahme. Auf den Palais und öffentlichen Gebäuden flatterten die Fahnen halbmast und redeten eine deutliche Sprache zur Bevölkerung. Die Extrablätter wurden den Zeitungsverkäufern aus den Händen ge rissen, und die Telegraphenschalter waren belagert. Wohl hatte sich die Verwaltung vorgesehen, aber dem kolossalen Ansturm war man doch nicht gewachsen. Tausende von Telegrammen wurden abgeliefert, gekämpft wurde im Gedränge um den ersten Platz, und auf Blitzes- schwingcn trug der electrische Draht die Trauerknnde in alle Welt: todt des deutschen Volkes Hort, der mächtige Kaiser, der helden- müthige Dulderl Als ich den Brief zu Ende gelesen hatte, faltete ich ihn ruhig und unbefangen zusammen und legte ihn bei Seite, um ihn Mrs. Malcombe zurück zu schicken. Tante Janet aber blickte mich dabei freundlich an, und meine auf ihrer Bettdecke ruhende Hand sanft streichelnd sagte sie: „Sie haben sicherlich Recht, Kind, und werden Dich vermissen, wenn Du erst Frau Donald Fvresythe bist. Die Sache hat aber auch für sie eine lichte Seite, denn da sie gleich mir alt sind, haben sie auch mit mir die tröstliche Ueberzeugung, daß Du einem treuen Herzen angehörst, welches Dich sicher hüten und beschützen wird! - Ach, Mab, wie ist doch die Zeit seit jenem Tag vergangen, wo Du aus dem heidnischen Lande zu mir kamst und fast ein so wildes kleines Mädchen, wie das Volk, das dich dort umgeben hat, warst! Aber nicht wahr, die alte Tante und Du, wir sind immer gut zu sammen fertig geworden?" Keines Wortes mächtig, beugte ich mich auf ihre welke Hand und küßte diese wiederholt, während sic fortfuhr: „Lies mir noch etwas aus der Bibel vor, Mab, zum Trost und zur Beruhigung für mein altes Herz " Die große abgenutzte Bibel zur Hand nehmend, las ich das mir von ihr bezeichnet« Kapitel. Sie selbst lag mit gefalteten Händen da und hörte voll Andacht auf meine Worte, und sie mit meineü Augen streifend, erschrak ich bei ihrem Anblicke und gewann die feste Ueberzeugung, daß der Tod sie mir gar bald, und hoffentlich mit sanfter Hand entführen werde. In dieser Ueberzeugung nahm ich mir nochmals vor, ihr sorgsam alles zu ersparen, was die Ruhe ihrer letzten Tage stören könne, und ihr jede Mittheilung vorzuent- haltcn, die sie betrüben und erregen mußte. Als ich den letzten Spruch des Kapitels zu lesen begann, ver nahm ich deutlich einen Fußtritt, dessen Schall noch vor kurzer Zeit mein Herz lebhaft klopfen gemacht hatte, jetzt aber mir nur Schmerz verursachte. Die letzten Bibclworte lauteten: „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben!", welche Tante Janet leise wiederholte, indem sie mir ein Zeichen gab, das Buch an seinen Platz zurückznlegc». Ich that dies, und da ich wußte, daß sie nach einer solche» Vorlesung gern allein und ihrem Nachdenken überlassen blieb, verließ ich sie und begab mich ins Besuchszimmer, wo schon Donald meiner wartete und mir entgegcnkam. Als unsere Blicke sich trafen, stand er still, während ich schweigend, da ich meiner Stimme nicht traute, die Thüre schloß. Politische Rundschau. Chemnitz, den 16. Juni. Deutsches Reich. Ein unbeschreiblicher Schmerz erfüllt augen blicklich alle deutschen Herzen. Das Hinscheiden des geliebten Kaisers Friedrich bewegt jede deutsche Brust. Allein nicht nur im Reiche selbst, sondern auch im Auslande wird die Trauer um den edlen Dulder überaus tief und schmerzlich empfunden, lieber die letzten Stunden des so schwer heimgcsuchten Monarchen bringt die „N. A. Z." folgenden Brricht: Im Laufe des Donnerstag Nachmittag war der Zustand des Kaisers eher günstiger, als schlimmer. Das Bewußt sein erhielt sich voll und ungetrübt. Um ihn waren außer den Aerzten die Kaiserin, der Kronprinz und Generallieutenant v. Mischke- Da es de» Tag über geregnet hatte, so hatte man den hohen Patienten gegen Abend von dem Schlafzimmer an der Parkseite wie der nach dem Schlafzimmer am Sandhof gebracht. Der Kaiser schrieb viel ans und genoß am Donnerstag Nachmittag eine Apfelsine. Einen besonderen Ausdruck der Freude gab er an einem Blumen geschenke zu erkennen. Um diese Zeit, wo die Wasserrosen blühen, plcgte er in gesunden Tagen mit den kalten Bäder» auf der Schwimm^ anstatt in der Havel zu beginnen. Beim ersten Bade, das er nahm, fand er seine Zelle stets mit Wasserrosen ausgeschmückt. Nun war die Zeit wieder da, die Wasserrosen blühen, aber der Kronprinz aus jenen Tagen kam nicht mehr. Der Kaiser lag auf seinem Kranken bette. Aber daß man seiner an dem Orte, der ihm so lange eine angenehme Erinnerung war, in Liebe gedachte, zum Zeichen dessen andten ihm die Schwimmmeister einen Korb mit Wasserrosen, mit denen sie seine Badezelle leider nicht mehr ausschmücken konnten. Die Nacht war ruhig vorübergegangen. In später Abendstunde hatte 1 die Kaiserin die Familienglicder entlassen und war in dem dem Krankenzimmer zunächst gelegenen Gemache zur Wacht geblieben, vr. Hovell wachte. Der Kaiser war bei vollem, klarem Bewußtsein. Gegen 1 Uhr schrieb er Or. Hovell auf: „Wie steht mein Puls? Sich abwendend strich er mit der Hand über seine Stirn, ich dagegen hatte mich nach einigen Sekunden gefaßt und sagte ruhig: „Donald, ich habe Dich gebeten, zu mir zu kommen, da ich Dir etwas mittheilen muß, was mir schwer auf dem Herzen liegt. Es mag Dir als ein Unrecht, vielleicht gar seltsam erscheinen, dennoch kann cs nicht anders sein. " Er veränderte seine Stellung nicht und sprach eben so wenig. In meiner Erregung ihm einen Schritt näher tretend fuhr ich fort: „Wir haben einen Jrrthum begangen, Donald — unsere Ver lobung ist eine Täuschung gewesen, und wir beide haben dies ent deckt, doch hat es uns bisher an Muth gefehlt, uns dies gegenseitig zu gestehen. Laß uns das jetzt offen und ehrlich thun und dann hier für immer als Freunde scheiden!" Ungeachtet meiner Worte regte sich in meinem Herzen noch die Hoffnung nnd der innige Wunsch, ihn die Wahrheit meiner Worte bestreiten zu hören; er aber blieb stumm und hatte sein Antlitz in den Händen geborgen, die so oft die meinigen mit so zärtlichem Druck uuifaßt hatten. Nach einigen Secunden richtete er das Haupt auf, und als nun unsere Augen sich begegneten, entquoll meinen Lippen ein schwerer, tiefer Seufzer, denn aus feinen Zügen sprach unver kennbare Treue, Schmerz und Gram, doch war ihnen kein Ausvruck von Liebe geblieben, und mit kaum vernehmbarer Stimme sprach er: „Mabel, kannst Du — wirst Du mir je vergeben?" Mit der Gewißheit, jede, auch die leiseste Hoffnung schwinden lassen zu müssen, kehrten mir auch Muth und Entschlossenheit zurück. Ich näherte mich ihm, ergriff seine beiden Hände und erwiderte mit ruhiger Fassung: „Donald, ich habe Dir nichts zu vergeben, cs war dies alles Bestimmung, und Du bist weniger schuldig, als Du glaubst, denn sie j ist jung, lieblich und schön, und ich wundere mich kaum noch, daß e Dein Herz gewonnen hat. Glaube mir, der Schmerz, den ich jetzt empfinde, ist nichts im Vergleich zu dem, was ich kürzlich ge litten habe, wo stets der Schatten eines anderen weiblichen Wesens zwischen uns stand. Laß uns daher gegenseitig uns unser Wort zurückgebcn und damit wieder frei und unabhängig sein." Sich höher noch aufrichtcnd, drückte er meine Hände in den einen, so fest, wie zur Zeit unserer Liebe, und entgegncte schnell: „Mabel, was, was — denkst Du. glaubst Du von mir — hältst Du mich für unehrenhaft genug, daß ich Dich beim Wort nehmen könnte?" Fortsetzung folgt. kn» »er »er .i'- bld Mt L Ide, arl Irpe Iber »men pneu ngen all» Ischer titige Imgt ! und »egcl. lenen lern > von an !»). lt in Ischen Ingen Ischen leizu- I ent- und 2/88; yrere c. rc. Kellen kn zu mit Mer, Inter» Matt MgS- »agcn. lers. er'
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