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ML Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig LSS14 Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Nr. 103. 80. Jahrgang. Mittwoch den 4. Mai 1921. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Der amerikanische Senat hat die Wiederherstellung deS Friedenszustandes mlt Deutschland genehmigt. * Neue Meldungen aus Oppeln besagen, daß die Kreise Pleß und Rybnik an Polen fallen sollen. * Als Nachfolger des Grafen Oberndorfs wird Botschafts rat v. Schoen als deutscher Geschäftsträger nach Warschau gehen. * Entgegen anderslautenden Meldungen ist der am Kapp- Putsch beteiligte ehemalige Polizeipräsident von Berlin, von Jagow, nicht begnadigt worden. * Aus der Londoner Konferenz forderte Lloyd George, daß Deutschland zehn Tage Zeit gelassen werden müsse, um den Zahlungsbedingungen der Entente zuzustimmen. Frieden mit Amerika. In Washington scheint manchmal die rechte Hand nicht zu wissen, was die linke tut. Wie lange ist es her, daß Präsident Harding den Kongreß wissen ließ, man möchte die Abstimmung über die Resolution Knox nicht beeilen, sie vielmehr erst auf die Tagesordnung stellen, wenn die nächste Gestaltung des Verhältnisses der Entente zu Deutschland klarer zu übersehen wäre. Er wünschte also, daß der Senat feine Entscheidung über die Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland hinausschieben möchte, damit man in Paris und in London nicht etwa auf den Gedanken käme, daß von Washington her ein Druck auf die fälligen Entschließungen des Obersten Rates ausgeübt wer den solle. Und der Senat, in dem die Partei des Präsiden ten Harding über die sichere Mehrheit verfügt, hat nun trotzdem gerade an dem Tage, an dem der Oberste Rat wieder einmal in London zu einer schicksalsschweren Ent scheidung zusammengetreten ist, die Resolution Knox aus die Tagesordnung gestellt und sie, wie es scheint, ohne ab schwächende oder verstärkende Zusätze angenommen. Sie besagt im wesentlichen, daß der Kriegszustand mit Deutschland als beendet erklärt werde, und überläßt dem nach alles weitere den damit notwendig gewordenen Ver handlungen mit Deutschland. Diese Verhandlungen kann nun allerdings Präsident Harding, dem ja nach der ameri kanischen Verfassung allein das Recht der Ausführung zu steht, in der i h m passend erscheinenden Zeit einlciteu und er kann aus diese Weise immer noch die Überlegungsfrist gewinnen, die er zu haben wünschte, als er sein Ersuchen an den Kongreß richtete. Aber andererseits dürfte nun doch wohl auch die deutsche Negierung sich in ihrem Ver halten gegenüber den Vereinigten Staaten etwas freier fühlet! und nunmehr auf Umwege verzichten, wenn sie dringliche Anliegen den Herren in Washington zu Gehör bringen will. Insofern darf man also jetzt schon von einer Erleichterung der Beziehungen zwischen Deutschland und seinem am längsten im Kriegszustand verbliebenen Geg ner sprechen. Etwas anderes ist es aber, ob und in wel chem Sinne sich die in London versammelten Führer der feindlichen Negierungen Europas durch den Beschluß des amerikanischen Senats beeinflussen lassen werden. Viel leicht halten sie es jetzt um so mehr für geraten, ihre Be schlüsse zu beschleunigen, damit auch, was das Ruhrgebiet betrifft, fertige Tatsachen geschaffen werden, ehe das ame rikanische Kabinett auf Grund des neuesten Senatsbe schlusses weitere Schritte einleiten kann. Sollte indessen Lloyd George mit seiner Absicht durchdringen, uns noch eine allerletzte überlegungssrist zu gewähren, bevor Mar schall Foch gestattet wird, seine Truppen an die Ruhr vor wärtszuschieben, so wäre für diese kurze Spanne Zeit immerhin etwas damit gewonnen, daß zwischen Deutsch land und Amerika nunmehr der offizielle Friedenszustand wieder hergestellt ist. Der Senat wird diesen Schritt kaum getan haben, um es danach bei einer leeren Kundgebung bewenden zu lassen. Gleichviel ob ihn ideelle oder materi elle Beweggründe zu seinem Vorgehen bestimmt haben, so darf man doch annehmen, daß er danach nicht aus halbem Wege wird stehen bleiben wollen. Jedenfalls dürfen wir in seinem Beschluß eine kleine Ermutigung erblicken. Und Lie Herren Fehrenbach und Dr. Simons können vielleicht mit Recht für sich das Verdienst in Anspruch neh men, daß ihre Anrufung Hardings der Resolution Knox zu beschleunigter Annahme verhalfen hat. Denn die nüchtern urteilenden Kreise der Vereinigten Staaten konnten sich da nach doch wirklich nicht mehr der Erkenntnis verschließen, wie ernst es der deutschen Regierung ist mit ihren Ver sicherungen, daß sie bereit sei, alle ihre Verpflichtungen so weit die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft es irgend zulasse, nach bestem Willen zu erfüllen; und daß man mehr schließlich von einem so sehr ausgeraubten und so hart bedrängten Schuldner wie dem Deutschen Reiche nicht verlangen kann. Das vermag zwar die unersättliche Raubgier der Franzosen zu leugnen, für den ungleich küh leren, ungleich praktischer veranlagten Amerikaner muß je doch an dieser Grenze auch die willigste Gefolgschaft gegen über Frankreich aufhören. So darf man Wohl in der An nahme der Resolution Knox zum mindesten einen Wink mit dem Zaunpfahl erkennen. Ob er freilich nicht schon zu spät kommt, nach allem was in den letzten acht und vier zehn Tagen in Paris und in London geschehen ist, ist eine andere Frane. AVer für Amerika ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, zu beweisen, ob es sich von Wilsons Spuren nur mit Worten oder auch mit entscheidenden Taten trennen will. Das amerikanische Volk fühlt gerade in seinen besten Teilen, daß es die Irrtümer seines früheren Präsidenten nach Möglich keit wieder gulzumachen hat. Wenn es jetzt nicht tut, was es noch dazu tun kann, dann ist die letzte Gelegenheit für immer verpaßt. Oberschlesiens Schicksal. Losreißung von Pleß und Rybnik. Eine der Interalliierten Kommission in Oppeln nabe stehende Persönlichkeit erfährt folgendes: Der Bericht der Interalliierten Kommission über die oberschlesische Abstimmung ist nach London aügegangen. In dem Bericht wird vorgeschlagen, die Kreise Pleß und Rybnik, die bei der Abstimmung eine überwiegend pol nische Mehrheit ergeben haben, Polen zuzuschlagen; ebenso einen Gebietsstreifen im Kreise Kattowitz, der östlich der Stadt Kattowitz verläuft. Der übrige Teil Oberschlesiens, einschließlich des Industriegebietes, fällt nach dem Vor schläge der Interalliierten Kommission an Deutschland. Alle Gruben Oberschlestens, mit Ausnahme von zwei Belegschaften, sind Montag in den Ausstand getreten. An geblich handelt es sich um einen Proteststreik gegen die Entscheidung über das Schicksal Oberschlestens. Bor der Enischeidung in London. Erfolg der gemäßigten Richtung. Auf der Londoner Konferenz, wo ohne unser Zutun über Deutschlands Schicksal entschieden werden soll, ist auf den ersten Anhieb doch noch kein endgültiger Entschluß zu- standegekommen. Das Ergebnis des ersten Verhandlungstages bedeutet nämlich eher, daß es der gemäßigten Richtung, die durch Eng land und Italien vertreten wird, gelungen ist, eine überstürzte EnWfeftmng zu verhüten. Die wichtigste Frage blieb bis auf weitere« offen. Lloyd George erreichte es, indem er die Fest setzung der gesamten Schuldsumme durch die Reparations- kommifsion als eine neue Tatsache behandelte, und beantragte für die Untersuchung der Modalitäten und der Garantien der Zahlung dieser Summe den Sachverständigen drei Tage zur Verfügung zu stellen und dann, falls inzwischen von deutscher Seite kein annehmbares Angebot eingetroffen ist, das Ergebnis der Expertenberatungen Deutschland durch ein auf drei Tage befristetes Ultimatum bekanntzugeben, so daß für die weitere Entwicklung eine Woche gewonnen wäre. Inzwischen könne Frankreich mobilisieren, wozu zehn Tage erforderlich wären. Ein Nachteil würde Frankreich aus diesem Vorgehen also nicht erwachsen. Während Italien dem Vorschlag Lloyd Georges beitritt, beharren Frankreich und Belgien starr auf der Forderung seiner sofortigen Entscheidung, weil sie befürch ten, Deutschland könne doch noch cinlenkcn. Im übrigen haben die Engländer anscheinend auch die geplante Besteuerung der Ruhrkohlen endgültig abge lehnt. Ferner hat die englische Regierung ihre Zustim mung zu der von der französischen Negierung vorgeschla genen maritimen Demonstration noch nicht gegeben. Drei Sorten von Gutscheinen. Die in London tagenden Sachverständigen der Entente haben jetzt folgenden Vorschlag ausgearbeitet: Deutschland soll drei Sorten von BonS liefern. Die ersten im Werte von 12 Milliarden sollen sosort der Ncparations- kommission übergeben werden, die sie nach dem in Spa fest- gestellten Schlüssel unter die Alliierten verteilt, aber auf das Vorzugsrecht Belgiens im Betrage von 2 Milliarden Rücksicht nimmt. Diese Bons sollen zahlbar sein in neun »der zwölf Monaten. Eine zweite Kategorie von Bons im Werte von 50 Milliarden soll am 1. November 1921 emittiert und eben-- falls der Reparationskommisston übergeben werden, die sie unter die Mächte verteilt. Schließlich werde die Reparationskommission die Lie ferung von 80 neuen Milliarden Schatzbons verlangen, wenn sie die Versicherung habe, daß der Weltmarkt sie auf nehmen und Deutschland sie bezahlen könne. Diese Bons sollen garantiert werden Lurch eine allgemeine Hypothek gemäß Artikel 248 des Friedensvertrages aus allen Werten und Einnahmequellen Deutschlands sowie durch besondere Pfänder, namentlich Zolleinnahmen, deren Ertrag man auf eine Milliarde Goldmark schätzt. Auch eine Kommission sür die deutsche Schuld soll in Berlin errichtet werden. Die Diskussion über die Anzahl der Jahreszahlungen, ob 30 oder 42, wird fortaeietzt. Widerstände doppelter Natur. Die französischen Meldungen über die Londoner Kon ferenz geben zu, daß die Pariser Sanktionspläne doch auf unerwarteten Widerstand gestoßen sind. Man kann aus der Zusammenstellung der verschiedenen Berichte auch deutlich erkennen, daß diese Widerstände doppelter Natur sind. In England hat man die französischen Absichten auf eine dauernde Besetzung des Ruhrgebiets durchschaut und ist deshalb mißtrauisch geworden in bezug auf die wirt schaftlichen Folgen einer solchen Besetzung. Der Premier minister Lloyd George möchte deshalb die Besetzung des Ruhrgebiets an bestimmte Bedingungen knüpfen, die es den Franzosen unmöglich machen sollen, sich dauernd fest zusetzen, selbst wenn Deutschland seiner Entschädigungs- Pflicht nicht nachkommt. Der Vertreter Italiens, Graf Sforza, hat gegenüber dem französischen Besetzungsplan anderseits rein rechtliche Bedenken geltend gemacht unter Hinweis aus den achten Abschnitt des Versailler Friedens- Vertrages. Er betonte, daß die Reparationskommission nach der Aufstellung ihrer Entschädigungsforderungen Deutschland nunmehr einen Tilgungsplan zu unterbreiten habe und daß Deutschland eine Frist gelassen werden müsse zur Annahme oder Ablehnung des Planes. Wie die Pa riser Blätter melden, hat sich Lloyd George dieser Auf fassung angeschlossen. Er soll sogar in lebhafter Weise Briand bedeutet haben, daß Frankreich seine Truppen mo bil machen könne, daß aber auf eine derartige Maßregel die übrigen Regierungen vorläufig verzichten, so lange sie nicht selbst die Durchführung von Zwangsmaßnahmen beschlossen haben. Die vorläufig zugelassene italienische Auffassung wird, falls^sie durchdringt, zur Folge haben, daß die Reparationskommission Auftrag erhält, Deutsch land einen Tilgungsplan zu unterbreiten mit der Fest setzung einer kurzen Frist für die- Annahme oder Ableh nung. Die belgischen Sozialisten gegen Frankreich. Wie aus Brüssel gemeldet wird, hat der Generalrat der sozialistischen Partei in einer besonderen Sitzung die Frage der Sankttonen erörtert. Justizminister Vander velde habe erklärt, man müsse der Politik der Alliierten die Politik der Sozialdemokraten, wie sie in Amsterdam festgesetzt worden sei, entgegenstellen. Er sei entschlossen, mit seinen sozialistischen Kollegen das Ministerium zu ver lassen, wenn Belgien sich den Beschlüssen anfchließe, die die französische Regierung zur Durchführung bringen wolle. Ein Einspruch Amerikas? Nach einer Zeitungsmeldung aus Washington haben die Vereinigten Staaten einen energischen Einspruch gegen Lie wirtschaftliche Vernichtung Deutschlands eingebracht. Dieser Einspruch wurde durch die alliierten Botschafter an ihre Regierungen weiter geleitet. Amerika mißbillgt be- fonders das Ruhrabenteuer. Der amerikanische Staats sekretär für Äußeres hat jede Erörterung dieser Frage ab gelehnt. Dieser Protest sei von den alliierten Botschaftern dem Obersten Rat in London zugestellt worden. Die Mit teilung Amerikas hat angeblich keinen offiziellen Charakter. Potitische Rundschau Deutsches Reich, Disziplinarverfahren gegen Leinert. Einige Mitglieder des Hannoverschen Magistrats hat ten seinerzeit der Hannoverschen Wirtschaftsgenossenschast ohne Genehmigung einen Vorschuß vou 30 Millionen Mark aus städtischen Mitteln bewilligt. Der Verband der Bürgervereine der Stadt Hannover hat nunmehr den Re gierungspräsidenten gebeten, gegen den Oberbürgermeister Leinert und die beteiligten städtischen Beamten ein ordent liches Disziplinarverfahren auf Entfernung aus Lem Amt einzuleiten. Zeitungsverbote Hörsings. Oberpräsident Hörsing hat auch das „Hallesche Tage blatt", das nach dem Verbot der „Halleschen Zeitung" er schienen war, verboten. Gleichzeitig untersagte er auch das Erscheinen aller patriotischen Zeitungen und Zeitschriften mit politischem Inhalte, die gleich dem „Hallefchen Tageblatt" in der Druckerei der „Halleschen Zeitung" hergestellt werden. Eine Bitte Hindenburgs. Generalfeldmarschall v. Hindenburg bittet Lie deutsche Presse, solgendes bekanntzugeben: „Ich sehe mich zu der Erklärung veranlaßt, daß ich in keiner Weise befugt bin, die nachträgliche Verleihung von Kriegsorde« herbeizufüü- ren oder solche gar selbst zu verleihen " Kündigung Schwerbeschädigter. Die Frist, innerhalb der einem schwer Beschädigten nur gekündigt werden kann, wenn die Hauptfürsorgcstelle zugestimmt hat, ist vom Neichsarbeitsminister durch Ver ordnung vom 28. April 1921 bis zum 1. April 1922 ver längert worden. Die Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Mai 1921 in Kraft. Türkei. X Ein kaiserlicher Prinz für Kemal. Prinz Omer Faruk, Sohn des vermutlichen türkischen Thronfolgers, hat sich heimlich an Bord eines italienischen Dampfers von Kon- tantinopel nach dem asiatischen Gestade eingeschifft. Er oll die Absicht haben, sich nach Angora zu begeben, um mit den kemalistischen Führern gemeinsame Sache zu machen. Vereinheitlichung der Reichsverwaltung. Die Richtlinien. Die Kommission zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Reichsverwattung trat unter dem Vorsitz des Reichsmini sters Koch im Reichsministerium des Innern zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Die der Kommission von dem Vorsitzen den vorgelegten Fragen wurden mehreren Unterkommissionen i^tich mA «»«»ahm« Am Sonn- und Festig nachmittag 5 lldr ftr »«» s»igend« Ta«. iSe»vgsprets bei EMdsf«»-»!«,, monatlich 4 DU, durch unser« AustrLger »ugetra^n I» »er «End! nwnaiüch 4.40 MI., «f dem Land« SM BU, durch dt« Po- brprgr» »ierietzLhriich MI. mit Zufirlttmgsgebtdr. AM« Postanstalten und Postboten sowie «che« «nsfelger und S«schLst4st«l!t »Ihm«» jederzeit Sestestun^» entlegen. Im Ja»« höherer «»wall, Krieg oder ImM««» Lettiedsstkrun^» hat»« r>«»trb«r Mix» Luheuch «ms Liefen«, der Zeitm», »der Ktr»»>« de» iSqugsxreises. dem Jahre 1S41 Erscheint seit Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen -er Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, -es Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt »d Drxcher: «rthsr Zschunke i» Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Herma«« Lässig, für Le« Inseratenteil: «ritznr Asch««»«, Leide in Wilsdr«-. Inftriionsperis 1 MI. ftr die »gespalten- Korpus!« oder deren Naum, Lolachreis Pf», Ne««»»» »M ML Bei Miederdoiung und Iahresoustrog entsprechender Preisnachlaß. iSelanntmachvngen im amtliche» leü sm» «an Dehürde») di- 2 aespali-nc Korpus»«»« Z MI. Iachweisungs-GedLhe L0 psg. »nzeigenaunabm« bis »aemitt»^ it» llhr. Kür di- Nichtig!-» d«r durch Fernruf übermittelten «n,eigen ibern-hmeu mir leine Garantie. I-der Da»«t> -uchuuch erliftht, wenn der iStir«, durch Klag- ringe,ogeu «erden muß »der der «ustraggeber in K»a!»rs ^estl.