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Ottendorfer Zeitung — o V«,»g»pr«i,: vtertrijLhrüch ^20 Mark frei irr, I« d«r Geschäftsstelle abgeholt viertel- NVichz Mk. Einzelne Nummer ,a Pfg. Erscheint am Dienstag, Donnerstag »» SaanabenS Nachmittag, » t Unterüaktung8-' l,nä Anzeigebkatt Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage ^Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie den abwechselnd erscheinenden Veiia-m ,Handel Md WMdnl* „Feld und Garten", „SM und Sport" und „Veutsche Modo". Vi«k »d Verlag van Hermann Rühle, Buchdruckerri in Groß-Dkrilla. verantwarttich für die Refaktien H. Rühl« in Seeß«»d«a. Nummer fi? Freitag, den s. Oktober W5. Jahrgang Amtlicher Teil. Bekanntmachung. Die Reichsgctreidesielle hat nach tz 6 Absatz 3 der Bekanntmachung des Bundesrates iw" den Verkehr mit Brotgetreide und Mehl aus dem Erntejahr 1915 vom 28. Juni 1915 destimmt, daß Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe an Saatgut zur Herbst- und Früh jahrsbestellung aus das Hektar verwenden dürfen: bei Winterroggen . . . 155 bei Sommerroggen . . - 160 „ bei Winterweizen . . . 190 „ bei Sommerweizen... 185 „ bei Spelz 210 „ Bei Mischfrucht gelten diese Sätze nach dem Mischverhältnis der Früchte. Mit Ermächtigung des Kgl Ministeriums des Innern ist die zulässige Höchstmenge ür Wintcrroggen infolge dringender wirtschaftlicher Bedürfnisse bei der hiesigen Gemeinde um 10» o, das ist auf 170,5 Kx für das Hektar erhöht worden. Die vorstehend angegebenen Höchstmengen sind bei der Aussaat genauestens inne zuhalten. Eine Ueberschreitung hat Bestrafung nach H 9 der Bekanntmachung vom 28. Juni 1915 mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 10 000 Mk. zur Folge. Oltendorf-Moritzdorf, am 29. September 1915. Dec Gemeindevorstand. Sparkasse Ottendorf Moritzdors verzinst Amlngen bei strenger Geheimhaltung mit Z^o/g. Die in den ersten 3 Werk tagen eines Monat» eingezahlten Beträge werden für den betreffenden Monat noch voll verlast. ^Einlagen bei auswärtigen Sparkassen werden kostenfrei hierher »übertragen. --euestes vom Tage. Wie zu erwarten, hat der Feind seine Angriffe bei Loos und Souchez und in der Cb-wwagne erneuert Nur bei Ppem ist es ruhig geblieben. Aber alle feindlichen Vorstöße »vw an der deutschen Front, die der Militär- t stiker der „Times" mit Recht eine Stahl- nmuer nennt, restlos abgeprallt. Auch in der Champagne hält unsere Front unerschütterlich, r.tbst die französischen Berichte wissen von kernen besonderen Erfolgen mehr zu erzählen. Em eutsches Geschütz wollen die Engländer v ! L Ws genommen haben und rühmen sich e--er Beute von im ganzen 21 Geschützen. Das in nicht gerade viel für die Feuerprobe der neuen Kitchenerschen Armee und einen Feuerüberfall mit .dem gesamten Munitions vorrat, den die amerikanischen Fabriken in Monaten haben über den Ozean schaffen können. — Aus Gens wird dem „Berliner Lokal- Anzeiger" gemeldet: Die starke Pariser Er nüchterung erklärt sich durch die aus den jüngsten amtlichen und privaten Meldungen geschöpfte Erkenntnis, daß die Verbündeten keinen Sektor mit einem Dauer versprechen den Erfolg halten können. Das durch die gestrigen Artikel Ueberschristen irregeführte Pariser Publikum war heute höchst erstaunt, keine der sensationellen Versprechungen erfüllt »u sehen, mit denen die Boulevard-Presse gestern überaus freigebig gewesen ist. Die F ichkrilik weist auf die starken deutschen Ver- leidigungsmittel in der Liller Umgegend hin und erwartet vom Ergebnisse der Kämpfe in oer Champagne und vom Erfolg der kräftigen deutschen Vorstöße im Argonnensektor die Klärung der Gesamtlage. — Wie den „Basler Nachrichten" berichtet wird, weilte in letzter Zeit wiederholt höherer Besuch, wie führende Generäle und Reffort beamte, im Gebiet von Belfort, auch wurden von ihnen Abstecher nach der elsässischen Front unternommen. Der Präsident der Republik kam ebenfalls nach Belfort, besuchte die Truppen am Ballon d'Alsace und überreichte zwei marokkanischen Regimentern neue Fahnen. Uebec angebliche französische Truppen ansammlungen südlich von Belfort hört man widersprechende Berichte. — Der Zwiespalt zwischen den politischen Strömungen nimmt jetzt in Rußland immer schärfere Formen an und mit jedem Tage tritt deutlicher hervor, daß die jetzige Lage entweder der unbedingten Gewaltherrschaft oder der Revolution entgegentreibt. Selbst so ernstlich liberale Blätter, wie die „Rjetsch" und der „Djeng", befürchten aus der Taktik der Regierungskreise das Allerschlimmste und behaupten, Beweise dafür in Händen zu haben, daß die Regierung durch allerhand Schikanen beabsichtige, die Arbeiterkreise zum Ausstand zu reizen, um dann das Land die Gewaltherrschaft in ihrer ganzen Schärfe fühlen zu lassen. Die Blätter sehen sich sogar in der Lage, die beiden Männer zu nennen, diesen Ausgang aus der jetzigen unsicheren Lage mit allen Kräften vorbereiten. Es sind der gegenwärtige Kultusminister Samarin und der aus dem Beilißprozeß traurig be rühmte Zivilankläger Samislowski, dessen Einfluß in reaktionären Kreisen immer mehr wächst. Gleichzeitig erheben die reaktionären Zeitungen die schwersten Beschuldigungen gegen die Liberalen. „Goloß Russi" nennt sie Heuchler und politische Jesuiten, die unter dem Deckmantel, Reformen einsühren zu wollen, die unteren Volksschichten zur Un zufriedenheit führen, das Land an den Ab grund der Revolution stoßen und damit die Niederlage in dem jetzigen Kriege herbeisühren wollen. Selbst die gemäßigten Elemente unter den Liberalen sind der Ansicht, daß bei einer derartig verblendeten Ansicht der Regierungskreise Rußland einer der furcht barsten Katastrophen entgegengehe, die es je erlebt habe. — Die russiche Presse enthält täglich neue Beweise für die Rückständigkeit des russischen Eisenbahnwesens. Besonders bezeichnend in dieser Weise ist ein Notschrei aus Sibirien, wonach dort über eine halbe Milliarde Pud Getreide liegen, die Gefahr laufen, zu ver faulen, weil keine Gelegenheit besteht, das Getreide weiter zu befördern. Die Wasser wege sind bereits mit Eis bedeckt und die spärlichen Eisenbahnwege für militärische Zwecke in Anspruch genommen. Die Preise für Getreide sind in Sibirien derart gesunken daß man für ein Pud Hafer allerhöchstenS fünf Kopeken erzielt, während man in Peters- bürg mit Freuden drei Rubel dafür bezahlt. Es besteht die allergrößte Gefahr, daß die gesamte diesjährige reichliche Ernte Sibiriens dadurch verloren geht, daß sie an Ort und Stelle verfault. Die Presse richtet jetzt die heftigsten Angriffe gegen das Eisenbahn ministerium wegen seiner kurzsichtigen Politik und erinnert daran, daß der befähigste Ministergehilfe Tschukin den Versuch gemacht habe, das ganze Verkehrswesen Rußlands zu reorganisieren und mit liberalem Geiste zu durchdringen. Seine Bemühungen seien aber an der reaktionären Regierung gescheitert, die die von ihm eingesetzten tüchtigen Beamten wieder absetzte und ihm einen Verweis erteilte. — In Petersburg ist aus Archangelsk die Nachricht eingetroffen, daß der Hafen von Archangelsk teilweise zugefroren ist und daß das Eis der Schiffahrt große Hindernisse be reitet. Man rechnet jetzt tägiich mit der Schließung der Schiffahrt. Diese Nachricht rief in Petersburg Niedergedrücktheit hervor. Mit der Zufrierung des Hafens würde Ruß lands wichtigste Schiffahrtsverbindung mit dem Westen abgeschnitten. Da auch die Ver bindung über Schweden immer unvollständiger wird, verbleibt Rußland nur noch der lange Verbindungsweg über Wladiwostok. Man glaubt, daß die russische Regierung mit Rück sicht auf die beunruhigte Stimmung im Volke die Nachricht von der Schließung Hafens vor läufig verheimlichen wird. — Der Korrespondent der „Morning Post" meldet ans Washingeon, daß der weltberühmte Automobilfabrikant Ford gedroht habe, allen Banken, die sich an der englisch-französischen Anleihe beteiligen wollen, seine Depositen zu entziehen, da durch diese finanzielle Hilfe an die Länder der Entente der Krieg nur ver längert würde. Ford erklärt, daß er zehn Millionen Dollar für die Friedenssache ge stiftet habe. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrtlla, so. September MS. — Michaelis. Es ist ein wichtiger und zugleich recht volkstümlicher Einschnitt im bürgerlichen Jahre, was man so kurz als Michaelis bezeichnet. Man denkt an die Oktober-Vierteljahrswende, wenn man.den Kalendertag des streitbaren Erzengels Sankt Michael nennt, und kriegerisch genug sieht es ja gerade jetzt auch in der Welt aus. Immerhin, das tägliche Leben will und muß seinen Gang weitergehen, so gut es eben möglich ist. La macht sich z. B. um Michaeli der „Umzug" bemerkbar. Die Möbelwagen rollen schwer und langsam der neuen Wohnung zu. So manche Familie wäre schließlich doch lieber in dem alten Heim geblieben, aber die durch den Krieg bedingten Verhältnisse heischten ge bieterisch ein billigeres Wohnen. Viele größere Wohnungen mußten aufgegeben werden, weil die Untermieter fehlten, die nun zu den Waffen berufen sind. Man muß sich einrichten, muß vielleicht einen Teil der Möbel bis auf bessere Zeiten irgendwo einstellen, und man soll nur guten Mut haben, denn es wird sich schon alles einigermaßen machen. Michaelis teilt das Schuljahr. Die zweite, sehr be deutungsvolle Hälfte kommt nun. Die Michaeliszensuren sind nach Hause gebracht worden und haben dort, je nachdem, Freude Aerger, Kopfschütteln oder eine umfassende Familienberatung hervorgerufen. Mancher Stellenwechsel ist zu Michaeli. Viele Zeit, schristen beenden um diesen Termin ihren Jahrgang. In Friedenszeiten brachte die Michaeltswoche jedesmal eine ganze Flut von Tagungen, Kongressen und dergleichen. Jetzt im Kriege kommen verhältnismäßig nur wenige Vereinigungen zusammen. Ein reizvolles Kapitel ist Michaelis in Sitte und Sage. Die Michaelisberge und -Kapellen in deutschen Landen gemahnen an tapferen religiösen Sinn, im Hinter grund steht uralte germanische Götterlehre, denn der christliche Michael trat sicherlich einfach an die Stelle des kriegsfreudtgen deutschen Gottes Zin. Sankt Michael galt wie sein altheidnisches Urbild, auch als Geleiter der — Toten, und manches ent. sprechende Sinnbild findet sich noch in der deutschen Kunst. Sprach man nicht vom deutschen Michel mit der Zipfelmütze? Nun, der auch hier hereinspielende starke, tapfere Michel ist jetzt neu zu Ehren ge kommen und zeigt einer Welt von Feinden eine deutsche Eisenfaust. — (K. M.) Gedenkblatt. Zur Gewinnung eines Gedenkblattes kür Angehörige ge fallener sächsischer Krieger hatte das Kriegs ministerium einige namhafte sächsische Künstler zur Einreichung von Entwürfen aufgefordert. Die einpegangenen Entwürfe sind kürzlich Seiner Majestät dem Könige zur Entscheidung vorgelegt worden, wobei von Allerhöchstdemselben der Entwurf deS Professors Hein in Leipzig zur Ausführung bestimmt wurde. Ohne Säumen werden nun die Arbeiten zur Vervielfältigung deS Gedenkblattes durch Kunstdruck eingelettet, sodaß mit der Ausgabe der sächsischen Ge denkblätter in einigen Wochen zu rechnen ist. Sie werden seinerzeit von den Ersatz truppenteilen und Bezirkskommandos aus- gefertigt und durch Vermittlung der Orts- geistlichen und Gemeindebhörden an die Empfangsberechttgien auSgehändigt werden ohne daß eS eines besonderen Antrags der letzteren bedarf. Dresden. Am Dienstag vormittag i/,10 Uhr spielte sich vor den Augen zahl- reicher Vorübergehender auf der Friedrich- August-Brücke ein aufregender Vorgang ab. Dort schwang sich ein Mann über die Brüstung und sprang in die Fluten hinab. Es gelang aber einigen Schiffern, den Lebensmüden noch lebend in der Nähe deS Italienischen Dörfchens an das Ufer zu bringen, In ihm wurde ein Schlosser- meister aus der Seevorstadt festgestellt, der infolge mißlichen Geschäftsganges seines Lebens überdrüssig geworden war. Leipzig. Ein P'erde-Lazarett ist in der Nähe deS Bahnhofes Thekla in den letzten Wochen entstanden. Es besteht in der Hauptsache aus einem Zeltlager, in dem mehrere hundert Pferde untergebracht worden sind. Neben zahlreichen deutschen Pferden befinden sich hier auch russische, belgische und französische Beutetiere, welche leicht erkrankt oder verletzt sind und hier wieder hergestellt werden, worauf sie dann wieder der Front zugesühct werden sollen. Ungefähr 70 Trainsoldaten find zur Pflege und Wartung der Tiere kommandiert. In dem Lazarett können rund 400 Pferde aus einmal untergebracht werden. — Von dem 9 Uhr 39 Minuten abends von Geithain in Liebertwolkwitz etntreffen- den Personenzug Nr. 4509 entgleiste bei seiner Einfahrt in den Bahnhof Liebert wolkwitz aus noch festzustellender Ursache der hin;ere Zugteil. Ein Wagen vierter Klasse legte sich um und wurde eine Sirecke geschleift. Hierbei wurden zwei Personen tödlich und 5 leicht verletzt. Kirchennachrichten. Donnerstag, den 30. September 1915. Ottendorf-Okrilla. Nachm. 5 Uhr Kriegsbetstunde.