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Freitag, den SS. Juli 1V04 3. Jahrgang. Nr. 165. Erscheint tS«ltch nachm, mit SuSnakme der S-nir,. und Aesilage, B«z«aS»rrt»: «ieneljükrl. 1 Mk. 8«P». «ebne Besrcllpctds. Lei autzerdeutschen PottanslaU It Zcitr-nflst" owc »1n,eliwmmcr !v Ps RedaltionS-Sl'rcchstunde: 1» IS Uhr. Unsdkängige; rlageblsttlür Aakrbell. steckt u. frelkeit. Juscrarc werden die Kqespnllene Peiil^eile »der deren Rnnnr m tü Pt- derechncl, bei Wiedeidolu»,, I'edeuiendcr Nüdall. Biichdriilfcrei. Ncdaktlo» und Mesch,isldslrlle: Dresden Pilluioer Ltrascc 4 t — ^eniiinecher Än» I Nr > !«'»>. V. Kongreß der christlichen Gewerkschaften Deutschlands. Essen Ruhr), den 20. Juli 1004. Im Anschluß cm das Referat von Frl. Nagel- Ber- E lin ninunt zunächst Frl. D e l a e r e> i r - Berlin das Wort. tSie vertritt den Standpunkt, das; die Heimarbeit deshalb nicht zu entbehren sei, weil die verheiratete Heimarbeiterin sich zunächst als Hausfrau und Mutter fühle und dann erst als Arbeiterin. Die Nednerin weist darauf hin, das; auch das kaufende Publikum, namentlich die Frauen, die Heim arbeiterinnen dadurch unterstützen könnten, das; sie nicht in solchen Geschäften kaufen, die für die Heimarbeit Schund löhne bezahlten. Es folgt eine rege Debatte, die eine Reihe bemerkens- werte Anregungen bringt. Schließlich wird folgende Re solution angenommen: Der 6. Kongreß der christlichen Gewerkschaften erkennt an, daß in der Hausindustrie im Lause der Zeit sich schwere Mißstände herausgebildet haben, deren Ursache einerseits in der eigentümlichen Vetriebsform, und dem damit im Zu sammeuhang stehenden Unterbieten seitens der Arbeits kräfte', hauptsächlich aber in dem Umstand zu erblicken ist, das; im Gegensah zur Fabrik- und Werkstattindustrie die Hausindustrie des gesetzlichen Schuhes fast vollständig ent behrt, und die Vorteile der sozialen Gesetzgebung den in der Hausindustrie beschäftigten Arbeitern nur zum gering sten Teil zu gute kommen. Der Kongreß siebt deshalb in einer gesetzlichen Regelung der Hausindustrie und eines ausreichenden Schuhes der darin beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen eine der nächsten und wichtigsten Ausgaben der gesetzlichen Sozialresorm »nd fordert. 1. Baldige Ausdehnung der Arbeiterversichernngsge sehgebung aus die gesamte Hausindustrie unter Einnignng in die bestehende» Versichernngsorganisntionen. 2. Erlaß von Schuhbestimmnngen und Unterstellung der gesamten Hausindustrie unter die Gewerbeinspektioii-, eventuell sind besondere männliche und weibliche Anssichts Personen als Gewerbe- und Wolmnngsinspektoren für die Hausindustrie zu ernennen. 3. Verpflichtung der Unternehmer und Zwischenmeister zur Listcusührung über die von ihnen beschäftigten Haus gewerbetreibenden und Einführung von Lohnbüchern für alle Zweige der Hausindustrie, aus denen Art und Um sang der Arbeit, die vereinbarten Lohnsätze und das Ver dienst des Zwischenmeislers zu ersehen sind. Aus Erfordern der Ortsbchörde oder der Gewerbeinsvektion sind die Listen seitens der Unternehmer und Zwiscbenmeisler und die Lob» bücher seitens der Hausgewerbetreibende» vorznlegen. -1. Gesetzliche Bestimmungen über die Beschaffenheit der Wohnungen und Werkstätten der Hausgewerbetreibenden unter Berücksichtigung der allgemeinen Regel» der Wob nungshygiene in Verbindung mit der Wolmnngsiinvektion und unter Ausübung einer regelmäßigen Kontrolle. .">. Verbot der Mitgabe von Heimarbeit an Arbeiter und Arbeiterinnen, welche in Fabrik und Werkstätten in einer üblichen regelmäßigen tägliche» Arbeitszeit beicbäf tigt sind. 6. Um die Herabdrückung der Löhne einerseits durch die Unternehmer, andererseits durch die Konkurrenz der Heimarbeiter und --Arbeiterinnen untereinander entgegen zu wirken, sind Institutionen zu schassen «event. unter An lehnung an die Gewerbegerichte >, in denen Ardeitgeber und Arbeitnehmer gleichmäßig vertreten sind, durch die der Min destlohn und die sonstigen Arbeitsbedingungen für bestimmte Bezirke und Branchen rechtskräftig festgesetzt werden. 7. Die Ueberführung der Hausindustrie in Weriitätten mW Fabrikbetri >'en übe'all da wo sie sich unter ichwercr Gefährdung der Gesundheit der Prozudenten oder .Konui menten vollzieht. Solange diese Forderungen durch die Geiehgebnna nicht verwirklicht sind, fordert der .Kongreß: 1. Das; der Bundesrat von den ibm znstel,enden Be sugnissen, die Arbeiterversichernngs- und Schuhbestimmun gen auf die Hausindustrie aiiszndelmen, baldigst Gebrauch macht. 2. Daß der Abschluß von Tarifverträgen zwischen den Gewerkschaften und de» Unternehmern mehr als bisher die in der betreffenden Branche bestehende Heimarbeit berück sichtigt werde. 3. Fordert der Kongreß die christliche» Arbeiter aus, mit vereinten Kräften für die Organisation der Heimar beiter und -Arbeiterinnen in christliche» Gewerkschaften zu wirken, da eine Durchführung der ausgestellten Fordern» gen, um so eher und in sachgemäßer Weise zu erwarten ist, wenn die Heimarbeiter selbst dabei Mitwirken. Es sollen darum alle in Betracht kommenden Organisationen aller orts unterstützt werden, sowohl in der Agitation, wie auch in ihren Bestrebungen, den Heimarbeitern die Vorteile der sozialen Gesetzgebung, besonders der Invaliden- und Kran kenversicherung, soweit dies nach dem heutigen Stand die ser Gesetzgebung möglich ist, zu verschaffen. In der Nachmittags-Sihung verbreitet sich Frl. Behm - Berlin über die Organisations- bewegung der Heimarbeiterinnen und schildert die Schmie rigkeiten der Organisierung und die verhältnismäßig gro ßen Erfolge der christlichen Bewegung. Sodann referiert Fischer-Mülhausen über die Frage der Arbciterculsschüsic. Er bespricht zunächst die geschichtliche Entwickelung und den Widerstand der Unternehmer gegen die Arbeiterausschüsse. Tie Arbeiterausschüsse sollen eine Vermittelungsinstanz sein zwischen Arbeiter und Arbeitgeber. Ter Ausschuß hat den Zweck, die Wünsche und Beschwerden der Arbeiter den Vor gesetzten zu unterbreiten und ans eine friedliche Verständi gung liinzuarbeiten. Es sollen dabei nur intelligente, tüch tige Arbeiter resp. Arbeiterinnen berücksichtigt werden, die auch das nötige Rückgrat und die Gewandtheit besitzen, um die Interessen der Arbeiterschaft ruhig aber energisch zu ver treten. Es fehlt vollständig an einer bestimmten gesetzlichen Umschreibung der Arbeitcrausschüsse. Tiefer Umstand ist höchst geeignet, der Wirksamkeit der Ausschüsse hindernd in den Weg zu treten. Auch bei eventuell eintretenden Lohn- streitigkeiten soll der Arbeiteransschns; nicht untätig bleiben. Gerade hier wird seine vermittelnde Tätigkeit besonders notwendig sein, da ja speziell die Lohnsragen naturgemäß besonders häufig Anlaß zu Zerwürfnissen zwilchen Arbeiter und Arbeitgeber geben. Aehnlich liegen die Verhältnisse be züglich der Regelung der Arbeitszeit, insbesondere soll bei der Einschaltung von Ueberstunden, oder bei einer eventne! len Einschränkung der Arbeitszeit infolge schlechten Ge schästsganges usw. der Arbeiteransschns; vorher gebärt wer den. Ein weiteres Gebiet, ans dem die Ausschüsse eine ie gensreiche Tätigkeit entfalte» könnten, wäre die Zorge für Durchführung der Arbeiterschntzgesetze in den einzelnen Be trieben. Es wäre zu wünschen, das; in alt diesen Punkten die Befugnisse der Ansscbüsse ebenfalls durch gesetzliche Be stimmnngen fest umgrenzt würden. Ratürücb toll deine! ben auch gestattet sein, aus eigener Initiative Wünsche und Beschwerden vorznbringen, sofern dieselben nicht periön lieber Natur sind. Dann würdigt der Referent die Be dentnng der Arbeiteransschüsie in längeren Ausführungen und wünscht tebbafi gesetzliche Einführung derselben. In drr 7 iskussiv» spricht zunächst S i st e n i ch - Aachen über die Erfahrungen, die inan im Aachener Gebiet mit der Arbeitslo'enversiche riing gemacht habe. So lange die Arbeitsausschüsse nicht gesetzlich eingesührt seien, bildeten sie eine Gesabr für die senigen Arbeiter, die in die Ausschüsse gewählt werden, weil sie häufig entweder direkt oder indirett gemaßregelt werden. Infolgedessen käme» die unverheirateten jungen teilte, die unabhängig seien, in die Ausschüsse und diese be geben dann leicht Unbesonnenheiten, welche die ganze Wirt samleit der Allsschüsse in Frage stellen. Nach weiterer Debatte wird folgende Resolution angenommen. Der 7» Kongreß der christlichen Gewerkschaften Deutsch lands betrachtet die Arbeiteransichüsse als nützliche und not wendige Institutionen. Durch dieselben wird dem Arbei ler Gelegenheit geboten, seine Wünsche und Beschwerden dem Arbeitgeber zu unterbreite». Die Ausschüsse find dann auch geeignet, die oft ans beide» Seiten bestellenden Vor urteile und falschen Ansichten zu beieitigen und Ueinere DO serenzen, die nicht seilen zu großen Schwierigkeiten führen, ans friedlichem Wege ans der Welt zu schassen. Da die Errichtung von Arbeiteransschüffe» bei einem großen Teile der Unteinehmer leider noch immer energi schein Widerstand begegnet, io erachtet der Kongreß die geietckiche Einführung derselben iür Betriebe mit mehr a!s 2l> Arbeitern als abwlnt geboten. Um dabei die Ansichüve vor bloßem Scbeinda'ein ;n betvalucn und ihnen praktische Bedeutung und Erfolge ;n sichern. muß geftzlicb benimmt werde», das; 1. Die Mitglieder der Arbeileransschüsse durch geheime direkte Wahl von den Arbeitern ans ihrer Mitte zu wählen find, in großen Betrieben ans den verfchiedenen Arbei terkategorien. 2. Mitglieder der Arheiteraiissckiüsse während ihrer Amtsdaner nicht entlassen werden dürfen, sofern nicht die Bestimmungen des 123 der Reichsgewerbeordnnng und gleiche Bestimmungen von Landesgesetzen, betreffend die Entlassung von Arbeiter» vor Ablauf der vertragsiiiäßigen Arbeitszeit und olme Auskündigiing. Platz greifen. 3. Die Arbeiterausschüsse die Benignis haben, n > Anträge, Wünsche und Beschwerden der Mitarbeiter der Betriebe den Arbeitgebern vorzntragen und sich in Fn sainnienkünsten mit letztere» über dieselben gutachtlich zu äußern; I>> in diesen Zusammenkünften über sonstige Fragen und Angelegenheiten, welche das Lohn- und Arbeitsverhält ins, insbesondere die Arbeitsordnung und Abänderung der selben betreffen, ihr Gutachten abzngeben; <-> in diesen Zusaminenkünsten auch das Wohl der Ar beiter und ihrer Angehörigen betreffende Verhältnisse und Fragen zu besprechen und sich gutachtlich darüber zu äußern: M die regelinäßige» Zusammenkünste der Ausschüsse mit den Arbeitgebern tunlichst monatlich mindestens aber vierteljährlich stattfindcn, im übrigen sind über die Tätigkeit und Zusammensetzung der Arbciterausschüsse statutarische Bestimmungen zu treffen. Der Kongreß ersucht die Staatsregierung und die ge- setzgcbenden Körperschaften im Sinne des Vorstehenden A r- beiterausschü s s e g esetzli ch einzus ü b r e n. Ferner sord-ert er die Kongreßteilnehmer ans, die Arbeiter schaft zur lebhaften llnterflützung dieser Besserung anzn feuern. Nachdem hiermit die eigentlicbe Tagesordnung erle digt ist, werden die folgenden A nträ g e des Arbeiter schutzvereins Freiburg i. Br. dem Ausschüsse des Gesamt verbandes zur weiteren Veranlassung überwiesen. Ter Kongreß möge an den maßgebenden Stellen dar aus hinwirke», daß bei Vergebung und Ausführung von Arbeiten ans öffentlichen Mitteln die einheimischen Arbei ter, soweit als tunlich, gegenüber den Ausländern bevorzugt werden. Der Kongreß möge an die Reicbsregiernng und den Reichstag das Ersuchen richten, für die sozialen Körper schaften tGewerbegerichte, Krankenkassen nnv.l die Verhält niswahl obligatorisch einznsühren. Der folgende Antrag der Hannoverschen Bauhanüwer ler wird angenommen: Der Kongreß möge die Regierung anssordern. durch Reichsgesetz die Bescbästignng von Arbeiterinnen ans Ban ten zu verbieten. De» Schluß der materiellen Verhandlungen bildete die Besprechung der Frage auf Grund der Anregung des Ge neralsekretärs Siegerwald. Es lag dazu folgende New Intimi vor: ..Bezüglich der ans dem Kongreß erfolgte» Anregung, zu dem dem vreußischen Landtage vorliegenden Entwurf eines „Gesetzes zur Erschwerung des Kontraktbrnches länd licher Arbeiter" Stellung zu nehmen, beschließt der Kon greß: ..Da zur Behandlung der genannten Kontraktbruchvor- lage keine Referate vorgesehen find und deshalb eine gründ liche Behandlung dieses Gegenstandes nicht mehr möglich ist. da ferner das Komitee des Frankfurter Arbeitertongresses im Sinne der christliche» Gewerkschaften Stellung genom men bat, siel» der Kongreß von einer Beratung der Kon traktbrnchvorlage ab. Er verweist bezüglich seiner Stellung zur Landarbeiter Frage ans die vom l. .Kongreß der christ liehen Gewerkschaften zu München im Fahre 1302 beschlos sene Resolution, in der n. a. gefordert wird: I) Beseitigung der iür die Landarbeiter bestellenden Koalikionsverbote und diesbezüglichen veralteten Gesetzes > benimmunge»: 2i Beteiligung der Ansnalnnesiellnng der Landarbei ter in 'Bezug auf den Arbeiterscbnl; und die Arbeiterver sichern»»; 3> Gewährung von Recbtschntz beim Abschluß von Aon trakten und llebernainne von 'Akkordarbeiten durch Land arbeitervereine. Der Kongreß proteiiiert ferne!' ans das lebhafteste ge gen jede direkte oder ans Umwegen die Arbeitssreibeit der ! Landarbeiter einschränkende Gesetzesbestimmung." I hin der Entlastung dieser Resolution in der Kommission ! teilt dann Referent Schiffer Düsseldorf mit: In der j Kommission sei sehr bald nach den ursprünglichen Mei nnngsver'chiedenheiten eine Einigung erzielt worden. Tie olüge Rewlniwn wird hierauf olme Diskussion ein ! stimmig angenommen. Die Bestimmung des nächsten .Kongreßortes und der Feit wird dem Ausschüsse des Gwamtverbandes überlassen. Damit waren die öffentlichen Verbandlnugen des Kon greiies erledigt: der Vorsitzende 'Brust wirst zum Schluß noch einen kurzen Rüclblick ans die Arbeiten des Kongresses - und schließt denselben mit einem Hoch ans den .Kai'cr. eurer ittierutttwlGzren Nei'.eluttK de§ ?eerechw ^ dürite der anOelienerreg.. mde Vorfall im Roten Meer den ! Anlaß geben. Die Einzeltatsachen sind bekannt. Der den! ^ wie Poüdampfer ..Prinz Heinrich" wurde von einein rnssi ! scheu Kriegsschiffe ungehalten und gezwungen, die nackt Ja ^ pan adressierten Postsendungen ansznliesern. Tags dar : ani bat dieses russische .Kriegsicliin den englischen Dampfer ..Perna" diese Postsendungen mit Ausnahme von 2 für s Nagasaki beüimmlen Posiiacken wieder übergeben. Der deutsche Realist anzier bat bereits gegen dieses Vorgehen in St. Petersburg energisch Einspruch erhoben. Der Pro teü vertritt den völkerrechtlich allgemein anerkannten Stand pnnlt. das; der Tranficvei kel'r der Poslwndnngen den Ver einbarnngen des Weltpostvereins gemäß auch im .Kriegs salle zulässig sei. Wenn die russische Regierung zu Beginn des Krieges auch Postsendungen als Kriegskontrebande er klärt habe, io rechtfertigte diese Auffassung falls sie über Haupt haltbar sei höchstens eine Durchsuchung, teinessalls aber eine Beschlagnahine der Postsendungen ohne Unter schied der Adressaten. In der russischen Erklärung vom 27. Februar d. I. über den 'Begriff der Krirgslontrebande wnrden lediglich „feindliche Depeschen und Briese" als Kon trebande bezeichnet, das beißt Postsendungen, die von dem feindlichen Staat ansgingen oder an ihn gerichtet seien. Mindestens also hätten von den »ach Japan gerichteten des „Prinz Heinrich" diejenigen von der Beschlagnahme frei bleiben müssen, die an private Empfänger in Japan ge richtet waren. Damit ist die gesamte Lage des Kriegsrechts zur See ausgerollt und es besteht die Hoffnung, daß die selbe endlich einer internationale» Vereinbarung unteiwor