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7». Jahrgang. Zs 4«7 «mdlanschrM, »a-grl»»«, V«mspr»ch»r-Samm»>numm»ri S» »-»1. vnr für grachlq»>pr»ch»i SV 011. Donnerstag, 23. September 1926 Gegründet 18SS Bezugs-<r«bühk >« Vteemtg. Anzetgen-Preise: M.« auberdaw! «chrtMe-unq u»v Nau»,«»'»«"»N»v«: SS »2 Drmtl u. Deelao ovn Uieoia» S NetMarl» m Dr»»d»n. PvftI«»S.N-nIe 10SS »r—»«,. Itachdru» nur mt> o»u»Nd«r Luellenanaad» .Dresdner Nnchr" ,u>LMn. Unnerlnna» SchruniüN» «erden nut>> uuldewadrt. ItNINIItlllllMIIMI MIM» MIMMMMI MUUUUU...IUUUUM ^UI^003ll0^ * f^SstÄUNLiiIt * «t tiMIUIIMIIttttllUlNttktl l'ägllQk ^LO^mittags-l'snLlss ^scisn /^dsnci Oi^s»' rise^i ciSM l'istsatSk' (l'anr) >MN-N'1s1I»M»h uiriltt Ausklang der Genfer Tagung. Abreise -es Reichsautzenminislers nach Berlin. — ALtselralen über -ie Finanzplüne. Finnischer Dorsloh gegen -ie Auslegung -es Genfer Artikels 16. — Slegerwal- über -ie Möglichkeiten -er Regierungserweikrung Slresemanns Abschie-sre-e an -ie Presse. (Durch Funkspruch.I Genf, 22. Sept. Reichsminister Dr. Stresemann, Staatssekretär Weißmann und Ministerialdirektor Dr. Siep »itt ist- fnhren heute nachmittag «m ü Uhr mit dem fahrplanmäßigen Zug nach B e rl i » z n r tt ck. Die übrigen Mitglieder der Delegation bleiben bis zum Schluß der BölkerbundS- versammlung in Genf. Staatssekretär v. Schubert wird bis zum Schluß dieser Tagung Deutschland tm Völkerbund vertreten. Bor seiner Abreise empfing Dr. Stresemann heute mittag die in Genf anwesenden Vertreter der deutschen und auSländtschen Presse, um sich von ihnen zu ver- abschieden. Unter Darlegung der Eindrücke, die er in Genf empfangen habe und von denen er seststellte. daß sie durch die freundliche Ausnahme sowohl seitens der schweizerischen Bevölkerung und der Stadt Genf als auch seitens der übrigen Mitglieder des Völkerbundes in jeder Beziehung befriedigend gewesen seien, ging der Minister kurz auf die politischen Er» eignisse der Völkerbundstagung ein und sprach die Erwartung aus, daß für die Politik, aus deren Linie hier weitere Fort schritte gemacht worden seien, sich in Deutschland eine große Mehrheit im Volke finden werde. Er erblicke in den hiesigen Ereignissen die Bürgschaft für ciue Entwicklung im Sinne weiteren Fortschrittes in gleicher Richtung. Der Minister benutzte die Gelegenheit, um auf die heute hier und in ausländischen Blättern in Umlauf gesetzten Ge rüchte einzugehcn, in denen eine Entstellung der Ansprache, die er gestern abend vor der deutschen Kolonie Genf gehalten, Anlaß zu den phantastischsten Kombinationen über die Ziele der deutschen Politik und die hier gepflogenen Verhandlungen gegeben habe. Er stellte die verchiedencn umlaufenden Ver sionen in dem bereits gemeldeten Sinne richtig. Dr. Strese mann schloß mit der Mitteilung, daß er selbst beabsichtige, bei den zukünftigen Tagungen Deutschland in Gens z« vertreten, um die persönliche« Beziehungen z« vertiefe« und z» ver stärken. die er mit den in der BölkcrbnndSarbeit erfahrenen Vertretern fremder Mächte gepflogen habe. Deshalb begrüße er die anwesenden Pressevertreter für deren intensive Mit arbeit an der Schaffung einer dem Kriebenswerk günstigen Weltmeinung. Er dankte mit einem deutschen „Auf Wieder sehen". (WTB.j Koffmrnaen für -as Aheinlan-. Köln, 22. Sept. Die „Kölnische Zeitung" veröffentlicht eine Erklärung des RelchsaußenmtntsterS Dr. Stresemann. die dieser ihrem Vertreter mit der Adresse an das Rheinland kurz vor seiner Abreise aus Genf abgab. Dr. Stresemann sagte: ,Hn dem Augenblick, in dem ich Genf verlasse, ist es mir ein Bedürfnis, der Bevölkerung des Nhcinlandes, unter der ich ja tn ivenigen Tagen auf dem Kölner Parteitag der Deut schen Bolkspartei weilen werde, einige Worte treuen Ge denkens zu sagen. Wir haben hier an der Stätte des Völker bundes Fragen von geschichtlicher Bedeutung erledigt und haben tn einer so kurzen Zeitspanne wichtige politische Ver handlungen geführt. Aber inmitten aller Arbeit, die wir hier geleistet haben, waren unsere Blicke unaufhörlich auf das Rheinland gerichtet. Des Rheinlandes gedachten wir in der Stunde, als wir, von 48 Nationen begrüßt, in den Saal des Völkerbundes einzogen. Dem Rheinlande gehörte all unser Gedenken in den Besprechungen von Thotry, auf deren große Bedeutung für die Zukunft des Nheinlandes ich nicht mehr einzugehen brauche. Ich glaube, die rheinische Bevölkerung, die in schwersten Stunde« so viel Treue «nb so viel Hin gebung an das große Baterland bewiese« hat» wirb am Ans klang dieser denkwürdigen Genfer Tagung das frohe Gefühl haben, baß ihre Treue «nb Hingebung unvergessen blieb und daß sie die sichere Grundlage war, ans der allein an de« Werke der dentfche« Freiheit gearbeitet werde« konnte." Elnderufima -es Auswärtigen Ausschusses Berlin, 22. September. In parlamentarischen Kreisen wird damit gerechnet, baß der Auswärtige Ausschuß des Reichstags Anfang nächster Woche Zusammentritt, um den Be- richt des Reichsministers des Aeußern Dr. Stresemann über die Verhandlungen in Genf und Thotry entgegenzunehmen Zwiespalt der Auffassung in Paris. Kritik am Beschluß -es Mintslerrales. Paris, 22. Sept. In einem Kommentar zum gestrigen Ministerrat äußert der „TempS": „In der Politik der deutsch französischen Annäherung ist ei« entscheidender Punkt erreicht. Das Kommuntqus über den gestrigen Mtnisterrat erklärt, daß die Regierung hinsichtlich der Wichtigkeit der Be sprechungen zwischen Briand und Dr. Stresemann und die Notwendigkeit, sie fortzusetzen, einer Ansicht tst. Diese Einmütigkeit tst wertvoll, nicht nur vom Standpunkt -er inneren Politik und der Konsolidierung des Ministeriums der republikanischen Einheit aus, sondern tn gleicher Weise auch vom Standpunkt der Entwicklung der in Genf und Thotry eingcleiteten Politik aus, die, wie bereits vom ersten Tage an betont, nur dann beachtenswerte Resultate ergeben kann, wenn sie außerhalb aller Mißverständnisse und jeder Zwei tentigkett wirklich im Sinne eines realen Aul glei ^ wirkt Er schreibt: „Was wir durch die augenblicklichen Nebel hin durch erblicken, ist. daß die Unterhaltung von Thotry ziemlich sreimütig gewesen ist und sich ziemlich weit in das Reich der Hypothesen vorbcwegt hat. Nach Paris zurück- gekehrt, hat Briand angesichts -er Erregung, die sich der öffent lichen Meinung bet dem Gedanken bemächtigt hat, baß geopfert werden könnte, was noch von den Garantien des FriedenS- vcrtrages übrlggeblteben sei, seine Kollegen über dt« relative Bedeutung des TageS von Thotry beruhigen wollen. Wir können «nser« Pfänder »nr gegen Realitäten aufgebe«. Aber bis jetzt ist uns kein wirklicher Vorteil, keinerlei Sicher» heit augeboien worden." — Fm „Journal des Debats" heißt cS: „Eine Politik, wie die tn Thotry begonnene. Kann nicht auf vsfcncr Straße getrieben werben. Wenn aber die Regierung will, -aß die Oeffentlich-keit Verständnis zeigt, wird sie gut doran tun. eine Gelegenheit zu ergreifen, sich zu äusnrn. und »war über dte Frage de» Zustandekommens der deutsch-fran- zöfischen Verhandlungen uwb über die weitere Frage: WaS fordert man »on Frankreich «nb ums »erlangt Frankreich?" gkett wirklich im Sinne eines realen Aus- >cheS der Interessen beider Länder sich aus. — »Jntraustgeant" äußert sich außerordentlich skeptisch. Lreibt: „Was wir durch die auacublicklicken Nebel bin. Eine nolwen-ige -euksche Verwahrung. Berlin, 22. Sept. Die „Deutsche diplvmatisch-politische Korrespondenz" nimmt Stellung zu der Heute verbreiteten offi ziösen Auslassung der Agentur Havas über den gestrigen französischen Ministerrat und führt u. a. aus: Die französische Darstellung geht dahin, das Deutsche Reich führe biS fetzt ge- treulich die Verpflichtungen -eL Da-weS-Plaues auS, aber nach den neuen Berichten schein« eS nicht, daß bisher auch mit Bezug auf dt« Abrüstung dasselbe Ergebnis erlangt worden sei und die französische Regier««« müsse deshalb im Einvernehmen «lt ihre« Sachverständige« bk Bedeutung dieser Leiftxngsritckftände lMangnementsj a-mägen »nb fest- stelle», in welchem Ausmaß fie als Sanktion die Fort» setznng der Besatzung «ach sich ziehe«. Dies« Ausführungen, die allerdings im Zusammenhang mit den übrigen, der gesamten Transaktion günstigen Darlegun- gen des Kommunique gelesen werden müssen, sind zweifellos geeignet, in Deutschland peinliche Empfindungen auSzulösen ES soll hier die sachliche Berechtigung der aufgestellten Be- Hauptungen nicht untersucht werden, zumal mit dom Begriff« der „Gesamtlösung" das Streiten um die relativ kleineren Einzelfragen und angeblich noch offenstehenden Forderungen auf diesem oder jenem Gebiete nicht vereinbar find. So went. wie auf französischer Sette verhehlt man sich auf deutscher, da. dt« praktische Verwirklichung der in Thotry skizzierten Auf gaben nicht frei von Schwierigkeiten setn wird. Es bedarf dazu nicht erst besonderer Konstruktionen, in denen — beabsich tigt oder unbeabsichtigt — mit Begriffen gespielt wird, bi« nachgerade a«S de« dentsch-französtschen Erörterungen a«S» geschaltet sei« sollte«. Und gerade wenn man. wie das dte feierliche Erklänmg des französischen Gesamtministeriums unter besonderer Betonung der Zustimmung ihrer grund- sätzlich im Vergleich zu BriandS anders orientierten Mitglieder proklamiert, eine Verwirklichung der a«gestrebten Gefamt- lösung will, scheint eS am Platze, mit größtem Takt und mit größter Zurückhaltung die erforderliche geistige und seelische Bereitschaft der beide» Völker zu schaffen und zu erhalten, die hierfür unerläßliche Voraussetzung ist. In diesem Sinn« darf man. nicht in seinem Endergebnis, aber doch tn einzelnen seiner Teil«, da» französische Kommunique als ein psychologisch wenig geschicktes Schriftstück bezeichnen und muß in beider seitigem Interesse dagegen Verwahrung etnlegen. Das finanzielle ASlsel von Thotry. Auch Potncarö und seine Leute im französischen Kabinett haben sich davon überzeugen müssen, daß Briands weiß wie der Montblancschnec leuchtende Seele nicht nur der geeignete Boden für zündende Begrüßungsreden im Völkerbund ist, sondern baß die Geschäfte, die er abzuschließen oder anzu- bahnen versteht, doch auch recht verlockende Vorteile in Aus sicht stellen. Das Kabinett Poincars hält es jedenfalls für „vorteilhaft, die Besprechungen fortzusetzen". Damit aber be ginnen die großen und ernsten Schwierigkeiten, die sich in -er Praxis dem in Thotry angebahnten Geschäft entgegenstrllc». Sie liegen hauptsächlich tn der Art und Weise, wie die teil weise Mobilisierung der Dawcs-Obligationen der Reichsbahn zugunsten Frankreichs vor sich gehen soll und sind, wie HavaS richtig hervorhebt, sowohl finanzieller als auch poli tischer Art. Was man in Thotry geklärt hat, sind bei dem Fehlen finanzieller Sachverständiger günstigstenfalls die poli tischen Grundlagen einer derartigen finanziellen Aktion, und diese auch nur, soweit sie Deutschland und Frankreich an» gehen. Was aber letzten Endes daraus wird, hängt von de» hinter dem Dawes-Plan stehenden Geldmächten und von dem Reparationsagenten Parker Gilbert ab. mit dem augenbltch« lich bereits eine der maßgebenden Persönlichkeiten der Repa- rationskommission. wie Parmentier, in Berlin die grundlegen den Fragen zu klären versucht. Es ist nicht das erstemal, daß die Mobilisierung der bet dem Treuhänder für die Etsenbahnobligattonen deponierten Reparationsschuldverschreibungen iy den französischen Pläne« eine Rolle spielt. Denn sie sind im Dawes-Plan ausdrücklich dazu geschaffen, um unter günstigen Umständen sofort eine größere Summe für die ReparationSgläubigcr flüssig zu machen. Aber der springende Punkt dabei war noch stets -ie Tatsache, -aß die 11 Milliarden Etsenbahnobligattonen mit S Prozent verzinslich und vom vierten Dawes-Jahr ab mit 1 Prozent zu amortisieren sind. Mit solchen Bedingungen lockt man heute kein Kapital auf dem Weltmarkt hervor, da alle Anleihen mit mindestens 7 Prozent verzinst werbe» müssen. Würde man trotzdem den Versuch machen, die Obli gationen auf dem Weltmarkt unterzubringen, wofür allein die Reparattonskommission zuständig ist. so würde kaum mit einem Ausgabekurs von mehr als 75 bis 8v Prozent ge rechnet werden können, was einen sehr empfindlichen Aus fall für -ie Rcparationsgläubiger bedeuten müßte. Seit jeher haben sich deswegen die französischen Bestrebungen zur Flüssigmachung dieser Obligationen darauf gerichtet, ent weder einen Teil der Etsenbahnobligattonen bei der Bank von Frankreich zu hinterlegen und auf dieser Grundlage neue. Vesser ausgestattete französische Schuldverschreibungen herauszugeben. oder aber für den jetzt zu mobilisierenden Teil der Dawcs-Obligationen eine Erhöhung des Zinsfüße- durchzusetzen, dte dann durch eine Zinsermäßigung für üde restlichen Werte auszuglcichcn wäre. In beiden Fällen wäre natürlich eine deutsche Zustimmung unerläßlich, da besoy- ders di« Erhöhung der Zinsen eine erhebliche Mehrbelastung für Deutschland darstellen würde, deren späterer Ausgleich recht problematisch wäre, da ohnehin heute schon kein Zweifel mehr darüber besteht, baß die Dawes-Last untragbar tst und die Revision des DaweS-Planes nur eine Frage der Zeit ein kann. Es steht heute noch nicht fest, ob tn den gegen wärtigen deutsch-französischen Plänen die Frage der ZInS- erhöhung eine Rolle spielt. Von einer Verpfändung eines Teiles -er Obligationen an die Bank von Frankreich scheint edenfallö nicht mehr die Rebe zu setn. Aber auch wenn ma» andere Wege ausfindig machen könnte, um einen Teil der DaweS-Obltgationen flüssig zu machen, müßte Frankreich de« größten Wert auf eine deutsche Zustimmung legen, um von vornherein störende Verwickelungen durch eine deutsche An rufung de» DaweS-SchtedsgerichtS aus,uschalten. Keine noch so weitgehende deutsch-französische Einigung kann aber die Schmierigkeiten ausschalten, die durch das Hineinsptelen dev TranSserproblemS in alle diese Pläne ver ursacht werben. Man hat in Deutschland gewiß auch mit Recht auf die Gefahren hingcwiesen, die aus einer Realisierung der Eisenbahnschuld für eine spätere Revision des DaweS-Planes erwachsen könnten. Denn wenn erst die DawcS-Schulden, dte heute nur von Staat zu Staat gehen, durch einen Verkauf der Obligationen tn privatrechtliche Ansprüche einzelner auSländi- cher Kapitalisten umgewandelt sind, ist jede Ermäßigung dieser Schuld ausgeschlossen. Man darf diese Gefahr nicht gering, schätzen, aber man braucht sie so lange nicht in den Vorder-