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Nr. 16. Weißeritz-Ieitung Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zn beziehen durch alle Postanstalten. 25. Februar 1870. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die ' Spalten-Zeile 8Pfg. Amts - und Mtigr-Alatl der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe M Dippoldiswalde and /ranenfleiu. vermtwortlicher NeLartrur: Carl Irhnr in Dippoldiswalde. Tagesgesehichte. Dippoldiswalde. In dem */» Stunde von hier entfernten Dorfe Re in berg ist am 19. Febr. auf dem Boden eines Gutes ein neugeborenes Kind, unter Stroh versteckt, jedoch noch lebend, aufgefunden worden. Die Erörterungen behufs Entdeckung der unnatürlichen Mutter sind im Gange. Dresden. Von den social-demokratischen und den der radicalen Volkspartei angehörenden sächsischen Abge ordneten Bebel, Försterling, Götz, Mende, Liebknecht und Schraps hat sich noch keiner auf dem seit 8 Tagen versammelten Reichstag blicken lassen. Die auch dem Landtage mit angehörenden Reichstags-Abgeordneten Ackermann, v. Einsiedel, Günther, vr. Feistner, Leh migen, Riedel, Wigard und v. Zehmen, werden sich nach Schluß desselben nach Berlin begeben. Beurlaubt sind die Reichstags-Abgeordneten vr. Stephani und Heubner; sonach befinden sich auf dem Reichstage nur die Herren Moßig von Aehrenfeld, v. Salza, Schwarze, Ehsold, Blum, Gebert und Hirsch. — Die Kosten für den in Dresden abgebrannten Pontonschuppen sollen aus den BundeSetat gebracht werden. Im Bundesrathe ist man aber über diesen Posten sehr getheilter Ansicht, und es fragt sich daher, ob er genehmigt werden wird. — Wegen der zu erwartenden Hochfluth der Elbe werden Seiten der Behörden bereits die nöthigen Maßnahmen getroffen. — Beide Ständekammern sind am Dienstag Abend, nachdem sie je 2 Sitzungen an diesem Tage, gehalten, von ihren Präsidenten geschlossen worden. Heute (Donnerstag) findet der feierliche Schluß im königl. Schlosse durch Se. Mast den König statt. Leipzig. Der Mörder des Flvrwächters Brode in Plaußig ist entdeckt und verhaftet worden. Verrathen wurde derselbe durch den Papierpfropf, mit welcher die Pistole geladen war, und hatte der Dieb wohl nur die Absicht, mit derselben einen Schreckschuß zu thun. Als Brode in die Kartoffelmiete hineinschaute, schoß ihn der Dieb aus nächster Nähe die Ladung inö Gesicht, und der Pfropf drang in den Kopf ein, der fast gänzlich zerschmettert wurde. Als man den Pfropf untersuchte, fand sich, daß er aus einem Stück Papier bestand, welches aus dem Schreibebuche eines Schulkindes gerissen war und eine Strophe aus einer Fabel enthielt. Durch Hinzuziehung des Lehrers wurde die Zeit der Nieder schrift diese« Diktates, sowie auch der Schulknabe, welchem das Schreibebuch gehörte, durch Erkennung der Handschrift ermittelt, und so der Verbrecher, welcher ohne dies verhängnißvolle Papier wohl unentdeckt ge-< blieben wäre, dem Arme der Gerechtigkeit überliefert. Berlin. Der Reichstag beschäftigte sich in dieser Woche mit Berathungen über das norddeutsche Bundesstrafgesetzbuch. München. Es scheint, als werde Fürst Hohen lohe doch noch in seinem Minister-Amte bleiben. Der König will ihn durchaus nicht entlassen; doch scheint der Fürst vorerst bei seinem Beschlüsse beharren zu wollen. Die Stellung eines bairischen Ministers ist auch bei der jetzigen ultramontanen Wirthschaft eine äußerst widerwärtige. Wien. Die hier eingetretene Arbeitseinstel lung der Schriftsetzer und Buchdrucker hat schon zu leidenschaftlicher Erbitterung gegen die Arbeitgeber geführt. Dagegen erscheinen die sonst feindseligst sich gegenüberstehenden Zeitschriften in dieser Zeit der Noch an Arbeitskräften alle von gleichem Inhalte und ge ringer Stärke, da sie gemeinschaftlich sich mit wenigen Gehülfen, Lehrlingen rc. behelfen müssen. — Man schreibt aus Wien, daß dort von einer Verlobung des Erzherzogs Ludwig Victor, Bruder des Kaisers, mit der Prinzessin Friederike, ältesten Tochter des ehem. Königs von Hannover, die Rede sei. Hannover. Die bis jetzt noch bestandene Wc lfen- legion in Frankreich wird nun endlich am 15. April aufgelöst werden. Eine Commission in Paris hat die verschiedenen Pläne für das künftige LooS der Flücht linge berathen und ist zu dem Resultat gekommen, dem König Georg den Vorschlag zu machen, den Flücht lingen bis zu dem erwähnten Zeitpunkte die bisherige Unterstützung, dann aber die Reisekosten nach dem Lande, wo sie ihren Aufenthalt nehmen wollen, und außerdem 400 Frcs. per Mann zu gewähren. Der König hat diesen Vorschlag angenommen und die Leute haben sich zur Auswanderung nach Algier, Holland, England rc. entschlossen ; ein Viertheil aber hat sich entschlossen, eine Amnestie bei dem Könige von Preußen zur Rückkehr in die Heimath zu erbitten. Rom. Dem Papste kostet das Concil an Aus gaben für die verschiedenen frommen Häupter der Kirche täglich 25,000 Frcs. — Auf die Andeutung, ob nicht, um die Gemüther um sich sammeln und beruhigen zu lassen, eine Vertagung des ConcilS angezeigt erscheine, hat der Papst sofort die bestimmte Erklärung abgegeben: der materiellen Gewalt könne es gelingen, das Concil zu sprengen; niemals aber werde er sich der Schwäche und der Pflichtvergessenheit schuldig machen, durch dessen Vertagung es moralisch zu tödten.