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MHeritz-Mimg Nr. 76 80. Jahrgang Donnerstag den 2. April 1914 abends - Mit achtseitigem „Illustrierten Unlerhaltungsblatt" und täglicher Unterhaltungsbeilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehne. — Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Die ^vMerltz - Zeitung" erscheint täglichmit Aus nahme der Sonn- und Feiertage und wird am Spätnachmittag ausge geben. Preis vierteljähr lich 1 M. 50 Pf., zwei monatlich 1 Mark, ein monatlich 50 Pf. Ein zelne Nummern 10 Pf. Alle Postanstalten,Post boten, sowie unsere Aus träger nehmen Bestel lungen an. Inserate werden mit 15 Pf., solche ans unserer Amtshauptmannschaft mit 12 Pf. die Spaltzeile oder deren Naum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 85 bez. 30 Pf. — Tabellarische undkompllziertcJnserats mit entsprechendem Auf schlag. — Eingesandt, im redaktionelle» Teile, dis Spaltenzeile 30 Pf. TaMitW Wh ÄHM siir CMtberg«. 1l ÄlNtöölüH für die Königliche Amtshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die Schulprüfungen fanden Mittwoch Mittag ihr Ende. Der zahlreiche Besuch von feiten der Behörden und der Ellern zeigte, daß das Interesse an der Schule und ihrer Arbeit wie schon seit Jahrzehnten in unserer Bevölkerung sehr rege ist, und diese Anteil nahme an der Schularbeit zu erhalten, ist das Bestreben der Schulleitung und der gesamten Lehrerschaft, wie die Resultate der Prüfungen bezeugten. Die Aufgaben er- streckten sich über alle Unterrichtsfächer, und von den Kleinen bis zu den Großen wurden je nach der geistigen Be anlagung der einzelnen Schüler die gestellten Fragen sicher beantwortet. — Heute Donnerstag vormittags 10 Uhr wurden 44 Knaben und 43 Mädchen nach achtjährigem Schulbesuch feierlich entlassen. Zahlreiche Erwachsene wohnten der Feier bei. Herr Oberlehrer Buckel richtete an die Scheidenden herzliche Abschiedsworte auf Grund des Spruches: „Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Golt in ihm". In herz innigem Gebete erflehte Herr Superintendent Hempel Gottes Segen auf die aus der Schule entlassenen Kinder. Möge sich der Segensspruch an ihnen erfüllen! Bei der Entlassung der Kinder gedachte Herr Schuldirekior Ebert auch mit anerkennenden Worten des am l. April in den Ruhestand ge retcnen Herrn Oberlehrer Hering, der über dreißig Jahre lang an der hiesigen Schule treu und mit gutem Erfolge gewirkt Hot. — Der Einwohnerbestand hiesiger Stadt betrug am l. dss. Mts. 4379 gegen 4409 am vorhergehenden Monat. Zuzüge und Geburten waren nur 80 zu verzeichnen, während die Zahl der Wegzüge einschließlich Sterbesälle sich auf llO bezifferte. — „Wie einst im Mai", die heitere Posse, die im Dresdner Rejidenzthrater noch immer auf dem Spielplan steht, wird heute abend auch b i uns aufgeführt werden. Das Sächsische Städtebundlheater, das uns schon einmal mit einem Schauspiel erfreute, hat sie aus sein Programm gesetzt und dürfte damit viel Zuspruch finden. — Die Herren Mitglieder der Unterslützungskasse für Witwen und Waisen des Schulinspeklionsbezirks Dippol diswalde werden hierdurch an die nächsten Freitag den 3. April von nachmittags 1/24 Uhr an in der Bahnhofs wirtschaft zu Dippoldiswalde stattfindende Hauptversamm lung erinnert und um zahlreichen Besuch gebeten. — In Anerkennung langjähriger verdienslooller Wirk samkeit im landwirtschaftlichen Vereinswesen hat der Landwirtschaftliche Kreisverein auf Grund der ihm von Ler Königlichen Staatsregierüng verliehenen Befugnis folgende Auszeichnungen zuerkannt: den Herren Guts besitzern Robert Oswald Böhme, Hermann Oswald Göhler, Ernst Hermann Wolf, sämtlich in Nassau, die silberne Medaille für Verdienste um die Landwirtschaft; Herrn Brauereibcsitzer Karl Reinhard Meyer in Rechen berg das Ehrendiplom für Verdienste um die Land wirtschaft. Schmiedeberg. Bei der hiesigen Gemeinde-Verbands- Sparkasse wurden im Monat März 1914 228 Ein zahlungen im Betrage von 23849 M. 02 Pf. geleistet, dagegen erfolgten 123 Rückzahlungen im Betrage von 18468 M. 57 Pf. Dittersbach. In der Nacht zum Mittwoch gegen 1/24 Uhr entstand im Anwesen des Herrn Tischlermeisters Baumgart aus noch unbekannte Weise Feuer, dem das Haus und Scheune völlig zum Opfer fielen. Das Feuer griff sehr rasch um sich, sodaß leider auch ein Schwein und eine Kuh mit verbrannt sind. Außer der Ortrspritze war nur die Freiwillige Feuerwehr Burkersdorf zur Hilfeleistung erschienen. Der Kaiamitose hat zum Teil versichert. Kreischa. Die Prüfungen in der Vo ks- und Fort bildungsschule sind oorrüber und legten beredtes Zeugnis ab von der treuen Arbeit der Lehrer und dem Fleiß und den Fortschritten der ihnen anoertrauten Kinder. Die Ausstellungen in Zeichnen, Handfertigkeit und weiblichen Handarbeiten zeigten recht beachtenswerte Leistungen. Der Besuch der Prüfung feiten» der Erwachsenen war leider sehr schwach, bei der Prüfung und Entlassung der Fort- bildungrschüler waren nur zwei Lehrherren zugegen. Herr Schuldirektor Meißner gab einen Ueberbllck über die Jahres arbeit, richtete an der Hand de» Sprichwortes: „Bete und arbeite" herzliche Wort« des Abschiede« an die abgehenden Jünglinge und entließ 26 Schüler. Allen konnte im sitt lichen Verhalten die 1 gegeben werden, drei Schüler er hielten in den Fortschritten die erste Zensur. Herr Buchdruckereibesitzer Neubert stiftete für diese braven Jüng linge drei schöne Bücherprämien. Maren. Infolge des herrlichen Frühlingswetter stehen hier in einigen Gärten Kirschbäume in voller Blüte. Es sind dies die Korneiluskirschen (Oornus maskula), welche die ersten Frühlingsboten unter den Bäumen und Sträuchern sind. An den kahlen Zweigen entwickeln sich schon im März die goldgelben Blütchen. Die Bäume sehen aus, als wären sie mit gelber Seide besprengt. Dresden. Sitzung der Zweiten Kammer am- Mittwoch den 1. April 1914 nachmittags I Uhr. Am Regierungstische: Finanzminister von Seydewitz und Kommissare. Eine ständische Schrift zum Dekret Nr. 22 (Befreiung der Lehrer usw. von der Krankenversicherungs pflicht) wird sofort genehmigt. Abg. Roch (Fortschr) be richtet über den Umbau des Bahnhofs Olbernhau. Er beantragt, die angeforderten 291000 Mark zu bewilligen. Die Kammer beschließt einstimmig dementsprechend Ab geordneter Caslan (soz.) beantragt, 370000 Mark als 9. Rate für den Umbau der Strecke Chemnitz-Kappel und teilweisen Umbau des Bahnhofs Chemnitz zu bewilligen. Als Abgeordneter, nicht als Berichterstatter, ersucht er die Regierung, die Interessen der beim Bahnbau beschäftigten Arbeiter anders wahrzunehmen, als es bei diesem Umbau geschehen sei. Er wünscht nicht, die ausländischen Arbeiter bei solchen Gelegenheiten unbedingt abzulehnen, erklärt aber, daß kein künstlicher Zuzug aus dem Auslande heran gebracht werde, lediglich um aus den Lohn zu drücken. Abg. Biener (Ref.) bittet, den Personrntunnel durchgängig 9 Meter breiter zu bauen. Abg. Mehnert (soz) verwendet sich nach derselben Richtung hin. Abg. Langer (ioz.) schließt sich in längerer Rede seinen Vorrednern an. Ab geordneter Gleisberg (natl.): Die Vorredner hätten ihre Wünsche besser in der Deputation zur Sprache gebracht. Die Abgg. Biener (Nef) und Langer (soz) erklären, daß es ihnen nicht möglich gewesen sei, in der betreffenden Sitzung der Finanzdeputation k anwesend zu sein. Finanzminisler von Seydewitz will auf die Fragen des Tunneliimbaues nicht eingehen. Hinsichtlich der Anfrage des Abg Castan erklärt der Minister, daß bei Bahnbauten stets entsprechcnde Löhne an die Arbeiter gezahlt werden. Nach dem Schlußworte des Berichterstatters, wobei er sich wegen unzulässiger Kritik der Geschäftsführung des Prä- sidenten einen Ordnungsruf holt, wird der fragliche Titel im Etat bewilligt. Abg. Heymann (kons.) empfiehlt, die geforderte erste Rate von 350 000 Mark für die Erweite rung des Bahnhofes Zschopau nach der Vorlage zu be willigen. Die Kammer beschließt nach unwesentlicher Debatte dementsprechend. Nach dem Berichte des Ab geordneten Mehnert (soz.) wird die anglforderte erste Rate von 400 000 Mark zum Erweiterungsbau des Bahnhofes Rochlitz bewilligt und die dazu eingegangenen Petitionen der Regierung als Material überwiesen. Nach einigen Ausführungen der Abgg. vr. Roth (lib.) und Schönfeld (kons) im Sinne des Berichterstatters wird der Antrag angenommen. Abg. Or. Niethammer (natl) erstattet Bericht über den Umbau des Bahnhofs Waldheim. Die dazu angeforderle Summe wird bewilligt. Eine Petition des Stadtrats zu Bernstadt um Fortsetzung der Nordost bahn von Löbau über Bernstadt nach dem Neiße- tal bleibt auf sich beruhen. Abg. Fleißner (soz) berichtet über das Etatkapitel der Landesanitalten. Abg. Biener (ref) wünscht ausreichende Fürsorge für die aus den Landesanstalten entlassenen Blinden. Abg. Singer (natl): Sehr ost ist die Verwandtenehe Ursache der geistigen Minderwertigkeit. Redner wünscht eine Statisiik über die Ursachen der Geisteskrankheiten. Abg. Lange (soz): Es ist unbedingt nötig, daß die Anstalten offen gehalten werden, damit die Angehörigen der Kranken beruhigt sein können und damit auch die Ab geordneten wenn nötig für Abhilfe sorgen können. Die Hauptaufgabe der Anstalten sollte die gute Pflege der Kranken sein. Redner fordert eine bessere Entlohnung für die Pfleger. Die Behandlung der Pfleger erinnert an katholische Ordensregeln. Sodann geißelt er die Lösung der Pslegermganisation durch Ministerialdirektor Heink. Man hat von den Mitgliedern schriftliche Austritts- erklärung von den Pslegern gefordert. Warum die Geist lichen berufene Anwärter zur Leitung der Landesanstalten sein sollen, ist unerfindlich Abg. Bär (fortschr) bringt Wünsche für den Neubau des Kreiskrankenstifte« vor. 's Abg. Zöphel (natl): Für die Erweiterung der Anstalt I Dösen liegt kein Bedürfnis vor. Redner hält es nicht für richtig, daß der Staut ohne Not den prioaten Unter nehmungen Konkurrenz macht. Das System Heink, di« Anstaltspfleger zu entmündigen, hätte zu einem Konflikte zwischen den geistlichen und ärztlichen Anstaltsleiter führen können. Unsere Anstalten müssen nach ärztlichen Grund sätzen geleitet werden. Das System Heink bedeutet eine Entziehung gewährleisteter staatsbürgerlicher Freiheit. Besser kann man die Geschäfte der Sozialdemokratie gar nicht machen, al» durch das System Heink. In unserem Ministerium des Innern mutet dieses System fremd an. Hier liegt eine betrügllche Rückentwickelung vor. (Lebhafter Beifall.) Abg. Fräßdorf (soz) erkennt an, daß gegen s früher manches besser geworden ist. Er bittet, den Krankenkassen die Möglichkeit zu geben, in den Anstalten ! ihre Mitglieder zu billigen Sätzen unterzubringen. Staats minister Graf Vitzthum v Eckslädt erklärte: Die Auflösung : des freien Landesoereins von Pflegern an. den sächsischen Landeranstalten sei erfolgt, weil die darin organisierten Pfleger einen Zwiespalt zwischen Vorgesetzten und Unter gebenen und zwischen der staatlichen Organisation der Pslegerschaft und den übrigen Pslegern sehen wollten. Man habe mit terroristischen Mittel gearbeitet. Die Regie rung besitze Mittel, um jederzeit nachweilen zu können, -: daß die Zustände geradezu unhaltbar geworden seien. Charakteristisch für die Gesinnung der Pfleger sei, daß sich die angeblich königstrcuen Herren an einen sozialdemo- s kratischen Abgeordneten gewendet haben. Die Regierung habe die Pflicht, im Interesse ihrer Beamtenschaft derartige H terroristische Strömungen nicht auskommen zu lassen. Nachdem Abg Koch sich für längeren Urlaub und weniger Dienst der Pfleger verwendet hat, regt Abg. Nitzschke (natl.) eine Neuordnung der Besoldung der Pflegerinnen, die mancherlei Härten habe, an. Das Bestreben seiner Fraktion gehe dahin, allen Beamten die politische Unabhängigkeit zu erhalten. Leider sei es aber so, daß die oberen Beamten die unteren politisch beeinflußten. Staatsminister „ Graf Vitzthum von Eckstädt: Eine politische Beeinslussung der unteren Beamten durch die oberen Beamten wünsche ich nicht; daß solche Fälle vorgekommen sind, ist mir nicht bekannt. An der wetteren Aussprache beteiligen sich die Abgg. Hähnel (kons), Trüber (kons), Opitz (kons.) unt» Zöphel (natl ). Der letztere Abgeordnete sührt namentlich aus, daß die Ausführungen des Ministers nicht über zeugend gewesen seien und daß nach wie vor trotz der vom Minister gegebenen Erklärung und nach den Aus führungen der konservativen Abgeordneten keine Garantie dasür bestehe, daß die sächsische Beamtenschaft ihr vor nehmstes Recht, nämlich das der politischen Gesundung, erhalten bleibe. Graf Vitzthum von Eckslädt wiederholt nochmals, daß irgend eine Beeinslussung der Beamtem oder eine politische Ueberwachung keinesfalls stattfände. Im übrigen hätten gerade die Unterbeamten freiwillig ihre Zustimmung zu den Maßnahmen der Negierung erteilt. Nach weiterer Debatte wird das Etatkapitel der Landesanstalten genehmigt. Belm Etat der Gendarmerie» anftalt bringt Abg Brodaus (Fortschr ) einen Fall eingehend zur Sprache, wo ein Schutzmann ohne Recht an der Versammlung einer wirtschaftlichen Organisation als aussichtssührender Beamter habe tcilnehmen wollen. Staats-- Minister Graf Vitz'hum meist den Vorwurf zurück, datz gegen das Beremsgesetz verstoßen worden sei. Abg. Fleißner (soz.) beklagt sich in einer ziemlich ausgiebigen Weise darüber, daß die Polizei die moderne Unterorgani- fation anders behandele, als andere Organisationen. Er bemüht sich, das an einer großen Anzahl von Fällen nachzuweisen. — In der eisten Nachtstunde wird endli- auch dieses Etatkapitel bewilligt und findet diese Dauer« sitzung ihr Ende. » — Der Gesetzentwurf über die fortlaufenden Staat» beihilfen an die Schulgemeinden ist soeben von der Finanzdeputation der Zweiten Kammer verabschiedet worden. In der Deputation konnte über einzelne Be stimmungen des Entwurfes eine Einigung nicht erzielt werden, weshalb die aus den Abgeordneten Fleißner, Koch, Müller-Zwickau, Sindermann, Schwager und Wirth be stehende Minderheit der Deputation beantragt, daß die Beihilfen de-> Staates an die Schulgemeinden durch ent sprechende Aenderung de» 8 2 der Regierungsvorlage tr»