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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.03.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000330019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900033001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900033001
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-03
- Tag 1900-03-30
-
Monat
1900-03
-
Jahr
1900
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Druck und Berlaz vou E. P olz in Leipzig. 9^. Jahrgang. 162 Freitag den 30. März 1900. Di« Morgeu-AuSgab« erscheint »» '/,7 Uhr, die Abead-Ausgabe Wochentag» um b Uhr. Filiale«: Alfred Hahn von», v. «le«»'» Sortt». Universitätlstrah« 3 (Paulinum), Sani« Lösche, Katharinenstr. 14, part. und künigß-latz 7. Ne-actio» »«- Lr-editio«: JohanntSgaffe 8. Di« Expedition ist Wochentag» ununterbroche» gedssnet »«, stütz 8 bi» Atzend» 7 Uhr. Anzeige« Pret- die 6 gespaltene PelitzeNe SÜ Pfg. Reklamen unter demRedactionSstrich <4o»> spalt«) SV>4, »or den Famtliennacheichtea (»-«spalte») 40/4. GrShere Schriften laut nnstrem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. Plagwitz Herr b. VrittLiriLNii, Zschochersche Straße 7«, Reudnitz Herr Marschallstraße I, - Herr 0. 8eUmi<1t, Kohlgartenstraße 67, - Herr öeinll. ^eder, Willtzengeschäft, Gabelsbergerstraße 11, Thonberg Herr L. üllntsob, Reitzenhainer Straße 58, BoltmarSdorf Herr 6eorx Xlemnnn. Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Ilnvahmeschluß fiir Änzeigeu: Abend-LuSgab«: Bormittag» 10 Utz« Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle« je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Ex-edition zu richten. Morgen-Ausgabe Extra-Beilag« (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung ^ll 70.—. Bezugs-Preis st der Hsuptexpebition oder den im Stadt- bezirk und den Bororlen errichteten AnS- gabesiellen abgeholt: vierteljährlich ^l4.L0, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haut -* b.üO. Durch die Posl bezog« für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^l L.—. Direkte tägliche kreuzbandietwung in» Ausland: monatlich ^l 7.S0. opMcr.TaMM Anzeiger. HmtsAatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Nollzei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das II. 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Einer seils ist die Stellung der Volksvertretung zum Princip in sofern eine andere geworden, als in der ReichSpartei mindesten» ein Thril sich zu Diäten bekehrt bat und das Gleiche hinsichtlich der konservativen Fraction nicht mehr in Abrede gestellt wird. Die Freiconservativen stimmten wegen zugestandener Uneinigkeit am Dienstag bekanntlich gar nicht, und ein Blatt, dessen Rkdacteur Mitglirv der deutsch- conservativeu ReichStaqSfraction ist, erklärt da» mitaetheilte gegnerische Boknm seiner Richtung durch dir schlechte Besetzung des Hauses; „eine ganze Anzahl von Parteigenossen* im Reichslage gehörte aber zu den Freunden des Diatenantrag». Die sehr mangelhafte Frequenz der Sitzung mindert die Be deutung de» Beschlusses nicht herab, denn alle Parteien waren vertreten. Man kann und muß nun sagen: eS giebt kiine Partei im Reiche mehr, die einmiithiz gegen Diäteubewillizung wäre, und somit existirt keine Partei mehr, die principiell an dem die Entschädigung der Abgeordneten verbietenden Verfaffungsartikel als einem Grundgesetz festbält. Nach einer fiir die Gegner sehr günstigen Schätzung sind von den 397 Mitgliedern dcS Reichstages mindestens 350 Freunde der Gewährung von Tageszelvern. Wird diese neue Thatsache deS grundsätzlichen Fallenlassens der Diätenlosigkeit für den Bundesrath ins Gewicht fallen, so noch mehr das andere Novum im Dienstags-Be schlüsse: der Reichstag ist von seinen bisherigen allgemeinen Erklärungen gegen das Tagegeldsverbot zu einem positiven Vorschlag übergegangen. Ter angenommene Unterantrag Bassermann-Gröber fordert nicht mehr Diäten im herkömm lichen Sinne des Wortes, sondern „AnwesenhritSgelder*, d. h. der Abgeordnete soll nicht für seine Abaeordneteneigen- schaft „entschädigt" werden, sondern für die Kosten, die ihm der durch jene Eigenschaft bedingte Aufenthalt am Sitze de« Parlaments verursacht. Das neue Wort „AnwesenbeitSgelder" ist abscheulich und eS wird sich Wohl ein anderes sinken lassen: hoffentlich verfällt dabei kein Mitglied deS hohen Hauses aus den schlechten Witz, die Bezeichnung „DaseinSgrlvkr" vorzu schlagen. Wie die Anwesenheit festgestellt wirb, ist ziemlich gleichgiltig, kein erdenklicher Modus könnte das Urtbeil eines Berliner Blatte» »»chlfertigen, drr Reichstag habe sich durch einen seine „Würde" in Frage ziehenden Beschluß einen „Tagelobn" für seine Mitglieder auSgebeten. Peinlich muß eS allerdings die am Dien»tag fehlenden zahlreichen Mit glieder des HauseS berühren, daß die anwesende Minderheit durch ihren Beschluß die Meinung ausdrückrn zu wolle« schien, das Han» würde voller sein, wenn „Anwesenheits gelder" gezahlt würden. Aber das schadet nicht» und der Beschluß würde auch bei vollem und deshalb seiner Würde vollbewußtem Hanse gefaßt worden sein. Wenn man sich aus den Standpunkt stellt, daß der Bezug von „Anwesenheits geldern" eine« ReichStagSabgeordneten schlechterdings na- würdig sei, so muß auch jede nach der Dauer der Parla- mentSzeit bemessene Entschädigung, also Tagegelder, wie sie in den Einzelstaaten gewährt werden, verworfen und die französische Einrichtung des Pauschale», die der Sache nach nichts Anderes als ein Deputirtengehalt ist, empfohlen werden. Mit dem, wie gesagt, von keiner Partei mehr grund sätzlich bekämpften praciseren Beschlüsse deS Reichstag» kann die Auffassung, die Diätenlosigkeit sei »in Eorrrlat de» bestehenden Wahlrecht» al» — wenigsten» vom Reichstag — verlassen angesehen werden. Damit ist aber keineswegs die ost gehörte Behauptung als richtig anerkannt, der Gesetzgeber von 1867 habe sich in drr praktischen Wirksamkeit der Nichtentschädiguna geirrt. Die Diätenlosigkeit hatte sich, wie di« glänzende Geschichte deS Reichstag- in den siebzig«, Jahren bezeugt, lange Zeit be währt. Die Annahme, daß si« vornehmlich gegen di« Socialdemokrati« gerichtet gewesen sei und deshalb ein FiaSco zu verzeichnen habe, entspricht den bekannten Intentionen der Schöpfer der Reichsverfaffnng und den Umständen zur Zeit drr Schöpfung nicht. Ihre Voraussetzung, eine Hobe, «ne sehr hohe moralische Bewerthung de« Abgeordneten mandats war gegeben, heut« ab«r ist st« verschwunden und deswegen ist di« Tageg«ldrrv«rweigttung nicht nur kein Schutz gegen das Berufspärlamentarierthum mehr, sie trägt vielmehr znm Anwachsen diesrr Kategorie von Abgeordneten bei. Die Abgeordneteneiaenschaft ist z. B. tiner auegiedigrn finanziell«« Ausnutzung des Iournalistenberufs so günstig, daß vies«m Vortdelki gegenüber Diäten in nicht unsinniger Höbe al» eia« Geringfügigkeit erschein«». Ein« nicht klein« Anzahl von Mit-Ii«d,rn des Reichstags übt ferner in Berlin auch ein andere» Mandat al» da» Abgeordnetenmandat aus, daS einer Corporation zum Beispiel. Hier fällt drr durch die Diätenlosigkeit verursachte Mehraufwand schon gar nicht in» Gewicht. Daß und wie sich die Social demokratie mit ihr abfindet ( ist allbekannt. E» war einmal eine Erwägung, dre sich hören ließ, durch Tagegeldergewährung würde da» Reich für die Umsturzpartri alllährlich zu außerparlamentarischen Agitation-Zwecken eine Summe verfügbar werden lassen, die heute jener Propaganda entzogen bleibt. Auch diese» Moment ist veraltet, nicht zum Wenigsten aus dem Grunde, weil die durch die Immunität gedeckte Agitation — man denke nur an die am Dien-tag wieder eiomat gebrandmarkte parlamentarische Berleumdungsmethodik — die außerparlamentarische an grundstürzender Wirkung noch weit übrrtrifft. Daß aber die Vermehrung de» socialdemokratischen Wqhlfonds um die bisher für Parteidiäten auSgegedeae Summe die Verstärkung der socialdemokratischen ReichstagS- fraction nach sich ziehen würde, wäre eine unbegründete Be fürchtung. Die Stärkung dieser Vertretung bat ihre natür lich« Grenze; ist sie nicht selten überschritten worden, so trugen daran ausnahmslos die bürgerlichen Parteien die Schuld; die Wahlergebnisse in München und Calbe-AscherS- leben sind der neueren und neuesten Zeit angehörige Bei spiele für die Richtigkeit dieser Anschauung. Wirkt die Diätenlosigkeit nickt mehr als „Correctiv" des Wahl- rechts.soentsällt jeder Grund, ihre Beseitigung vonderunseres Er achtens nicht wünfchenswertben, jedenfalls in absehbarer Zeit unerreichbaren Aenderung de» Stimmrechte» abhängig zu machen. Wir gelangen zu einer Entschädigung derReickstagSabgeordNeten vermöge der den Dingen innewohnenden Notbwendizkeit. Aber so rasck wird es nicht gehen. Giebt di« Beschränkung auf „Anwesenheitsgeldrr* dem Bundesrathe den Anlaß zu einer Revision seiner bisherigen Stellung, so läßt si« der Diäten- aewährung im RrickStag Gegner in nicht unbeträchtlicher Anzahl im — preußischen Abgeordnetenbause entstehen. In Preußen ist die Ordnung des Taqegelderwesen» schreiende Unordnung; dort werden sogar während drr langen, ost die Dauer eines MonatS Überschreitenden Vertagungen die lö.^ pro Mann und Tag weiter bezahlt. Es versteht sich von selbst, daß dieser Zustanv nicht aufrecht erhalten werden kann, wenn im andere» Berliner Parlament der Grundsatz der Entschädigung nach Maßgabe der Präsenz durchdringt. Die Anerkennung des Zusammenhanges ist schon aus «inem äußer lichen Grunde unvermeidlich. Zahlreiche Preußen gehören beiden Häusern an und man wird es nirgend» angängig finden, mit dem deutsch-preußischen Grundsatz« zu brechen, der bei Cumulirung von Aemtern die Addition der Bezüge p,r- horrescirt. Es wird also noch mancher Tropfen Wasser dir Sprre dinabslirßen, ehe Bundesrath und preußische Regierung in bi« Lage kommrn, sich über die „AnwesenhritSgelber" zu einigen. Deutsch-Ostafrika. Ls Der Reichstag hat in kaum 'begreiflicher Kurzsichtigkeit die Forderung für den Dau der sogenannten ostafrikanischen Centralbvhn abgelehnt und damit der Entwickelung unserer Colonie einen schweren Schlag versetzt. Er hat sich damit direkt zum Förderer englischer Interessen in Central- und Ostafrika aufgeworfen und den großen Borsprung, -den England durch seine prosiectirten oder in der Ausführung begriffenen Bohnen in Ost- und Mitkelafrika bereits heute besitzt, noch vergrößert. England wird sich in seinen mitttlakrkkanischen Zielen durch diesen Beschluß deS Reichstage» wahrlich nicht aufhalten lassen. Die große SUd-Nord-Bahn von Alexandria bis Kapstadt wird gebaut wrrden und wahrscheinlich, man mag da» von deutschem Standpunkte aus beklagen oder nicht, den westlichrn Theil unserer Cokonie auf drr Linie von Tabora durchschnetdrn. Baut Deutschland nun in absehbarer Zeit im Anschluß an die Süd- Nord-Bahn sein« Lintralbahn nicht, so wird der Gesammto:rkehi von mindesten» der Hälfte Deutsch-Ofiafrika» durch die eng lisch« Interessensphäre ausgesogen und auf di« Siid-Nordbahn, di« Uganda-Bahn od«r die englischen Stichbahnen in Natal ge lenkt. Damit ist dann auf adsehbar« Zeit der Handil in Deutsch-Ostafrika lahm gelegt. Welch« Bedeutung die Bahnbauten h«ut« in Ostafrika be sitzen, dafür hier «in Beispiel. Al» vor Jahr und Tag ein be kannter deutsch«, Afrilarersender nach anderthalbjähriger Ab wesenheit wt«d«r einmal Zanzibar b«trat, war «r erstaunt über den Rückgang d«» dortigen Bersihrs; Zan-idar schim ihm ein kommerzieller Friedhof. Auf sein« verwutödert« Frage wurde ihm di« Antwort: „Es geht Alles nach Mombassa an di« Bahn." Wenn auch noch ander« Gründ« für d«n Rückgang Zanzibar» vorliegen, z. B. der Niedergang der Nelkenplantagen in Ver bindung mit der Aufhebung der Sklaverei, so ist doch der wesentlichste dafür der Aufschwung MombafsaS. Dieses hat di« englischen und indischen Kaufleute durch di« Aussichten auf neu«, durch di« Ugandabahn erworben« und noch zu erwerbende Absah- göbietr angezogen. Tatsächlich hat heute Mombassa da» früher so gerühmte Zanzibar kommerziell überflügelt. Die von Mom bassa ausgehende Bahn geht ihrer Vollendung entgegen und er schließt ganz Britisch-Ostafrika bis zum Viktoriasee, während eS mit unserer Tangabahn noch immer sein Hütchen hat. In Folge dessen gehen die großen Karawanenzüge, di« früher die in Ostafrita ^gemein beliebte Straße nach Bagamoyo hinab zogen, schock heute nach den großen Handelsniederlassungen an den mittleren Stationen der Ugandabahn und lassen ihre Stüter nach Mombassa verfrachten. Mit der Ablehnung 'der Uganda bahn giebt Deutschland das letzte Mittel aus der Hand, den großen Karawanen- und Handelsverkehr für sich 'dienstbar zu machen und frühere Fehler in der Verwaltung Ostafrika» wettzumachen. Daß solche Fehler früher begangen worden sind, ist kürzlich noch in einem sehr lesenswerthrn Büchelchrn des bekannten Afrikareisenden C. Wald. Wert her, „Von Capstadt bi» Aden", Reiseskizzen und Colonialstudien, erörtert worden. Da» Buch ist mißverstanden worden und hat von einer an der früheren Verwaltung Ostafrikas betheikigten Stelle ein« ungerechtfertigte Kritik erfahren. Obgleich der Verfasser sich in der Vorrede seine» Buches ausdrücklich gegen eine anticoloniale Tendenz desselben verwahrt, hat man dennoch aus einer nur gerechtfertigten Kritik auf «ine solche gefolgert. Unstreitig leidet unsere ostafrikanische Colonie, wie in den munter und frisch geschriebenen Skizzen Werther's im Vergleich mit den Colonien anderer Länder aus geführt wird, an einem Zuviel von Beamten und an einem Zu- oi«l an Regierung. Unaufhörlich gehen und kommen Beamte, Officrere und Soldaten, die regieren wollen. Diese betrachten sich sehr oft nicht als Mittel, sondern als Zweck. Britisch-Ost afrika wird mit dem dritten Theil von Beamten regiert, der heute allein in Dar-eS-Salaam sitzt. In Folge dessen kann Britisch- Ostafrika seine DerwaltungSkostcn selbst tragen. Unsere Be amten sind außerdem viel zu abhängig von der Centralverwaltung in Berlin und von dem Oberrechnungshof in Potsdam. Der Affessorismus ist eine immer wiederkehrende Klage innerhalb unsirer Colonialverwaltung. Warum nimmt man nicht ebenso wie in England die Verwaltungsbeamten aus allen Berufs kreisen, die dafür Neigung und Erfahrung besitzen? Ein fernerer Mißstand ist die Besitzergreifung und Regierung in Gebieten, in denen bi» jetzt von Handel und Verkehr im europäischen Sinne noch kein« Rede ist. Hier hat die Anlegung von Stationen eher hinderlich als förderlich gewirkt, indem dadurch die Kara- wanenzüa« unnöihig controlirt und chikanirt wurden. Einige Truppenftandquartiere, die gelegentlich Expeditionen in daS Innere zu machen hatten, würden vollständig auSreichen. Auch in drr Steuergesetzgebung scheint in Ostafrika nicht immer daS Richtige getroffen worden zu kein. Die Hütten- und Häuser steuer belastet den Grund uns Boden, während man in den britischen Colonien nur Steuern auf den Export kennt und eher geneigt ist, auf den Bau von Steinhäusern eine Prämie zu setzen. Den Engländern liegt Alles daran, Grkd und Arbeit in das Land zu ziehen; sie lassen auch mit den Exportzöllen fort während mit sich handeln. In Bezug auf die industriell« Aus schließung deS Landes ist darin gesündigt worden, daß wir di« Berggesetze Transvaals, die in erster Reihe darauf berechnet waren, die lästigen UitländerS fern zu halten, um einige Para graphen vermehrt und verbessert, einfach auf Ostafrika über- tragen haben. Dadurch und durch die Abhängigkeit de» Gouver- ckeur» von der Centratverwaltung ist daS Schürfen in Oflafrika ungeheuer erschwert. Da» sind einige Gesicht»puncte, in denen, auch nach der Meinung eines unbedingten ColoniulfreundeS, wie Werther, bald, sehr bald wird Wandel geschaffen werden müssen. D e Ablehnung der Ostafrikanischen Centralbahn vollend», deren -e chkeunigter Bau Manches würde wieder gut gemacht haben, bringt Mser« Colonie kommerziell in dir größte Gefahr. Der Krieg in Südafrika. Das Zvriickwrichen de» General French vor dem Eoin« Mandantin Olivier wird jetzt damit erklärt, daß Frenck Tabanchn nicht ohne Infanterie gegen die 4 - 5000 Mann Olivier'» habe kalten können und Roberts ihm di« erbetenen Änfackterirverstärkiingen nicht senden wollte, weil es immer nach an dm nöehigin Transportmitteln febl«. L- klingt fast nntzlanblich, daß «S in all diesen langen Wochen, wo Robert» »ollftändig untdäti» lag, ibm nickt einmal möglich gewesen srin soll, sagen wir 5000 Mann Infanterie so mobil zu machen, daß sie wenigstens 50 üw weit von der Hauptarmee ab und einer relativ kleinen, noch dazu auf dem Rückzug be findlichen feindlichen Corp» entgrgenrückeu konnten. Wenn ihm da» nicht möglick, was soll dann au» dem ganzen Vor märsche gegen Pretoria werden? Gleichzeitig meldet General Macvonalv, daß ihm von seinen 3000 Mana und 37 Otfi- cieren infolge der Strapazen nur noch 24 Officiere und 1800 Mann blieben. * Glencoe, 27. März. („Rruter's Bureau.") Im hiesigen Lager der Bverrn traf rin Schreiben de» Generals Buller ei», mit drr Ankündigung der bevorstehenden Freilassung des draischen Arztes vr. Albrecht, der bei Ladysmith gefangen ge- »ommen worden sei, weil er zwei seiner Patienten, Boerenofficiere, habe entkommen lassen, obwohl sie ihr Ehrenwort gegeben hätten, nicht zu flüchten. Ferner sollen den Boeren die zur holländischen Ambulanz gehörenden Gegenstände, die elf Wagen füllen, wieder zogestellt werden. (Wiederholt.) * Michael Davett ist in Pretoria angekommen, er wurde von dem UnlerstaatSsekretär des Auswärtigen empfangen. Uitlanber-Politik Man meldet uns aus Capstadt, den 27. März: Cecil Rhodes hat sich nach Loudon eingeschiffi, nach dem seine Krankhvit ebenso plötzlich geheilt, wie er die thatsäch- lichen Hindernisse, welche sich seiner Hinüberkunft entgegen stellten, in gewohnter Weise beseit'igt hat. ES ist hier nicht» weniger als ein Gehermniß, daß Lord Salisbury selbst auf da» Dringendste Sir Alfred Mlner ersucht hat, Mr. RhooeS von seiner Absicht abzubringen, gerade jetzt nach London zu kommen, und daß Rhodes selbst fahr wvhl weiß, daß khn in den englischen osficiellen Kreisen, m!it alleiniger Ausnahme des Coloniatamtes, Alles, nur kein beaoifterter Empfang erwart«. Wer Rhades hck sich um derartig« Kleinigkeiten nie bekümmert, und seine hiesigen Frsundc sprechen es ganz ungeklärt aus, daß ihr Einfluß groß genug sei, um Rhodes einen glänzenden populären Empfang zu sichern, falls ein« derartige Demonstration nothwendig sein sollt«, vor Allem aber, uvn ihm alle Thiiren zu öffnen, durch die der Eintritt khm für seine Zwecke dienlich erscheinen könnte. Nach den Leistungen des hiesigen Agitations-ComitLs der Uitlandrr und der Haltung der Tchodespreffe seit dessen Rückkehr aus Kimberley läßt sich daran allerdings kaum zwoifeln. Niün muß hier am Platze es beobachtet haben, mit welch' überraschender und rücksichtsloser Energie der gesammte Apparat von deck Augenblicke an Weeder arbeitete, wo di« Groote Schur ihren Ge bieter wieder beherbergte; überall im Lande bis in die Gegenden, wo eben noch der Aufstand ungehindert herrschte, und kein eng ldscher Soldat sich befand, eiskanden plötzlich Agikations ComitLs, welche Resolutionen für di» Feier deS Entsatzes von Ladysmith, der Uebergvbe Cronje'S uyd der Befreiung Kim berleys annahmen, Truppen verlangten, die Absendung vom Landdrosten prockanviren u. s. w., ohne daß irgend Jom and hätte sagen können, ob von allddeM irgend etwas in Wirklichkeit auch existirte. In den meisten Fällen konnte es sich höchsten» um d«k«inzelke Leute handeln, die im Auftrage de» Uit> lander-Lomittzs sich al» „Volksversamm lung" gerirtvn und die ihnen von Capstadt au» gefankdken R? sokukionm votirt hatten. In anderen Fällen war die gan« Komödie einfach von irgend einem localen Correspontdenten des „Argus" u. s. w. in Scene ge'eht und da» Gary« lediglich Maclx in Druckerschlwävz«. Diese- ganqe Vorgehen widerlegt auf das Schlagendste das bisherige Vorgehen der Uikkarrderpreflr. mau enthält- sich der öffentlichen Agitation, mn picht den Bürger krieg zu entfesseln; die Wahrheit ist einfach die, daß die Uit- lanber-Führer nicht über ihr gewöhnliche» Gefolge devfiigten, Vas man, ins Europäisch« übersetzt, wohl am treffendsten rnii den einstigen CvmelotS Boulangr,'» vergleichen könnte, unid die klein« Minorität der eigentlichen Engländer nicht der Majori firmig durch die Holländer urld Afrikanderhevolkerung auSsehen wollte. Jetzt hat sich da» Älott gewandt, Urkd die ganze Maschinerie arbeitet wieder mit rücksichtslosem Hochdruck, reicht ekwa, rem durch Unterstützung der Negierung otxr auch nur der mtMärkschen Autoritären ber«chkigt« Interessen zu schützen, son dern um im dir«»«» ««Ansatz« zu dieser «rck jenen da» englische Mintfiertum sich zu extremen Entschlüssen und Maßragetn zu drängen. Dabei deckt sich dies« Agitation mit einem Schein der Loyalität für di« Person Nr Alfred Milner'», den „die directen Vertreter her Körfigin Victoria", wie man khn <n diesen Kreisen gern zu«m Togensatz vom Cabinet Srrllsskmrq nemtt. Zedt or- ganlfirt man nach demselben Schema stn ganzen Sonde sogen. Versammlungen, drren Zusammensetzung nach Zahl Wt» Art natürlich unbistrnnl dl^ibt unö in den w«itmi» matsten Süllen nicht» weniger al» repräsentative ist. welch« sich in f«er1Ichr Re-
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