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BergerM^ und Tageblatt. Amtsblatt für die kmiglichen und Mischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Berautwottlicher Redakteur? Julius Braun iu Freiberg 63. j !! Mittwoch, Sen 17. März. Juj«ate werden btt Vormittag 11 Uhr angenom- FHFHL» mcn und beträgt der Pret« kür die gespaltene Zeile 1 OO V » oder deren Naum 15 Pf. Der EültU^lniAMUA sliga bei den Wahlen wiederholt unterlag. Die leitenden j Rücksichtnahme auf seine Person zu danken, aber hinzuzufügen, ' sink in siiv kipspn knü kipsp in pin?m Nnn Ksh ^tikrpn nnk nnkk krei daß diese in einem Alter von 89 Jahren und nach drei Kommißvermögen müsse freiblciben. an- sich der um zu Tagesschau. Freiberg, den 16. März Von Rcichstagsmitgliedern wurde erzählt, der deutsche Kaiser habe der Bemerkung des Abg. Windthorst Beachtung geschenkt, wonach dieser und seine Partei ausnahmsweise noch einmal sür die Verlängerung des Sozialistengesetzes stimmen würden, aber nur in Bezug aus die Person des Kaisers. Darauf hin soll der greise Monarch den Minister von Putt- lamcr beaustragt haben, Herrn Windthorst sür seine freundliche Es war am 16. März 1871, also heute vor 15 Jahren, als Kaiser Wilhelm sieggekrönt aus dem französischen Feld zuge nach der deutschen Reichshauptstadt zurückkehrte und die Bevölkerung Berlins dem heimgekehrten greisen Helden entgegenjauchzte. Seitdem haben sich deutsche und franzö sische Waffen nicht wieder gekreuzt, der von den sogenannten Chauvinisten unablässig angekündigte Nachckrieg hat nicht stattgefunden, aber ein aufrichtiges gegenseitiges Vertrauen ist zwischen Deutschland und Frankreich auch heute noch nicht wieder hergestellt. Wiederholt, besonders so lange Ferry in Frankreich Konseilpräsidcnt war, schien es, als ob zwischen beiden Staaten sich freundliche Beziehungen knüpfen lassen würden; diese Aussichten verwirklichten jedoch nicht. Der Verdacht, eine Verständigung mit deutschen Staatsleitung zu wünschen, genügte stets, einen französischen Staatsmann in Paris unmöglich kriegen, in denen die Hand GotteS ihn beschützt habe, bei diesem Gesetze weniger in Betracht komme, als Leben und Gut seiner Unterthonen, deren Schutz durch das Gesetz bezweckt werden solle. — Der deutsche Reichstag erledigte gestern ohne jede Debatte den Nachtragsetat für 1886/87, ebenso nach unerheblicher Verhandlung den Antrag des Abg Reichensperger (Berufung) nach den Beschlüssen der Kommission. Bei der dritten Lesung des Antrages Lenzmann (Entschädigung un- chuldig Verurtheilter) schlug Abg. Hartmann die Ableh nung der Beschlüsse der zweiten Lesung vor, wogegen Abg. Träger wünschte, die Regierungen möchten dem Gesetz entwürfe zustimmen. Nachdem Abg. Reichensperger für die Beschlüsse der zweiten Lesung eingetreten war, nahm da- Haus letztere unverändert an, ebenso in der Gesammtabstim- mung die Anträge Lenzmann und Reichensperger. Hierauf folgte die zweite Lesung der Anträge Auer und Genossen, betreffend die Arbeiterschutzgesetzgebung. Ein Vertagungsantrag des Abg. Baumbach wurde abgelehnt. Der Antrag Auer forderte die Einsetzung eines Reichsarbeitsamtes und von Arbeitskammern. Die Kommission lehnte diese Forderungen ab, befürwortete dagegen iu zwei Resolutionen die Vermehrung der Fabrikinspektorcn und der obligatorischen Gewerbegerichte. Abg. Kalle bezeichnete den Antrag Auer als einen politischen und verwendete sich sür die Kommissionsbeschlüsse. Abg. Kaiser bestritt den politischen Charakter und sprach gegen die Beschlüsse der Kommission. Hierauf wurde die Weiterberathung vertagt. — Die Reichstagskommission für dieKom - mu ii al st euer der Offiziere begann gestern ihre Be- rathungen. Der Kriegsminister erklärte, cs sei die Ab sicht Preußens, die Besteuerung des Privatvermögens in allen Gemeinden gleichmäßig herbeizuführcn, um die verschiedene Belastung der Offiziere zu vermeiden. Das Heirathsgut solle frei bleiben: dasselbe betrage derzeit für den Lieutenant 1800 Mark, für den Hauptmann 1200 Mark Zinsgenuß. Nach seiner persönlichen Ansicht seien die Sätze auf 2400 Mk. und 1500 Mark zu erhöhen. Preußen werde Alles ausbieten, die gleichen Normen innerhalb der preußischen Heeresverwaltung herbeizusühren. Der Bevollmächtigte Sachsens erklärte, dieser Staat werde im engsten Anschluß an Preußen vorgehen. Der Bundesbevollmächligte Heerwart erklärte die gleiche Bereit willigkeit der thüringischen Staaten. Abg Baumbach be zeichnete die Freilassung des Heirathsgutes als grundsätzlich unannehmbar. Der Kriegsminister wünschte möglichst einstimmige Annahme auch seitens der Freisinnigen und berief sich auf den Abg. von Forckenbeck, welcher erklärt habe, daß das Dicnsteinkommen der aktiven Militärs freiblciben müsse, weil sie nicht Gemeindeglieder seien. Die von jetzt an zur Dis position zu stellenden Offiziere solle» aber kommunalsteuerpflichtig werden. Abg. von Huene erklärte, das Zentrum sei nur zu bundesstaatlicher Regelung bereit, im Allgemeinen aber mit dem materiellen Inhalt der Vorlage einverstanden. Der steuerfreie Betrag des Heirathsgutes fei möglichst niedrig zu bemessen. Abg. von Benda würde die Regelung durch daS Reich vorziehen, gab jedoch auch den anderen Weg zu. DaS Abg. von Vollmar machen und wie ehemals die Stellung des Grafen St. Vallicr, so wird jetzt diejenige des Baron de Courcel von den französischen Patrioten nur deshalb argwöhnisch beobachtet, weil dieser Botschafter am deutschen Hofe von dem Fürsten Bismarck mit Auszeichnung behandelt wird. Unverkennbar ist neuerdings wieder die deutschfeindliche Gesinnung in Frankreich im Zunehmen, wozu nicht nur die Ablehnung der Einladung zur Pariser Weltausstellung, sondern noch weit mehr die starke geschäftliche Konkurrenz beiträgt, welche die strebsamen deutschen Fabrikanten der nothleidenden französischen Industrie machen. Dem groß artigen Aufschwung, den Frankreich nach Begründung der Republik nahm, ist durch ein Zusammentreffen unglücklicher Umstände ein Niedergang gefolgt, der sowohl den Wohl stand des Einzelnen, wie die Finanzen des Staates in wahrhaft erschreckender Weise beeinträchtigt. Die deutsche Konkurrenz auf dem Weltmärkte, welche viele französische Artikel verdrängt, ist nur eine von den vielen Ursachen des Nothstandes, der sich jetzt in Frankreich fühlbar macht. Dieser Staat hat thatsächlich weit größere Nachtheile durch die Reblaus und durch das Herabgehen der Preise fast aller landwirthschaftlichen Produkte erlitten. So ist auch die Gehässigkeit gegen die Deutschen zumeist in den industriellen Kreisen rege und treibt dort die seltsamsten Blüthcn. Man würde diese Verstimmung der Franzosen nicht für besonders bedenklich zu erachten brauchen, wenn nicht die jetzigen Leiter Frankreichs von derselben sichtlich beeinflußt würden. Die französischen Heerführer machen kein Hehl daraus, daß die militärische Reorganisation, welche Gambetta binnen fünfzehn Jahren vollendet haben wollte, jetzt so weit gefördert ist, wie es dieser streitbare Volkstribun in Aus sicht gestellt hatte. Es ist dies eine Thatsache, welche den deutschen Offizieren, die den letzten Herbstmanövern in Frankreich beiwohnten, keineswegs entgangen ist, die aber in Deutschland keine ernste Besorgniß hervorzurufen braucht, weil Frankreich bisher ohne Bundesgenossen blieb und ohne einen solchen niemals wieder einen Waffenaang mit uns versuchen wird. Das Bewußtsein, ein riesiges Vertheidigungs- system und ein überaus zahlreiches Heer zu besitzen, bezahlt Frankreich mit dem Ruin seiner ehemals blühenden Finanzen theuer genug. Dieses Land erwies sich selbst als nicht reich genug, eine Heercsbereitschaft zu tragen, wie sie Gam betta dem Deutschen Reiche aufnöthigen wollte, um dieses finanziell zu erschöpfen. Die ebenso kleinlichen wie niedrigen Mittel, mit welchen die französische Heeresleitung die mili tärischen Schwächen Deutschlands zu erkunden suchte, lieferten aber den deutlichsten Beweis sür die schlimmen Absichten, die man in Paris gegen uns hegt, deren Ausführung sicher auch nicht auf sich warten lassen würde, wenn Frankreich durch irgend einen Glücksfall aus seiner jetzigen politischen Vereinsamung hcrauskäme. Wie weit die militärischen Ge heimnisse Deutschlands durch feile Verräther an Frankreich verkauft worden sind, läßt sich aus den bisher veröffentlichten Prozeßverhandlungen gegen Kraszcwsky, Hentsch, Sarauw u. s. w. nur annähernd entnehmen; die neuerliche Verhaftung des Redakteurs der „Kieler Zeitung", Prohl, beweist, daß die bezüglichen Ermittelungen noch keineswegs vollständig abgeschlossen sind. Erregten diese Entdeckungen lebhaften Mißmuth in Deutschland, so wuchs derselbe, wenn man dieselben mit dem Umstande in Verbindung brachte, daß der Revanche dichter Döroulvde bei den letzten Wahlen nicht nur 150 (XX) Stimmen auf sich vereinigte, sondern daß es nicht Schuld der französischen Regierungspartei war, wenn dieser halbwahnsinnige deutschfeindliche Führer der Patrioten ¬ verlangte die völlige Gleichstellung der Offiziere mit den Reichsstaatsbeamten. Schließlich wurde 8 1 einstimmig, 8 2 saft ohne Debatte mit 11 gegen 5 Stimmen (So zialisten und Freisinnige) angenommen, ebenso §3. — Die Kommission sür den Gesetzentwurf über die Erhebung einer Schifffahrtsabgabe auf der Unterweser einigte sich gestern dahin, die aus dem Verfassungsartikel 54 hergelcitcten Bedenken durch die Erklärung des Staatssekretärs v. Bötticher in der Ncichstagssitzung vom 12. März sür er ledigt zu erachten, wonach im Bundesrathe sich gegen den Gesetzentwurf weniger Stimmen ausgesprochen haben, als er forderlich waren, um die Verfassungsänderung zu verhindern. Diese Entscheidung wurde nur vom Abg. Gerlich bekämpft und der Gesetzentwurf gegen die Stimme des Abg. Gebhardt von der Kommission angenommen. — Bei der im preußischen Abgeordneten Hause gestern fortgesetzten Berathung des Kultusctats regte Abg. Letocha die Veröffentlichung der Wetterprognosen an, Freiherr von Minnigerode dagegen eine Prüfung der Verhältnisse der Oberrealschulen, deren obere Klassen nur gering besucht seien. Der diese Schulen betreffende Titel wurde deshalb an die Budgetkommijsion zurückgewiesen. Der Antrag Lilienkron aus Gewährung von Entschädigung sür den Dienstauswand an die Superintendenten der sechs Ost- provinzcn ging ebenfalls an die Budgctkommission. Abg. Stöcker begründete sodann seinen Antrag, behusS Beseitigung des kirchlichen Nothstandcs in Berlin sür Theilung der großen Organe der Republik sind in eifrigster Weise für diesen exaltirten Feind der Deutschen eingetreten, der nur deshalb unterlag, weil er den jetzt in Paris sehr einflußreichen Radikalen nicht hinreichend sozialistisch und atheistisch er schien. Der jetzige Kriegsminister Boulanger beehrt aber, ebenso wie sein Vorgänger Campenon es that, Paul Döroulöde mit seiner persönlichen Freundschaft und genießt selbst das Vertrauen der Patriotenliga im hohen Grade, seitdem er den Willen kund gab, die Kolonialarmee auf das geringste zulässige Maß zu vermindern und das Heer für andere Unternehmungen bereit zu halten. Ein der artiges Gebühren der französischen Regierungsmänner ließ es zeitgemäß erscheinen, wieder einmal zur Abkühlung der Revanchegelüste einen kalten Strahl nach Frankreich zu leiten. Ein in der „Kölnischen Zeitung" enthaltener Artikel über das Anwachsen des Chauvinismus in Frankreich war augenscheinlich von dem auswärtigen Amt in Berlin zu dem Zwecke veranlaßt worden, eine solche Abkühlung zu erzeugen. Das darin aufgesührte Sündenregister Frank reichs war wohl geeignet, die Besonneneren in diesem Lande auf die Gefahren einer weiteren Verletzung der deutschen Nachbarn aufmerksam zu machen, aber auch dort sowohl die offenen wie die verstecktem Feinde Deutschlands davon zu überzeugen, daß selbst eine kluge Schweigsamkeit, wie sie Gambetta seinen Landsleuten dringend anempfohlen hatte, die Leiter des Deutschen Reiches in keine falsche Sicherheit einwiegen würde. Wie zu erwarten war, erregte der Artikel des Kölner Blattes in Paris allgemeine Aufmerksamkeit. Die dortigen Zeitungen halfen sich über die darin enthaltenen bitteren Wahrheiten damit hinweg, daß sie theils die Richtigkeit der betreffenden Ausführungen leugneten, theils erklärten, der Artikel habe nur den Zweck, der deutschen Reichsregierung neue Mehrforderungen für das Heer zu erleichtern. Das Letztere klingt ganz unglaublich, da Deutschland sich zwar hüten wird, zunächst im Vertrauen auf die friedliche Ge sinnung der Franzosen die Streitaxt zu vergraben, aber hinreichend gerüstet dasteht, um Ausbrüche der chauvinisti schen Strömung sofort erfolgreich zurückzuweisen. In der Stunde der Ge ahr und der Bedrohung des Vaterlandes wird das deutsche Volk stets wie ein einziger Mann zum Schwerte greifen, um Altar und Heerd vor fremdem Ueber- muth zu schützen: es wird aber seine Kraft nicht dadurch unnütz erschöpfen, daß cs fortwährend in der Fcchtcrstellung verharrt. Wenn das deutsche Wort des Kölner Blattes die Franzosen noch nicht völlig zur Besinnung gebracht haben sollte, so dürfte das Budget, welches der französische Finanzministcr Sadi Carnot heute der Dcputirtcnkammer vorlegt, das Neblige zur Abkühlung thun. Die Haupt punkte des von Carnot entworfenen und von dem Mliiister- rathe gebilligten Budgets lassen deutlich genug die schwierige Finanzlage Frankreichs erkennen, das von dem schweren Rüstungspanzer fast erdrückt wird. Die schwebende Schuld ist so angewachsen, daß cs einer Anleihe von anderthalb Milliarden Franks bedürfte, um dieselbe zu konsvlidiren. Die Ausbringung der Mittel sür die Verzinsung und Til gung der Staatsschuld begegnet aber um so größeren Schwierigkeiten, als die Einnahmen aus den indirekten Steuern in den Monaten Januar und Februar bereits um 23 Millionen hinter dem Voranschläge zurückblieben, die BeitreibungSkostcn der direkten Steuern sich aber in bedenklichster Weise steigerten. Die Einnahmen der Bank von Frank reich, der Transportgesellschaften u. s. w. sind ebenfalls stark im Niedergange. Hält das jetzige Ministerium Frank reichs bei solchen Kalamitäten die Heercsausgaben in dem bisherigen Umfange fest, dann ist auf alle Fricdcns- bethcuerungen Frcycinets nichts mehr zu geben. Die Rachsucht der Franzosen wird ihnen sicher mehr Nachthcilc bringen als uns, wenn sie ihren Nationalwohlstand voll ständig zerrütten, ohne die deutsche Wacht am Rhein und an der Mosel erschüttern zu können.