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Sächsische Staatszeitung : 29.01.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192201296
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19220129
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19220129
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-01
- Tag 1922-01-29
-
Monat
1922-01
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 29.01.1922
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LMM» zu AWe» AMilW. 110» veaustragt mit der Heran-gabe: >k^««ng*rat voea-e» h» D«»den. 1922. vandtagsverhandlungen. (Fortsetzung der Sitzung vom 26. Januar.) Abg. vr. Seyfert (Dem.): (Fortsetzung.) Ta».' möchte ich noch Hr». Kollegen Grell- mann eins entgegenhalten. Ich hatte geglaubt, er mürbe seine Begründung auf die grundsätz. liche Auffassung seiner Partei zur Frage der Lehrer als Gemeinde- oder Staatsbeamte über haupt eiustcllen. (Sehr richtig! bei den Soz.) Dann hätte ich seine Ablehnung verstanden. (Abg. Grellmann: Das habe ich in, ersten Teil getan!) Er will cs angedeutet haben. Dann hat er cS sehr leise angrdcutet, denn ich habe sehr scharf mifgepaßt und wundere mich, dast ich cs nicht gehört habe. Mir ist cö ganz unverständlich, wie er a s Veitreter der Lehrer schaft — (Widerspruch beiden Sozialdemokraten.) er ist selbst Lehrer, er wird eS für sich in An spruch nehmen können, daß er wenigstens einen Teil der Lehrerschaft vertritt, und der Teil der Lehrerschaft, dem er am nächsten steht die Land lehrer, die sind cS gerade, die diese Einrichtung auf das schärfste fordern oder mindestens aus das inständigste erbitten. Er kennt auch die Gründe, die gerade diese Kreise der Lehrerschaft dazu veranlagt haben, denn die Großfiadtlehrer haben eigentlich an dieser Einrichtung gar nichts weiter. Einen wirklichen Bo,teil haben nur die Lehrer brausten auf dem Lande. (Sehr richtig!) Und die wissen das, und darum ist es mir un- verständlich, wie man die Interessen dieser Leute so gering anschlagen kann gegenüber von Be- denken, die nicht von irgendwelcher Sachkenntnis cingegeben sind. Tenn das, was dec Hr. Kollege Grellmann sachlich gesagt hat, beweist nur, dast er von dem Verfahren selbst, von seiner Ent- Wicklung und von seiner Auöbaumüglichkeit nicht die geringste Ahnung hat. (Abg. Grellmann: Ich habe es selbst mitg.'rnacht! — Zuruf beiden Soz: Nm so schlimmer!) Ter kleine Ausschnitt, um den es sich hier handelt, das eigene Gehalt zu berechnen, das mag Hr. Kollege Grellmann veZtehen, den Zusammenhang für den ganzen FmanzverwoltttngsorgattiSmus kennt cr nicht, das hat er mir gegenüber ja bereits zngestauden. Das nehme ich ihn, auch gar nicht übel, denn cs ist etwas, was nur der verstehen kann, dec mitten darin steht: das braucht gar kein Borwurf zu sein, nur soll man aus eine solche ungenügende Sachkenntnis hin nicht einfach so absprecheud urteilen. (Sehr richtig! links.) Er fürchtet, daß aus der ehrenamtlichen Tätig keit allmählich eine vergütete Tätigkeit wird. Watte man doch ab, wie sich das entwickelt. Bis jetzt habe ich den Eindruck, das; die Lehrerschaft ein so grostes Interesse nicht bloß daran hat, sondern daß sie es geradezu zu einer Ehrensache macht, dieses Verfahren durchzusetzcn, nicht bloß, weil sic dabei den Vorteil der Schnelligkeit der Auszahlung hat, sondern weil sich dabei zu- weich ein Verfahren begründet, das vorteilhaft für alle derartigen Fälle sein kann. Wenn cs uns möglich wäre, cin ähnliches einfaches Ver fahren für die Kreise zu haben, die jetzt nicht in den Bezug ihrer zuständigen Bezüge kommen können, wenn wir es hätten, dast sie in acht Tagen in den Besitz ihrer Bezüge kämen, wären dann nicht alle Kreise befriedigt, müßten dann nicht alle Kreise sagen: cs ist notwendig, daß wir es tun? Und um etwas Weiteres handelt es sich d^ch nicht. Tie Bedenken, die vom verwaltungs technischen Gesichtspunkte aus erhoben werden können, will ich nicht gering auschlagen, wi< wollen sie bei der endgültigen, grundsätzlichen Regelung prüfen. Für jetzt spielen sie meiner Überzeugung nach leine Rolle. Jetzt nehme man sen Gesetz, ntwurf an und gebe die Möglichkeit, daß man das Verfahren ausprobiert und damit auch den Bewc s erbringt, daß cS gut, vorteil- hast und für die Beteiligten nützlich ist. (Bravo!) Abg. Schurig (Soz.): Mit den sachlichen Ausführungen und Fest- stellungcn des Hrn. Abg. Grellmann brauche ich mich nicht auseinanderzusetzcn. Ich will nur eins sagen: Hr. Grellmann ist Landlehrer, und als einmal das Gehaltsamt gefährdet war, bckanr eS von allen Seiten des Landes gerade aus den Kreisen der Landlehrer die Aufforderung: um alles in der Welt halten Sie das Finanzamt. Und heute stellt Hr. Grellmann sich hierher und äußert sich in dieser Weise! Gewundert habe ich mich über Hru. Abg. Anders. Wenn Hr. Anders gestern den Seyfertschcn Ausführungen bis zum Schluß gefolgt wäre, (Abg. Anders: Ich kannte sie schon!) ich glaube, er wäre doch zu einem anderen Urteile gekommen. ES ist ja wahr, daß die Oberrcchnungskammer der ganzen L ache mcht sympathisch gegenüber- steht. Sie steht auf dem Standpunkte, daß die, die Gehalt empfangen, nicht auch den Gehalt berechnen und fordern dürfen. Ter Hr. Abg. Anders hat heute einfach Meltau au? die ganze Angelegenheit gelegt. Das nimmt mich wunder. Die Lehrer im Lande werden Kas j,den!allS nicht verstehen. Tie ganze Cache ist bereits erprobt, hat sich schon bewährt, es ist etwas Besonderes, etwas Gewachsenes. Wir haben dos Gehalt amt seit dem 11. August 1920, und das GchaltSamt funktioniert, funktioniert elastisch unter Mithilfe ter gesamten Lehrerschaft Als die über stürzten Gehalts,egclungen kamen, hat da» Gehalisanit verstanden, sich sofort einzu- stellen ans die momentanen Forderungen, unt wir haben gerade i» den letzten Monaten eine große Umstellung erlebt, und das ist e», woraus die Einsetzung der Gehattsrechner basiert, daß die Lehrer ihre Set älter selbst berechneten und von dort aus an die Gtrokasse adliefern. Un» die Regierung hat das eingesehen und ist bereit, mit diesem Gesetzentwurf diese Einrichtung zu erfassen. Hr. Kollege l)r. Seyfert hat den Dank an die Lehrerschaft schon zum Ausdruck gebracht. Es muß einmal von dieser Stelle aus gesagt wer den, ivaS die Herren draußen im Lande geleistet haben seit der Einstellung auf die Entwicklung. Gestern nachmittag in der Aussprache hat Hr. Ministerialdirektor vedrich mit wärmsten Worten diesen Dank an die Lehrerschaft zum Ausdruck gebracht. Was haben die Lehrer geleistet in den letzten Monaten auch auf diesem Gebiete! Sie haben ihre Zeitungen zur Verfügung gestellt, sie haben ihre Organisationen zur Verfügung gestellt, und jedenfalls hat der Landtag allen Grund, sich diesen, Tanke an die Lehrerschaft aufs wärmste anzuschließen. Zum Schluß bitte ich die Deutsche Volkspartei, ihren Widerspruch gegen die sofortige Schlußberatung fallen zu lassen. Abg. Weckel (Unabh.): Hr. Kollege Seyfert hat Hrn. Kollegen Grell mann als einen Vertreter der Lehrerschaft an« gesprochen. (Zuruf.) Ich glaube, ich befinde mich da im Einverständnis mit allen Lehrern in diesem Hause, wenn ich Hrn. Kollegen Grell mann dieses Prädikat abspreche, soweit eS die organisierte sächsische Lehr rschaft angeht. (Sehr richtig!) Hr. Kollege Grellmann meinte, daß die Lehrer diese schwere Arbeit nicht lange leisten würden. Die Organisation hat Umfrage gehalten und hat fcstgeslcUt, daß diese Arbeit im Interesse der Lehrer gern geleistet wird und vor allen Dingen im Interesse der Witwen und Waisen, die aus diese Art viel schneller zu dem kommen, Ivas ihnen gebührt. Und die Arbeit ist gar nicht so schwer. Ich habe gestern erst einen solchen Zettel unterschrieben, habe ihn meinem Gehalts- rechner hingegcben und weiß nun ganz sicher, daß ich am Ersten das bekomme, was nur ge bührt, während ich das vorher immer nicht wußte. Die Arbeit der Gehaltsrechncr ist also gar nicht so schwer. Nun verlangt Hr. Grell mann, die Sache soll von wirklich angestclltcn Beamten geregelt werden. Ja, dis Landkollcgen sagen uns, daß auf dem Lande mitunter ein solcher berufsmäßiger Kassierer oder berufs mäßiger Beamter, der das wirklich leisten kann, gar nicht existiert. Manche Gemeindevorstände finden sich kaum in ihrem Kassenwcsen zurecht, sic finden sich noch viel weniger zurecht in der Masse der Verordnungen, die sich mit der Be- soldungsordnung besaßen. Und solche hauvt- amMchs Beamte losten dem Staate auch Gelw- Was der Hr. Grellmann a!s inneren Grund angegeben hat, das ist der äußerlichste Grund, den er anführcn konnte. Im übrigen will ich auf die Gegensätze in der sächsischen ^Lehrerschaft nicht eingehen, sie gehören nicht vor den Landtag. Nun zu den Einwendungen des Hrn. Abg. Anders! Mir kommt bei cen Worten des Hrn. Anders das in Erinnerung, was neulich die Regierung in den vereinigten Ausschüssen mit geteilt hat, daß die Obecrechnungskammer mit unter den Betrieben recht weltfremd gegenüber- steht. Ich glaube, der Hr. Abg. Anders kennt den Betrieb auch nicht aus der Wirklichkeit, denn cr Hai gut funktioniert. (Widerspruch des Abg. Anders.) Ich verstehe cs, wenn cr gegen diese Vorlage Sturm läuft, ich verstehe es auch, wenn eS die Deutsche Volk-Partei tut, denn sie ist ja die Partei der Oberbürgermeister. (Zu rufe ) Taß die Oberbürgermeister ein Inter esse daran haben, daß das Gehalt werter auS- gezahlt wird, verstehe ich, denn die Gemeinden bekommen ein oder zwei Proz. dafür. Wenn Hr. Abg. Anders weiter gesagt hat, daß die Gehaltsrechncr unter Umständen für ihre Versehen haftbar gemacht würden, so frage ich Hrn. Abg. Anders: sind in der OberrechnungS- kammer schon Fehler vorgekommen von Beam ten, und sind die Fehlbeträge von den be treffenden Beamten gedeckt worden? (Abg. Anders: Wenn sie schuldig waren, allemal!) Gut, das wird daun auch von der Lehrerschaft ge- schehcn, aber cS wird kein Fehler Vorkommen. Weiter wird den Gehaltsrcchncrn unter Um ständen Fahrlässigkeit vorgcworsen. So viel Ver trauen wie die Herren Beamten auS der Ober rechnungskammer verölen» die Lehrerschaft aus Grund ihrer Arbeit für den Staat und für alles das, was sie für sich im Interesse des StaateS tut, ganz unbedingt. Hr. Abg. Anders ist es immer gewesen, der im Landtage ein warmes Herz für die Beamten zum Ausdruck gebracht und immer darauf hingcwtesen hat, die Beamten und Lehrer müßten jo lange warten. Hier kommt die Regierung mit einem Vor schläge, der es ermöglicht, daß die Beamten und Lchrer nicht so lange zu warten brauchen, und ausgerechnet Hr Abg. Anders ist dagegen, blcß wegen der Oberrcchnungskammer. Wir von der L uken können darauf nicht eingehen. Wir wollen tatsächlich, daß diese Sache bald Gesetz wird. Und wenn die Sache an den RechtSauS- sck-uß verwi sen wird, so glaure ich nicht, daß etwas anderes daraus wird; denn die Parteien von zicmlich links bis zjemlirb weit rechts sind damit einverstanden, und da würde die Vorlage nur verschleppt werden; denn die Sache wird, so weit ich cS dcurteilen kann, nicht geändert. Auch wir btt en die Deutsche Bolkspartei, daß sie der Schlußberatung heute zufiimmt. Im übrigen muß ich auSUrechen, daß unsere Frak tion in der Schlußberatung der Vorlage un bedingt zupimmt. (Bravo!) Der «„trag, die Vorlage in sofortige Lchlaßßerotung zu nehmen erledigt sich, da 10 Abgeordnete widersprechen. Abg. Schneller (Kom): Ich verstehe wirklich nicht, wie man bei einem solchen Punkte, wo eS sich nicht darum handelt, den Staatsapparat zu vergrößern, die Bureau- kratie zu vermehren und größere Kosten dem Staate aufzubürden, sondern wo Mittel und Wege gesucht werden, den Apparat zu verein- fachen und die Verantwortung auf breitere Schul tern zu legen, von der Seite, die immer sparen, sparen und sparen verlangt, Einspruch erhebt, ohne einen Weg angeben zu können, wie man die Bezahlung für die Lehrkräfte anders sichcr- kellen will. ES kommt doch nicht darauf an, oaß Gesetze gemacht werden, und dann können die Lehrer und Beamten, die in Frage kommen, unter Umständen ein bis zwei Jahre warten. Tic Lehrerschaft hat Interesse daran, daß man nicht daraus wartet, bis cin Etatgesetz oder sonstige Gesetze verabschiedet werden, um diesen Apparat zu ve> größern, sondern sic muß ver langen, daß die Bezüge, die ihr nach dem Gesetz »ustehen, ausgezahlt werden, und da ist hier in der Beteiligung der Organisation, in der Ver antwortung auch der von der Organisation vor- gejchlagenen Gehaltsrechncr der Weg gegeben. Es ist Tatsache, d ß diese Gemeinden nicht in der Lage sind, den Anforderungen mit dem jetzigen Peamteuapparatc nachzukommen. Es müßten in der Gemeinde unbedingt neue Be amte angestellt werden. T e Gemeinden werden für die Beamten einen Teil des Gel-altS vom Staate mit Liecht verlangen. Tiefem Systeme konnten wir keinesfalls zustimmen, und wir sitzen nich: ein, inwiefern rom r chtliche» Stand punkte auS eine größere Garantie gegeben ist, wenn die Gemeindebcamtcn die Sache betreiben müßten. Dazu kommt, ein Gehaltsrechner auf dem Lande versorgt einen ganze» Teil Lrtc aus dem Lande zugleich und bekommt dadurch eine große Fertigkeit. Wenn der Hr Abg. Anders von ungeheuren Schmierigkeiten spricht, so kennt cr die Tinge nicht. Es ist so, daß die Gehalisrechner in der kürzesten Zeit die grüßte Zahl von den Kosten auszurechnen imstande sind. Ich weiß das von allen Orten, gerade bei der letzten Regelung, wo es sich um die Änderung der Ortsklassen handelte, es hätten niemals die Lehrer die ihnen zuslehcnden Bezüge zu gleicher Zeit mit den Staatsbeamten bekommen, wenn es den Ge- meindebcamten überlassen wäre. Aber jo konnten sie die Bezüge bekommen, weil d:e GehaltS- rechner sie ausrechi.etc». Air sind der Meinung, daß man in Zukunft diese Art der Ausrechnung der Bezüge auch auf andere Kategorien aus dehnen möchte, um der weiteren Bureaukratiüc- rüng des Vcrwaltuugsapparates vorzabcugen. Abg. Grellmann (Ttschnat.): Der Hr. Abg. Or. Seyfert hat wiederholt in seinen Reden, die er hier gehalten hat, gesagt, daß sich meine Ausführungen auf Sachkenntnis nicht stützen könnten. Ich gebe zu. daß der Hr. Abg. 1 r. Seyfert in dieser Beziehung weit mehr gearbeitet hat, daß cr sich jn diese Materie viel mehr vertieft hat. Ader ich glaube, daß auch ich mir einen genügenden Einblick verschafft habe. Ich habe nicht verhehlt, Hr. Abg. Or. Seyfert, daß ich nicht nur aus staats- rechtlichen Gründen diefe Art der Berech nung ablehne, sondern einer meiner Haupt gründe ist der gewesen, den ich zuletzt an- geführt habe, und der nicht anerkannt wird, nämlich, daß man gerade durch das neue System nicht das beseitigt, wogegen sich die Lehrers rast früher mit Recht gewendet hat. Früher war sie so feinfühlig, wenn ihr draußen etwas von einem Gemeindekassierer entgegengehaltcn wurde, und jetzt hat sie mit einem Male dieses Zartgefühl verloren Ich stehe nach wie vor aus dem Standpunkt, daß ich wünsche, daß das Gehalt der Lehrer vom Staat bezahlt werd-n soll Hierauf wird dcr Antrag, die Vorlage dem RechtsauSichuß zu überwerfen, abgelehnt. LS findet daher eine zweite Beratung im Plenum statt ohne Aussprache im Ausschuß Der Präsident ernennt hierzu zu Bericht' ernatteru die Abgg Arzt und vr Seyfert. Die Sache wird auf die nächste Tagesord nung gefetzt. (Sehr richtig! und Bravo! bei den Unabh.) Punkt LV der Tagesordnung wird vor weg genommen: Zweite Beratung übei Lap.95 (Seminare) dc- Rechevfchaftsberichis auf d»e Rechnungsjahre 1918 und 1919 so wie der ordentlichen SlaakshaushaUSpläne auf die Rechnungsjahre 1921 und 1922. (Mündlicher Bericht dcs Hau-haltauSschusse» Druckfache Nr. 517.) Berichterstatter «bg. Gt,»- (Dem. : Bon vornherein war man sich im Ausschuß darüber einig, einschneidende Veränderungen im Etat für Seminare nicht noch vorzunchnien, da dieselben bekanntlich aus dem Aussterbeetat stehen und ihre Umwandlung in deutsche Oberschulen bzw. Aufdanjchulen schon für Ostern 1922 ge plant ist. Dagegen wurde eS von mehreren Seiten gerügt daß die Regierung das Gesetz, die Umwandlung der Lehrerseminare betreffend, nicht früher vorgelegt, dasür aber die Verord nung vom 4. Juli, die bereits durchgreifende Änderungen im Semmarwejen bringt, erlassen und damit den Landtag vor fertige Tatsachen gestellt hat. Die Regierung hat erklärt, daß e» nicht möglich gewesen sei, taS Gesetz eher her- an»zubringen. Die Verordnung sei mit dem Vorbehalt der gesetzlichen Regelung durch de« Landtag erlassen worden und unbedingt not wendig gewesen, um vorbereitende Schritte zur Umwandlung zu veranlassen. Der Landtag selbst habe wiederholt darauf gedrungen, für Ostern klare Verhältnisse zu schaffen. Die Erhöhung des Schulgeldes bei de« Lehrerinneuseminacen in Callnberg und Tresde« von LOO M. aus 400 M. und die Erhebung eine- Beitrages, der in Zukunft von den Hausschülern zu den allgemeinen Kosten der Speisewirtschaft aufgebracht werden soll, veranlaßten eine längere Aussprache über die Unterftützungsbcdürftigteit und über die Beköstigung der Seminaristen. Tic Verhältnisse haben cS nrit sich gebracht, daß sich einerseits die wirtschaftliche Lage vieler Er- ziehungspflichtiger verschlechtert hat und ander- seits die Kosten für den Schulbesuch außer ordentlich gestiegen sind. Zahlreiche Eltern ver mögen die zur Ausbildung ihrer Kinder erforder lichen Mittel nicht mehr aufzubringen, denn ge rade minderbemittelte Volksschichten sind es, die ihre Kinder den Seminaren zugesührt haben. Es bedeutet aber eine schwere Schädigung nicht nur der Betroffenen, sondern auch des Staats- ganzen, wenn befähigte junge Menschen aus der einmal gewählten Lausbahn ohne ihr Verschulden wieder hinausgcworscn werden. Tie Meinung im Ausschuß ging dahin, daß die Regierung von dem Recht, Schülcrzahlungen im Bcdürftigkeits- fallc zu erlassen, reichlichen Gebrauch machen müsse und mit Beihilfen nicht zu fparjam um gehen dürfe; die für diefe Zwecke eingestellten Summen seien unzulänglich. Tie Regierung sagte eine milde Handhabnng bei Einziehung der Lchülerzahtungcn zu und er klärte, daß es ihr bisher immer gelungen sei, den vorzeitige» Abgang von Schülern aus Wirt- schastlichcn Gründen zu verhindern. Tie Stipen dien der Geldentwertung entsprechend zu er höhen, sei der Regierung nicht möglich, und volle Stipendien zu gewähren, sei sie nicht mebr in dcr Lage; über >/)0 M. hinaus könne nicht gegangen werden. Auch Klagen über Bekösti gung der Hausjchüler wurden vorgebracht. Tie Regierung erklärte, daß die Verpflegung im all gemeinen von Jahr zu Jahr bester geworden sei. Zur Regelung der Ernährungsfrage würden jetzt auch die Eltern hcrangezogcn und auf ihre Wünsche Rücksicht genommen. Es wird darüber Klage geführt, daß in ein zelnen Seminaren, teils offen, teils in versteckter Form ein Tr^ck auf die Schüler, sich am Klich- gange und an den Andachten zu beteiligen, aus- geübt wird. So käme cs vor, daß Abendmahls besucher nach dem Kirchgang frei bekämen, weil sic an Rncm solchen Tage nicht mit gewöhnlicher Arbeit beschäftigt werden dürsten, sür die übrigen Schüler in derselben Zeit aber Arbeitsstunden angeseyt würden. Solche Maßnahmen wirkten als Bestrafung. Auch bei der Vergebung von Sttz'cndicn werde auf die kirchliche Gesinnung RüLncht genommen. Tic Regierung erklärte hierzu, daß an die Scminarducktioncn Anweisung ergangen fei, sich hinsichtlich der Andachten und des Kirchganges streng an die gesezlichen Bestimmungen zu halten. Eine lebhafte Aussprache entspann sich noch über die zah.reicheii Kündigungen von Bottsschul- lehrcrn. So hat die Stadt Leipzig, ohne die Klasienübcrsichtcn abzuwarten, sämtlichen nicht angestelltcn Lehrern und Lehrerinnen gekündigt. Es ist überhaupt nicht zu verstehen, daß die Ge- meindcn ohne Gehör und Zustimmung ter Re gierung derartige Maßnahmen treffen dürfen, da d^ch der Staat zurzeit schon '/, der persönlichen Schullastcn trägt und von Ostern ab voraussicht lich den gesamten persönlichen Auswand habe» wird. Auch im Hinbiick darauf, daß die stellen losen Lehrer, da ihre Stellenlosigkeit als Kriegs folge anzufehen ist, der Erwerbslose» fürsorge verfallen würden, darf sich die Regierung m dieser Lache nicht ausschalten lassen. Es läge doch wohl auch im Interesse der Ällgcmeinheit, daß erst die Bestimmungen des Übergangsschul gesetzes durchgeführt würden, ehe man zu der artig weitgehenden Lehrerentlasjungen greife. Im Ausschuß erklärte nun die Regierung, daß sie einen Lehrerübcrjchuß nicht erwarte. Es seien im Gegenteil sür die Volksschule bereits 70 bis 80 und sur die Fortbildungsschulen ungefähr 30V Reugründungen von Stellen gemeldet. Die Er hebungen über den Klasjenbcdarf seien aber noch nicht abgcjcdlossen. Im Augenblick bestehe ein ausgesprochener Lehrermangel. Die Regierung habe bereits vor Weihnachten an 3 Seminaren die Abgangsprüfungen staltfinden laßen; rurch die erfolgrcn 79 Abgänge aber fei der Bedarf noch nicht gedeckt. Widerfvruchsvollcr können Meinungen wohl kaum sein. Hoffentlich ist die Regierung recht bald in dcr Lage, die Sache, die so viel Be unruhigung geschaffen hat, zu klären. Die cingegangenen Petitionrn, die sämtlich die Umgestaltung dcS Seminarwesens betreffen, werben ihre Erledigung bei der Beratung de» Gejctzes, die Umwandlung dcr Seminare be treffend, finden. Kap. 95 ist hierauf einstimmig vom Ausschüsse genehmigt worden, und ich habe das Plenum zu ersuchen, sich diesem Votum anzuschließen. Auch die Überschreitungen nach dem Rechenschafts bericht, die sich aus den Mehraufwendungen für Besoldung, Heizung, Beleuchtung und Reinigung ergebe», bittet der Ausschuß zu genehmigen. Hierzu ist nachträglich folgender Antrag der Adgg. Grude und Schneller elnge- gangca: Ter Landtag wolle beschließen: bei Kav. 9b Abt. z Tit. 4 die Stellen für Odcrstudicndircftorcn z» prrichcn und dasür
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