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Dresdner Journal : 24.01.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189001245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18900124
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18900124
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-01
- Tag 1890-01-24
-
Monat
1890-01
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 24.01.1890
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^IS. V«»vx»pr«l»r Or««ä«o ^ivrtklMkrliek 2 L1»r^ 50 kk, d«i <i«Q K»j»«rl. ck«ut»ekeo ?o»t»v»t»lto» vi«rt»l- ^Ltirlicli 3 »o«8rk»lb äs» äeut»cks» L«cüv« tritt ko»t- ullä 8teav>elru»cl»I«8 biura. Liorsloo liuwwera: 10 kf. Xoküocklxullxsrsbükrsi» r kür äsv l<Lum eiosr ^«»pLltsoeil 2sils kleiner Sodrik. SO kk. Üvter „Liv^b^mckt" äi« Heils 50 kk. Ls» I^bsUev- uoä 2i8ero»»tr vutspr. ^uf»et»i»^ Lrscdvtne» r TL^lict» wit ^u»o»l»uo äer 8ovv- u. keiert»8v ekevä» ksrv»prsol»-Au»ol»Iu»,: Ur. 1205. Freitag, den 24. Januar, abends. 1880. A eMtrIonrnal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto ^Zanck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. LL»»Lws rv» Lokünätüauxea »vs^ttrtir L»tp»t^: /<> Lranästettrr, kowmieiiouLr äs« vresäosr lournel»; Lemder« LirUv VI»» I»»»I Ir»,l»u kr»e^turt ». >.: //aa»c»w<e»n et Votier, >«rlia Vt»»-L»md«iU- kr»U 1.»ip»j^-kr»»Uiirt ». N.HÜscd«»: A/o««,- kert» L»LÜo» >»rU» -kr»okkilr1 ». N.-Üt«tl»»rt: Da«-« 4 Oo, S»rUQ! /nraKckrnckant, Lr»«I»a: L»iwor»r: c. Lc-»ü»«i«r, L»N» ». ü. : Larcli F 6'0. Uerauexsdsrr Lüoixl. Lrxeäition äs» Oresäver Journal». Orviäell, Lviv^eritr. 20. ksrv8p»«cl»-^i>»etllui,: t^r. 1205. Amtlicher Teil. Dresden, 24. Januar. Auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Königs wird wegen erfolgten Ab lebens Sr. Durchlaucht des regierenden Fürsten Georg zu Schwarzburg-Rudolstadt am König lichen Hofe die Trauer auf eine Woche, von Sonn abend, den 25., bis mit Freitag, den 31. Januar, in Verbindung mit der bereits angelegten, getragen. Nichtamtlicher Teil. Tetegvcrphische Wachrichten. Potsdam, 24. Januar. (Tel. d. Dresdn.Journ.) Im hiesigen Stadtschlosse fand heute die Weihe der neuen Standarte des GardcS-du Corpsrcgiments statt. Der Feier wohnten die kaiserlichen Maje stäten mit den drei ältesten Prinzen, die Kaiserin Friedrich mit den Prinzessinnen-Töchtern, Prinz und Prinzessin Albrecht, dec Eroßherzog von Baden, Graf Moltke und viele hervorragende militärische Persönlichkeiten bei. Prag, 23. Januar. (W T. B.) In der Bud- grtkommilsion des Landtages teilte der Vorsitzende mit, daß Sr. Majestät der Kaiser das Statut der böhmischen Akademie der Wissenschaften ge nehmigt habe. Paris, 24. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ) In der gestrigen Kammcrsitznng befragte der mo- narchistische Abgeordnete Marquis v. Breteuil den Minister des Auswärtigen betreffs der Situation, welche durch daS Protektorat Italiens über Äthio pien geschaffen und ob die Regierung über den zwischen Italien und den äthiopischen Staaten abgeschlosse nen Vertrag eine offizielle Mitteilung erhalten habe. Spullcr erwiderte, daß Italien der franzö sischen Regierung den Abschluß, nicht aber den Jn- dalt des Vertrages bckanntgegeben hätte. Die Regierung warte nur die amtliche Anzeige des Vertrages ab, um denselben dann zur Beratung ni bringen. Lokron wünschte, die Anfrage in eine Interpellation zu formulieren, auf Wunsch Spullers wurde indes die Debatte auf unbestimmte Zeit vertagt. An der gestrigen Versammlung der Fraktion der Rechten nahmen nur sechzig Deputierte teil. Lie Beschlüsse derselben gipfelten in der Einsetz- - una eines vicrzebngliedrigen Bureaus. Lie poli- tif. e Haltung für die Zukunft wurde nicht fest- gestellt. Parlamentarier erblicken in dem Verlauf der Versammlung einen Mißerfolg. In Deputiertenkreisen wird die merkbar wer dende Opposition gegen Spuller viel besprochen. Es verlautet, unter den Gegnern des letzteren be fänden sich der Abg. Ribot und der Vizepräsident der Kammer Kasimir Perier, deren Eintritt inS Kabinett bereits mehrfach angeregt wäre. London, 24. Januar. (Tel. d. Dresdn Journ) Tie „T meS- besprechen den Samoavcrtrag sehr beifällig. Derselbe bilde ein schönes Zeugnis für die Unparteilichkeit des deutschen Reichskanzlers in allem, was die deutsche Kolonialpolitik angehe. Der Vertrag, welcher eine schwierige und delikate Frage löse, dürfe als ein Mustcrabkommcn seiner Art betrachtet werden; auch scheine er England alles das zu gewähren, was cs in Samoa bean spruche. St. Petersburg, 23. Januar. (W T. B.) Tie Gemahlin des Großfürsten Konstantin Kon stantinowitsch, Elisabeth, geborene Prinzessin von Sachsen Altenburg, ist heute von einer Prinzessin entbunden worden. Bukarest, 23. Januar. (W T B) DieParla- mcntsscsfion wurde heute eröffnet. Die Kammer Feuilleton. Ledige Mädchen.*) 1 Erzählung von H. Villinger Ter Schneider spielte die Ziehharmonika und die sieben Mädel tanzten abwechselnd mit den drei Burschen des OrteS; letztere waren in diesem Jahrgang beson ders rar, und der Mathis, der sauberste von allen, gehörte nicht einmal dazu. Seine Mutter war die Bäckerin im Thal drunten, und alle sieben Mädel auf der Höhe hatten ihn zn ihrem Herzkönig erkoren. Er wußte es und gebärdete sich auch ganz königlich, indem er Gnaden austeilte oder auch nicht, wie's ihm drum war. Wer ihm am besten gefiel, das wußte er doch, es pressierte ihm nur nicht, mit der Sprache heraus- zurückcn, denn er war seiner Sache sicher und ließ sich vor der Hand die allgemeine Anbetung gern gefallen. Also saß er am Mitteltisch der niedrigen Wirts stube, feine Augen blitzten herum und blieben sie auf einem Antlitz haften, so wurde dieses rot, und er ging hin und holte die Betreffende zum Tanz. Die Mädel saßen fast alle mit klopfenden Herzen hinter dem Ofen nn Halbdunkel, kicherten mit einander und thaten so, als stünde ihnen eigentlich der Sinn nach nichts weni ger als nach dem Tanzen. Machte aber der Mathis vor der einen oder der anderen einen Nicker, so flog sie so bereitwillig auf, als habe sie nur auf diesen Augenblick gewartet. Allemal aber, wenn der Mathis Unbefugter Nachdruck untersagt. beschloß, die Verhandlungen wegen Versetzung deS Ministeriums Bratiano in Auklagezustand auf die Tagesordnung vom Mittwoch zu setzen. Washington, 24. Januar (Tel. d. Dresdn. Journ.) LaS heute veröffentlichte Protokoll der Samoakonferrnz schließt mit achtungsvoller An erkennung seitens drr brittischen und amerikanischen Bevollmächtigten für die wirksame unparteiische Leitung der Verhandlungen durch den Staats sekretär Grafen Bismarck als Präsidenten drr Konferenz. Dresden, 24. Januar. Die Lage in Portugal. Die durch deu Streit mit England geschaffene Lage des Königreichs Portugal und die Stellung des neuen Ministeriums Serpa Pimente! sind noch sehr wenig geklärt. Schon in den ersten Tagen seines Bestehens hatte das neue Kabinett eine Krisis durchzumachen, welche damit endete, daß eine anderweite Besetzung der Ministerien des Krieges, der Marine, der Justiz und der Finanzen vorgenommen wurde. Von der revolutionären Wühlerei ist cs zwar gegenwärtig in Lissabon selbst etwas stiller geworden die Kund gebungen in den Straßen der Hauptstadt haben auf gehört, dafür aber nimmt die „nationale" Bewegung in den kleineren Städten eine um so lautere Gestalt an. In Oporto kam es am 16. d. Mts. zu blutigen Kämpfen zwischen den Anhängern der regierenden kon servativen Partei und deu Anhängern des gestürzten Ministeriums; bei diesem Zusammenstöße wurden nicht weniger als fünf Personen getötet und zehn ver wundet. Daß die Cortes aufgelöst und Neuwahlen angeordnet worden sind, wurde bereits von uns ge meldet. Da die neuen Kammern schon am l9. April d. I. zusammentrcten sollen, so wird der Wahl kampf jedenfalls sofort seinen Anfang nehmen und von den Republikanern zur Schürung der allge meinen Aufregung benutzt werden. Unter diesen Um ständen muß die Zukunft des Landes als eine im höchsten Grade ungewisse bezeichnet werden. Freilich darf nicht vergessen werden, daß das Temperament des portugiesischen Volkes ein sehr leicht erregbares ist und daß die stürmische Bewegung, welche dasselbe gegenwärtig ergriffen hat, noch nicht zu nachhaltigen und gefährlichen, gegen die Monarchie gerichteten Kraftänßerungcnzuführen braucht. EinMadriderBericht erstatter des „Hamb. Corresp." sendet seinem Blatte die nachstehenden, einem Lissaboner Privatbriefe entnom menen Mitteilungen über die gegenwärtige Lage der Dinge in Portugal, welche ein übersichtliches Bild der in dem lusitanischen Königreiche herrschenden Zustände geben: Unter den politischen Parteien Portugals verdienen nur drei ernsthafte Beachtung: die Progressisten (die monarchische Linke), die Regeneratoren (die monarchische Rechte) und die Republikaner Die Progressisten, einer Vereinigung der historischen Partei und der Reformisten entsprungen, übernahmen im Frühjahr 1886 das Re giment; sie sind es, welche soeben gestürzt worden. Ihr Führer ist Luciano de Castro, Staatsrat und bis Heriger Ministerpräsident. Ihre hauptsächlichsten Größen sind: der ehemalige Minister des Äußern Barros Gomes und der ehemalige Finanzminister Carvalho. Tie Hauptschuld an dem Zwist mit England wird Barros Gomes beigcmcssen, der durch seine große Schwärmerei für die afrikanischen Besitzungen und sein rücksichts loses Vorgehen die englische Empfindlichkeit und Eifer- sncht wachrief. Die Partei der Regeneratoren unter scheidet sich in ihren politischen Bestrebungen und ihrem politischen Programm eigentlich in nichts von den Progressisten. Sie hat nur andere Führer und für den Ehrgeiz aller dieser Führer ist in einer Partei die Amale im Arm hatte, wnrde es stiller als sonst in der Wirtsstube. Ter Stabhaltcr hörte auf zu politisieren, nickte mit dem Kopf und klopfte mit dem Glas dazu. Seine Frau, auf deren Kniec der Jüngste schlief, ließ kein Auge von dem Paar, als schwelge sie bei dessen Anblick in Jugenderinnerungen. — „Schau, schau" — flüsterte die Großmutter dem Enkel ins Ohr, der mit der Milchflasche zwischen den Händchen auf ihrem Schoße saß. Und die Wirtin, die sich sonst keine Minute Ruhe gönnte, blieb eine Weile unter der Thüre lehnen und nickte der Mutter der Amale zu. Das Paar sich also bewundert fühlend, fuhr fort, sich im Kreise zu drehen, indes der Schneider auf seiner Harmonika den Walzer von nenem begann. Dann und wann tanzte ein zweites Paar mit, der dritte Bursche aber war nicht mehr ganz fest auf den Beinen und zog cs vor, sitzen zu bleiben. Tie fünf Mädchen hinter dem Ofen empfanden und dachten allerlei, und ihre Mienen verrieten, daß es gerade nicht die ange nehmsten Dinge waren. Da erhob sich plötzlich eine unter ihnen, eine dunkeläugige kräftig gebaute Erschei nung. „Ach was", sagte sie, „was sollen die nur den ken, wenn wir dasitzen und Gesichter machen so lang wie die Ellmess! — komm! Marei —". Sie zog die nächste Beste von der Bank auf, und die ließ sich willenlos von der Karlin durch die Stube drehen. Nach einigem Besinnen folgten zwei andere Mädel ihrem Beispiel. „So ist's recht", rief der Mathis, der eben mit der Amalc hinter einem Tisch Platz genommen hatte, „da braucht sich doch unsereins nit die Lung herauszutanzen!* „Gewiß nit", warf ihm die Dunkeläugige im Bor deitanzen zn, „da» wär unnötig, Mathis, denn unS nicht Raum Das unbestrittene Haupt der Regene ration ist seit dem Tode des „großen" Fontes der jetzige Ministerpräsident Serpa Pimentel. Ihre par lamentarischen Größen sind Hintze Ribeiro, Pinhero Chagas, Lopo Vaz und Castello Blanco. Die Partei besitzt heute nicht mehr die alte Stärke, die sie zu Zeiten Fontes hatte; es haben sich nach rechts und links kleine Gruppen abgesplittert. Trotzdem sind die Regeneratoren und die Progressisten die einzigen Par teien, die sich in der Regierung ablösen können. In der Zweiten Kammer sitzen hundert Progressisten, vierzig Regeneratoren; die übrigen sechzehn Mitglieder gehören kleinen Gruppen an, unter ihnen befinden sich zwei Republikaner. Im Oberhans halten sich Regeneratoren und Pro gressisten mit je dreißig Stimmen die Wage und siebzehn Stimmen entfallen auf die kleineren Par teicn; dies soweit die lebenslänglichen Senatoren in Frage kommen. Was die gewählten Peers anlangt, so gilt von diesen, was von der Zweiten Kammer gilt: Jede Regierung schafft sich in den Wahlen die Mehrheit. Neben Regeneratoren und Progressisten kommen, zwar nicht aktuell, wohl aber für die Zu knnft in Betracht die Republikaner; was diesen bisher fehlt, ist ein gemeinsam anerkanntes Oberhaupt. Außer dem darf bei Beurteilung der gegenwärtigen Lage nicht übersehen werden, daß die portugiesischen Re publikaner Männer der Propaganda, aber nicht Männer der That sind: Latino, Coelho, Magalhaes, Lima, Toophilo, Braga, Garcia u. s w., sie alle sind Schriftsteller, die meisten von ihnen Universitätslehrer, viele Beamte nnd Offiziere. So erscheint es in Por tugal ganz natürlich, daß z. B. Garcia, obgleich er Oberst des Geniecorps und Lehrer an der Kriegs akademie ist, in republikanischen Versammlungen wütende Reden gegen die Monarchie hält nnd nicht weniger leidenschaftliche Artikel in den republikanischen Zeitungen unter seinen« Namen veröffentlicht. Viele andere Offiziere thun das gleiche und niemand scheint bisher daran gedacht zu haben, daß diese Herren sich eines schönen Tages des Degens statt der Feder be dienen könnten Was einen anderen Hauptfaktor im Lande, die be waffnete Macht, anlangt, so ist der Zustand des Land heeres der denkbar schlechteste; schlecht bezahlt, schlecht be waffnet und ausgerüstet, entbehrt es tüchtiger Offiziere; es ist zur Zeit nicht ein einziger General von Ruf vs.hauden. Mit der ungenügenden Ausbildung und Ausrüstung geht eine mangelhafte Disziplin Hand in Hand. In den letzten Tagen ist es die erste Sorge der Regierung gewesen, die Truppen in den Kasernen nicht zu konsignieren, sondern einzusperrcn; wäre das nicht geschehen, so hätten die Regimenter wenigstens in Lissabon, Oporto rc. wohl noch Offiziere, aber keine Soldaten mehr, dagegen wären die Straßcndemonstran- ten um einige Tausend Köpfe zahlreicher. Im Frie densstand sind allerhöchstens 22 000 Diann unter den Waffen; im Kriegsfälle würde das portugiesische Heer nur mil der äußersten Schwierigkeit auf 50 000 zu bringen sein. Über diese Schwäche sucht man sich da durch hinwcgzutäuschcn, daß man die Zahlen derart verdoppelt und vervierfacht, daß beispielsweise ein In santcrieosfizicr 200 Soldatenfüße statt 100 Soldaten und ein Kavallericoffizicr 400 Pferdefüße, nicht 100 Pferde kommandiert. Die Infanterie, 28 Regi meuter, ist mit dem Kropatschek Gewehr bewaffnet, die Artillerie «nit Kruppschen Kanonen, doch behaupten die eigenen Offiziere, die Mehrzahl dieser Geschütze seien alte ausrangierte preußische. Ist die Armee schlecht, so ist die Flotte noch schlechter. Das einzige halb wegs brauchbare Panzerschiff ist die Korvette „Vasco de Gama", doch auch diese ist veraltet. Die übrigen Fahrzeuge sind im Kriegsfälle unbrauchbare hölzerne Kasten. ist's allcins, mit wein wir uns drehen, wenn's nur ge dreht ist, gelt, Marei?" „Sie ist sakrisch grob immer, die Karlin", bemerkte der Mathis zur Amale. „Aber gut wie keine", entgegnete diese; sie war er schöpft vom Tanzen, lehnte den Kopf zurück an die Wand und atmete laut. „Geh, tauz' mit ihr, Mathis —". Er nickte und schaute sie an. „Ich geh' ungern von Dir weg — „Red' nit", meinte sie errötend und setzte ohne jeden Zusammenhang hinzu: „Das ist zu merkwürdig, aber in der Schul' war mir immer die Karlin voran, und sie hat mir müssen die Rechnungen machen und gar in der Geographie! Und jetzt."— „Jetzt bist Du obenan", ergänzte er, „und weißt auch warum?" „Geh' nur, ich mag's yar nit wissen", erklärte sie, „«nach' fort und tanz' mit ihr — sonst bin ich »er zürnt." — Er schnitt eine Grimasse: „Nun ja, aber wenn's fertig getanzt ist, niußt ein bißl an den Wald weg kommen, ich möcht Dir gern was sagen." — „Vielleicht" — erwiderte sie Der Mathis ging quer durch die Stube auf die Karlin zu, die sich eben niedcrsetzcn wollte, schaute sie zerstreut an und meinte, da sie ihm nicht gleich entgegenkam: „Nun, wird's? — Sie^ kämpfte einen schweren Kampf, die kraftvolle Gestalt bog sich einen Moment rückwärts, die Hände wie abwehrend gegen den Burschen ausstreckend, aber als dieser mit ruhiger Sicherheit den Arm um sie legte, war ihr Widerstand dahin. Der Mathis vermochte mit der steif von ihm abstehenden Karlin feinen Tanz nicht so meisterlich auszuführen, wir er da» mit der Amale konnte, die Soweit der Berichterstatter des Hamburger Blattes, dessen Mitteilungen noch dahin zu ergänzen sind, daß das neue Ministerium, um den beregtcn Übelständen abzuhelfen, eine durchgreifende Umbildung der Armee und Marine vorzunehmen gewillt ist. Die Armee soll einer völligen Reorganisation unterworfen und der Effektivbestand sowohl für den Frieden als mich für den Krieg verdoppelt werden. Die Marine soll eine Verstärkung von vier Schlachtschiffen ersten Ranges erfahren, ferner sollen umfassende Befestigungen au der Tajomündung angelegt und für die Küstenverteidigung eine große Zahl neuer Torpedoboote beschafft werden. Des weiteren hat das Ministerium erklärt, sich der Landwirtschaft anuehmen zu wollen und die Erwartung ausgesprochen, daß die Vertreter des Handels und der Industrie, welche durch die Stärkung der Flotte und durch die Sicherung der kolonialen Besitzungen den wesentlichsten Vorteil erreichen würden, auch der Land wirtschaft die staatliche Unterstützung nicht mißgönnen würden. Es wird abzuwarten bleiben, ob es dem Ministerium gelingen wird, das Land vor schweren inneren Krisen zu bewahren. Vielleicht trägt das Bei spiel des stammverwandten Brasilien, das einer des potischen Militärdiktatur verfallen ist, dazu bei, den lusitanischen Republikanern die Lust an ähnlichen Re volutionen zu benehmen. Tagesgerichte. * Berlin, 23. Januar. Se. Majestät der Kaiser arbeitete heute vormittag mit dem Kriegsminister v. Verdy und mit dem Chef des Militärkabinetts Generallieutenant v Hahnke. Für den verstorbenen Freiherr» v. Francken stein sand heute vormittag um >411 Uhr in der Hed- wigskirche hier ein feierliches Requiem statt. Tas Gotteshaus erstrahlte in Hellem Kerzenlicht. Ter Altar war mit prächtigen Lorbeerbäumen bestellt. Inmitten der Kirche war der Sarg ausgcbahrt. Zu sciten des Katasalkcs brannten je drei Kerzen, auf dem mit dem Bahrtuch überdeckten Sarg standen das goldene Kruzifix und zwei silberne Leuchter. Ein prächtiger Kranz mit breiter Widmungsschleise umgab das Kruzifix. Niedrig gehaltene Lorbcersträuche und Palmenwedel zierten den Fust des hohen Katasalkcs. Zur Teilnahme an der ernsten Feier hatte sich eine zahlreiche Trauergrmeinde ein gesunden. Im Auftrag Sr. Majestät des Kaisers war der Obcrstlicutenant v. Kessel erschienen. Die höchsten Staats behörden vertraten die Minister v. Bötticher, v. Goßler und Gras Bismarck. Auch der Minister des königlichen Haufes, v. Wedell-Picsdors, sowie Staatssekretär v. Stephan waren an wesend, ferner der sächsische Gesandte, Gras Hohcnthal, und al» Vertreter Bayerns Hr. v. d. Recke. Hen Reichstag, dessen Mit glieder sich überaus zahlreich eingcjunden hatten, vertrat der Präsident v. Levetzow, das Herrenbaus wurde durch den Herzog v. Ratibor vertreten, auch viele Mitglieder des Abgeordneten Hauses bezeugten dem Entschlafenen ihre Teilnahme. Man be merkte zu diesen noch Fürst Anton Radziwill, General v. Grol mann, Hrn. v. Kleist-Retzow und Graf Schließen. Hr. vr Windthorst hatte aus seinem gewöhnlichen Sitz in der Hinteren Mittclloge unsern der Orgel Platz genommen. Zu feiten deS Altars saß die katholische Geistlichkeit von Berlin mit dem ka tholischen Feldpropst Astmann an der Spitze. Die feierliche Beisetzung der Leiche im Familien grab zu Ullstadt erfolgt am Sonnabend, den 25. Januar. — Zufolge der nach den Beschlüssen des Reichs tages in dritter Etatslesung berichtigten Schlußzu sammenstcllung der Matrikularbeiträge für 1880,91 werden an diesen Beiträgen für das genannte Jahr bar zu zahlen haben: Preußen ,52 889 852 M. (-«- 18 723 885 gegen das Jahr 1889/90), Bayern 86 596 550 M. (4- 7 30209t), Sachsen 17 185 236 M. (4- 2 104 656), Württemberg 13 439 026 M (4- 2 730 307>, Baden 9 672 597 M. (4-1 955 676), Hessen 5 168 223 M. (4- 631 861), Mecklenburg-Schwerin 3 107 247 M (4- 380 390), Sachsen-Weimar 1 696087 M. ^4 207 641), Mecklenburg - Strelitz 531 448 M. (4- 65 059), Oldenburg 1 845 082 M. (4- 225 881), Braunschweig 2 012 164 M (4- 246 350), Sachsen-Meiningen i 160 806 M (4- 142 125), Sachsen-Altenburg 872 285 M (4- 106 792), Sachsen-Coburg und Gotha 1 074 169 M. (4- 131 504), Anhalt 1 340 712 M, ^4- 164 142), Schwarzburg-Sondershausen 397 653 M. (4- 4« 683). ganz seiner Leitung sich hingebend auf seinem Arni ruhte; die Karlin setzte jeder unvorhergesehenen Wendung einen kräftigen Widerstand entgegen. Mit Herz klopfen schaute die Amale den Tanzenden zu, nicht aus Eifersucht, sie hatte in ihrem ganzen Leben nie Gelegenheit zn diesem Gefühl gehabt; von Jugend auf war ihr stets die erste Rose eines jeden Gärtchens geworden — und so in allem. Kein Wnnder also, daß sie cs ganz am Platz fand, auch den hübschesten Burschen znm Schatz zu haben. Dian machte eine Pause nnd löschte den Durst am Hellen etwas säuern Landwein. Es ging freigebig damit zu; selbst der kleine Wirtssohn mußte die Milchflasche absetzen und Bescheid thun. Der Schnei der mit seiner Glatze und dem melancholischen Gesicht darunter war schon am fünften Glas, daS ihm der stets flotte Mathis zahlte. „Allergnädigster", lallte er, „Allerbarmherzigster, Mildthätigster —" Aber auch oben am Tisch, der Stabhalter spürte den Süffigen: „Potz Blitz", sagte er zum Vater der Karlin, der gerade einen so festen Blick hatte, wie die Tochter, „ich kann halt sagen, daß mir unser Landesvater dir Hand geschüttelt, schaut so — so hat er sie mir ge schüttelt — und ich hab zu ihm gesagt, vergelt's Gott, ewige Hoheit — hab ich zu ihm gesagt —" Die Frau Stabhaltcr erhob sich, nahm ihren Buben auf den Arm und den Mann beim Rockzipfel: „Wenn Du aus den LandeSvater und der Schneider auf» litanieren kommt, ist e» allemal Zeit zum Heim gehen" — (Fottsstzun-sol«t)
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