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Hohen lieiner Tageblatt Erscheint Heden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1.40; durch die Post Mk. 1.50 frei ins Haus. Geschäfts-Anzeiger Inserate nehmen die Expedition bis Vorm. 10 Uh« sowie für Auswärts alle Austräger, deSgl. alle Annoncen-Expeditionen zu Original- Preisen entgegen. Hohenftem-Ermstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Lugau, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rutzdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seisersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleisza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. f. w. Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Nr. 169 Sonnabend den 23. Jnli 1892. 42. Jahrgang. Bekanntmachung. Die Hundesteuer auf das 2. Halbjahr 1892 ist mir 4 M. —- bis 31. Juli er. an die Stadtkasse abzwührcn. . Bei der Zahlung ist die Nummer der diesjährigen Steucrmarke anzugeben. Nach Ablauf der vorstehenden Frist wird gegen Säumige das Zwangsvoüstreckungs- wersahrcn eingeleitet werden. Hohenstein, am 22. Juli 1892. Der Stadtrat h. vr. Backofen. Sonntagsruhe betr. Zu Punkt 2 der Bekanntmachung vom 8. Juli wird hiermit bekannt gemacht, daß die Königliche Kreishauptmannschaft Zwickau genehmigt hat, daß beim Handel Udit Milch Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter an allen Sonn- und Festtagen, einschließlich des ersten Wciünachls-, Oster- und Pfingstfeiertags in der Zeit von Vs6—* »9 Uhr vormittags und von 1l Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags beschäftigt werden dürfen. Das Personal, welches in Gemäßheit dieser Bestimmung über die Dauer von 5 Stunden beschäftigt wird, ist entweder an jedem dritten Sonntage volle 36 Stunden oder an jedem zweiten Sonntage mindestens in der Zeit von 6 Uhr morgens bis v Uhr abends von der Arbeit sreizulassen. Ausnahmen können nur gestattet werden, wenn dem Personal an Stelle des Sonntags eine vierundzwanzigstündige Ruhe an einem Wochentage gewährt wird. Hohenstein, am 15. Juli 1892. Der Stadtrat h. vr. Backofen. Sächsisches Hohenstein, 22. Juli. Sämrntlichc Handel- und Gewerbetreibende wollen wir ans die heute Freitag abends ,v Ubr im Rathsteller hier stattfindende Berathung, die Sonntagsruhe betreffend, noch mals aufmerksam mache». Gleichzeitig sei auf das nach stehende Referat über die am Mittwoch, de» 20. d. M. in Glanchau stattgefundene Versammlung von Gewcrbe- vereinsmitgliedern hingewiescu. Gewerbcver eins-Mitglieder auS Hohen- stein-Ernstthal, Meerane, Waldenburg und Glauchau waren vorgestern Abend in Stadt Hamburg in Glauchau zusammen, um über ein gemeinschaftliches Vorgehen betreffend Abänderung der Äusführungsbcstimmungen über die Sonntagsruhe zu bera'.hcm Herr Möhler begrüßte die Versammlung und dankte auch Herrn Stadtnah Hinckelmann für das Interesse, welches er durch sein Erscheinen bekunde. Herr Möhler bemerkte nun weiterhin ungefähr: „Den Zweck der heutigen Versammlung kennen Sic. Man ist nicht zu frieden mit der Sonntagsruhe in unserm Bezirke. Einzelne, namentlich aus Waldenburg, sind zu mir gekommen, und haben mich gebeten, in der Sache etwas zu thun. Die Gcwcrbever- eine sind die berufensten Organe dazu. Ich habe gelesen, daß man in Hohenstein beabsichtigte, die Angelegenheiten vor den Gauverband zu bringen. Da dieser auf mehrere AmtShaupt- mannschaftcn vcrthcili, also etwas umfangreich ist, halte ich es für richtiger, daß wir uns lieber ans unseren Bezirk Glauchau beschränken. Wir haben gestern Abend hier in Glauchau in einer Versammlung viel erörtert. Neue Gesichtspunkte sind wohl kaum noch zu erwarten. Es ist nicht daran zu denken, daß das Gesetz gänzlich umgestaltct oder gar beseitigt wird. Bor Allem wird dc,S nicht in zwei bis drei Monaten geschehen. Wahrscheinlich werden Jahre hingehen, ehe der Reichstag die Sache erörtert. Anders liegt es in den einzelnen Bezirken, und in dieser Beziehung theile ich Ihnen mit, daß wir gestern Abend, nach eingehenden gegenseitigen Aussprachen, beschlossen haben, an maßgebender Stelle vorstellig zu werden, daß auch in unserem Bezirke die für die Amtshaupt mannschaft Chemnitz erlassenen Bestimmungen eingeführt werden. Herr Möhler verlas die AuSführ- ungSbestimmungen sowohl für die AmtShauptmannschaft Chem nitz als auch sür die Stadt Chemnitz und fuhr dann weiter fort: „Heute bin ich bei dem Stadtrath und bei dem Herrn AmtShauptmann gewesen. Der letztere hat mir gesagt, ich möge der Versammlung mitthcileu, daß wesentliche Veränder ungen an den Bestimmungen, wenigstens in der nächsten Zeit, nicht vorgenommen werden würden. Vor December komme die Bezirk-Versammlung nicht zusammen. Das braucht uns nicht abzuhalten, sowohl bei der Kreishauptmannschafr als auch bei der Amtshauptmaunschaft mit einem Gesuche Vorzugehen. Bei den Bäckern und Fleischern werde sich die neue Einricht ung nicht aus die Dauer halten lassen. DaS Publikum müsse darum einkommcn; von diesem aus müssen die Beschwerden ausgehcn, daß die nothwendigsten Lebensbedürfnisse nicht mehr zu bekommen seien. Ausnahmen sind für diese Fälle zugclassen. Herr Möhler theilte außerdem mit, daß in der gestrigen Ver sammlung auch noch andere Wünsche geäußert worden seien. Ganz besonders klagen die Cigarrenhändler, die nur Cigarren »erkaufen, über die große Einbuße. Da sich Niemand Vor mittags Cigarren holt, werden diese Leute sehr geschädigt. Es würde vielleicht erfolgreich sei», wenn die überganz Deutschland verbreiteten Cigarrenhändler sich rühren. Herr Falke, der vorzugsweise Delikatessen verkauft, habe, nicht mit Unrecht, gesagt, daß eS ihm doch auch gestattet sein müsse, so lange zu verkaufen wie Bäcker und Fleischer. In Chemnitz sei dies den Delicatesseohändlern gestattet. Heu Möhler schloß seine allgemeinen Ausführungen ungcsähr mit folgenden Worten: Wir find heute hier zusammen gekommen; wir wollen Ihre Meinung darüber hören, in welcher Weise wir vorgehen können. Lassen Sie Alles fern, was an dem Gesetze rüttelt. Es ist ein Unding, etwas zu verlangen, was voraussichtlich nicht zu erreichen ist. — Es folgte nun eine sehr eingehende Debatte. Von einer ausführlichen Bericht erstattung über dieselbe muß man absehen, schon deshalb, weil vieles von dem wiederholt werden müßte, waS in der Ver sammlung vom vorvorgcstrigcn Tage ausgesprochen worden ist. Man wird sich also nur auf das Nothwendigste, vor Allem auf die Mittheilung der neuen Gesichtspunkte, beschränken. Herr KeilhauS-Hohenstein bezeichnete den Beschluß des Bezirkstages als unbarmherzig; es sei nicht zu schwarz gesehen, wenn man sage, daß derselbe ein Ruin sür viele kleine Hand werker sein werde. Daß bis 3 Uhr kein Geschäft zu machen ist, wissen wir jetzt. Vom Lande kommen die Leute bis zu dieser Zeit nicht herein. Wenn man den kaum nennenswerthen Verkehr während der letzten drei Sonntage in Hohenstein mit angesehen hat, dann muß sich Einem das Herz im Leibe um- wcnden. Wir werden durch Chemnitz, das nur eine Stunde weit entfernt ist, schwer geschädigt. Chemnitz erhält täglich Zuzug von Tausenden; cs hat zwei Märkte. Wir in Hohen stein sind aui das Sonntagsgeschäft angewiesen, durch welche- uns das Brod für die Woche gebracht wird. So wie die Ver hältnisse jetzt stehen, ist für viele Geschäftsleute in Hohenstein der Ruin vorauszuschcn. Herr Möhler bemerkte, daß ursprünglich eine Geschäftszeit bis 4 Uhr auch vom Herrn Amtshauptmann beabsichtigt gewesen, aber durch die Walden burger Verhältnisse durchkreuzt worden fei. Herr Fleischer- meister Wilhelm theilte mit, daß er vor acht Tagen eben falls beim Herrn AmtShauptmann gewesen sei, welcher ihm gesagt habe, daß bis December in der Angelegenheit nichts gethan werden könne. Nur wenn seitens des Publi kums in begründeter Weise Beschwerden ein laufen, werde es möglich sein, früher eine Aenderung herbei zuführen. Herr Mehnert- Hohenstein hält diesen Weg auch für den richtigen. Es sei nothwendig, daß wir uns rühren und das Publikum mit fortreißen. Er erkläre sich mit den Chemnitzer Bestimmungen, namentlich bezüglich der Abend stunden sür Bäcker und Fleischer sowie der Schlußzeit von 4 Uhr für Schnittwaarenhändler rc., einverstanden, obgleich es ihm lieber sein würde, wenn die Zeit von 12—5 Uhr fest gesetzt würde, indeß man dürfe nicht mehr verlangen, als was man voraussichtlich glaube erhalten zu können. Herr Lay ritz - Ernstthal machte darauf aufmerksam, daß dieZ-tt von 12 bis 2 Uhr todte Stunden sür die Bäcker, und wohl auch für die Fleischer, sind, deshalb wäre es ihm lieber, wenn für diese die Zeit von 3 bis 7 oder bis 8 Uhr bestimmt würde. Er theilte mit, daß fämmtliche Bäcker-Innungen des hiesigen Bezirkes am nächsten Montag hier eine Versammlung abhaltcn; wün- schenswerth sei es, daß sich auch die Fleischer daran betheiligen. Herr Sohr machte darauf aufmerksam, daß den Condiloren eine Vergünstigung nicht gewährt werden würde. Es wäre wünschenswerth, daß von den Bäckern der Geschäftskreis mit erwähnt werde, weil sie sonst nur Brod und Semmeln ver kaufen dürfen. Herr Layritz bemerkt hierauf, daß das Ver- hältniß zwischen Bäcker und Conditor in dieser Beziehung be reits festgestellt sei: Zu Brod und weißer Backwaare gehört alles Hefengebäck; das ohne Hefen her- gestellte Backwerk werde zu den Conditorei- waaren gerechnet. Herr Stadtrath Däuml er-Mee rane schließt sich der Ansicht des Vorsitzenden an, daß man gegen das Gesetz nicht ankämpfen könne. Es müssen eben Jahre darüber vergehen, ehe man die Tragweite desselben voll ständig beurtheilen kann. Wir müssen in unserm Bezirke da rauf hinwirken, daß sich hier die Verhältnisse gleichartig ge stalten. Der Herr Redner, welcher Mitglied des Bezirkstages ist, theilte mit, daß ursprünglich die Geschäftszeit von 11 bis 4 Uhr festgesetzt worden sei, und daß dem Herrn Amtshaupt mann eine Schuld für die Abänderung nicht bcigemcssen werden könne. Herr Stadtrath Däumler gab daun eine Schilderung von dem Gange der Angelegenheit und weshalb man auf 4 Stunden herabgegangen sei. Wenn man an maßgebender Stelle wegen Abänderung der Bestimmungen vorstellig werde, so müsse vor allem mit betont werden, daß die Meeraner arge Schädigung erfahren dadurch, daß die Orte Alten burg, Schmölln und Gößnitz die billigsten Ausflüge sind und daß in dem Altenburgischen die Ge schäftszeit bis um 4 Uhr besteht. Dasselbe Verhält- niß trifft zu bei Hohenstein-Ernstthal, von wo aus viele nach dem nahen Chemnitz reisen, wo die Geschäfte gleich falls bis um 4 Uhr offen sind. Dagegen dürfe man nicht zu viel verlangen; man müsse auch berück sichtigen, daß in Zwickau, welches die gleiche Nachbarschaft habe, schon um 2 Uhr geschlossen werde. Redner stimmte der Ausführungs-Verordnung der Kgl. AmtShauptmannschaft Chemnitz zu. Herr Just-Ernstthal sagte u. A.: Wir sind allerdings mit größeren Erwartungen hierher gekommen. Hohenstein und Ernstthal sind durch die Nähe von Chemnitz fo ungünstig gestellt, daß es gar nicht schlimmer sein kann. Wir sind auf die Landkundschaft angewiesen. Das Gesetz sagt, daß nicht Gründe der Bequemlichkeit maßgebend sein sollen. Das ist richtig. Aber der Landmann wird deshalb nicht früher sortgehen; er zieht eS dann vor, beim Hausirer zu kamen. In einer Hoyensteiner Versammlung, der ich jetzt beiwohnte, war bezüglich dieses neuen Gesetzes nicht nur allgemeine Nieder geschlagenheit, sondern entschiedener Ingrimm zu bemerken, denn alle anwesenden Geschäftsleute hatten in den letzten Wochen eine geringere Einnahme gehabt. Es mag dies ja etwas besser werden, ober wahrscheinlich nicht wieder so wie früher. Trotzdem müssen wir uns in dem uns vorgeschriebenen Rahmen halten. Aber die Stunde Lis um 4 Uhr müssen wir verlangen, sonst kann es cintrcsfen, was Herr KeilhauS sagte: daß Viele nicht mehr fortcxistircn können Herr Just schloß sich den Chemnitzer Bestimmungen an. Herr Layntz ersuchte darum, daß man vor der Absendung einer Petition erst die am nächsten Montag stattsindcnde Versammlung der Bäcker abwarten möge. Herr Fatke bat darum, auch ihn, resp. die Delicatessenwaarenhändler, bei der Petition mit zu berücksichtigen, zumal auch in Chemnitz dieser Geschäftszweig mit berücksichtigt worden sei. Die Delicatesfen sind dem Ver- derben leicht ausgesetzt. Wild und Geflügel hält sich im Sommer kaum einen Tag. Herr Mat-Waldenburg theilte mit, daß jetzt Au-sicht vorhanden ist, daß in Waldenvurg, um das Geschäft nicht so schwer zu schädige», der Gottesdienst verlegt werden wird. Im Interesse der Ewigkeit wud sich dann Waldenburg dem Allgemeinen anschließcn. Herr Layritz hob hervor, daß daS Gesetz den Titel „Arbeiterschutzgefetz" trage, daß es aber gerade deshalb für die kleinen Städte illusorisch sei, weil in diesen die meisten Leute ihr Geschäft selbst führen. Herr Möhler bemerkte, daß dies eben das Eigenthümliche an dem Gesetze sei; man wolle den Lehrlingen rc. Erleichterungen ver schaffen, und das sei ja anzuerkennen; bedauerlich ist nur, daß die zahlreichen mit inbegriffenen Kleinhändler, die ohne jugendliche Arbeiter sind, geschädigt werden. Die Frage ist nicht unberechtigt, weshalb wurde daS Gesetz so weit aus gedehnt? Aber cs ist nun einmal so, und wir können nichts dagegen thun. Herr Stadtrath Däumler sprach sich eben falls dahin aus, daß man versuchen müsse, das zu erreichen, was gesetzlich zu erreichen ist. Er gab dem Wunsche Ausdruck, daß es doch vielleicht ausführbar sein werde, eine Bezirks»»- sammlung früher einzuberufen. Herr Mai-Waldenburg be merkte, daß man sich darum bemühen wolle, eine Schlußzeit bis um 4 Uhr zu erlangen; freilich ist die Zeit von 3 bis 5 Uhr die geeignetste für die Geschäfte. Herr Möhler bat, von einer solchen Erweiterung abzusehen und bei eine^ Ge schäftszeit von 11 bis 4 Uhr stehen zu bleiben, weil die Sache sonst so verwickelt würde. Wenn wir in der Petition auf die Concurrenzverhältnisse von Chemnitz und Altenburg Hinweisen wollen, so kann dies doch nur deshalb geschehen, weil wir die dortige günstigere Zeit von 11 bis 4 Uhr