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VsigllimWicr Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. MnsmWebenzWer Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen Dieses Blatt erscheint wöchentlich viermal, und ^war Dienstag«, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher AbonnemrntSpreiS, welcher priiaa»«- rav-l» zu entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Lblr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Bormittags 11 Uhr eingeben, werden in die Taa« darauf erscheinend« Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpuS-Aeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen Königs. GerichtSämtcr und Stadträthe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Rathskellerpachter A. Oschütz, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Vchöneck bei Herrn E. A. Hüttel sen., in Mühltroff bei Herrn Ehaufseegelder-Einnehmer Holzmüller. .1° 14« Donnerstag. 15. September 1864. Zeitungen. Sachsen. Eine neue Uniform ist beim sächsischen Militär ausgetaucht und zwar die Trompeter-Uniform beim,Train, der bekanntlich bisher noch keine Trompeter hatte. Die Abzeichnung ist die der Trompeter der Reiterei, jedoch in Gelb. Daö erste Dienstmann-Institut in Dresden hat jetzt unter seiner Mann schaft auch einen Sohn des heißen Afrika, einen schon gewachsenen kräftigen Neger, den die rothe Dienstmanns-Uniform vortrefflich kleidet. Dieser cosmo politische Dienstmann spricht fertig englisch, außerdem aber auch etwas deutsch und weiß sich auch in dieser ihm nicht ganz mundrechten Sprache ziemlich ver ständlich zu machen. Bei den so mannichfachen Diensten, welche das Institut zu leisten hat, wird dieser schwarze Mann vielseitige Verwendung finden uno seine weißen Kameraden werden eö sich wohl angelegen sein lassen, aus ihm ein tüchtiges Mitglied ihrer Corporation ;n machen. Im Laufe der vergangenen Woche sind auf der Leipzig-Magdeburger Bahn 283 Personen nach Hamburg, zur Auswanderung nach Amerika, befördert wor den. Es haben diese Auswanderer größtenteils auS Böhmen, einigen Sachsen und Baiern bestanden. Aus einem böhmischen Dorfe sind allein 25 Familien, 90 Köpfe stark und dem Arbeiterstande angehörig, dabei gewesen. Die Königin-Marienhütte, das größte Eiscnhammerwerk Sachsens, lieferte 1860 225,264 Ctr. Roheisen, 238,965 Ctr. Stabeisen und Schienen und 33,778 Ctr. Gußwaaren. Der Personalbestand zählt 30 Beamte und 1710 Personen. Die Marienhütte erzeugt trotz ihres großen Umfangs hauptsächlich nur Eisen für den Elsenbahnbedarf. Die Baumwollenspinnerei hat unter der Baumwellkrisis un gemein gelitten. Während sich in den Jahren 1861— 1862 die Spindelzahl im Handelskammer bezirk Chemnitz auf 720,330 vermehrte, hat sich die Einfuhr von Baumwolle gegen das Jahr 1860 vermindert: es wurden eingeführt im Jahre 1860 437,653 Ctr., im Jahre 1861 375,108 Ctr., im Jahre 1862 166,516 Ctr., im Jahre 1863 170,084 Ctr. Unseren Lesern ist noch erinnerlich, daß daS hohe Justizministerium infolge der zu Wetzelsgrün im Jahre 1859 begangeuen Merdthaten eine Belohnung von 200 Thlr. für Entdeckung der Mörder aussetzte, welcher Summe mehrere Städte des Voigtlandes weitere 100 Thlr. zuzulegen beschlossen. Ebenso, daß eS der humanen Behandlungsweise des Wachtmeisters Baumgarten in Eibenstock gelang, den von Gewissensbissen gefolterten Brudermörder Singewald zum frei willigen Gcständniß auch der Wetzelsgrüner Mordthaten zu bewegen. Wenn nun auch sämmtliche Mörder dadurch, daß sie vor den höheru Richter treten mußten, den irdischen Strafen entgingen, so hat sich doch das k. Justizministerium, auf Grund des vom k. Bezirksgericht» hiersclbst eingesandten Berichtes bewogen gefunden, obengenanntem Wachtmeister die volle Summe von 200 Thlr. in diesen Tagen aushändigen zu lassen. Ob die betreffenden Städte diesem Bei spiele folgen werden, ist zur Zeit noch unbekannt. Wie aus Newyork telegraphisch gemeldet wird, ist der des Eisenbahn mordes in England angeklagte Müller ausgeliefert worden und bereits auf dem Rückwege nach Europa. Müller ist ungefähr 25 Jahre alt, von mittler Größe, schlank und von harmlosem Aussehen; er ist der Allerletzte, den man für fähig halten möchte, einen Mord zu verüben. Nach neueren Londoner Blättern ist er aus Chemnitz in Sachsen gebürtig, wo sein Vater das Gewerbe eines BüLsenschmieds betreibt, welches auch Müller erlernt haben soll. Die Umstände, welche zu seiner Verhaftung geführt haben, sind folgende: Dkr. Briggs wuroe in einer Vorstadt von London, auf dem Gleise einer Eisenbahn liegend, angetroffen ; Kopf und Rumpf waren schrecklich zerschlagen. Er war bewußtlos und blieb in diesem Zustande bis zu seinem Tobe, der bald, nachdem man ihn von dem Gleise aufgehoben hatte, erfolgte. In dem Bahnwagen ist, so viel man weiß, Niemand mit ihm gewesen; der Mörder entkam, ehe sein Opfer wahrgeuommen wurde; die Taschen des Mr. Briggs waren nicht geleert worden; ein Diamantring fand sich an seinem Finger; nur seine Uhr und Kette und sein Hut fehlten, und auf dem blutigen Sitze in der Car lag eines andern Mannes Hut. Dieser Hut, sowie die Uhr und Kette wurden zu Spuren, welche auf die Entdeckung des angeblichen Mörders leiteten. Er hatte die Kette dem Juwelier Death gegeben, um dafür eine andere einzutauschen. Als Death die polizeiliche Bekanntmachung bezüglich der Kette las, lieferte er sie aus, und zu letzt erschien der Kutscher Matthews, dessen Schwester Müller die Cour gemacht hatte, und identisicirte den Hut als einen, den er im October oder November v. I. für Müller gekauft hatte. Er identisicirte auch die Uhr und die Kette, inoem ter Angeklagte sie seiner Frau gezeigt hatte, ehe er den Austausch bei Death gemacht hatte, und schließlich wurde ein photographisches Biloniß Müller- sowohl von Matthews, als auch von Death wieder erkannt — dieselbe Photo graphie, welche die Londoner Jnspectoren benutzten, als sie Müller unter den Passagieren der „Victoria" aufsuchten. Die Polizei erfuhr ferner, daß Müller in dem Hause des Mrs. Blyth am Montage nach dem Morde eine neue Uhr- kette getragen hatte und daß er sich geäußert hatte, er stehe im Begriff, nach Canada zu reisen, wo Freunde von ihm wohnten. Als sie diese Spuren er langt hatte, besuchte sie die Schiffsagenturen und ermittelte, daß er auf der „Victoria" nach Newyork sich cingefchifft hatte. Sie sandte darauf zwei Jn spectoren und zwei Zeugen auf Dampfschiffen Nach Newyork, welche vor vierzehn Tagen hier cintrafen und ihr Anliegen bei dem Superintendent Kennedy vor brachten. Jnmittelst meldet man auS London, daß am 7. Septbr. dort ein gewisser King, der sich Verlagsbuchhändler nennt, verhaftet worden ist, weil er — stark angetrunken — sich selbst in einer Taverne als Müllers Mitschuldigen bekannte. R a i e r n. Vor einigen Tagen wollte ein junger Studirender, welcher seine Ferien bei Verwandten in Füssen zubringt, Hohenschwangau mit seinen Merkwürdig keiten besichtigen, kam jedoch zu ungelegener Stunde und mußte'deßhalb adge- wiesen werden. Eben wollte er unverrichteter Dinge wieder abziehen, als durch das Burgthor eine stattliche jugendliche Gestalt, mit einer Mütze und leichtem Necke, einen Fisch als Beute in der Hand tragend, eintrat. Nicht ahnend, daß dieser einfach gekleidete Herr König Ludwig sei, welcher in freien Vormittags ¬ stunden sich mit Vorliebe und Geschick im Fischfang im Alpsee beschäftigt, wandle sich der Student an ihn um Aufschluß, ihm sein Leiv klagend, daß sein Ferien aufenthalt in dieser Gegend zu Ende gehe, und er doch nicht heimkehren möchte, ohne die schöne, vielgerühmte Burg und den König gesehen zu haben. Auf- Herablassendste erbot sich nun dieser Herr, dem Studenten Einlaß zu verschaffen, zeigte ihm persönlich selbst die vorzüglichsten Sehenswürdigkeiten und drückte dann beim Abschiede demselben eine Banknote in die Hand.