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Wochenblatt für ReilhenLmnd, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. Dieses Blatt wird an jede Haushaltung der obigen Gemeinden unentgeltlich vertheilt. ^2 7. Sonnabend, den 18. Oktober 1902. Erscheint jeden Sonnabend Nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition <Reichenbrand, Pelzniiihlenstraße 47 vH sowie von den Herren Barbier Bast in Reichenbrand, Buchhändler Clemens Bahner in Siegmar nnd Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommcn und pro Ispaltige Corpuszeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Bekanntmachung. Die noch fehlenden, gehörig ausgefüllten Hauslisten sind nun mehr ungesäumt beim Unterzeichneten einzureichen. Reichenbrand, am 17. Oktober 1902. Der Gemeindevorstand. Möget. Bekanntmachung. Am 30. September 1902 wird der U. Termin der diesjährigen Einkommensteuer fällig. Reichenbrand, am 26. September 1902. Der Gemeindevorstand. Möget. Bekanntmachung. Am 1. Oktober d. I. sind die Brandversicherungsbeiträge auf den II. Termin 1902 in Höhe von i/s Pfennig von jeder Versicherungseinheit fällig gewesen und bis spätestens den IS. Oktober ISOS an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Reichenbrand, am 3. Oktober 1902. Der Gemeindevorstand. Möget. Bekanntmachung. Der unterzeichnete Gemeindevorstand bringt hierdurch zur allgemeinen Kenntniß, daß am Sonntag, den 19. Oktober 1902 in hiesiger Gemeinde aus Anlaß des stattfindenden Kirchweihfestes Gehülfen, Lehrlinge und Arbeiter in handelsgewerblichen Betrieben mit Fleischwaaren und Delikatessen Vormittags von 7 bis 9 Uhr, von 11 bis 12 Uhr und Nachmittags von 4 bis 11 Uhr, mit Milch Vormittags von 7 bis 9 Uhr, Mittags von 11 bis 12 Uhr und Nachmittags von 6 bis 9 Uhr, mit sonstigen Eß-, Trink- und Materialwaaren — einschließlich Tabak und Cigarren — ingleichen mit Heizungs- und Beleuchtungs material — im Kleinhandel — Vormittags von 7 bis 9 Uhr, Mittags von 11 bis 12 Uhr und Nachmittags von 3 bis 10 Uhr, in allen übrigen Handelsbetrieben Vormittags von 11 bis 12 Uhr und Nachmittags von 3 bis 10 Uhr beschäftigt werden dürfen. Während der vorgedachten Stunden darf in den Verkaufsläden auch öffentlicher Handel stattfinden. Reichenbrand, am 17. Oktober 1902. Der Gemeindevorstand. Mogel. Bekanntmachung. Nachdem die Frist zur Wieder-Einreichung der Hauslisten zur Staatseinkommensteuer-Einschätzung abgelaufen ist, müssen diejenigen Hansbesitzer, die sich mit der Rückgabe der Listen noch im Rückstände befinden, nunmehr der Königl. Bezirks-Steuer-Einnahme zur Be strafung bis zu 50 Mark angezeigt werden, wenn die Listen nicht noch bis spätestens Montag den 20. Oktober 1902 Abends 6 Uhr im Gemeindeamte abgegeben werden. Rabenstein, am 17. Oktober 1902. Der Gemeindevorstand. Wiksdorf. Gertliches. — Schadenersatz wegen Nichtheraus gabe der Quittungskarte. Eine insbesondere für Arbeitgeber wichtige Entscheidung ist kürzlich vom Gewerbegericht Hamburg getroffen worden, bei welchem sich folgender Prozeß abgespielt hat: Kläger hat vom Beklagten Herausgabe seiner Jnvalidenkarte und Leistung eines Schadenersatzes von 3 Mk. 50 Pf. pro Tag vom 18. Juli bis zur Herausgabe der Karte gefordert. Beklagter hat zunächst Abweisung der Klage beantragt, sich schließlich aber bereit erklärt, dem Kläger einen Tagelohn mit 3 Mk. 50 Pf. als Entschädigung zu zahlen ... Die Karte selbst hat Kläger am 25. Juli erhalten, so daß nur noch die Schadenersatzpflicht in Streit ist. Obwohl Kläger am 10. Juli bei dem Beklagten in Arbeit getreten und am 17. Juli schon wieder ausgeschieden ist, ist nach Auskunft der Kraukeu-Ver- sicherungsbehörde seine Anmeldung zur Versicherung und die Einreichung seiner Jnvalidenkarte bei der Be hörde erst am 19. Juli erfolgt, also viel zu spät. Hier durch ist der Kläger geschädigt worden. Nachdem ihm bei seinem Abgänge am 17. Juli vom beklagtischen Schachtmeister erklärt worden war, daß seineJnvaliden- karte bei der Behörde liege, hatte Kläger guten Grund und ein Recht dazu, sich am 18. Juli zunächst seine Karte von der Behörde abzufordern, zumal er damals die Absicht hatte, auf preußischem Gebiet Arbeit zu suche», wo kein Einziehungsverfahren besteht, die Jnvalidenkarte» also dem Arbeitgeber zur Einklebung der Marken vorgelegt werden müssen. Der Einwand des Beklagten, daß Kläger jedenfalls in Hamburg Arbeit hätte finden können, wenn er nur dem Arbeit geber gegenüber angegeben hätte, seine Jnvalidenkarte liege bei der Behörde, ist nicht stichhaltig, weil Kläger die unwahre Angabe, seine Karte liege bei der Behörde, garnicht mache» durfte. Nach der Sachlage blieb dem Kläger nichts anderes übrig, als am 19. Juli zunächst sich nochmals bei der Behörde zu erkundigen, ob nunmehr seine Karte eingeliefert sei, wie er es auch gethan hat, und bei dem negativen Ausfall seiner Erkundigung alsbald die vorliegende Klage zu erheben. Nun ist es allerdings richtig, daß in Hamburg gesetzliche Hindernisse nicht bestehen, auch einen Arbeiter, der überhaupt keine Jnvalidenkarte besitzt, in Arbeit zu nehmen, es genübt solchenfalls eine entsprechende Anzeige an die Behörde, welche daun das weitere veranlaßt. Und hierauf wollte Beklagter offenbar sich berufen, wenn er geltend machte, daß Kläger bei gutem Willen inzwischen auch vor Erhalt seiner Karte schon Beschäftigung gefunden habe» würde, daß er es aber wohl vorgezogen habe, einige Tage auf Kosten des Beklagten spazieren zu gehen. Andererseits ist es aber gerichtsnotorisch, daß viele Arbeitgeber es nicht wissen, daß sie einen Arbeiter ohne Jnvalidenkarte annehmen dürfen, und feriier ist es gerichtsnotorisch, daß auch viele der über die gesetzlichen Bestimmungen besser orientierten Arbeitgeber immerhin fürchten, bei An nahme von Arbeitnehmern ohne Karte allerhand Scherereien zu haben, und daß sie daher zweifellos Arbeitnehmer, deren Papiere in Ordnung sind, bei der Annahme bevorzugen. Bei dieser Sachlage ist es einem Arbeiter, der nicht im Besitz einer Jnvaliden karte ist und sich auch nicht darauf berufen kann, daß seine Karte bei der Behörde liegt, weit schwieriger, Arbeit zu bekommen, als einem Arbeiter, dessen Papiere in Ordnung sind. Und unter diese» Umständen schätzt das Gericht unter Anwendung des § 287 C.P.O. den dem Kläger durch die Nachlässigkeit des beklagtischen Schachtmeisters verursachten Schaden, für de» selbst redend der Beklagte aufzukommen hat, auf den Ver lust dreier Tagelöhne mit 10 Mk. 50 Pf. Siegmar. Während der Kirmeßtage konzertiren im Saale des hiesigen Schweizerhauses wiederum die rühmlichst bekannten Brauer's humoristischen Sänger. Außer den altbewährten Kräften sind zu dem beliebten Ensemble noch zwei neue Spezialitäten getreten, und zwar der berühmte Damendarsteller Arno Kubig-Stuarto und der Komiker und Feuerwerksimitator Emil Sange. Aus alledem ist ersichtlich, daß wir zwei genußreiche Abende zu erwarten haben und ist bei der Beliebtheit der Brauer's Sänger ein vollbesetztes Haus zu erwarten. V (Nachdruck verboten.) Original-Roman von Irene v. Hellmuth« (4. Fortsetzung.) II. „Es ist unglaublich, Onkel," eiferte Helene einige Tage später, indem sie Loris Vater heftige Vorwürfe machte, „wie kannst du es nur gestatten, daß deine Tochter Tag für Tag in den Wald läuft, und jedes mal länger ausbleibt, und zumal iu so früher Mor genstunde. Ich finde das höchst unpassend." Herr Berneck faltete die Hände auf seinem runden Bäuchlein und drehte die Daumen umeinander. Er liebte die Ruhe und den Frieden im Hause über alles, und meinte begütigend in seiner ruhigen Weise: „Laß du das Mädel nur unbesorgt gehe»; wenn es Lori Freude macht, ich habe nichts dagegen." Lori ballte die kleinen Hände. Helene sollte es nur versuchen, ihr das Vergnügen zu rauben, das wahrlich harmlos genug war. Sie wollte sich schon tapfer wehren, denn mit unwiderstehlicher, übermächtiger Gewalt zog es sie hinaus zu dem stillen Plätzchen, wo ihr allmählich ein süßes, wonniges Glück aufzu blühen begann, das ihr ganzes Sein und Wesen be herrschte, und alle ihre Gedanken in Anspruch nahm. — Nach und nach hatte es begonnen, doch niemand ahnte etwas davon. Ohne alle Verabredung hatten sich nämlich die beiden Jugendgespielen täglich an dem Orte getroffen, wo sie einander zum erstenmal nach langen Jahren begegnet waren. Tyras hatte sich niemals wieder einfallen lassen, nach dem jungen Manne zu schnappen, im Gegenteil, die anfängliche Feindschaft hatte sich bald genug in innige Freundschaft verwandelt; der Hund zeigte jetzt eine offenkundige Zuneigung zu dem täglichen Begleiter seiner jungen Gebieterin. Eines Tages fand sich Lori wieder an den: Lieblingsplätzchen ein, aber sie hatte sich gegen ihre Gewohnheit etwas verspätet. Zu ihrem Erstaunen jedoch war der Platz, wo Johannes gewöhnlich schon ihrer wartete, noch leer, nichts zu sehen weit und breit. Der Morgenwind fuhr kosend durch die Kronen