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Großenhainer Anterh altmgs- M AnWMaü. Skmtsvlatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Redigirt, gedruckt und verlegt von Herrmann Starke in Großenhain. 8» Sonnabend, den 20. Januar 18 VT* Der Dienstknecht Carl Friedrich Herrmann aus Leippa bei Hoyerswerda, zuletzt in Naundorf bei Großenhain in Diensten, hat sich bei dem unterzeichneten Gerichtsamte wegen einer wider ihn vorliegenden Anzeige zu verantworten und da sein dermaliger Aufenthalt unbekannt ist, so wird er hiermit öffentlich vorgeladen, alsbald und spätestens bis zum 31. dieses Monats allhier sich einzufinden, alle Polizeiorgane aber werden ersucht, den p. Herrmann im Betretungsfalle auf gegenwärtige Anzeige aufmerksam zu machen und zur Gestellung allhier anzuhalten. Großenhain, den 15. Januar 1872. Das Königliche Gerichtsamt. Pechmann. Tagesnachrichten. Sachsen. Die zweite Kammer hat am 17. Januar die Vorberathung der Gesetzentwürfe, die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung betreffend, fortgesetzt und dieselben nach dreistündiger Debatte zur weiteren Behandlung an die erste Deputation verwiesen. Auf der Registrande befand sich unter Anderem ein Antrag auf Erlaß eines neuen Impfgesetzes und ein durch Schlußberathung zu erledigender Antrag, welcher die Staatsregierung ermächtigen will, für die Auswechselung der Kaffenbillets aus dem Jahre 1855 eine Nachfrist von sechs Monaten zu gewähren. — Die erste Kammer setzte in ihrer Sitzung am 18. Januar die Berathung der Vorordnungen fort, deren Erlaß sich durch Einführung des Reichsstrafgesetzbuchs nothwendig gemacht hatte. Die Verordnung betreffs der Be strafung des von Nichtkaufleuten begangenen böslichen oder leicht sinnigen Bankrotts wurde ohne Debatte einstimmig genehmigt, während die Verordnung, die Bestrafung des Forstdiebstahls und einiger damit zusammenhängender Vergehen betr., erst nach längerer Debatte mit einigen von der Regierung acceptirten Abänderungen einstimmig angenommen wurde. — Ein neuerdings den Kammern zugegangenes k. Decret sucht um die Bewilligung einer Summe von 50,000 Thlr. zu Erbauung neuer Gebäude für das physi kalische Institut und die mineralogische Anstalt der Universität Leipzig nach. — In Mittweida haben sich die Stadtverordneten am 15. Januar mit der Errichtung einer Realschule zweiten Ranges einverstanden erklärt und die im Haushaltplane für die Realschule ausgeworfene commuuliche Unterstützung bewilligt. — In der Mühle zu Liebenhain bei Mittweida hörte man am 13. Januar Vormittags einen Schuß und fand, als man nach dem Grunde forschte, das 5jährige Pflegesöhnchen des Mühlen besitzers im Blute liegend. Der Hergang ist noch nicht auf geklärt, wahrscheinlich aber hat das Kind die von einem der Mühlknappen auf einem Regale über dem Ofen behufs Er schießens von Ratten aufbewahrte geladene Pistole mit einer Stange Herunterstoßen wollen, um damit zu spielen, solche jedoch beim Herunterfallen oder Aufschlagen an einen Gegenstand sich entladen. Der Schuß hat das unglückliche Kind sofort ge- tödtet. — Am 13. Januar erlitt der Spinnereibesitzer Riedel in Saupersdorf bei Kirchberg dadurch einen schnellen Tod, daß er auf eine noch unermittelte Weise unter das große Schwungrad kam und von demselben erdrückt wurde. — Am 13. Jan. Mit tags fiel auf dem Bahnhofe in Löbau ein Hilfsbremser beim Herabsteigen vom Wagen zwischen die Räder und wurde gräß lich zermalmt; er hinterläßt eine Frau und sieben Kinder. Preußen. In Bezug aus den Rücktritt des Cultusministers v. Mühler und die Ernennung seines Nachfolgers lag auch am 17. Januar noch keine amtliche Meldung vor. Die officiöse „Prov.-Corr." bestätigt nur, daß der Cultusminister v. Mühler sich veranlaßt gesehen hat, die Entlassung aus seiner bisherigen Stellung von Sr. Majestät dem Kaiser und König zu erbitten. — Gegenüber anderweitigen Zeitungsmittheilungen meldet der „St.- Anz." betreffs der am 26. Novbr. v. I. im Handelsministerium stattgehabten Besprechungen über die sociale Frage, daß bestimmte Vorschläge der Conferenz nicht unterbreitet worden seien, der Standpunkt eines blos negativen oder gar repressiven Verhaltens gegenüber der socialen Bewegung wurde keinerseits vertreten, etwa zu ergreifende Maßregeln zum Heile des Arbeitnehmers wurden aber weiterer Berathung Vorbehalten. Oesterreich. Das „Vaterland" berichtet über eine Audienz mehrerer Katholiken Wiens beim Minister des Aeußern, Andrassy, welchen dieselben unter Ausdruck lebhafter Besorgnisse wegen des Schicksals des Papstes um Auskunft baten, was Andrassy zur Beruhigung der Katholiken gethan oder zu thun gedenke. Andrassy bestritt mit Hinweis auf die letzthin ernannten dreißig italienischen Bischöfe und Anerkennung derselben selten der italienischen Re gierung, daß der Papst in der Regierung der Kirche nicht frei sei. Andrassy als Katholik und Minister würde gewiß auf per sönliche Sicherheit und Freiheit des Papstes stets bedacht sein, aber es liege ihm daran, daß Oesterreich und Italien in Freund- schaftsbezieyungen bleiben und daß eine Friedenspolitik eingehalten werde; deshalb dürfe man an Italien keine Forderungen stellen, deren Erfüllung voraussichtlich eines Nachdruckes bedürfen wür den. Schließlich hob der Minister die Schwierigkeiten hervor, welche die Gewährung eines Asyls für den Papst jeder katho lischen Macht, Oesterreich nicht ausgenommen, bereite. Schweiz. Der Ständerath trat am 17. Jan. mit 24 gegen 17 Stimmen dem Beschlusse des Nationalraths, betreffend die Centralisation des Militärwesens, mit einem unwesentlichen Zu satze bei. Italien. Die Commission, welche mit Prüfung der vom Kriegsminister eingebrachten Entwürfe beauftragt ist, hat die Vorlage, betreffend das Heeresorganisationssystem, zwar im Allgemeinen genehmigt, die vorgeschlagene fünfjährige Dienstzeit aber auf drei Jahre herabgesetzt. Frankreich. Viele Handelskammern haben Adressen an die Regierung gerichtet, in welchen sie sich gegen die Einführung der Besteuerung der Rohstoffe aussprechen. — Man hofft, daß die Arbeiten der Commissionen und Kriegsgerichte in längstens drei Monaten beendet sein werden. Wie die „K. Z." meldet, ist der Mensch, welcher in Luneville einen preußischen Soldaten ermordete, ein gewisser Cremel; er hat sich nach der Schweiz geflüchtet, doch sind alle Maßregeln zur Verhaftung des Mör-