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Rr. 338. Neunter Jahrg. «erscheint: Täglich früh 7 Uhr. Inserate werden «lgenommen: dis <bendS S,Sonn- ta>S bis Mittags 12 llhr: Marienfiraße 18. Anzcig. in dies. Blatte, das jetzt in 1V.VV0 Exemplare» erscheint» finden eine erfolgreiche Verbreitung. Sonnabend, 3. Decbr. 1864. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Abonnement: vierteljährlich 20-lKl'» bei unentgcldlicherLis- ftrung in'« HanS. Durch die König!. Pos! vierteljährlich 22 Ngv Einzelne Nummern t Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigenthnm der Herausgeber: Dikpsch äl Ntichardt. — Verantwortlicher Redacteur: JuIlNS Nrilhardt. Dresden, dm 3. December. — Se. Majestät der König hat dem Hofrathe Professor vr. Rvichenbach hier das Prädicat eines Geheimen Hofraths und dem Direktor des hiesigen Entbindungsinstituts, Hofrath Professor vr. Grenser den Character eines Geheimen Medi- «inalraths verliehen. — Wie das Dr. I. berichtet, habm die Erörterungen über die vor einiger Zeit in der „Wochenschrift des Natio- nalvereins" und der „Mitteldeutschen Voltszeitung" besproche nen einzelnen früheren Vorfälle in der Strafanstalt zu Wald heim aus den Jahren 1851—53 erst vor Kurzem abgeschlos sen werden können. Das Ergebniß derselben ist als amtliche Berichtigung in Verbindung mit weiteren Mittheilungen über die sächsischen Strafanstalten in diesen Tagen der Redaction der „Mitteldeutschen Volkszeitung" zum Abdruck zugegangen. Jmmittelst stattgefundene weitere Veröffentlichungen der ge dachten Blätter werden bereits der Erörterung unterzogen und wird auch deren Ergebniß der Oeffentlichkeit nicht vorenthal- 3»n werden. — Die Berliner Nordd. Allg. Ztg. behauptet, der sächsischen Regierung sei bei der Überreichung der preußischtn Forderung zur Zurückziehung ihrer Truppen aus Holstein eine vier- undzwanzigstündige Frist zur Beantwortung gestellt und dabei angenommen worden, daß die Nichtbeantwortung nach Verlauf dieser Frist als Ablehnung zu betrachten sei. Sachsen habe nicht geantwortet und Preußm werde deßhalb über.Sachsen beim Bunde Beschwerde führen. — Das Dr. I, welches gestern schon meldete, daß die preußische Note aller dings beantwortet wurde, erklärt heute noch ausdrücklich, daß die von dm N. A. Z. erwähnte vierundzwanzigstündige Beantwortungsfrist an die sächsische Regierung nicht gestellt worden sei und bemerkt zugleich, Sachsen sei wegm der preu ßischen Beschwerdesührung beim Bunde nicht besorgt, es sei »hm vielmehr erwünscht, die Competenz des Bundes in dieser Angelegenheit jetzt auch von Preußen, wenn auch in wenig freundlicher Weise, anerkannt zu sehen. — Nachdem sich der hiesige Handels-Verein in seiner Sitzung vom 21. d. M. mit der „Bankfrage* beschäftigt hat und sich hierbei von den Gedanken leiten ließ, daß nach Mittheilung und Prüfung der seither geschehenen Schritte in dieser Bngelegenhnt, Debatten über Einzelheiten nicht zuge lassen werden könnten, da der Verein nicht berufen wäre, eine Kritik des Werkes von Männern, die doch auch etwas davon verständen, auszuübm! so hat der „Handelswissenschaftliche Verein" letzten Montag und Donnerstag diese Frage einer eingehenden Besprechung unterworfen. Von dem Bestreben geleitet, so viel als möglich Gediegenes zu leisten, hat der selbe zunächst sich nur mit dm allgemeinen Gesichtspunkten der Bankfrage, als: 1. Verschiedenheit der Banken nach der Jnhaberschast (als Staats-, ständische, Stadt-, Privatbanken und Bankiers), 2. dm Einfluß der rechtlichen Formm und innere Organisation (je nachdem es Actien-, Commanditactien- oder nur Commanditgesellschaften, oder endlich offene Handels gesellschaften sind), 3. der Geschäftskreis der Banken, 4. die Frage der Notenemission, 5. die deutsche Papiergeldfrage be schäftigt, um erst nach deren vollständiger Erledigung die „Dresdener Bankfragr" seiner Beachtung zu unterziehen. Mit Genugthuung müssen wir anerkennen, daß der Verein, der zwar meistentheils nur aus „unselbstständigen" Kaufleutrn besteht, seine Aufgabe mit aller Energie in's Werk gesetzt hat. Bis jetzt hat man sich für entschiedene Verwerfung jeder an deren Form der Banken und Creditanstalten, als die der reinen Privatbanken ausgesprochen. Unter den verschiedenen Organisationen derselben sei die der erweiterte» Haftbarkeit die vorzuziehende und wurden in dieser Hinsicht namentlich die Vorzüge der Niederöstreichischen Cscompte-Gesellschaft und der Berliner Disconto-Commandit-Gesellschaft kritisch beleuch tet, woran sich eine sehr ausführliche Besprechung der ver schiedenen Geschäftskreise knüpfte. Jedenfalls giebt das hier durch angesammelte schätzbare Material eine gute Grundlage zur. Fortführung der Debatte, die seither nur die Punkte 1 bis 3 zur Erledigung brachte, und werden wir auf deren Verkauf später zurückkommen. — Gestern Morgen 7 Uhr traf ein neuer und zwar der 14. Transport zurückkehrendcr k. k. österreichischer Trup pen, die erste Hafte des CorpsmonitionSparkrS (4 Offiziere, 104 Mann, 46 Pferde und 42 Fuhrwerke), hier ein und ging um 9 Uhr weiter nach Bodenbach. Unmittelbar darauf kam der 15. Transport, die Hälfte desselben Parks (4 Offi ziere. 105 Mann, 46 Pferde und 41 Fuhrwerke), und ging um 11 Uhr wieder ab. Die Verpflegung allhier fand wie früher statt. — Der preußsiche Staats-Anzeiger bringt die überraschende Mittheilung, daß die Brockhaus'sche Deutsche Allgemeine Zeitung von jetzt an in der vreukiscken M — Ist es wirklich möglich, daß Sachsen von preußi schen Truppen besetzt und militairisch gemaßregelt werdm könnte- Und warum? Weil es seine Pflicht als Bundes staat erfüllt, uud einen Theil seiner Armee nach Holstein auf Bundesbefehl gesendet und nicht eher zurücknehmen kann, bis der Bund dieß gestattet! — Ist denn Preußen nicht auch Mitglied des deutschen Bundes? O ja, aber die Bundes truppen sind der hohm preußischen Politik in den Herzog tümern im Wege, darum will es, daß sich Sachsen und Hannover drücken sollen, und wenn dieß nicht sofort geschieht, so will es beide Staatm militairisch besetzen! Also im tiefsten Frie den Ausübung deS Faustrechts von Seiten der Mächtigen gegen die Schwächeren? Dann könnte ja auch Baiern gegen Baden, Hannover gegen Braunschweig, Hamburg gegen Bre men, Hessen-Kassel gegen Nassau, Sachsen-Coburg gegen Schwarzburg-Rudolstadt, Lippe-Detmold und Bückeburg gegen Lichtenstein und Sachsen-Weimar gegen Reuß, Greiz, Schleitz, Lobenstein, Ebersdorf-Köstritz in gleicher Weise auftreten. — Das wäre ja die Feudalzeit mit all ihrer Romantik und ihren Qualscenen. Und davon haben unsere Zeitungsschrei ber nichts geahnt, während diese politischen Laubfrösche doch jeden Putsch in Frankreich, Italien, Polen und all den Staa ten, wo es immer gährt und kocht, wittern! — Hier aber in nächster Nähe blieb ihnen dieses Gewitter, was das mächtige Preußen gegen das kleine bundespflichtgetreue Sachsen herauf beschworen unentdeckt und gegen Nachmittag den 29. Nov. im Jahre 1864 erfuhr man es durch militairpflichtige Arbei ter und beurlaubte Kellner, daß Sachsen seine Armee ver stärkt, sowie man bald darauf die Wagenreihen erblickte, welche die Caffenvorräthe auf die Eisenbahn führte zum Weiter transport nach dem Königstein. Mußte dieß geschehen und war denn alles dieß »Möglich? Kann denn der deutsche Bund, daß heißt, können denn die übrigen deutschen Staaten ein solches Gebühren Preußens ruhig mit ansehen? Oder soll es nur ein Schreckschuß sein? Bedenkt Preußen nicht, daß durch solche Demonstrationen dem friedlichen Bürger unendlicher Nachtheil in seinem Erwerbe zu Theil wird, daß eine solche drohende Kundgebung Handel und Gewerbe lähmt und Mißmuth und Argwohn in allen Schichten des Volkes her vorruft. Oder glaubt es sich dadurch die Sympathien der deutschen Volksstämme zu erwerben, indem es, selbst Bundes staat, die Pflichterfüllung anderer deutschen Bundesstaaten, als eine Verletzung gegen seine Machtstellung betrachtet? — Soll denn Deutschland stets sich lächerlich machen vor den Augen Europa's durch Fastnachtsstreiche? Wahrlich, das heißt nur den Schatten des Schimmels von Bronzell heraufbe schwören, und das war wenigstens noch ein Pferd, aber vom Pferd auf den Esel kann eine deutsche Macht in der Achtung aller civilisirten Staaten kommen, wenn sie es wagt, so dicta- torisch auf ihre Bajonnette zu pochen und den Herrscher zu spielen, wo sie nichts zu befehlen hat! Sachsen kann im Be wußtsein seines Rechtes und seiner Pflichterfüllung als Bun desstaat dem ruhig entgegen sehen, was der mächtige Nach bar in diesem Falle zu wagen unternehmen sollte, es wird, wenn es zur Thatsache werden sollte, was wir nur für eine Drohung halten, das gesammte deutsche Volk streng darüber richten, so lange noch Gefühl für Recht und Pflicht in deut schen Herzen lebt. — Am vorgestrigen Abend veranstaltete der hiesige Männergesangverein „Sängerkreis" in Verbindung mit dem Laadeschen Musikchore ein Concert, zu welchem ein zahlreiches Auditorium in den Räumm des Linckeschen Bades sich einge funden hatte. Wenn wir unter der Fluth von Concerten, Soireen und musikalischen Abendunterhaltungen oft seufzen möchten, so können wir ein jedes Unternehmen nur warm be grüßen, wobei eine so gute Wahl der Piecen und eine so vortreffliche Ausführung derselben dem edlen deutschen Män- nergesange die wahre Weihe geben, wie es an gedachtem Abende der Fall war. Zu Gehör kamen ein „altdeutscher Schlachtgesang" von Rietz, Quartetten von Herbeck und Naater; Lieder von Schumann, Mendelssohn; ein Duett von Cimarosa und „Deutschlands Auferstehung," Preiscantate von Raff. Ueberraschend schön war die Wirkung des Schlachtgesanges von Rietz. Todesmuthig sahen wir die Krieger in echt sol datisch-kernigem Unisono-Gesänge an uns vorüberziehen; der Componist ist sich bei dieser Arbeit sehr wohl bewußt gewesen, wie tief ein einstimmiger Chor unter „Trommelschall und Pfeifenklang" zu erschüttern vermag. Die schwierigste Auf gabe des Abends war ohnstreitig die Execution der Rassischen Cantate. Wenn dem wackern Liedermeister des Sängerkreisrs der Ruhm gebührt, diese Composition zuerst hiesigen Orts vorgeführt zu haben, so verdient nicht weniger die Schaar seiner wackern Sänger rühmlichste Anerkennung für solche Kunstleistung. Jenes „Grünen und Blühen," jenes „Stegen und Sprühen" im deutschen Volke, es kam auch hier zur link snftpjo «>ä im einige „Opfer," sich geschickt durch die labyrinthisch-gehaltene» Windungen des Orchesters hindurchzuschlagen: „es wich Keiner zurück, Frühling und Ostermelodie" siegten! — Schade, daß an Stelle des: „II mstrimonio" nicht eine Nummer mit deutschem Texte Platz gefunden. Stürmisch verlangt wurden» ein Quartett mit Hornbegleitung von Herbeck, sowie dessen: „Studentenlied." Das Musikchor des Herrn Dir. Laade spielte mit gewohnter Festigkeit und warmer Hingebung. — — Vorgestern feierte das hiesige königl. Entbindungs-In stitut im großen Conserenzsaale der chirurgisch-medicinischen Academie sein fünfzigjähriges Bestehen durch einen Festactus, wozu die Gönner und Freunde, sowie die ehemaligen Schüler und Schülerinneu der Anstalt eingeladen waren. Der gegen wärtige Director des Instituts, Herr Hofrath vr. Grenser, hat bei diesem feierlichen Anlässe einen interessanten Bericht über die Ereignisse in dieser Anstalt und über die Leistungen derselben durch den Druck herausgegeben. Aus demselben er- giebt sich, daß in der genannten Lehr- und Wohlthätigkeits- Anstalt vom 1. December 1814 bis zur Gegenwart 15,356 Entbindungen stattgefunden haben, wobei 15,181 Kinder ge boren wurden, so daß die Summe der Pfleglinge des Insti tuts, als Wöchnerinnen und Neugebornen, mit Abzug der Todtgeborenen, 29.822 beträgt. In der Lehranstalt für Ge burtshelfer und Hebammen wurden in dem gleichen Zeiträume 1781 Schüler und 2389 Schülerinnen ausgenommen. (S.Dfz.) — Infolge der Einberufung der Urlauber müssen cir« 3000 Mann Soldaten in der Stadt einquartirt werdm. Diese Truppen sind in Friedrichstadt, der Wilsdruffer-, See- und Pirnaische» Vorstadt untergebracht worden. Auch sind dem Vernehmen nach die nördlich von Dresden gelegenen Ort schaften vorläufig zur Ausnahme von Truppen bestimmt. — Aus Chemnitz und Schneeberg wird gleichfalls die Einberuf ung der Urlauber gemeldet. — Es gewährte den zahlreichen Besuchern der Donners tag Abend zum elften Male zur Aufführung gebrachten Posse „Viel Vergnügen" nicht blos viel Vergnügen, sondern eine wahre Beruhigung, wahrzunehmen, daß unser allverehrter Staatsminister v. Neust in gegenwärtiger bewegten Zeit so viel Ruhe bewahrt, daß er das zweite Theater besuchen und erwähnter Posse beiwohnen konnte, deren starkpreußische Fär bung übrigens durch einige sehr gute antipreußische Couplets glücklich alterirt wurde. — Einen allerliebsten Schaufensterschmuck sehen wir jetzt in den Uhrcnlager von Klingenberg auf der Wallstraße, ein unter Glasglocke stehender Rosenbaum in dessen grünen Zwei gen muntere Colibri hin und her Hüpfen und mit den Flügeln schlagen, während am Fuße ein hungriges Vögelchen eifrig seine Körner aufpickt. Das Ganze ist ein sehr täuschend ge arbeitetes Uhrwerk, das einen allerliebsten Eindruck macht. — Vorgestern Abend in der achten Stunde sprang der Weber Scharfe aus Waldheim unweit der Annenkirche in den Weißeritzmühlgrabcn. Da er kurz vorher einen vorübergehen den Herrn angeredet, so wurde der Sprung bemerkt und so fort die Rettung aus dem Wasser bewirkt. Der Mann be fand sich in aufgeregtem Zustand, weshalb er sofort im Stadtkrankenhaus unt> »gebracht wurde. — Zur Beherzigung der Herren Bauspcculanten dürfte nachstehende amtliche Zusammenstellung der in Berlin als unbewohnt, also leer stehenden Wohnungen zu empfehlen sein. Es waren bei der Servis-Deputation als leer stehend ange meldet: am 1. Januar>1864 4021, dagegen nur 1863 2940, am 1. April 1864 5254, dagegen 1863 nur 3355, am I. Juli 1864 4884, dagegen 1863 nur 3095, am 1. Ok tober 1864 5797, dagegen 1863 nur 3975. Im Jahre 1857 standen leer: 494. — Dem Anschein nach machen cs sich die Fuhrknechte der Jauchcnfässer zu einem besonder,» Vergnügen, solche auf den Straße« auslaufen zu lassen, wie dies iy vorvergangener Nacht abermals unmittelbar hinterm Pi maischen Schlag recht übel vermerkt wurde. Sein Unrecht kündete sich an der schnellen Flucht; hoffentlich aber wird der Patron noch ent deckt und ihm diese polizeiwidrige Duftspcndr etwas unter die Nase gerieben werden. — -s Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 2. Dezember. Für heute sind fünf Einspruch-Verhandlungen an gesetzt. In der ersten sind nur Glasmacher thätig und eine gewöhnliche Prügelei ist der Grund zum Prozeß. Der GlaS- tafelmacher Hofmann hat den Glasschmelzer Hüllar, (nicht Hülla. wie in der Ankündigung steht) verklagt. Hofmann gerieth mit einem gewissen Hartmann in Streit. Sie prü gelten sich; namentlich packte Ersterer den Letzteren so am Halse, daß dieser, wie die Zeugen bekunden, nur noch gur gelte und ganz blau im Gesichte wurde, Diese Scene spielte in der Glastafelschmclzhütte. Als Hüllar sah, daß Hartmann so stark gewürgt würde, eilte er, theilweise auf Anrathen 1 1