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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110801018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911080101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911080101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-01
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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Bezug-Preis Moraen-Alusqabe L»uz«tqru Prei» »Ikck »t, «.»! lnnerbalb r»u«l»land, und d«r d««tlch«n Kolonien vieNrljahrl. 8.» «k.. »,»,«. r.rv «». aueühl Pottdrlttll-eld tzer»,« in Belaien, Tanemart. den r,na»l»aa»n. Italien. Lu;«mbura. Niederland,. Nor. we<>cn. Lenerr«,»-Ungarn Ru-lan». Schweden. Schwel» u Svanren. 2n allen udriaen tz,aalen nu, »,r,kr durch dl« L«ichillt»l»«L, de» Llarre» »rhätltlch. tipugerTagtlilM Ta, Lelvjiger Tageblatt «ichetnl »mal tbglich. Sann» «. gelertag» nur morgen». Adonn«m«nl»-Lnnahm»' 2»h«n»i»,»ll« >. bei unleren Trägern, Filialen. Lpedrreuren und lllanahmeliellen. lowt« Pokamrern und Briesträgern. s1s«r Ma«»»»Islrch» s"IR^-nIchln») «'i.-r»>chl.si4m, «NUNVeevHbllANg. rki.-^nlchl.< It«» Amtsklatt -es Aales und -es Nokizeiamtes Ser Lta-t Leipzig. M Inserat« au, lt«t»»ia und Umgebum, »1« Ilpalttg« P«ttl»ei>« LPs , di« Reklame- z«U« I Mk. von auiwärt» 30 Pf., Reklamen t^VMk. Inserat« van BehSrden im amt lichen Teil die Petit»»«» S0 Pi Salchäst,an»«t,e» mit Platzvarschriste« u. in der Ld«ndau,,ad« im Preis« erhöbt Rabatt nach Taris. Beiiagegebübr Selamt- auslag« 5 Mk. o Tausend rikl. Postgebühr. Teildetlag, höher. Fellerteilt« Äuiträg« können ni>tit »urück» geiogen wrrden. Für da. Erscheinen an bekimmlrn Tagen and Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Bnzergen - Annahme 2»tzanai,g«Is« 8, bet mmtlichen Filialen u ollen Annoncen» Ekpedirianen d«. In» und Aurlande». Le«r NN» veel«, »«, V»»»,»,« Ta»«» dtatt«, E Pol». Inhader Pool teilest«». Medattt«, uud Le Ich!st,Helle: Johanni,ga^i« 8. H«,pi < Filiale Ire »den: Seellratz, < i »Telephon IW). Lr. 211. los. Zshrgsng viensrsy Len 1. Sugult 1911 Die vorliegende Aufgabe umfaßt 20 Leiten. Oss Wichtigste. * Der Kaiser wird am Sonnabend, den 5. Lugust, in Wilhelmshöhe zu dreiwöchigem Sommeraufenthalt eintreffen. * Zn Erfurt sind annähernd 200 Arbeiter und Arbeiterinnen der Lampenfabrik von Kaestner L Töbelmann in den Ausstand getreten. (S. Letzte De,.) * Gegen die Wahl des Generals Joffrs zum französischen Generalissimus als Nach folger General Michel» macht sich in Frankreich eine starke Opposotion geltend. sS- bes. Art.) * Der Exschah von Persien Mohammed Ali hat seinen Sohn, den jetzigen Schah, enterbt. (S. Ausl.) * Die Lage im Jemen ist wieder ernster. lS. Ausl.) Japans neue Lahnen. Japan versteht zu schweigen. Seine Presse läßt wohl etwas von den Empfindungen der Negierung, an deren Spitze der kluge Mikado steht, durchsickern, aber nicht so viel, daß es dieser selbst Schwierigkeiten bereitete. Schweigend hat man in Tokio eingewilligt in die Auf« Hebung des Bündnisvertrages mit England, der noch fünf Jahre zu laufen hatte. Um eine Aufhebung handelte es sich, um nichts an deres. Wohl war der Vertrag ursprünglich gegen Rußland geschlossen, doch nachdem diesem die Angriffskraft entzogen war, hatte er dort hinüber keinen Sinn mehr. Dafür hatte sich ein anderer Gegner aufgetan, die Vereinigten Staaten, und gegen sie hätte sich nun der Beistand Englands richten müssen. Das war aber nicht nach dem Sinne des bisherigen Verbündeten. Gegen Rußland verstand sich das gemeinsame Interesse von selbst, Rußland war der alte säkulare Gegner Englands im vorderen und mittleren Orient wie auch in Ostasien. Der russische Bär hatte soeben seine gewaltige Tatze nach dem chinesischen Reiche ausgestreckt und schickte sich an, in der Politik am Stillen Ozean eine Rolle zu spielen. Da gab ihm die junge Großmacht einen Schlag, daß ihm die Lust nach dem süßen Honig im Osten verging. England hatte großen Vorteil davon, es leistete aber auch den Japanern einen bedeutenden Dienst, indem es Rußlands Verbündeten, Frankreich, zwang, sich ruhig zu verhalten. Kaum war das geschehen, so kamen auch schon die Zeichen, daß der Freund mit seiner neuen Machtstellung dem Freunde Be sorgnis einflößte. England befestigte Singapore, um einem unerbetenen Besuch am Ganges vorzubeugen. Die englischen Kolonien am Stillen Ozean, ohnehin so abgeneigt gegen die Japaner, daß sie nicht einmal einem ein zelnen die Landung gestatten, verhehlten nicht ihre große Antipathie gegen das Bündnis. Auch sie fürchteten, daß eines Tages, nament lich wenn England mit europäischen Ver wicklungen zu schaffen hätte, japanische Kriegs schiffe ' men könnten, um dem Widerstand gegen oie Einwanderung des gelben Kultur volks ein Ende zu machen. England bewarb sich um die Gunst Rußlands und schloß mit ihm den Vertrag vom 31. August 1907, durch den man sich über Jnnerasien verständigte. Und Japan tat dasselbe; es gelang ihm, Rußland von den Vorteilen des Vergessens zu überzeugen und mit ihm die gemeinsame Frontstellung gegen die Vereinigten Staaten einzunehmen, die inzwischen ihre politischen und geschäftlichen Pläne in der Richtung auf Ostasten deutlich enthüllt hatten. Der japanisch-amerikanische Gegensatz beherrscht die Politik der pazifischen Länder; auf ihn konzentriert sich die Sorge der Staatsmänner von Washington mehr als man glaubt. Seit lange versuchen die Ameri kaner einen Keil in da» englisch-japanische Bündnis zu treiben. Al» zu den antijapanischen Unruhen in San Franci»co sich auch solche in Vancouver gesellt hatten, da rief man in Amerika das gemeinsame kaukasische, angel sächsische Bewußtsein an, um die Japaner ab zuweisen. Aber noch antwortete die „Times" höhnisch: Man möge doch nicht vergessen, daß da» Bündnis mit Japan da» Rückgrat der eng lischen Politik bilde; Amerika möge seine Differenz mit Japan allein ordnen. Also die Zusage der Bundeshilfe wurde schon damals sorgsam vermieden. Seitdem sind die englisch-janischen Beziehungen stets kühler geworden. In Tokio hat man sich wohl längst gesagt, daß man auf den Beistand Englands gegen eine Macht, die jeden Augenblick Kanada nehmen könne, nicht zu rechnen habe. Aber noch scheute England die Aufhebung des Bündnisses. Mit der größten Geschicklichkeit hat der Präsident Taft den Spalt gefunden, in den er seinen Keil eintreiben konnte. England sehnt sich nach Sicherheit für sein Weltreich, ohne die großen Lasten entsprechender Wehrkraft auf sich zu nehmen. Es strebt Verträge und Schieds gerichte an. Mit alten Gegnern wie Frank reich, Rußland, den Vereinigten Staaten hat es das Kriegsbeil begraben und unter Opfern Freundschaft geschlossen. Es wollte alle Kraft verfügbar haben gegen die einzige Macht, vor der es Besorgnis empfand, gegen Deutschland. Wir brauchen auf diese Frage hier nicht einzugehen. Genug, die Abrüstungs verträge ließen sich nicht schließen. Nun kam aus Amerika der Lockruf nach Vereinbarungen, die jeden Streitfall ausschließen, den Schieds gerichtsgedanken einen mächtigen Anstoß gaben und die widerstrebende Macht ins Unrecht setzen sollten. Früher glaubte man, daß die Monroe lehre, der England schwer würde zustimmen können, ein Hindernis bieten würde. Daran nimmt man jetzt beiderseits keinen An stoß mehr. Das einzige, was dem Schiedsgerichts vertrag im Wege stand, war der englisch japanische Bündnisvertrag. Wie konnte sich England verpflichten, alle Streitfälle mit Nord amerika durch Schiedsgericht zu erledigen, wenn es gleichzeitig verpflichtet war, den Japanern bewaffneten Mistend zu gea ihren? Das wi e eine unlösbare Kollision. England erlag der Lockung Tafts und bat Japan um die Einschie bung einer Klausel in den Vertrag, daß keine Bundeshilfe zu leisten sei gegen die Mächte, mit denen England im Schiedsgerichtsvertrage stehe; also nicht gegen die Vereinigten Staaten, d. h. nicht gegen den einzigen möglichen Feind Japans. Japan hat in die Aufhebung eingewilligt und damit bekundet, wie es über den Wert der englischen Bundeshilfe gedacht hat. Damit hat es völlig freie Hand zurück erlangt und natürlich braucht es den Engländern auch nicht zu helfen. Was wird Japan nun tun? Selbst verständlich schweigt es, aber man kann aus seiner Lage heraus allerlei voraussehen. Ob es einen Kampf mit den Vereinigten Staaten als möglich ansieht, wissen wir nicht. Noch ist der Panama-Kanal nicht eröffnet, aber selbst wenn das geschehen sein und wenn er auch an seinen Enden befestigt sein wird, kann ein in der Nähe landendes japanisches Korps ihn leicht durch Zerstörung der Schleusen unbenutzbar machen. Bedenklicher dürfte die im Anfang geringe, auf die Dauer aber riesige Macht der Vereinigten Staaten sein. Nur wenn Japan keinen andern Ausweg weiß, wird es das große Wagestück eines Krieges unternehmen. Dazu gehören Geldmittel. Wird es diese irgendwo anleihen können? Ganz sicher wird Japan sich mit verdoppel tem Eifer um Rußland bemühen, nicht nur um Differenzen auszuschließen, sondern um ge meinsam mit ihm aus der Nachbarschaft zu China Vorteil zu ziehen und ein weiteres Eindringen der Vereinigten Staaten nach Ostasien unmöglich zu machen. Zurzeit wächst sich die nordamerikanische Republik in eine Vormundstellung zu China hinein, die natürlich den Japanern und Russen gleich un bequem sein muß, und die abzuwehren sie alles aufbieten werden. Was wird denn dazu England sagen? Wird es die Amerikaner auf ihren chinesischen Wegen begünstigen? Wir wissen es nicht, aber viel- leicht wird es sagen: „Ich will gar keine Vor rechte in China dulden, weder russisch-japanische noch amerikanische." Das wäre der Standpunkt der offenen Tür, den England, den aber auch Deutschland stets vertreten hat und an dem beide festhalten sollten. Oer neue strmMlchr Senerz- UMmrs unü -ie Srltlk. Dem neuen Generalissimus Joffr«, der den offiziellen Titel „edek 6« l'«t»t-w»ior L-v-nU ' führt und den „Dienstbrief" erhält, der ihn im Kriegsfall ,um Höchstkommandanten über die Ostarmeen er- nennt, wird im Offtzierkorps ein schlechter Empfang bereitet. Da» militaristische und natio nalistische „Echo de Paris" erhält von einem Offi zier folgenden bezeichnenden Brief: „Da ich in der Lage bim ausgezeichnet die „6es- ^ous" der Wahl des neuen Generalissimus zu kennen, halte ich es für meine Pflicht, sie zu veröffentlichen, damit das Heer erfährt, aus welchen Gründen der verehrte Chef, der es zu erhalten wünschte, ein An erbieten ablehnte, das er nach Pflicht und Gewissen nicht annehmen konnte. General Pau lehnte die Nachfolge des Generals Michel ab: 1) weil er Ga rantien für die absolute Stabilität verlangte und die VeranlWartung für die Organisation des Komman dos einer Gruppe von Heeren nur übernehmen wollte, wenndieseOrganisation nichtbeijedemMinisterwechsel wieder über den Hausen geworfen werden sollte. Diese Garantien wurden ihm verweigert, 2. verlangte er Freiheit in der Wahl seines Stabschefs und lehnte es ab, sich die Persönlichkeit bes Generals Dubai! aufzwingen zu laßen. Auch diese zweite Garantie wurde dem General Pau verweigert. Des halb lehnte er mit Recht das Angebot ab, weil er es mit seiner Soldatenehre nicht vereinbaren tonnte, eine Organisation des Kommandos mit seinem Namen zu decken, die er für verderblich hielt. Hier noch ein Wort über den General, der nicht dieselben Skrupeln wie General Pau lannte. Um sich eine Meinung zu bilden, müßte es genügen, die Aus drücke der Be st ürzung zu hören, mit denen in den kompetenten militärischen Kreisen die Er nennung des Generals Joffre kommentiert wurden. Die unvergleichliche Kompetenz des Generals Joffre in gewißen Spenalfragen, wie in der Organisation von Stützpuntten, in der Lei tung des Pionierwesens und der Ausführung von Bahnarbeiten, muß anerkannt werden. Aber binden denn unsere Negierungsmänner ein Band um dre Augen, daß sie nicht sehen, daß das Kommando Uber eine Gruppe von Heeren nicht einem Manne anver traut werden tann, der niemals ein Korps komman diert hat, wie es kommandiert werden muß? Hat es denn nicht penllgt, ihm während eines Jahres das Kommando über das 2. Armeekorps anvertraut zu haben? General Joffre besitzt keine der Komman- danten-Eigenschasten, die für die Leistung von Kriegs operationen nötig sind: Das Kriegsinstrument, das unter dem General Pau zwanzig wert war, ist auf fünf unter dein Manne heruntergesunken, der heute, nach der verblüffenden Wahl der Regierung, an der Spitze des Heeres steht. Das Heer weih es: am entscheidenden Tag wird,'s ohne Vertrauen marschieren. Was ich saxse, läßt sich reicht be stätigen; ich rede nicht aus Haß, sondern nur aus Liebe zu meinem Vaterland; seinetwegen stoße ich diesen Warnungsschrei aus." Aehnliche Kritik wird vielfach in Militärblättern geübt. Die Regierungspresse aber lobt die große Reform des Oberbefehls übern grünen Klee. Dre Dekrete, die am Freitag vom Ministerrat erlassen wurden, bestätigen in den Einzelheiten die Angaben, die bereits gemacht wurden. Die Einheit des effek- tiven Oberbefehls wurde dadurch vervollkommnet, daß der Generalissimus in Krieaszeiten nicht mehr den Titel „Vizepräsident des Obern Kriegsrats" führt, sondern den Titel Eeneralstabschef erhielt. Das bisherige Amt des Generalstabschefs wurde reduziert und dem Generalissimus unterstellt; General Dubail mußte es sich gefallen lassen, hinfort nur noch „Stabschef" genannt zu werden; er hat unter der Leitung Joffres zu arbeiten und würde in Kriegs zeiten in Pans als Bindeglied zwischen dem auf den Schlachtfeldern weilenden Eeneralstabschef und dem als Zentralkriegsleitung fungierenden „Natio nalen Rat der Landesverteidigung" dienen. Der letztere besteht aus dem Ministerpräsident, dem Kriegs-, Marine-, Kolonial-, Aeußern- und Finanz ministern, denen schon in Friedenszeit ein aus drei höheren Offizieren gebildetes Studienbureau an die Seite gestellt wird. Der „Dienstbries" des Genera lissimus hat nur einjährige Dauer. Im Obern Kriegsrat, der ebenfalls fortbesteht, aber, da er sich aus kommandierenden Generalen zusammensetzt, beim Kriegsausbruch auseinandergeht, wird der Eenera- liisimus-Generalstabschef keinen besonderen Vorrang haben; stets der älteste General wird dort den Vor sitz führen. Oie Nlarvkiroliwativn. * Wie wir bereits in der gestrigen Abendnummer ausführten, hat die Rückkehr des Kaisers in den Marokkoverhandlungen nur insofern Klarheit ge bracht, als sich unzweideutig herausgestellt hat, daß der Kaiser mit dem Standpunkte des Reichskanzlers und des Herrn von Kiderlen-Wächter vollständig einverstanden ist. .lleber die derzeitige Lage und die Stimmung in Berlin orientiert die nachstehende Meldung unseres Berliner Mitarbeiters: 0 Berlin, 31. Juli (Priv.-Tel ). Der französische Botschafter Eambon begab sich heute mittag nach dem Auswärtigen Amt, wo er mit Herrn von Kiderlen-Wächter eine Unterredung hatte. DieBesprechungfcheint sehr eingehend gewesen zu sein, denn sie währte ungewöhnlich lange. — Diese Fort setzung der Verhandlungen dürfte das einzige positive Ergebnis des gestrigen Vortrags der leitenden Staatsmänner beim Kaiser sein, da» an die Oeffentltchkeit kommen wird. Ein Tommuniqu über den augenblicklichen Stand der Verhandlungen ist vorläufig nicht zu erwarten. Alle Vermutungen, die au» der Reise de» Reichskanzlers zum Kaiser bereit» auf ein fertige» Abkommen zwischen den beiden Ländern schließen, entbehren de» tatsächlichen Inhalts, ebenso die Darstellungen, als ob der Kaiser irgendwie ander», speziell versöhn licher, gestimmt fei, al» der Staats sekretär de» Auswärtigen Amtes. Demgegenüber find di« folgenden Ausführungen unsere» Pariser ^Mitarbeiter» von besonderem Jnter- Die Spanier bleibe». Oberst Sylvestre hat in den letzten Tagen die spanischen Posten zwischen Larajch und Elksar inspi ziert und Anweisung zur Errichtung von Blockhäusern und Drahtverhauen ge geben. Man schließt aus diesen Maßnahmen, daß »ich die Spanier auf eine längere militärische Besetzung des Gebietes am Lekkosfluß voroc- reiten. Der unzufriedene „Messagers". Die römische Zeitung „Messaaero" wirft der italienischen Regierung Schwachheit in ihrer Marokkopolitik vor. Deutschland habe Frankreich durch sein energisches Vorgehen gezwungen, ihm be» esse, die beweisen, daß man in Paris voreilig, wie man ist, bereits vor dem definitiven Abschluß zu stehen glaubt. Unser Mitarbeiter schreibt uns: Uedertriedene GUe. Die französische Presse gibt sich der Hoffnung hin. daß man schon in zwei, drei Tagen „aus dem Tunnel herausjein werde". 2» einaeweihten Kreisen lächelt man über so viel Zuversicht. Die akute Krise ist überwunden; das allein ist richtig. Eine Basis für das praktische Austaujchgcjchäft ist gefunden — was aber ausgetauicht werden soll, steht auch noch nicht einmal in den großen Zügen fest und beoarr langer, eingehender Erwägungen. Mit einer Naivität, die sie zu belunden pflegen, wenn es sich nickt um ihre eigenen Interessen handelt, fixieren jetzt die Parsier Kolonialblätter, was Deutschland erhalten tann und was es geben muß. so daß man schon daraus auf die Größe der noch zu üvcrwindenden Schwierigkeiten, ja, unierer Ansicht nach, auf die Unmöglichkeit eines sofoitigen destnitlven Abkommens schließen kann. Gewiß ist der schönste Optimismus heute gerechtfertigt, weil die Kriegs gefahr beseitigt scheint. Die Diplomaten haben eine glückliche Formel gesunden: Frankreich hieli es für demütigend, Deutschland eine Kolonie abzutreten; Deutschland hielt es für nicht ausreichend, von Grenz regulierungen zu sprechen — so kam man auf den Geoanten eines Kolonienaustausches, bei dem natürlich die Deutschen von den Franzosen einen viel bedeuienderen Landstrich erhalten müssen weil sie hinfort die Gegenwart der Franzosen in Fez dulden wollen. Besehen wir uns aber einmal, was die fran zösischen Kolonialpolititer Deutschland zu geben gedenken! Der „Figaro" schreibt (und andere Blätter enthalten ähnliche Indiskretionen): „Wir erfahren aus den autorisiertesten Quellen, da» nicht davon die Rede ist, Deutschland einen bedeutenden Teil des Kongo und besonders Libreville zu überlasien. Wir freuen uns da rüber und erwarteten nichts anderes von der Ent schlossenheit des Ministerpräsidenten und des Ministers des Aeußern. Gegenwärtig werden die Besprechungen in begrenzter und vernünf tiger Form, die ihren Erfolg erwarten läßt, fortgesetzt. Deutschland soll in der deutlichsten und kategorifchsten Weise erklären, daß es sich in Marokko desinteressiert und der französischen Politik keine Opposition mehr bereiten w-rd. Dusur äderlassen wir ihm im Kongo und im Gabon Gebiete, deren Ausdehnung noch festgesrellt werden muß, aber nicht Libreville. Hingegen faßte man noch die mög liche Abtretung des Togolandes an uns ins Auge, wodurch Dahomey beträchtlich abgerundet und einen wichtigen und wertvollen Zugang zum Ozean erlangen wurde. Deutschland würde uns auch den äußer st en Norden feiner Kame run-Kolonie geben. Wenn man einen Blick auf die Karte wirft, wird man sehen, daß dieser nördliche Teil Kameruns, der am Tschadsee austäust und auf der einen Seite oom englischen Niger, aus der andern von rusterm Tschad- und Wadar-Gebiel begrenzt ist, die Form eines Entenschnabels hat. Wenn gegenwärtig unsere Truppen am Tschad ver stärkt oder verproviantiert werben müssen, kann man nur auf zwei Wegen zu ihnen gelangen: erstens durch den französischen Kongo, was außerordentlich lang ist, und zweitens durch den englischen Niger und das deutsche Kamerun. Letzterer Weg ist merk lich kür er und bequemer, begegnet aber auf der deutschen Strecke Schwierigkeiten, die sämtlich behoben wären, wenn Deutschland uns den „Entemchnabel" abtreten würde. So betrachtet, würde uns bas Ab kommen vernünftig erscheinen, annehmbar für beide Kontrahenten. Wir wün>chen, daß cs so schnell wie möglich abgeschlossen wird." Wir nicht! Dies Abkommen wäre für Deutsch land, inklusive des Schnabels, eine Ente. Aber leine fette. Was? Togoland und ein Stück Kamerun gegen einen Fetzen Gabon und Kongo ohne Libre ville! Dazu Marokko! Es ist ein Glück, daß es so heiß ist; sonst könnte man cs den sranzösiichen Kolonialpolitilern verübeln, Herrn v. Kiberlen- Wächter für jo dumm zu halten. Die Kühnheit des „Figaro" erstrahlt in wahrhaft bengalischer Beleuchtung, wenn man folgendes Stück lein aus einem von ihm am vorausgegangcnen Tage veröffentlichten Artikel anführt: „Der Kongo wurde unter konzeijionierte Kompanien aufgeteilt, die, wenn man sie ihres Gebiets be raubte, nicht verfehlen würden, von unierer Re gierung schwere Enlsthädigungen zu verlangen. Die hier zu begleichende Rechnung könnte beim Abtreten des Landes an Deutschland hoch zu stehen lammen. Manche versichern, das ist richtig, daß gewisse Kongogejelljchaften, deren Situation wert entfernt ist, eine blühende §u sein, über diesen für sie selbst, wie sie hojfen, sehr vorteilhaften Verkauf nicht böse wären. Sie würben im Gegenteil darin ein ausgezeichnetes Geschäft jehcn, um die Wahrheit zu sagen, das beste, das sie bis jetzt gemacht hätten." Das rst der Kongo, für den das allgemein als recht wertvoll erkannte Toqoland, der „Entenschnabel" Kameruns und ganz Marokko „ausgetauscht" werden sotten! Da auch „Paris-Journal", „Echo de Paris" usw. „in den Patriotismus des Herrn Caillaux ver trauen. daß er Libreville nicht ausliefern wird", kann man ersehen, da» nach der beendigten elften und wohl gefährlichsten Kris« immer noch vor über triebenem Optimismus und vor übertriebener Eile gewarnt werden muß.
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