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Ottendorfer Zeitung. Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vorinittag w Uhr. Inserate werden mit >o Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Nr. 12. Freitag, den 10. Oktober 1902. 1. Jahrgang. Oertliches nnd Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, d. Oktober I902. Wie am vorigen Sonntag bei Gelegenheit der Abkündigungen im Gotteshause von dem Herrn Ortsgeistlichen mitgeleilt worden ist, ist der hiesigen Kirche, auf Anregung und Bitte desselben, das Bild des ehemaligen Pfarrers der hiesigen Gemeinde, August Theodor Anger mann, von dessen Hinterbliebenen Töchtern zum Geschenk gemacht worden, um von nun an seinen Platz in der Sakristei des hiesigen Gotteshauses zu finden. Das Bild ist nach einem von Professor Erhard Winterstein (dem Maler der Engelsfiguren in hiesiger Kirche), jetzt in Leipzig, seiner Zeit hergestellten Oel- gemälde von der Nichte des genannten Pastor Angermann, Fräulein A. E. Angermann, Malerin in Dresden, äusserst geschickt und ge lungen kopiert und in Steindruck auögeführt worden, und gebührt ver Künstlerin, die ihre Kunst in den Dienst der hiesigen Kirche ge stellt hat, ebenso wie den freundlichen Geber innen, der aufrichtige und herzliche Dank der Gemeinde. Die Besucher des Gotteshauses, welche das am Sonntage in der Vorhalle aus gestellte Bild besichtigt haben, erklärten ein stimmig, soiveit sie den ehemaligen Seelsorger noch persönlich gekannt haben, dasselbe für außerordentlich lebenswahr und wohlgetroffen. Ein Lebenslauf des treuen und trefflichen Mannes, der vom Jahre 1846—1868 an hiesiger Gemeinde in großem Segen gewirkt, findet sich in der von dem ehemaligen Kirch schullehrer Dreßler verfaßten Ortschronik von Ottendorf. An dieser Stelle soll nur erwähnt sein, daß D. Angermann am 27. August (80( zu Frankenthal bei Bischofswerda geboren wurde, vom Jahre (865 an das Pfarramt zu Höckendorf bei Königsbrück bekleideie, bis er im November (846 nach Ottendorf über siedelte, um das Amt seines Schwiegervaters, D. Heinrich August Richter (f 2. Mai l845) zu übernehmen Nun ruht er Mit seiner Gattin und zwei seiner Kinder, unweit der Gräber feiner Schwiegereltern nnd des Pfarrhauses, das ihm einst zur „Herberge in der Wanders- zeit" gedient, inmitten der zahlreichen Gemeinde glieder, mit denen er lebend durch ein heiliges und herzliches Band verbunden war, auf dem hiesigen alten Gottekacker; in dem dankbaren Gedächtnis aber der Lebenden, die ihn noch gekannt haben, währt die Erinnerung an ihn noch fort, und bei manchem hat der Anblick seines Bildes die Erinnerung an ihn wieder besonders ausgefrischt. k. Angermanns Nach folger im hiesigen Pfarramte war, -- wie wir schließlich noch bemerken wollen, — sein Sohn Rudolf Theodor Angermann, der nun gleich falls, nach seinem am (2. April (885 plötzlich erfolgtem Tode, dicht an der Kirche, in der er treulich seines heiligen Amtes gewaltet, seine letzte Ruhestätte gefunden Hal. Vielleicht wird auch durch die Güte seiner Hinterbliebenen einmal der hiesigen K.rche das Bildnis dieses lieben Mannes überwiesen, besten Andenken ebenso, wie das seines seligen Vaters, in der hiesigen Gemeinde im Segen fortlebt. /X Von dem Schöffengericht wurde gestern der Butterhändler L- aus Ottendorf wegen Ruhestörung, veranlaßt durch das Bellen seines Hundes, mit einer Geldstrafe und Trag ung der Kosten verurteilt. — Die Zeitschrift für Spiritusindustcie erhält von der Gemraldirektion der sächsischen Stacuseiseubahnen die Mitteilung, daß der von Daimler zu erbauenie Motorwagen mit Spiritusbetrieb eingerichtet wird. Bekanntlich geht die sächsische Slaatse senbahn- verwaltung mit der Absicht um, drei vollspmige Motorwagen, und zwar einen Accumulator- wazen, einen Daimlerschen Motorwagen und einen Dampfwageu nach Serpollets Bauweife im Vorortkehr und auf kürzeren Zwischenstrecken in Betrieb zu nehmen. Die Wagen sollen einen Raum für 50 bis 70 Personen erhalten. Dresden, 8. Oktober. Gestern Vor mittag fand die offizielle Prüfung der neu gebauten, 7 Kilometer langen Straßenbahn linie mit elektrischem Betrieb durch die beauf tragten Kommissorien von der Habsburger Straße in Löbtau aus bis nach Deuben statt. In einem von der Betriebsleitung der Deut schen Straßenbahngesellschaft eingestellten be flaggten Doppelwagen, der vom Postplatz ab fuhr, wurde „ohne umzusteigen" die neue Strecke ohne jeden Anstand befahren. An dieser behördlichen Probefahrt beteiligten sich Herren des Finanzministeriums, des Ministeri ums des Innern, der Generaldircktion der königlich sächsischen Staatöbahnen, der könig lichen Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt, der Stadtgemeinde Dresden, der Landgemeinde Deuben und der mit dem Betriebe betrauten Deutschen Straßenbahndirektion. Der frühere Straßenbahnwagenführec Wilhelm Lerch aus Züllkowitz in Schlesien, der sich seit Februar dieses Jahres hier in Untersuchungshaft befindet, da er eines Mein eides verdächtig erscheint und außerdem be schuldigt ist, im Jahre 1900 zu Löbtau den bei ihm zur Untermiete wohnenden Fabrik wächter Pratsch aus Breslau, um in den Be sitz von dessen Sparkassenbuch zu gelangen, er mordet, den Körper dann zerhackt, die einzelnen Teile dann in eine Kiste gepackt und in die Elbe geworfen zu haben, war auf Anordnung des Gerichtsarzteö in die Jrrenobteilung des Zuchthauses zu Waldheim übergeführt worden, um auf seinen Geisteszustand hin untersucht zu werden. Da nach dem Gutachten des dort igen Oberarztes Lerch geistig normal ist, be findet er sich seit gestern wieder in der hiesigen Gefangcnenanstalt und das gegen ihn ein geleitete Strafverfahren wird fortgesetzt. Die Verhandlung gegen Lerch findet voraussichtlich in der nächsten SchwurgerichiSperiode im De zember statt. In derselben wird auch gegen den Seemann Johann Ernst Speck aus Trebsen bei Grimma, der in Altonau die verehelichte Backhaus ermordet und dattn beraubt haben soll und den ihn deshalb am Juni d. I. hier fcstnehmenden Kriminalgendarm Markus durch Revolverschüsse tötete, verhandelt werden, jedoch nur wegen des letzteren Falles; die Verhandlung wegen des Mordes der verehe lichten Backhaus findet vor dem Schwurgerichte in Altona statt. — Aus der sachsisch-bohm- ischen Schweiz, 6. Oktober. Da auch hier seit einigen Tagen das Wetter vorherrschend ungünstig ist, so hat der Touristenverkehr fast gänzlich aufgehört und die noch in unseren Sommerfrischen weilenden Gäste, sowie die Kurgäste in Schandau sind genötigt, nächster Tage nach der Heimat zurückzukehren. Die Schlußnummer der amtlichen Kurliste von Bad Schandau wies für diesen Sommer 1838 Parteien mit 4129 Kurgästen auf, so daß die heurige Saison der des Vorjahres gleichkommt, nur die Zahl der Passauten war etwas geringer. Großenhain. 7. Oktober. Heute in den Mittagsstunden wollte ein Knecht des Rittergutes Naundorf ein von dort stammend!S Pferd auf die Schlachtbank führen. Das Tier kam jedoch nicht so weit; in der Promenade an der alten Knabenschule stürzte das Schlacht roß anscheinend infolge Altersschwäche hin und vermochte sich nicht wieder zu erheben. Es mußte an Ort und Stelle getötet werden. Diesbar. Vorigen Donnerstag fiel ein Bootsmann von dem nachmittags 1/26 Uhr von Meißen thalabwärts fahrenden Dampf schiffe hier beim Anlanden dadurch ins Wasser, daß er beim Einsetzen des großen Bundstakens auf dem regennassen Deck ausrutschte; durch Schwimmen rettete er sich an das nahe Ufer und versah nach Anlegen trockener Kleidung sogleich wieder seinen Dienst- Dübeln, 7. Oktober. Ein Opfer un vorsichtigen Unterschreibens eines Schriftstückes ist der hiesige Böttchermeister Karl Rücker ge worden. Zu demselben kam vor einem Viertel jahre der Reisende einer auswärtigen Wein handlung, der ihn zu Weinkäufen zu überreden suchte. Der biedere Handwerker unterschrieb schließlich ein Schriftstück, durch das er nach seiner Meinung Weinproben bestellt hatte. Es stellte sich bald durch eine Zuschrift der Weinfirma heraus, daß er eine Weinbestellung von 900 Mark unterschrieben hatte. Da der Handwerksmann diese Menge Wein nicht ge brauchen kann und nicht annehmen will, ist er verklagt worden. Seit gestern nun ist er ohne Baarmittel verschwunden. Seine hart betroffene Familie befürchtet, daß er sich ein Leid angethan hat. F r e ib e rg, 8. Oktober. Das bei ^em Geschützunfall auf dem Untermarkte schwer verletzte Schulmädchen Wetzel befindet sich noch immer im Stadtkrankenhause. Die Heilung des verletzten Auges läßt noch zu wünschen übrig; im übrigen befindet sich das Kind den Umständen nach wohl. — Am Dienstag Abend kurz nach 6 Uhr brach in den Lagerräumen der Möbelfabrik von G. Heinrich in der Weingasss aus bisher nicht bekannter Ursache Feuer aus, das sich mit solcher Schnelligkeit verbreitete, daß in wenigen Minuten der Dachstuhl in Flammen stand. Die in dem zweiten und Dachgescboß untergebcachten fertigen Möbelstücke sind fast vollständig vernichtet worden, ebenso die im zweiten Stock befindliche Wohnung des Be sitzers samt Inventar. Nicht minder sind die übrigen Hausbewohner mehr oder weniger durch das Feuer geschädigt worden. Auch die Seitengebäude sind von dem Feuer ergriffen worden und zum Teil ausgebrannt, ebenso das angrenzende Hinterhaus des Herrn Stadt rat Braun. Der dem Betroffenen erwachsene Schaden ist sehr beträchtlich. Leipzig, 6. Oktober. Die Wellen eines furchtbaren Erdbebens durchzogen von ihrem freilich in weiter Ferne gelegenen Ausgangs punkte aus heute Morgen 10 Uhr 30 Minuten unsere Stadt. Wenn auch für menschliche Sinne Nicht fühlbar, werden sie doch von dem im Paläontologischen Institut unserer Univer sität aufgestellten Seismometer in scharfen Zügen registrirt. Leipzig, 7. Oktober. Vor dem hiesigen Landgericht hatte sich heute der Chefredakteur des „Leipziger Generalanzeigers", Arthur Pleißner, wegen Majestätsbeleidigung zu ver antworten, begangen durch einen Artikel, der in dem von ihm redigirten Blatte veröffentlicht war. Das Urteil des Gerichtshofes lautete auf 2 Monate Festungshaft. Bärenstein, 7. Oktober. Die säch sischen Justizbehörden haben gestern in dem böhmischen Weipert den vermutlichen Haupt schuldigen in der Chemnitzer Briefmarken- fälschecaffaire verhaften lassen. Die Untersuch ung dieser Angelegenheit erbrachte der könig lichen Oberstaatsanwaltschaft in Chemnitz den Beweis, daß der Hauptschuldige, ein Colporteur Otto Emil Hofmann, geboren in Meißen, 40 Jahre alt, verheiratet in Chemnitz, hier in Bärenstein eine Niederlage besitze. Darauf reiste der königliche Oberstaatsanwalt persönlich hierher und ermittelte auch in dem Hause eines 'hiesigen Handwerkers die von Hofmann gemietete Niederlage, in welcher zwar keine ge fälschten Briefmarken, wohl aber eine solche Menge unsittlicher Schriften gefunden wurde, daß zur Fortschaffung der sofort beschlag nahmten Papiere der requirirte Speditions wagen kaum genügte. Von dem Vermieter er fuhr man, daß der so lange vergeblich gesuchte Hofmann sich augenblicklich in Weipert auf- halte. Hier wurde er dann verhaftet. Für die Schuld des Hofmann an den Briefmarken fälschungen hat sich in den beschlagnahmten, jetzt im hiesigen Rathaufe befindlichen Schriften ein Beweis nicht finden lassen, trotzdem steht außer Zweifel, daß Hofmann dabei beteiligt war; auch wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften wird ein Strafverfahren eingeleitet werden, sobald die Auslieferungsformalitäten mit unseren grenznachbarlichen Behörden be endet sind. Der hiesige Handwerker, welcher zwei Räume an Hofmann vermietet hatte, scheint schuldlos zu sein. Plauen, 7. Oktober. Der Dieb, der in der Nacht zum 9. Juli in der Weichlerschen Uhrenhandlung am Altmarkte den großen Uhren-Diebstahl verübte, ist jetzt in Dresden festgenommen worden. Es ist ein gewisser Adrian aus Meerane. Er ist geständig, den Einbruch zusammen mit einem Genoffen, dessen Adresse er jedoch nicht anzugeben vermag, ver übt und den Raub in Dresden in Sicherheit gebracht zu haben. Dort wurde in der That auch ein Teil des gestohlenen Gutes auf gefunden. Schöneck i. V., 7. Oktober. Gestern Vormittag stießen auf der hiesigen Station zwei Lokomotiven aus bisher noch nicht auf geklärter Ursache zusammen. Während eine Maschine auf dem Gleise blieb, wurde die andere herausgeworfen und stark beschädigt. Das Maschincnpersonal ist mit Ausnahme eines Oberschaffners nicht verletzt. Der Oberschaffner klagt über Schmerzen in der Brust. Der Ma terialschaden ist beträchtlich. Die Betriebs störung wurde bald gehoben. Reichenbach i. V., 7. Oktober. Das im nahen Hirschfeld gelegene, Herrn Rockstroh ge hörige Bcauereianwesen ist in der Nacht zum Montag ein Raub der Flammen geworden. Es konnte nur wenig gerettet werden. Man vermutet Brandstiftung. — Ein seltenes Vorkommnis ereignete sich Sonntag Nacht auf dem hiesigen oberen Bahnhofe. Zwei Reisende mit Fahrkarten I. Klaffe nach München beabsichtigten den LuxuS- zug 28 zu benutzen, mußten aber von ihrem Plane Abstand nehmen, da der Zug vollbesetzt war und auch nicht einen Mann mehr auf- nehmen konnte. Auf die beim Diensthabenden erstattete Beschwerde konnte den beiden Herren nur erwidert werden, daß den Reisenden die Beförderung mit dem Luxuszuge nur nach Maßgabe der vorhandenen Plätze, auf Zwischen stationen aber nur nach Vorausbestellung der Plätze zugesichert werden könne. — Aus dem Vogtlande, 6. Oktober. Der landwirtschaftliche Kreisverein im Vogt land hat betreffend die Fleischteuerung ein stimmig folgendes von seinem Ausschüsse er stattetes Gutachten angenommen: „1) Die in Sachsen maßgebenden Schlachtvieh- und Fleisch, preise werden in der Hauptsache in Berlin ge macht. 2) Dem Produzenten werden gegen wärtig gegen frühere Jahre erhöhte Preise nicht gezahlt, außer bei Schlachtschweinen. 3) Die in den öffentlichen Pceistabellen auf geführten Schlachtviehpreise werden unseren Landwirten nicht gezahlt. 4) In unserer Gegend ist zwar Schlachtvieh und sind auch Schlachtschweine zu haben, aber die Landwirte werden es nicht mehr los, wenn sie es nicht selbst anbieten, weil es den Fleischern bequemer ist, fremde Tiere durch Händler zu beziehen, anstatt, wie früher, auf dem Lande sich nach Schlachtware umzusehen. 5) Der Zustand ver minderten Angebots von Schweinen (der in den augenblicklichen Futterverhältniffen und zu fälligen Umständen seinen Grund hat), wird nicht lange dauern." Der Versammlung wohnten außer dem Kreishauptmann vr. Forker- Schubauer-Zwickau die Vertreter der AmtS- hauptmannschaften und ein Mitglied des Landes kulturrates bei. UW?" Bestellungen auf die werden in Lomnitz bei Herrn Kaufmann Schlotter, in Cunnersdorf von Herrn I. Hirche entgegen genommen.