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ffMMMMTyW Wochen- und Kachrichlsblatt zugleich ktMs-AWM fir ßWors, Mtlitz, Htflsüorf, Wims, St. KBit«, SeinriPort, Mmemi W) MSlst». Amtsblatt für de» Stabtrat za Lichtenstein. —— —————— —_—_—— AH. A«hrg««g. —— . -— Nr. 222. Mittwoch, den 24. September 1890. Dieses Blatt erscheint t ägl, ch (außer Soun- und Festtag») abends für den fönenden Tag. VtertelMrttcher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. - Bestellungen nehme» außer der Expedition in Lichteustttn, Markt 179, alle Kaiser!. Postaustalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. - Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annähme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. BekaMtMschMg. Wegen Reinigung der hiesigen Amtsgerichtslokalitäten bleiben solche Freitag, deu SS. September und Sonnabend, deu S7. September dieses Jahres geschlossen und werden an diesen Tagen nur dringende Geschäfte erledigt. Köuigl. Amtsgericht Lichtenstein, am 22. September 1890. Gehler. Tagesgeschichte. *— L i ch t e n st ei n, 23. Sept. Die hygieinische Schriftstellerin, Frau Clara Muche aus Berlin, hielt gestern abend im Saale des goldnen Helm hier erneu 1^/sstündigen Vortrag über: „Blutstockungen und ihre Folgen". Der Naturheilverein, welcher diesen Vortrag veranlaßt, hatte auch Nichtmitgliedern, Damen und Herren, gegen ein sehr niedriges Eintrittsgeld Gelegenheit geboten, die wirklich praktischen Mittel und Wege bei auftretenden Blutstockungen kennen zu lernen. Die Rednerin, welche ihren Vortrag in zwei Teile zerlegte, behandelte im ersteren den Kreislauf des Blutes, bezeichnete genau die einzelnen Teile des Herzens, welches ja das wichtigste Organ für den Blut laus bildet und schilderte bis in die kleinsten Details den Blutlauf vom Herzen bis in die übrigen Teile des Körpers. Jede Störung des Blutlaufes sei eine Empfindung für unser Wohlbefinden und unsere Ge sundheit, wie auch der Wechsel der Temperatur für uns notwendig, wenn der Kreislauf des Blutes regel mäßig funktionieren soll. Vortragende erörterte als dann den Ursprung so vieler Krankheiten, welcher im großen Ganzen in dem Beruf, im Nichtsthun oder auch in ungenügender Bewegung und Ausarbeitung zu suchen sei. Im zweiten Teile des Vortrages be handelte Frau Muche den Heilungsprozeß der ver schiedenartigsten Krankheiten (z. B. Lungenentzündung, Magenleiden, Leberleiden, Halsleiden, Gicht, Rheu matismus usw.) auf naturgemäßem Wege und gab für jede einzelne Krankheit eine leicht zu vollziehende, verständliche Anweisung zur schnellen und gründlichen Heilung derselben. Mit besonderer Hingabe lauschten alle Anwesenden dem klar und überzeugend gegebenen Vortrag, was durch die tiefe Stille, welche während desselben im Saale herrschte, von den Anwesenden zu erkennen gegeben wurde. Nach Beendigung des Vortrages beantwortete Frau Muche noch, verschiedene aus der Versammlung vorliegende Anfragen in prä ziser Weise. Lebhafter Beifall belohnte die Rednerin für ihre Ausführungen. Dem Naturheilverein gebührt aber auch an erster Stelle besonderer Dank, da er in so uneigennütziger Weise weder Kosten noch Mühen scheut, der leidenden Menschheit leicht anwendbare und billige Mittel an die Hand zu geben, um sich die dauernde Gesundheit zu verschaffen oder zu er halten. Möge der auf so guter Grundlage beruhende Verein immer mehr neue Anhänger und Förderer seiner gemeinnützigen Bestrebungen finden. *— „Reden ist Silber und Schweigen ist Gold", so heißt es ja, aber ganz ohne „Silber" kann die Welt doch nun einmal nicht existieren. Und darum sei es heute uns verstattet, in eigener Sache einige Worte den Spalten unseres Blattes einzufügen, wie stets, wenn das letzte Quartal des Jahres, das soge nannte „Lesevierteljahr" vor der Thür stand. Wir sind uns bewußt, daß wir alle Zeit bemüht gewesen sind, unserm werten Leserkreise ein unseren Verhält nissen entsprechendes Organ zu bieten und die steigende Abonnentenzahl beweist ja erfreulicherweise, daß wir nicht umsonst gearbeitet haben, daß unser Blatt mehr und mehr Beifall findet. Die Welt ist heute bewegt, und wenn auch von Krieg glücklicherweise keine Spur zu bemerken, so fehlt es doch an interessanten Ereig nissen nie und gerade heute soll und muß jeder Bürger, wir erinnern nur an die Worte unseres Kaisers in Breslau, das öffentliche Leben teilnehmend verfolgen. Wichtige Gesetze, die für die breite Volksmenge be stimmt, sind in Vorbereitung und es ist nur selbst verständlich, daß Jedermann den Gang unserer Ent wickelung, den inneren Ausbau unseres Reiches ver folgt. Wer mitsprechen will, der muß auch mitlesen! Daß wir die lokalen Verhältnisse, die kleinen Vor kommnisse in Stadt und Land genau verfolgen und darüber berichten, ist bekannt, und wir erbitten gerade hierfür die immer thätige Mitwirkung unserer ver ehrten Leser. So glauben wir nicht zu irren, wenn wir annehmen, daß uns auch zum bevorstehenden Vierteljahr nicht nur die alten Leser ihre Gunst be wahren, daß sie auch neue Freunde für ihre Zeitung werben werden. Es wird ja gerade auf dem Gebiete des Zeitungsmarktes heute unendlich viel angeboten, zu viel sogar. Aber welche Zeitung ist denn die beste? Die, welche den Lesern wirklich das bringt, was sie interessiert! Daran bitten wir zu denken, indem wir zugleich die Bitte hinzufügen, die Bestellungen bei der Post möglichst zeitig zu bewirken, Der niedrige Preis ist bekannt! *— Mit einer Reihe prächtiger Tage hat der Sommer von uns Abschied genommen und der Herbst hat gestern offiziell seine Herrschaft angetreten, die hoffentlich aber so milde und schön sein wird, wie die letzten Sommertage. Die heutige Temperatur machte dem 1. Herbsttage alle Ehre, denn sie betrug 30 Grad Celsius. *— Bernsdorf, 23. Sept. Gestern feierten die Gemeinden Gersdorf-Bernsdorf ihr gemeinsames Missionsfe st in Bernsdorf. Das herrliche Wetter hatte namentlich von auswärts viele Missions freunde herbeigelockt. In dem sehr schön geschmückten Gotteshaus hielt Herr Pastor Kleinpaul aus Gesan die Festpredigt über Apostelgeschichte Kap. 13, V. 46 und behandelte das Thema: Drei Blicke, die das Werk der Mission uns eröffnet: zuerst einen dank baren Blick rückwärts, sodann einen wach samen Blick einwärts, endlich einen ent schlossenen Blick vorwärts, während Herr Cantor Beier die Festgemeinde durch Aufführung eines sehr klangvollen Chorstücks erfreute. Wie üb lich, geleitete der Schall der Posaunen die Festbesucher aus dem Gotteshause. Die Kirchenkollekte ergab die Summe von 34 Mark 57 Pf. In der Nachversamm lung begrüßte zunächst der Ortspfarrer, Herr Pastor vr. Kleinpaul, die Anwesenden mit Dank für ihr Rose. Roman von I. von Werth. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Ein blendender Blitz! — Ein betäubender Donnerschlag — Der Sturm faßt die Barke, schleudert sie einige Mal im Kreis herum — in der nächsten Minute schlägt er sie um, die Beiden in die Fluten zu begraben, Herz an Herz, Lippe an Lippe. Eine Eiseskälte durchdringt Roses Glieder und ruft sie zum Bewußtsein zurück. Die Wellen spülen rings um ihren Körper, aber eine starke Hand hält sie mit dem Kinn über Wasser. Günther schwimmt neben ihr. Sie schaut ihm in das Gesicht. Seine Augen sind auf das nicht mehr allzu ferne Ufer gerichtet und es leuchtet aus ihnen wie ein ver klärender Schein unendlichen Glückes. Rose faßt ein Ruder, das auf den Wellen treibt, und zieht es unter die Arme. Dann beginnt sie mit den Armen zu schwimmen; an den Füßen hindern sie die langen Kleider. So geht es langsam vorwärts, gegen Wind und Wellen, dem Ufer zu. Nur ein einzig Mal blickt Günther zu Rose hin mit dem Ausdruck innigster Herzensseligkeit. „Mein armer Schwan," sagt er und wendet die Augen wieder dem Lande zu, um die Richtung nicht zu verlieren. Er läßt seine Hand nicht von ihrem Nacken, wo er sie an Kleidern und Haaren hält, obgleich er sieht, wie gut sie schwimmt. Und näher geht es dem Ufer. Des Mannes Brust keucht; seine Glieder ver lieren allmählig die Kraft, seine Bewegungen werden ungleichmäßiger, aber weiter geht es, dem Ufer zu. Rose fühlt die Hand m ihrem Nacken schwerer und schwerer werden. Sie, die ihr erst eine Stütze, wird allgemach zur Last. Schon erblickt sie Menschen und sieht sich von ihnen bemerkt. Da kann sie dem Druck der kalten Hand nicht mehr widerstehen. Lang sam schwinden ihr die Sinne; sie fühlt, wie sie tiefer und tiefer versinkt — so nahe dem rettenden Ufer. * -st * Das Bewußtsein kehrt ihr zurück. Sie ver nimmt ein wirres, lärmendes Durcheinander von Stimmen, doch wie aus weiter, weiter Ferne. Im Nacken fühlt sie noch immer die schwere, kalte Hand. Endlich öffnet sie die Augen, doch mit einem gellen den Angstschrei schließt sie dieselben wieder. Sie hat gerade in jenes geisterbleiche Gesicht mit den glühen den Augen geblickt, das sie, vor Monaten, schon ein mal so tätlich erschreckt. Jetzt aber fließt Wasser in Hellen Tropfen aus dem blonden Haar, gerade als wäre er aus dem wogenden See aufgestiegen, der sie begraben gewollt. „Sie lebt!" hört Rose rufen. Die Worte, die rings gesprochen werden, schlagen ganz deutlich an ihr Ohr, aber sie wagt nicht die Augen wieder auf- zuschlagcn. „Wie steht es mit dem Mann?" fragte eine Stimme. „Dem ist nicht mehr zu helfen", entgegnete eine andere, „der ist tot." „So löst ihr seine Hand von dem Nacken", ruft es wieder von der anderen Seite. „Es ist unmöglich," tönt es zurück. „Sie ist fest wie Eisen und hat sich ihr unlösbar in Haar und Kleid geklammert." „So müssen wir es abschneiden." Gleich darauf fühlte Rose sich empor gerichtet. Sie vernimmt deutlich das Geräusch der Scheere im Nacken und nun öffnet sie wieder, von unsagbarem Grauen durchschauert, die Augen. Jenes gespenstische Gesicht ist verschwunden. Neben ihr auf dem Rasen liegt Günther mit halb geschlossenen Augen, bleich und starr und tot; um die erkalteten Lippen ein glückseliges Lächeln, wie beim letzten Kuß. Die eine Hand hängt schlaff herab; die andere hält einen Fetzen von Roses weißem Kleide und ein paar lange, braune Locken fest umklammert. Einer der Männer müht sich, sie den starren Fingern zu entwinden, aber es gelingt ihm nicht. „So muß er sie schon mit in das Grab nehmen", sagte er und läßt davon ab. Rose hatte sich ein wenig emporgerichtet. Sie hatte das alles mit einem Blick erfaßt. Unendlicher Jammer klang aus ihrem Stöhnen. „Warum habt ihr mich nicht auch sterben lassen? Was soll ich noch im Leben ?" rief sie — und in ihren Augen flackerte ein unstätes Feuer. Da knieete ein Mann an ihrer Seite, ein schmerzlich zuckendes Antlitz beugte sich über sie, zwei tiefe, sonnige Augen senkten sich in die ihren, und die bebenden Lippen nannten ihren Namen. Alle Todesangst, alle Seligkeit öeS Augenblicks klang aus dem Ton seiner Stimme. Rose aber stieß seine Arme zurück, die sie umfangen wollten. „Nein, nein," rief sie, „rühre mich nicht an. Sieh nur dort. Er liebte mich und ich brachte ihm den Tod. Er glaubte sich von mir geliebt, weil ich nicht