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MMMckMÄBÄ Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich HeWfls-SnzeM flr Leftdsrf, Mi>H, Aemdoff, Morf, ZI Hidim, Mmchzorl, Nmmm mb MW. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. 46. Jahrgang. Nr. 35. F-rnsprech.AnschlM Mittwoch, den 12. Februar 1896. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2ü Pfennige. — Einzelne Nummer 1S Pfennige. — Bestellungen nehme» außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 178, all« Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werd«« die diergsspalw«« KorfWWM oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserat« täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. TsMsKsschSHAK. *— Lich teil st ein. Eine Ermäßigung der Telephon-Gebühren, wie solche von dm Interessenten schon lange angsstrebt wird, dürfte in nicht allzu ferner Zeit nun doch eintreten. Gegenwärtig macht man nämlich seitens derReichsPostDirekston Versuche mit seinem selbstthätigen Telephon-Umschalter, besten obligatorische Einführung eine Umwälzung auf dem Gebiete des Fernsprechwesens zur Folge haben dürste. Infolge dieser sehr zweckmäßigen Neuerung wird nunmehr die Möglichkeit geschaffen, daß alle in einem Hmse wohnhaften Fernsprechteilnehmer ein und den selben Verbindungsdraht benutzen können. Hierdurch tritt nach einer Mitteilung des Patent- und tech nischen Bureaus von Richard Lüders m Görlitz in der Benutzung des Telephons eine Verbilligung nicht nur hinsichtlich der jährlichen Abonnementsgebühren, sondern auch der Herstellungskosten eiv, weil infolge des Umstandes, daß nur eine einzige Anschlußleitusg für die verschiedenen Abonnenten in demselben Hause besteht, sich die Installationskoften ganz bedeutend verringern. — Die Mitglieder des Landgendarmerieksrps haben nach einer Bekanntmachung des Königlichen Ministeriums des Innern bei dienstlichen Verrich tungen, bei denen sie nicht Uniform tragen, mit einer Verteidigungswaffe — eimm sogenannten Totschläger — ausgerüstet zu sein; diese Waffe hat bei den er wähnten Beamten als eine dienstliche zu gelten. — Das zehnte Verzeichnis der bei der Zweiten Kammer eingegangenen Petitionen erhöht die laufende Nummer auf 938. Folgende Efienbahnwünschs finden sich vor: Anschlußerklärung an die Petition des Eisenbahnkomitees zu Adorf um Erbauung einer Eisenbahn Admf-Roßüach-Hof; Weiterführung der Wüstenbrander-Limbacher Eisenbahn über Burgstädt nach Alt°Mittweida zum Anschluß an die Chemnitz- Riesaer Lime; Erbauung einer Eisenbahn Königs- brück-Großmhain-Riesa; Ausführung der projektierten Eisenbahn Zwöuitz-Gmnhaia-Merlem-Scheibenberg; UM Erbauung einer normalspnrigen Eisenbahn Wil- kau-Saupersdorf mit eveutuell weiterem Anschluß. Endlich petitionieren die Hausbesitzervereine zu Dres den, Meißen,Leipzig-Lindenau, Leipzig-Plagwitz und Deuben um Abänderung des Einkommensteuergesetzes Dss Gehewmis. Eine lustige Erinnerung aus dem deutsch-französischen Krieg. Mitgeteilt von R. Geidner. Nachdruck verboten. (Fortsetzung und Schluß.) Am allerwenigsten von den Offiziersburschen sprachen Heinrich, der ältere Bursche des Divisio- nmrs, und Franz, der Bursche des Premierleutnants v. Benckendorff, dem zur Verfügung der Stabsordon- Nanzen usw. stehenden Wein aus den Kellereien des Schlosses Etampes zu, kaum, daß sie dann und wann ein Gläschen tranken. Dennoch hatten beide Burschen, die übrigens immer zusammenstaken, so oft es nur anging, häufig recht wetnselige Gesichter, auch befanden sie sich nicht selten in einer ziemlich animierten Stimmung, sie behaupteten dann aber gewöhnlich, sie hätten mit Bontimps, dem Wirte des Estaminets oder Schankwirtschaft von Molincvurt eine Flasche Wein von seinem Privatlager auSge- stochen. Im „Dienst" selber nahmen sich die zwei Freunde jedoch stets zusammen, sodaß es immer nur ihre Kameraden, nicht aber ihre Herren merkten, daß sie öfters ein Gläschen über den Durst zu trinken pflegten. Aber eines Tages sollte doch das Verhängnis über die zwei edlen FreundeSseelen Hereinbrechen. An einem trüben November-Sonntagnachmittaa schritt der Premierleutnant v. Benckendorff, eine Cigarre rauchend, allein durch den verödeten Park vonEtam- peS, als er plötzlich von einer bestimmten Stelle des Parkes aus ein Geräusch, wie Stimmengeflüster und halbunterdrücktes Lachen zu vernehmen glaubte. Der bez. Aufstellung der Hauslisten und betreffs der bei Versteuerung des Einkommens aus Hausgrundstücken zulässigen Abzüge. — Dresden, 10. Febr. An der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer nahmen JhreExellen- zen die Herren Staatsminister v. Metzsch und v. Watzdorf sowie die Herren Geh. Räte Heymann und vr. Diller, geh. Finanzräte vr. Barchewitz, vr. Freiesleben, N. Kirchbach, geh. Bergrat Förster und geh. Regierungsrat vr. Apelt teil. "Die Kammer erteilte nach dem Anträge der Rechenschaftsdeputation ohne Debatte der König!. SLaatsregierung wegen Verwaltung der Staatsfinanzen in den Jahren 1892 und 1893 zu den Kapiteln 1—21 des betreffenden Rechenschaftsberichts Entlastung und ließ sodann ebenfalls ohne Debatte die Petition und Beschwerde des Oswald Berger in Thalheim i. E. auf sich be ruhen. — Nächste Sitzung morgen. — Der Leipziger Schuldirektor, dessen 24 Jahre alte Tochter vor eisiger Zeit wegen schwerer Urkundenfälschung und Betrugs in Haft genommen wurde, hat sich unter Umständen aus seiner Woh nung entfernt, welche der Vermutung Raum geben, daß der bedauernswerte Mann, der bis zum späten Abend nicht zmückgekehrt ist, Hand an sich gelegt. Die polizeiliche» Erörterungen sind im Gange. — Leipzig, 10. Febr. Vorgestern ist hier durch die Ehrenhaftigkeit eines hiesigen Lithographen j und durch das Einschreiten der von ihm in Kennt nis gesetzten Kriminalpolizei ein gefährlicher Ver brecher ermittelt und ein schweres von ihm geplan tes Münzveebrechen vereitelt worden. Der Ver haftete, ein Jade aus Jnowrazlaw (Provinz Posen), war Äor einigen Monaten nach Leipzig gekommen und hatte, nachdem er in der Nähe einer hiesigen lithographischen Anstalt Posto gefaßt, sich an einen nach Gsschäftsschluß h-rausgckommenen Lithographen herangemacht und nach und nach anscheinend dessen Vertrauen zu erwerben gewußt. An einem darauf folgenden Tage hatte dann der Fremde dem Litho graphen einen russischen Dreirubelschein mit der Frage vorgelegt, ob er auf lithographischem Wege diese Rubel nachmachen könne. Auf dessen bejahende Ant wort gab der Fremde dem Lithographen den Auf trag, ihm 10000 solcher Rubelscheine zu Geschäfts- Reklamezwecken anzufertigen und der Lithograph ging auch anscheinend auf den Auftrag ein, in Wahrheit aber setzte er die Kriminalpolizei in Kenntnis von der Sache, als der Jude wieder nach Jnowrazlaw abgereist war. In dieser Zeit versuchte der sonder bare Auftraggeber den Lithographen brieflich und telegraphisch, sich mit der Fertigstellung der Rubel- noten möglichst zu beeilen, damit er sie abholen könne, wenn er wieder nach Leipzig komme. Der Lithograph versprach dies auch. Als aber de? Betrüger, der die Scheine unter dem Bauernvolke in Rußland ver treiben wollte, hier ankam und die Scheine gegen Bezahlung von 1200 M. vom Lithographen abzu holen beabsichtigte, wurde er von einem Kriminal- polizisten verhaftet und in sicheren Gewahrsam gebracht. — Zwickau. Zu den vielfachen Beziehungen unserer Stadt zu vr. Martin Luther gehört auch dis, daß Luthers Schwager, Hans von Bora, bis er Amtmann in Grünham wurde, hier in der Kloster» H straße ansässig war. — Zwickau, 10. Febr. Ein bedauerliches Eisenbahnunglück ereignete sich heute vormittag in hiesiger Stadt. Von dem vormittag 8 Uhr 58 Min. von hier nach Schwarzenberg abgehenden Personen« zug entgleiste jedenfalls infolge nicht gehörige Funk tionierung einer Weiche kurz hinter dem Bahnüber gangs an der Reichenbacher Straße die Lokomotive und fuhr außerhalb des Geleises noch etwa 50 Schritt weiter, bis sie durch die steinerne Mauer einer Bahnüberbrückung aufgehalten wurde. Der Tender wurde von der Lokomotive losgeriffen und fuhr mit den übrigen Wagen auf falschem Gleise neben der Lokomotive her. Der auf dem Tender stehende Feuermann Rolle aus Schwarzenberg ver suchte mit aller Gewalt zu bremsen, schließlich wurde aber der Tender durch den Druck der nachfolgenden Wagen gleichfalls aus dem Gleise gehoben und auf die Seite geworfen, wobei der Feuermann Rolle zwischen den Tender und den Packmeisterwagen ge schleudert wurde. Der Bedauernswerte wurde sofort getötet, es wurde ihm der Kopf vollständig abge quetscht und beide Beine zermalmt. Das übrige Zugspersonal und dis Passagiers kamen mit dem allerdings nicht geringen Schrecken davon. Als ei« einsame Spaziergänger blieb stehen und blickte nach der Richtung hin, aus welcher das Geräusch ge kommen zu jein schien. Dort erhob sich ein zerfal lendes Tempelchen, das von dichtem Gebüsch um geben war; die ganze Partie, welche den hintersten Teil des weitläufigen Parkes ausmachte, wurde nur selten von Jemand betreten und trug den Charakter des Verwilderten. Herr v. Benckendorff glaubte in dessen, sich trotzdem nicht getäuscht zu haben, und richtig, jetzt klang wieder gedämpftes Gelächter an sein Ohr, in dem Tempelchen mußten Mensche» sein! Wer aber kam wohl in diesen so vollständig veröde ten und verwilderten Teil des Parkes? Herr von Benckendorff schüttelte den Kopf, schlich sich jedoch behutsam näher und suchte nach einem Eingang in das Gebüsch und nach der kleinen Baulichkeit hin; bald fand sein scharfspähenves Auge einen kaum mehr erkennbaren schmalen Fußpfad auf, der von dem Park wege, auf welchem sich der Offizier befand, abzweigte und in das Gebüsch hineinführte. Nach wenigen Schritten sah sich Herr v. Bencken dorff der ganz morschen Eingangsthür zum Tempel chen, die nur noch leise zwischen den Pfosten hing, gegenüber, aus dem Innern aber scholl ihm jetzt deutlich der Tou menschlicher Stimmen, die rhm un gemein bekannt vorkamen, entgegen, vermischt mit Gläserklang. Einen Augenblick nur stutzte der Offizier be fremdet, dann gab er der Thür einen kräftigen Fuß tritt, daß sie krachend in Stücken ging und trat nun in den einzigen Raum des TempelchenS ein. Ein Schreckensschrei, von zwei menschlichen Kehlen aus- gestoßen, erscholl bei seinem Eintritt, während zwei s Gestalten, die auf kleinen, niedrigen Bänken gesessen hatten, in die Höhe fuhren und versuchten, eine mili tärische Positur anzunehme», mehrere Flaschen Wem, die, teils angebrochen, teils noch verkorkt, zwischen ihnen gestanden hatten, fielen hierbei um. Erstaunt schaute der Leutnant in die etwas gedunsenen, jetzt vor Schreck und Ueberraschung gebleichten Gesichter der beiden einsame» Zecher — es waren sein eigener Bursche und dessen guter Freund, der eine Bursche des Generalleutnants v. M.! Einige Sekunden weidete sich Herr v. Bencken dorff an der tiefen Betroffenheit der zweifellos Ueber- raschten, dann begann er, halb spöttisch, halb zornig: „Ah, ah, sieh da, ein kleines Trinkgelage leistet man sich hier ganz heimlich — die Herren gestatten doch, daß ich die Weinsorten, drein diesem traulichen Winkel geprüft werden, wenigstens mit dem Blick einer Musterung unterziehe!" Der Osfizier bückte sich bei diesen Worten und las, jede einzelne der umgefallenen Flaschen mit dem Fuße sich zurecht stoßend, mit lauter Stimme von de« Etiketten ab: „Chateau la Rose 68er", „Nuits 65er", „St° Julie» 62er", „Haut Chablis 62er" . . ' so, so, so, ich muß gestehe», Ihr verflixten Kerls habt wirklich keine» schlechten Geschmack, die besten Bordeauxmar ken und auch guten Burgunder habt Ihr Euch heraus- gesucht, während Seine Exzellenz sich mit einem viel weniger edlen Tropfen begnügen muß! Das ist ja eine nette Entdeckung, na, Franz, Du HimmelhunS, sprich einmal, was hat es für eine Bewandtnis mit diesem Wein?" Schlucksend und eine wahrhaft Verzweiflung-»