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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.12.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911224025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891122402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891122402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-12
- Tag 1891-12-24
-
Monat
1891-12
-
Jahr
1891
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tu d« HaupUrvedttio» oder den l» ( bezirk und de» Vororten errichtet»» Aus gabestellen ob geholt: vierteljährlich ^4^0. bei zweimaliger täglicher Zu fiel ln» g in« (»au« ^l ö,50. Durch die Post bezogen für Deuilchland uad Oesterreich: vierieliübrlich >4 6.—. Dirrcte tägliche Kreuzbandiendung in« Ausland: monatlich 9.—. Abend-Ausgabe. Die Morgen-Ausgabe erscheint täglich '/.7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. Rrdacliov und LrpeLitwa: AutzanneSguffe 8. Tie Expedition ist ununterbrochea gv» Lssnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. /Male«: Ott« »lr»« » Sartt». («lsre» »«»»X lluiuersitätssttaße 1, Loui« L-sche. Sathurueenstr, 14, pari, und Köuigtplatz 7. Lr«t u»d Verlag von E. Polz in Leib zig. npMtr TlliMait Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd GeschLftsvcrkchr. ^fnf evNanDp reis LKaruen-Nu-gab,: dt« S ges-alte« «eile 20^, Neclamea unter dem Redacrions- ürich i4 gespalten» 50^, vor den Faurrllen- aachrichler: (8 gespalten) 40-L. Ab«ad-Ausgabe: die 6gespaltene PettHrü« 40 Reclomrn unter dem Redealionsstrich sgeipolten! 1 ^l, Famlliennachnchrru und ?! uzeigen verloreuer G^zenstände «Ogespaltrn» 20^ Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarii'cher u>»d Ziffernsatz nach höherem Daris. 17x1"-Beilagen (gekalzt), nur mit der Morgen - Au-gabe , ohne Postbesörderung 6(1.—. mit Postbesorderuog ^l 7V.—. Ännahmeschluß für Inserate: Abend-Au»gabe: Vormittags 1(1 Uhr Margen- Ausgabe: Nack nnliags 4 Uhr, Sonit- und Festtags früh 9 Uhr. Bei de» Filialen und Annabmesielleri ie eia« batb« Stunde früher. Inserate sind stets an die (üxprdtttna zu richten. Donnerstag den 24. Dccember 1891. 8s. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Freitag, den 25. Deeember, Vormittags nur bis S Uhr geöffnet. I xpe«I1t!on <l«8 l-eiprlkser ?neeUlLtte8. Weihnachten. * .Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen". — Diese EngelSbot- schast leuchtet heute am Himmel in strahlendem Glanz über den Häuptern der Menschen, gleich dem Hellen goldenen Morgenstern, dieser Iubelruf der Erlösung erfüllt in Wrihe- Accorden die Lüfte, soweit eine Glocke ihr Festgrläute er schallen läßt. Jegliche Menscheobrust wird wärmer, die Phantasie zaubert grüne Matten auf da- dürre Erdreich, und die stillen, zarten Keime der Hoffnung sprießen darin empor, schöner als die Blumen im FrühlingSgesilde. Und dir Träume der Jugend, der Kindheit stehen auf in der stillen Kammer des Herzens und schmiegen sich kosend um dir Seele und umwebcn sic mit duftigen, zarten Fäden. O wunderbare, erquickende Weihnachtszeit, du Zauberborn der Jugend, du Ouell der Seligkeit! .Frieden auf Erden!" Das tiefste Sehnen der Seele, da- heißeste Verlangen des Geistes verkörpert sich in dem einen Wort: Frieden, Frieden der Welt. Frieden Gottes. Und um so tiefer und heißer ist diese Sehnsucht der Menschen brust, je unruhvoller und verwirrender das Leben des Tage« ist. Gar oft haben die Menschen nach Frieden gerufen, aber aufrichtiger und sehnlicher kaum jemals als heute. Ehedem begnügte mau sich an dem weihevollen Klang der Frieden«- glockcn, an der fricdesprndendcn Kraft de- Gebetes, heute gellt ein Schrei durch die Welt: Gebet uns Frieden, unS und unseren Kindern, Frieden für daS Leben, Frieden in der Wirklichkeit de« täglichen Lebens. Niemand ist, der abseits steht, der uns Worte geben will anstatt der Thaten, Alle, die aufrichtigen Sinnes sind, fühlen den brennenden Schmerz der Wunden, die der rasende Krieg Aller gegen Alle unS schlägt, unS Allen schlägt. Alle schauen buraas, ob Niemand komme, der die Wunden heile und unserem Volke den Frieden, den wirklichen Frieden bringe. Die Einen haben aufgebört zu glauben, daß die seit Jahr lausenden bestehende Ordnung der menschlichen Gesellschaft den Frieden noch gebären können. Sie glauben nicht, daß Sittlichkeit die Habsucht, Menschlichkeit die Ausbeutung jemals vom Throne zu stoßen vermöge — so lange diese Grundfesten der Culturwclt bestehen. Sie verzweifeln daran, daß die sklavische Abhängig keit eines Menschen vom andern, die Knechtung de« frri- geborncn MenschengristeS, der Kauf und Schacher mit Menschcnsrelrn auSgcrottet werden könne, wenn nicht von .Grund aus umgestürzt werde, was besteht. Sie haben nur Spott für den rcsormatorischen Ernst de« Politiker«, Hohn für den Samariterdienst aufopfernder Nächstenliebe de« Christen, Frieden rufen die Männer und Weiber, die in brrtem Frohndicnst in den Schächten der Erde, an den Schmelzöfen der Fabriken arbeiten; Frieden aus den Trümmern dieser Culturl Andere baden den Glauben an diese Cultur nicht ver loren, Aber ihr Wünschen und Hoffen ist gleich dem de« Kindes, da« am nächsten Morgen eine neue Welt zu schauen bossl. Sonst allem Wunderglauben abhold, glauben sie das eine Wunder, welche- größer denn alle wäre, daß ein rasche« bobc« Aufwallen edler Menschlichkeitsgefühle der Welt eine neue Gestalt zu geben vermöge, DeS Glauben« sind sie, ein herrliches Bild mit leuchtenden Farben, den Menschen vor die Seele gezaubert, vermöge jene- tausendjährige Reich von den Sternen berabzuholcn, das von den Zeiten Iesaia« und den Zeiten Jesu her al« die Vollendung de« menschlichen Geschlecktes im Geiste geschaut, mit der Seele gesucht worden ist Gewiß giebt c« einen Frieden aus dem Glauben Ta« ist der protestantische Christenglaube, der den Gottr«- kcim in jeglicher Menschenbrust sieht und verehrt, der Glaube, welcher in allen Menschen Gotte« Kinder erschaut. Kinder de- BalerS, der sie in der Erziehung jahrtausendjähriger Geschichte zur Vollendung, zum Frieden führen wird. Da« ist nicht die Hoffnung eine« leichtfertigen Optimi«Mi,S. da ist ein Glaube, welcher in den Tiefen deS ernsten und frommen Gewissen« geboren wird, ein Glaube, welcher als ein „Stecken und Stab" in dem reifen Leben Derer sich bewährt Hai, zu welchen wir allcsammt in Ehrfurcht aufschauen, E« muß unserem Geschlecht der Friede zu Ibeil werden, weil da« Verlangen nach Frieden von der göttlichen Hand selbst un« in die Brust gelegt worden ist! Dies ist unser WeibnachtSglaube, unser« Weihnacht«. Hoffnung. Möchte da« Herz unsere« Volke« seine Sehnsucht nach Frieden in dem reinen Born dieser weihnachtlich«» Festsrrnde weihen! Leipzig, 24. December. * Der BundeSrath hielt am 22, d. M, unter dem Vorsitze de« Bice-Präsidenten deS Staatsministeriums, StaatS- rcretairS deS Innern vr, v. Börtlicher eine Plenarsitzung ab. An neu eingegangenen Vorlagen wurden den zuständigen Ausschüssen überwiesen ein Antrag Cachsen-WeimarS, be treffend eine Abänderung deS Etat« der Ealzsteuer-Der- waltungSkosten, sowie der Entwurf eine- Gesetze« für Elsaß-Lothringen wegen Abänderung de« Gesetze« über die Bereinigung des Kataster«, die Ausgleichung der Grundsteuer und die Fortführung deS Kataster« Bon der Nachweisung über die RcchuuiigSergebnifse der Sec- Berufsgenossenschaft :c. für daS Jahr 1890 wurde Kcnntniß genommen. Einem Antrag deS Reichskanzlers entsprechend wurde beschlossen, daß den kaiserlichen Beamten, welche in den deutschen Schutzgebieten eine längere als einjährige Ver wendung gefunden haben, die daselbst zugebrachle Dienstzeit bei der Pensionirunz doppelt in Anrechnung zu bringen ist. Auf den Bericht der zuständige» Ausschüsse wurde ge nehmigt, daß in Duisburg gemischte Privattransitlagrr ohne amtlichen Mitverschluß für Getreide rc. zugclassen werden, ferner daS Einverständniß dainil erklärt, daß Bulgarien den auf der Berner Consercnz vom 15, Mai 1886 getroffenen Vereinbarungen über die zollsichere Ein richtung der Eisenbahnwagen im internationalen Verkehr nachträglich beitritt. Dem Antrag, betreffend die Verleihung von CorporationSrcchtcn an die Astrolabe-Compagnie i» Berlin, wurde die Zustimmung ertbeilt Ferner gelangte die Vorlage, betreffend die Aenderung der Vorschriften wegen Entwcrthung der Marken bei der Invalidität-- und Altcr«- versicherung, zur Erledigung. Dem Antrag des Allgemeinen KnappschaftsvereinS zu Bochum aus Zulassung zur selbst ständigen Durchführung der Invalidität«- und Altersver sicherung im Sinne der 88- 5 und 7 de« Gesetze« vom 22, Juni 1889 wurde entsprochen. Zum Schluß wurden verschiedene Eingaben vorgelegt. * Wie die .B, P, N." hören, ist in der Absicht, den preußischen Landtag am l4 Januar zu eröffnen, eine Aenderung nicht eingetretcn. Der Kaiser durste Voraussicht lich die Eröffnung nicht persönlich vornehmen, * A»S Wand-beck wird der „Tägl, Rundschau" von einem Leser, der .keineswegs ein kritikloser Bewunderer Bismarck'«" ist, über den kürzlichen Empfang des Fürsten Bismarck dortselbst geschrieben: Noch nie, glaube ich, habe ich einen patriotischen Festtag erlebt, der äußerlich so glänzend und wahrhaft imposant vertief und einen solchen Sturm der Begeisterung bervorrics, wie ich itm bei »nierer nordischen Bevölkerung nicht für möglich gehalten hätte. Dieser Empfang war mehr, als wenn ein König in sein Reich komm», es war der überströmende Ausdruck reiner, voller Dankbarkeit und Liebe, die hier zum echte» Ausdruck kam, wie ivcder wir selbst das vorher geglaubt hatten, noch auch Bismarck, . . , Man sieht doch, daß diese Gefühle tiefe Wurzeln geschlagen habe», mehr, als man bei dem Parlcigetriede oft glaubt: sie brechen doch immer wieder durch, — Wir hoffen und wünschen, das das immer und überall der Fall sein möge. * Der Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtbschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen dielt in Düsseldorf eine außerordentlich zablreich besuchte Ausschußsitzung ab, in welcher die nachfolgende Resolution über die Handelsverträge einstimmige Annahme fand, nachdem dieselbe in mehrstündiger Berhand luna eingehend begründet war: Der Verein, welcher niemals bestrebt gewesen ist, für di« in ihm vertretenen Industrien aus Kosten der Landwirth- schast irgend welche Vortheile zu erlangen, hat zu den vom Reichstage bereits angenommenen Handelsverträgen erst heute Stellung nehmen können, weil er eine eingehende und sachliche Prüfung der in Betracht kommenden wichtigen Fragen im Einzelnen für nothwendig erachtete und eine solche innerhalb weniger Tage vorzunehmen sich nicht in der Lage hielt. Bezüglich der Verträge selbst stellt der Verein fest, daß durch dieselben — abgesehen von ihrer möglichen politischen Wirkung — aennenswerthe Borthelle für die deutsche Industrie trotz der der Landwirthschaft aufrrlegten Opfer nicht nur nicht erreicht werden, sondern in einzelnen Fällen die Wett- beiverbSfähigkeit dem Auslande gegenüber aus das Entschiedenste er- schwert werden wird, während der Import ausländischer Product« i» das Deutsche Reich in mancher Beziehung eine wesentliche Erleichterung findet. Unter diesen Umständen erachtet der Verein eS für unbedingt nothwendig, daß die Reichsregierung an den Gruirdprincipien des Schutzes der nationalen Arbeit um so mehr seslhalte, als die Gegner diele- Schutzes bereits heute den Sieg des schrankenlosen Freihandels für die nächste Zukunft in Aussicht stellen zu dürfen glauben. End lich spricht der Verein darüber sein Bedauern au«, daß die Industrie bezüglich der jetzt angenommenen Verträge nicht genügend befragt worden ist und erwartet, daß bei den ferner abzuschlietzend«» Ver- träge» di« betbeiligten Industrien eingehend gehört werden und ihnen Gelegenheit gegeben wird, sich über etwaig«, von Deutschland an andere Länder zu gewährende Zugeständnisse gutachtlich zu äußern, * Der CultuSminister Graf Zedlitz äußerte sich, wie man dem „Hann. Cour." schreibt, kürzlich einer politischen Persönlichkeit gegenüber einigermaßen verwundert, wie man ihn geflissentlich mit bestimmten Parteirichtungcn zu identi ficiren bestrebt sein könne. Er sei in der bevorzugten Lage, vollständig außerhalb aller Parteikämpfe und Partciengagc- ment« zu sieben und habe sich bisher keiner Partei zu irgend etwas verpflichtet. WaS seinen Sch ul ge setz- entwurf betreffe, so werde derselbe tbeilwcise wabr- scheinlich aus liberaler, thrilweise auf conservativer Seite befriedigen. Ihm komme eS nicht sowohl darauf an, da« Gesetz mit bestimmten Parteien gegen andere durchzufetzen als vielmehr darauf, diejenigen Elemente der Kammer au seine Seite zu bringen, welche statt on baisdv zu speculiren, dazu nnthelfen wollten, daß unser Schulwesen der 150jäbrigen preußischen Tradition gemäß weiter entwickelt werde. — Hierzu bemerkt der .Hann, Cour.": .Wenn die Aeußerungen de- CultuSminister- zutreffend wiedergegeden sind, so würden sie eine nachdrückliche Widerlegung der Befürchtungen sein, daß das neue Dolk-schulgrsetz dem Cenlrum Zugeständnisse machen werde. Denn daß das Centrnm nicht zu den Elementen gekört, welche „unser Schulwesen der l50jahriaen preußischen Tradition gemäß weiter entwickeln" wollen darüber ist man wohl überall einer Meinung." * Gegenüber den von einer Corrrspondenz verbreiteten Nachrichten, Ivonach dem preußischen Landtage i» der bevorstehendes Session Caualvorlagew grmacht werde» sollen, liegt die Angelegenheit tbatsächlich so, daß die Er bauung »euer Canäle weder Gegenstand einer besonderen Gesetzes- und Credilvorlage, noch eine Elalssorderung für daS nächste Etatsjabr bildet. Auch von einer Novelle zu den bereits erlasse»«, Canalgesctzc» dürste abzescken werden, nachdem die Voraussetzungen, an welche die Erbauung von Canälen gesetzlich geknüpft ist, neuerdings überall als gesichert anzuschen sind. * Zur Frage der Wiederz ulass ring deS den Jesuiten verwandte» Ordens der Redemptoristen, deren Lösung a schon lange Zeit de», BundeSrath vorliegt, wird auf eine n der banerischen ReichSraibSkainmer am ll. Februar 1890 stattgebabke Verhandlung ausmcrksai» gemacht, welche viel ntereffaiiteS Material z» dieser Angelegenheit enthält und einer Zeit wenig beachtet worden ist. Es bandelte sich um einen auS der Abgeordnetenkammer beriihergekommenen Antrag, betreffend die Wiedcrzulafsung der Redemptoristen, über welchen die ReichSrarbSkaiiiiner nach längerer Debatte im Vertrauen auf die Absichten ter StaatSregiernng liebe,aang zur Tagesordnung beschloß. AuS dieser Verhandlung ist besonders bcacktenSwerlh eine damals >» ter Presse fast spurlos vörübergegangenc Rede des RcickSratkS Frh. Mandl von Deute »Hofen; wohl gemelkt, eine« glitkatbolischen Mitgliedes. Dieser Herr äußerle u. A: „Ich lebe i» jener Gegend, in der der Hauptsitz der Redemptoristen bisher war — Allötting — und vielleicht wicter sein wird, und dadurch ist mir Manches bekannt geworben, was möglicher Weise seinen Weg in eiitfernlere Gegend nickt gesunde» bat. Vor Allem weiß ich auS dem M>i»dc von niedreren Geistliche», baß eS der Mehrzahl der Landgcistlicheii Wunsch nickt ist. daß die Herren Redemp toristen zurückberufcn werden. Tic Herren Rcdeniptoriste» sind in meiner Gegend allgemein beschuldigt worden eines gewissen MißbrauckS beS Beichtstuhles, insofern, als namentlich von den Dienstboten aufs Strengste gefordert worden ist, über Denken und Handeln ihrer Dienstherrschaften im Beichtstühle Bericht zu geben. Die ordentlichen Dienstboten haben sich ihren Dienstherrschaften gegenüber darüber ausgesprochen, die unordentlichen, die leider Gottes heutzutage die Mehrheit bitten, baden das nicht gctban, und da war die Wirkung davon eine unangenehme; denn dieser Umstand bat den Frieden zwischen Dienstherrschaften und Dienstboten sehr er heblich gestört und bei jeder Beichte ist dem neue Nabrung gegeben worden, und unser streng katholisches Volk i» jeder Gegend geht eben sehr häufig zur Beichte. Ta die Priester insolac des Priestermangels wirklich sehr angestrengt sind in ihren kirchlichen Functionen, so ist eS im höchsten Grade ausfallend, daß sie von jener Ausbisse nichts wissen wollen, und ich habe auch in letzter Zeit noch von Geistlichen meiner Gegend gekört, daß ihnen die Rückkehr der Rctemp- toristen nicht am Herzen liegt. Ich gehe zu einer andere» Thatsacbe über. Zwilchen Ampfing und GarS bat daS Redcmptoristenkloster seiner Zeit zwei Bauernhöfe geerbt. Wer die allbayerischen Bauern kennt, der weiß, welche Ucker- redungSkunst dazu gehört, einen Bauer dazu zu bringen, daß er seinen Hof lieber an das Kloster giebl, als selbst a» den entferntesten wcitschichtigen Vetter. Für diese UeberrediiiigSkuiist in einem solchen Falle giebt eS einen eigenen Ausdruck, den ich nickt gebrauchen will, aber daS Volk, welches viel weniger seinsühlig ist, hat sich durchaus nicht gescheut, die Sache beim richtigen Namen zu nennen. Ich mache die hohen Herren noch auf einen Punct ausnierksam. Bisher ist Bayern trotz der von der Journalistik so genannten Hetzcapläne und trotz einer stark ultramontanen Partei von dem befreit geblieben, was man Culturkampf nannte. Die Garantie, daß daS so bleibt, wird durch die Berufung der Herren Redemptoristen sehr vermindert, denn wir vermehren dadurch die ooclvsia militLu^ die nach meiner innersten Ueberzcugung nicht in, Geiste de-Stifter-der christlichen Kirche vorgehl und kämpft." Mehrfach wurde auch aus eine Schrift eine« trefflichen katholischen bayerischen Priesters Ruland Bezug gencuimeii, welche bei größter Begeisterung für die katholische Kirche und den pricsterlichen Berus in der Behauptung gipfelt, daß die Redemptoristen für die bayerischen Verhältnisse, ür den bayerischen, namentlich fränkischen VolkSgcist sich chlcchtcrdingS nicht eignen. Dasselbe hatte auch König ?udwig l., dem bei aller Vorliebe für die Orden doch die Jesuiten und Redemptoristen zuwider waren, in einer eigen bändig vollzogenen Entschließung an die KreiSregicrung von Obervayern bemerkt. Die Frage wird ja wohl bald den Reichstag beschäftigen; vielleicht sind diese Erinnerungen dabei von einigem Nutzen. * Von Nürnberg aus wird jetzt von deutschsrei sinniger Seite der Versuch unternommen, eine umsaffcnde Agitation gegen das Invalidität«- und AlterS- versicherungSgesetz ins Werk zu setzen Die Nutzlosigkeit diese« Unternehmen« bat sich soeben im ReickStagSwablkrcise Bahreutb gezeigt, wo die Freisinnigen dieses AgilalionSmittel mit ganz besonderem Eifer verwendet und dock eine gewaltige Niederlage erlitten haben. DaS Gesetz ist freilich nickt voll kommen, eS ist auch noch nicht populair und die damit notb- wendig verbundenen Opfer und Belästigungen mögen in manchen Kreisen bi- zur völligen Eingewöhnung einen günstigen Boden für eine derartige Agitation schaffen. Die frivol und zugleich wie nutzlos aber gleickwvbl da« Unternebmen ist, dies Gesetz wieder abschaffen zu wollen, darüber können sich die Deutschfreisinnigen von den Socialdemokratcn belehren lassen, welche, obwohl ibre Vertreter iin Reichstag gegen daS Gesetz wegen seiner Mängel in der Ausführung gestimmt haben, doch jetzt zu demselben einen anerkennen-wertb verständigen und besonnenen Stand punct eiiinehmcn So schreibt die socialdemokratische »Frank Tagespost": „Wir sagen unS: DaS Gesetz ist da. Sein Gruadprincip ist gut. Ausgrboben wird eS auch trotz stür mischer Agitation nicht Verwenden wir also unsere Kraft lieber dazu, für die Umgestaltung, für die Vcrbcffc rung des Gesetze« zu wirken." Da« Blatt empfiehl! dann eine Erhöhung des Rcichsbeitrag«, eine Vergrößerung der Rente, eine Abkürzung der Wartezeit, eine Erweiterung de- Wirkungskreises, eine Vereinfachung der Organisation. Der „Vorwärts" bemerkt dazu: „Wir können dieser Ansicht nur allenthalben zustimmen. Dir Soeialdewvkratic hat nickt den mindesten Anlaß, die Hatz der Freisinnigen zu unter stützen, r>« im Grunde der Dinge auf weiter nichts als ge me,neu Bauerusaog huma-laust. Dieselben Freisinnigen, denen heute daS Gesetz in Ermangelung besserer Agitation« mittel gerade gut genug zu einem solchen dünkl, würden morgen früh dasselbe Gesetz in allen Tonarten preisen, wenn sie wüßte», daß sie dadurch ei» Ministerportefeuille ergattern könnten." Auch die demokratische „Franks. Ztg" spricht sich ehr ablehnend gegen diese Agitation auS. * Aus einem Privatbriese des Or. PelerS wird Folgendes mitgelbrilt: Krlimondscharo-Ltatio», den 27. Lctvbcr 1891. Ihr Schreiben vom 27. August habe ick vor einigen Tagen er hallen. Eben war eine Gesandlschasl aus Roinbo-Kulia bei mir. Tie Lumpe wollen sich jetzt unterwerfen. Ich habe sie am 27. Sep- lember auch gehörig geschlagen Wir haben von 8 Uhr Morgens bis 3 Uhr Nachmittags gefachten und 120 Mensche» er- schossen. Gemeinere Völker an Tücke, BoSheil und Mordlust habe ich in Afrika nicht gesunde». Was waren das wieder für ordinäre Artikel betreffs meiner völlig aus der Lust gegriffenen Massai-Geftchte. Ich glaube nicht, daß ich in der Heimaih jemals eine obieclivc, billige Beurlheilung finden werde. Nach beiden Seiten lminer Ueber- trcibungcn! Die Welt ist vier schön und vornehm. Ich habe mich hier ver schanzt, wie Friedrich der Große bei Bunzclwitz. Ich liege hier mit etwa 3b Mann und glaube jetzt doch dafür siebe» zu könne», de» Kamps mit Tausenden aiiszunctnnerr. Die Zelewski'sche Kata lrophe beweist wieder einmal, wie viel weniger eS hier bei der Kriegführung aus Zollten, als aus Organisation und Führung an kommt. Was 500 Mann pajsiren konnte, konnte eben so gut 5000 geschehen. * Die „Kreur-Ztg " wendet sich an die antisemitischen Prcßorgane, welche sich die Bespöttelung alltcstamcnta- riscker Personen zur Aufgabe machen, daß die« vom christlichen Standpuncte aus nicht zugelaffcn werden könne. * I>r. Moritz, der Ckefarzt de« Krankenhauses zu Pilchowitz, bat daS ihm vom Cenlrum angeborene Reichs tags in and at von Rybnik Pleß abgelehnt. * Major von Wissmann ist zwar immer noch an gegriffen, aber doch so weil wieder hcrgestcllt, baß er bereit« daran denkt, mit 1)r. Bumiller zusammen einen Ausflug den Nil hinauf zu machen. Allerdings ist die Abreise nicht vor Zanuar zu erwarten. Die sür die Schutztrudpc angcworbenen 300 Sudanesen werde» bestimmt die letzten sei», da die cgyptischc Negierung erklärt bat, künftig keine Anwerbungen mehr zu gestatten. Sie sink am Anfang der vergangenen Wecke »»ter Führung de« HauptmaniiS von Perbandl nach Ost-Asrika abgercisi. * Die „Post" bemerkt zu dem Projekt der Begründung einer großen neue» Conservativcn Zeitung Berlin: Ob das periodisch wiederkchrende Gerücht von der Gründung einer großen conservaliven Zeitung mit ausgesprochen regierungs- lreundticher Tendenz sich dieies Mat bestätigt, mag dabin gestellt sein Wir Koben zu wiederholten Maten loraiil bingewicse», wie »ußlich es sur die gemäßigte Richtung in der konservativen Partei, als deren Hauploenrcter Herr von .Helldorss gilt, ist, in der bauptstädtischen Presse nicht vertreten zu jeni, während die extreme Richtung über die hauplslädlischen Blätter ver- sügt. Bei dem llebergewicht. welches die Berliner Presse naturgemäß in Bezug auf die Einwirkung aus die politiichen An schauungen und Auffassungen über die Provinzialpresse besitzt, er wachten auS der einicuigen Vertretung der conservativen Interessen in der hauptstädtischen Presse nicht nur häufig Schwierigkeiten betreffs des freundnachbarlichen Zusammenwirkens mit der conser valiven Partei, sondern es liegt auch die Befürchtung nahe, daß in der Bevölkerung die Anschauungen der ,,Kreuzzeit»ng" die ge mäßigteren Anschauungen verdrängen, während zugleich die Anglle- derung mancher Elemente, welche wohl mit gemäßigt konservativen Anschauungen, nicht aber mit denen der „Kreuzztg " sich befreunden könnten, an die Partei verhtildert wird. Diese Uebelstände treten angesichts der Minorität, in welch« die gemäßigtere Richtung bei Gelegenheit der Handelsverträge geratbcn ist. besonders deutlich n, Erscheinung und eS mag datier da« Be- dürsniß der Abhilfe noch stärker als sonst empfunden werden, ob wohl gerade ln der Frage der Handelsverträge die hauptstädtische konservativ« Presse sich spaltete nnd der Reichsbote wiederholt der sehr scharf ablehnenden Haltung der „Kreuzeiliilig" entgegentrat. Mlt dem letzten Umstande hängt wohl auch die Ansicht zusammen, daß das neugcplante konservative Preßunternedmen mit dem Rcichsboten wenigstens in redactioncllcn Zusammenhang gebracht werden solle. Ungleich schwieriger ist es, die vorhandene Lücke der hauvt- städtiichen Presse befriedigend auszusüllen. Die bisher gemachten Versuche laden zur Fortsetzung gerade nicht rin, und ob der politische Wind letzt die Segel eines gemäßigte» cvniervativen Blattes kräftiger schwellen wird, als zur Zeit deS verflossenen Deutsckien Tageblattes, ist mindestens zweifelhaft * Zn der Meldung, eS stehe in nächster Zeit die Heraus gäbe eine« neuen großen conservativen Blattes in Berlin bevor, schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": „Diese Meldung beruht ersichtlich ans einem Jrrthum, der gerade dadurch, daß er von der „Nationalliberalen Korrespondenz ' verbreitet wird, befremdend wirkt. So viel aus unterrichteten Kreisen verlautet, besteht der Plan, ein nationalliberales Blatt zu begründen. Der Plan soll schon so weit gediehen sein, daß man sür das neue Blatt die Redakteure sucht. Das Blatt soll augen scheinlich dazu bestimmt sein, der nationalliberalen Tendenz in unseren Finanz- und damit zusammenhängenden Regionen zum Ausdruck zu verhelfe». Daß zugleich eine Anlehnung an Rcgierungs- kreise beabsichtigt wird, haben auch wir erwähnen hören. Conser- vative Kreise aber haben unseres Wissens mit der Cache nicht das Geringste zu schaffen." * Wer glauben würde, die CcntruinSpresse jubele über die Annabnie der Handelsverträge, könnte vielleicht durch folgende Auslassung der „Köln. VolkSzeitunz" enttäuscht werden: „Tie Erhebung deS Herrn von Caprivi in den Grasenstand ist eine etwas überraschende Auszeichnung. Nicht alS ob dem „schlichten, preußischen General" die Ehre nicht von ganzem Herzen zu gönnen wäre, aber un» grauet etwas „vor der Götter Neide . Was wird, so könnte man fragen, in einigen Iabren sür Herrn v Caprivi noch zu itm» übrig bleiben, wenn er eS nach dreivierleliähriger Kaazler- schait schon zu einer Standeserhohung bringt, die sein Vor gänger erst noch einem siegreichen Kriege errang? Freilich sind uns die un Frieden errungenen Auszeichnungen unvergleich lich lieber als die kriegerischen Lorbeeren. Auch der Kailer hält, wie leine Reden bezeugen. das Werk der Handelsverträge sur ein weltgeichichtliches Ereigniß. das einem Kriege nicht nach- siedt. Die darin sich ouss-rechende Grundanschauung loben nur, wenn uns auch dir Art, wie sie zum Ausdruck kommt, etwas überschwänglich erichrtnt. Ob es sich La um eine „geradezu rettende Thal" bandelt, „die für alle Mit- und Nachwelt als eines der be deutendsten geschichtlichen Ereignisse dastehen wird", kann doch erst die Zukunft (ehren. Wir möchten auch annehmen, daß die bejte» -
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