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120 Mittwoch, den 27. Mai 1800 erscheint tätlich, mil Ausnahme der Komi- und Lesttuge, adcndi sür den sol» gcnden Tag. Dreis »ierteljährltch t M. so Psg., monatttch so Pfg., "Sinzel-Nrn. b Pfg. vcslellungen mchmen alle Post onstallen. Postboten rund dlc ?l>,Sgabe- ftellcn der Tage- dlatter an. 10 Pfg- Slngesandt und Flamen unter de« «Inchalttge Serpud- U M» »ro Inserat A Pf,. «Nra -^4^- o Kleinster Inseraten» L » betr„«>P„. »L » /T Komdlljlert« ^ezirksM^ Amtsblalt der Königs. Amtahmiptmannschast MH«, der Königs. Amtsgerichts Mtd de« Ätadtrat« M Frankenberg. örtliches «n» SSchsischeS. n.u Frankenberg. 26. Mai 1896. -j- Die beiden Pfingstfeiertage waren leider nur wenig von der Witterung begünstigt. Wiederholt traten am ersten Feiertag sowohl vormittag- wie in den ersten Nachmittagsstunden Regenschauer auf, und auch am zweiten Feiertag vormittag blieb ein anhaltender Sprüh regen nicht aus, während der Himmel sich fast ohne Unterbrechung stark umwölkt oder wenigstens bedeckt zeigte, sodaß ein warmer Sonnenstrahl zu den Selten heiten gehörte. Die beliebten weiteren Ausflüge dürsten deshalb zumeist unterblieben sein, und auch die Besitzer von Gartenrestaurants werden wohl kaum mit Froh- locken auf Pfingsten 1896 zurückblicken, da bei der in folge der durchnäßten Erde empfindlichen Kühle im Freien den Jnnenräumen der Gasthäuser der Vorzug gegeben wurde Der heutige dritte Feiertag läßt sich besser an und bestätigt völlig unsere in der Pfingst nummer veröffentlichten Witterungsaussichten, wonach sür die ersten zwei Pfingstfeiertage trübes, regnerisches Wetter vorausgesagt wurde, während am Dienstag Aufhei terung erfolge. Leider kommt der Witterungsumschlag sür die meisten und gerade sür diejenigen Menschen, denen die Gelegenheit zu einem frohen Pfingstausflug in eine sonnige Natur besonders zu wünschen gewesen wäre, zu spät, denn nur wenigen ist es vergönnt, die Zahl der offiziellen zwei Feiertage nach Belieben zu erweitern. -s Auch in diesem Jahre werden denjenigen Mili- lärinvaliden, welche in den Feldzügen gesundheitliche Nachteile erlitten haben, freie Badekuren in Ems, Kreuznach, Langenschwalbach, Nauheim, Neudorf, Norderney, Oeynhausen, Pyrmont, Teplitz oder Wil dungen bewilligt. Alle näheren Auskünfte darüber erteilen die königl. Bezirkskommandos. — Ja Schönborn brach am Freitag gegen 11 Uhr in dem Wohnhause des Gemeindevorstandes Winkler ein Schadenfeuer aus, welches da- Gebäude völlig einäscherte. Durch energisches rechtzeitiges Eln» greifen der freiwilligen und Pflichtfeuerwehr zu Schönborn wurde der Brand auf seinen Herd be schränkt. Auswärtige Feuerwehren trafen ein von Zschöppichen, Sachsenburg und SeiferSbach. — In der letzten Stadtgemeinderatssitzung inMei- ß e n wurde die Pensionierung des Bürgermeisters Schiff ner vom 1. Januar 1897 an ausgesprochen mit dem Ausdruck des Dankes für die Verdienste, die er sich in gesunden Tagen um die Stadt erworben. Als Pen sion wurden bei 22 bis 23 Dienstjahren 44 Hundert- fiel des Gehaltes von 6600 M festgesetzt. Die Vor mundschaft über Bürgermeister Schiffner ist vor etwa 14 Tagen aufgehoben worden ; er hat sich von der An- stalt Sonnenstein nach der vr. Hauptschsn Anstalt in Tharandt begeben, um dort seine völlige Genesung ab- zuwarlen. Für August ist die Neubesetzung des Bür- germeisterpostenS in Aussicht genommen. ES dürfte sich aber nur um die Wahl eines ersten juristischen Stadt rats handeln, da sür den Bürgermeisterposten kaum ein Anderer als der neugewählte Stadtrat vr. Ay Crim mitschau, der am 15. Juni sein Amt antrilt, in Frage kommt. — Der Verband deutscher Beamtenvereine wird seine diesjährige Hauptversammlung unter Vorsitz des Ministerialdirektors vr. v. Woedke am 6. und 7. Juni in Halle a. S. abhalten. Am Abend zuvor wird eine Vorbesprechung über Bau- und andere An gelegenheiten staUfinden. — Die Wohnungsnot in Plauen i. V. ist so groß, daß die dortige Weibwarenindustrie schweren Schaden dadurch leiden kann, falls keine Abhilfe ge- schaffen wird. AuS diesem Grunde hat sich eine Bau- gesellschaft begründet, welche sogenannte Familienhäuser errichten will. — Die vogtländische Perlenfischerei in der Wei ßen Elster hat im vergangenen Jahre im Vergleich zu den Vorjahren eine günstigere Ausbeute geliefert; die Nebenbäche der Weißen Elster zwischen Adorf und Plauen haben dazu wesentlich beigetragen. Unter wie bescheidenen Ansprüchen schon diese alte Perlenfischerei immerhin zu arbeiten pflegt, beweist die Thatsach«, daß im ganzen nur abqeliefert worden sind im Jahre 1893 55 Perlen, in 1894 sogar nur 13, während daS Jahr 1895 deren 68 ergab, nämlich 21 Helle, 22 halb- Helle und 25 ganz trübe oder verdorbene. — Im Prozesse gegen den Raubmörder Joseph Kögler vor dem Schwurgericht zu Reichenberg war am Sonn abend, dem letzten Verhandlungstage, der sonst nur gegen Karten zugängliche Gerichtssaal frelgegeben. Ein riesi ger Menschenandrang hielt jedes Plätzchen im Gerichts- saale besetzt. Nach 4zstündiger Beratung verkündeten die Geschworenen ihren Wahrspruch und bejahten bis auf das Verbrechen des Diebstahles bei Urban in Ringen hain, den räuberischen Ueberfall der Eheleute Watzek, den Diebstahl bei Richter-Alt-Hörnitz und den Raub an Kapras alle Hauptfragen, darunter die wegen Naub- mordversuch an Emilie Wawerfich einstimmig, wegen deS Raubmordes an Georg Rauchfuß mit 8 gegen 4, wegen des Raubmordversuches an Marianna Rauchfuß, mit 9 gegen 3 Stimmen. Der Staatsanwalt stellte den An trag auf Verhängung der Todesstrafe; der Verteidiger machte geltend, daß Kögler in Algier wegen Desertion 60 Tage in Eisen saß und in Thun (Schweiz) wegen Ausbruch aus dem Gefängnis eine Korrektionsstrafe mit zehn Tagen erhielt, wegen dieser Vorstrafen daher nicht zum Tode verurteilt werden könne. Der Vorsitzende brachte nun zur allgemeinen Uebrrraschung eine Zu schrift aus Schwarzenberg zur Kenntnis, daß Kögler dringend verdächtig sei, am 19 August 1894 einen Raubmord an dem Goldschläger August Hofmann aus Schwarzenberg i. S. nächst Ebersbach i. S. verübt zu haben. (Kögler zuckle dabei auffallend zusammen, lächelte aber gleich wieder höhnisch) Um H6 Uhr abends er folgte das Urteil, nach welchem Kögler zum Tode durch den Strang und dem Ansuchen der Staatsanwaltschaft nach Vorbehalt der Verfolgung Köglers wegen des obigen Mordes staltgegeben wurde. Tagesgeschichte Deutsches Reich. — Zu der vom Reichskanzler Fürsten Hohenlohe im Reichstage abgegebenen Erklärung über die Mi- litärstrasprozeßreform bemerken die „M. N. N." an scheinend offiziös: Zu allgemein ist eS doch bekannt, daß Fürst Hohenlohe nicht der Mann ist, derartige Zusagen zu machen, ohne sich seiner Sache vollständig versichert zu Haven. Fürst Hohenlohe ist, wie alle Welt weiß, ein entschiedener Freund der MilitärgerichtS- resorm; dem Reichstage lediglich seine persönlichen Wünsche und Hoffnungen mitzuteilen, wäre also ganz zwecklos gewesen. Seine E:klärung kann deshalb gar nicht anders ausgefaßt werden, denn als die Bestäti gung, daß an der entschiedenen Stelle das besürchtete Hindernis für die Reform nicht oder nicht mehr vor- Händen ist. Schließlich sei noch bemerkt, baß der Reichskanzler zu seiner Erklärung ausdrücklich er mächtigt war. Wesentlich vorsichtiger drückt sich der „Hamb. Korr." aus, der ausführt, daß man Gewiß- heit in der Resormfrage erst mit der Einbringung der Vorlage, deren Entwurf im Herbst vorigen Jahres die Zustimmung des preußischen StaatSministrriumS erhalten hat, im Bundesrate erlangen — also schwer- lich vor Abiaus der Sommerserien dieser Körper schaft. — Militärische Schutzmaßregeln gegen die Spionage. Durch kaiserliche KabineltSordre an die kommandierenden Generale deS 15. und 16. Armeekorps in Straßburg und Metz sind in Elsaß-Lothringen verschiedene neue Schutzmaßregeln gegen die in letzter Zeit häufiger ver suchte Spionage eingesührt worden. So ist das Be treten der FortS, Befestigungswerke, isolierten Vertei- digungSwerke u. dgl. absolut Zivilisten untersagt, welcher Nationalität sie auch seien. DaS Betreten der Kasernen Unternehmern streng verboten, bet d«» FestungSarbelten ausländische Arbeiter zu verwenden, nn^ deutschen Unternehmer muß seitens der Militärbehörden eine verschärfte Ueberwachung eintreten. Auch bezüglich der Unterhaltung über militärische Angelegenheiten im öffentlichen Leben find den Militärangehörigen besondere Beschränkungen auferlegt worden. Oesterreich-Ungarn- — In Wien hat daS Leichenbegängnis de» Erz herzog- Karl Ludwig unter großer Teilnahme der Bevölkerung stattgefunden. In der Kapuzinerklrche erfolgte die Einsegnung der Leiche, woraus der Sarg unter Trauergebeten und Fackelbeglettung in die Gruft hinadgetragen wurde. Kaiser Franz Joseph und die Erzherzvae folgten dem Sarge, während die fremden Fürstlichkeiten, die Minister, daS diplomatische Korp- u. s. w. bereits in der Gruft versammelt waren. Die Beisetzung erfolgte unter den üblichen Zeremonien. — Auf Entschließung deS Kaiser- ist daS Straf- verfahren gegen die Minister Fejervary und Jofika wegen Duells niedergeschlagen worden. — In Wien Haden noch vor den Feiertagen Ver handlungen wegen Abschlusses eines Tarifvertrages mit J-pan begonnen. — Wien hat jetzt neben dem antisemitischen ersten Bürgermeister zwei antisemitische Vizebürgermeister. Am Freitag wurde zum ersten Vizebürgermeister vr Lueger mil 95 gegen 41 Stimmen gewählt. Die Liberalen stimmten sür Vogler; mit dem gleichen Stimmenver hältnis wurde Neumayer zum zweiten Vizebürgermei- ster gewählt. Beide wurden durch den Vertreter der Negierung, von Friebels, vereidigt, vr. Lueger legte in seiner Antrittsrede daS Hauptgewicht auf die Finanz frage und betonte die Notwendigkeit einer Revision des lückenhaften GemeindegesetzeS, welches der Regie rung die gänzliche Aufhebung der Gemeindeselbstver« waltung ermögliche; ferner wies Lueger auf die Not wendigkeit einer Reform der Wahlordnung hin in der Richtung, daß sie alle BevölkerungSkreise umfasse, und sagte eine objektive und Parteilose Leitung der Verhand lungen und Behandlung der Beamten zu. — Die Rede Neumayers betonte den deutschen Charakter Wien-, sowie dessen Eigenschaften als R-ichShauptstadt, die freie Schule, die Fre heit d.S LehrstandeS, die Bewahrung der deutsch - nationalen Erziehung der christlichen Jugend vor jüdischem Einflüsse, die wirtschaftlichen Aufgaben und die Abhilfe der traurigen Lage deS gewerblichen Stande-. Das ist gewiß ein gesundes und lebensfähiges Programm, und da die geeigneten Männer jetzt daS Heft in der Hand haben, so steht sür die deutsch« und christliche Sache in Wien und in Oesterreich gewiß eine bessere Zukunst in Aussicht. Frankreich. — In Paris giebt man sich gegenwärtig, wo der Zar in Moskau feierlich gekrönt wird, die erdenklichste Mühe, dem Kaiser von Rußland seine tiefste Ergeben heit zu bezeugen. Den Zaren zum Chef eines franzö sischen Regiments zu ernennen, erscheint nicht angängig, da eS den russischen Traditionen widersprechen würde, dem bürgerlichen Präsidenten einer Republik die Ehre der Ernennung zum Chef eines russischen Regiment- zu erweisen. Man will sich daher damit begnügen, am Krönungstage, dem 26. Mai, womöglich sämtliche Häuser in Frankreich mit Fahnen tn russischen Farben zu schmücken. Jedenfalls wird am KrönungStage des rus sischen Zaren ein größerer Flaggenschmuck entfaltet werden, als es bet irgend einer einheimischen Feier der Fall sein würde. Grohbritmmiett. — Dem englischen Unterhause ist eine Riesenpeti- «on zu gunsten des Wahlrechte- der Frauen zuge gangen. Die erste Petition, die vom Parlamente daS Wahlrecht für die Frauen verlangte, wurde den Com-