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Wir haben hier nicht mehr das A-b-c, die noch schmucklosen, ermüdenden Vorhallen der Wissenschaft durchzumachen, wie beim regelmäßigen Studium derselben, sondern werden an der Hand jenes Heros, dessen ganzes Leben eine Reihe der großartigsten Thaten und Entdeckungen in jenem Kreise ist, gleich in das innerste Heilig- thnm und dessen Schätze tingeführt. Man kann daher sagen, daß die Lebens geschichte eines solchen Mannes in doppelter Beziehung lohnend ist: wir lernen erstens eine große Persönlichkeit kennen, und zweitens einen Theil des Gebiets, in welchem er neue Bahnen eröffnet. — Herschel's Leben und Arbeiten haben an Arago einen würdigen Darsteller gefunden; wir versuchen es, das An ziehendste aus der betreffenden Schrift °) unseren Lesern mitzutheilcn. William Herschel wurde den 18. November 1738 in Hannover geboren. Von seiner Familie ist nur wenig bekannt. Sein Urgroßvater Abraham Her schel mußte, wie eS heißt, wegen seiner Anhänglichkeit an die protestantische Lehre Mähren verlassen. Sein Sohn Isaak war ein Pächter in der Nähe von Leipzig, von wo sein ältester Sohn, Jakob Herschel, später nach Hannover ging, indem er den Ackerbau mit der Musik vertauschte. Jakob war ein guter Musikus, aber bei seinen schwachen Mitteln nicht im Stande, einer Familie von zehn Kindern, sechs Knaben und vier Mädchen, eine genügende Erziehung zu geben, doch erwarben sie alle von ihm einige Geschicklichkeit in seiner Kunst. Wilhelm, der dritte Sohn, zeigte schon in der Jugend große Fähig keiten; er lernte Französisch und studirte die damalige (Wolff'sche) Philosophie, wodurch er einen Geschmack für Metaphysik gewann, der ihn später nie verließ. Im Jahre 1789 kam Wilhelm Herschel, danials einundzwanzig Jahr alt, nach England, den Spuren seines ältesten Bruders Jakob folgend. Zwei Jahre lang hatte er hier mit widrigen Umständen zu kämpfen, bis endlich Lord Darlington ihn als Musiklchrcr bei einem im Norden stationirtcn Regi ment anstellte. Die Fähigkeiten des jungen Mannes machten sich jetzt geltend, und im Laufe des Jahres 1768 wurde er zum Organisten in Halifar erwählt. Die Muße und die verhältnißmäßig reichlichen Mittel, die ihm diese Er nennung verschaffte, benutzte er zu weiteren Studien. Er lehrte sich selbst Jtaliänisch, Lateinisch und sogar ein wenig Griechisch; noch bewundernswür diger aber ist es, daß er Smith'S Harmonik oder Philosophie der Musik, ein tiefes und schweres Werk, das bei dem Lernenden bedeutende Kenntnisse in Geometrie und Algebra voraussetzt, gründlich studirte. Im folgenden Jahre, 1766, bekam Herschel das Amt eines Organisten in der Oktagon-Kapelle in Bath, einen noch lukrativeren Posten als den, welchen er bisher eingenommen. Eine so schnelle Beförderung zeigt, daß seine ausge zeichneten Talente schon Anerkennung fanden. Er bewegte sich jetzt mitten unter fashionabler Gesellschaft und war beständig mit der Anordnung von Konzerten und Oratorien oder mit den zahlreichen Schülern, die ihm seine Beschützer aufdrängten, beschäftigt. Man kann kaum begreifen, wie Herschel mitten unter so mannigfachen Bcrufsgeschäften im Stande war, die Studien fortzusetzen, die schon in Halifar eine ungewöhnliche Willenskraft und Beharr lichkeit bei ihm voraussetztcn. Er wandte sich jetzt von der Mathematik zur Optik, der ersten und vornehmsten Quelle seines Ruhms, und zwar kann man annehmen, daß dabei der Gang seiner Studien folgender war: Die Musik hatte ihn zur Mathematik oder, mit anderen Worten, zum Studium der Harmonik von Smith geführt. Dieser Robert Smith war auch Verfasser eines „vollständigen Systems der Optik", welches damals wohl das beste in seiner Art war. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Herschel beim Studium der Harmonik eine solche Achtung und Vorliebe für den damals noch lebenden Verfasser gewann, daß er von der Philosophie der Musik zur Optik überging, dem Werk, auf welchem Smith'S Ruf vorzüglich beruhte, und sich so unwill kürlich zu der Laufbahn vorbereitete, auf der er bald so viel Lorbeern ärndten sollte. ': ^ual^so jüotorigu« ei eritlgu« sie I» vi« «t äe, travaux üe 8ir rVillixm Hersvliel. ksr U. Ein zwei Fuß langes reflcktirendcS Teleskop war Herschel in Bath in die Hände gefallen. Damit sah er zahllose Sterne am Himmel, deren Eristenz er früher kaum geahnt hatte. Eine neue Schöpfung schien sich ihm aufzuthun. Er war ganz Entzücken und Begeisterung, und schrieb sofort nach London nach einem Instrument von ähnlicher Construction, aber größerem Umfang. Doch der Preis desselben ging weit über seine Mittel hinaus. Durch diese Schwie rigkeit eher entflammt als abgeschreckt, faßte er den Entschluß, da er ein großes Teleskop nicht kaufen könne, sich selbst eins zu machen. Bon diesem Tage an widmete der Organist der Oktagon-Kapelle seine ganze Muße und Energie der Anfertigung von Metallspicgeln. Er machte Experimente, nm die beste Com- Position des Metalls, die beste Form des Spiegels und die beste Polirmethode zu finden. Er arbeitete mit einem Enthusiasmus, der sich nicht an Schwierig keiten kehrte. Er machte nicht weniger als zweihundert Mctallspiegcl von sieben Fuß Brennweite, hundertundfunfzig von zehn Fuß, und gegen achtzig von zwanzig Fuß Brennweite. Beim Polircn der Spiegel arbeitete er mit solchem Eifer, daß er nicht einmal Nahrung zu sich nabm, bis das Ganze voll endet war, obgleich dies eine Arbeit von zehn, zwölf, ja vierzehn Stunden erfordert. Im Jahre 1774 hatte er das Glück, den Himmel mit einem Tele skop von fünf Fuß Brennweite, das ganz von ihm selbst gemacht war, zu be obachten ; dann aber ging er fort zu Instrumenten von zehn und selbst zwanzig Fuß Brennweite. Die spottlustige Welt fing schon an, diese gigantischen Vor bereitungen des sternguckenden Musikers zu belächeln ; aber ein glücklicher Treffer erhob ihn auf einmal in der allgemeinen Achtung zum Rang eines Astronomen. Am 13. März 1781 entdeckte er einen neuen Planeten an den äußersten Gränzen des Sonnensystems. Georg III., dem zu Ehren der neue Stern Ovurgium 8IÜUS genannt wurde, und welcher, wie Herr Arago sagt, eine besondere Vorliebe für alles Hannoversche hatte, schüttete auf den neuge schaffenen Astronomen die namhaftesten Gunstbezeugungen herab. Er wies ihm eine Pension von dreihundert Pfund jährlich an und eine Wohnung bei Windsor, zuerst in Clai-Hall, dann in Slough. „Die Erwartungen Georg'S III ", sagt Herr Arago, „sind vollständig in Erfüllung gegangen. Man kann von dem Garten und der kleinen Wohnung in Slough behaupten, daß er der- jcnigc Ort in der Welt ist, an welchem die größte Anzahl von Entdeckungen gemacht worden. Der Name dieses Dorfs wird nie untergehcn; die Wissen schaft wird ihn gewissenhaft der spätesten Nachwelt überliefern." (Fortsetzung folgt.) Philosophische Gedichte von Alfred de Vigny. Seitdem die Poesie Hand in Hand mit der Politik unserer Tage gegangen ist, wird cs nicht in Erstannen setzen, daß sie auch mit der Philosophie gemein, schaftliche Sache macht. Ob sie in dieser unpassenden Gesellschaft nicht an ihrem Wesen Schaden leidet, wollen wir dahingestellt seyn lassen, da die hier mitzuthcilenden Proben ihrer neuen Gattung das Urtheil erst bestimmen müssen, nur wollen wir diesem insoweit vorgreifcn, daß wir unseren Lesern in Erinne rung bringen, wie der leider zu früh verstorbene Dichter Friedrich von Sallct als poetischer Philosoph ungleich höher stand als sein Französischer Nach folger, und daß auch Leopold Schefer ein Mehreres und Besseres in derselben Gattung geleistet hat. Alfred de Vigny ist übrigens durch seine Romane und durch sein Drama „Chatterton" den ersten Schriftstellern des jetzigen Frankreichs beigezählt; jedoch bezweifeln wir es einigermaßen, ob er seinen Ruhm erhöhen wird durch seine poöm«-8 plnloznplügueü. Das hier folgende ist von den bisher erschienenen unstreitig das beste: Am Oelberge. I. Und e» war Nacht — der Heiland wandelte allein, Ein weiß Gewand hüllt' wie ein Sterbckleid Ihn ein. Am Hügel lag die Jüngcrschaar in tiefen Träumen, Und schaurig seufzt der Wind in den Olivcnbäumcn. Mit weiten Schritten wandelt Jesu- unter ihnen Und hebt wie sie; die Augen trüb und finster schienen, Die Stirn gesenkt, gekreuzt die Arme auf der Brust, Betrübt zum Tad; al- hält' er bergen sich gemußt In Nacht, eilt über wohlbekannte Felsenpsade Er gen Gethsemane, dem heil'gen Ort der Gnade; Er beugt sich, knie«, zur Erd' die Stirne senk, er, Dann, Vater! rufend, himmelwärts die Bliäe lenkt er —