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62. Jahrgang. 280. Drahtanschrift! Nachricht«» Der«««». Fernsprecher-Sammelnummei:: «ar für SlachtgesprSch«: U»tz1L> Donnerstag, 11. Oktober 1Y17. O-gr-ünSet L8S« /<L /»«/ /VS/17//S/'/ Schristlritung und Hauptgeschäftsltell«: Marieaftratz« »8^40. Druck u. »«lag van Liepsch » Reichar»t in Dresden. BezugS'Gebühr SW ^.'ch^!7°?n;AAÄ I Anzeigen-Preise. Rachdruck nur mt> deuüitzer Omll-nangebe l.Drudner Nachr."> flüssig. - llnoerlangte SchrilMcke werden nicht anfbewahr«. So»»- n «elegdl. IVPj Erfolgreiche Znsanteriekömpse östlich der Maas. Die Mderftaadskraft unserer heldenhaften Flandernarmee. — Die Frattlonssöhrer im Reichstag über die auswärtige Politik. Aas Vereins- uud Versammluugsrecht vor dem Reichstag. - Die Laten des „Seeadler". - Beratungen im russischen Hauptquartier. -er deutsche Abeudbericht. Berlin, 10. Oktober, abe«bS. (Amtlich. W. T. R.) I» Flandern wechselnd starke Fenertätigkeit. Am Uhanme»Walde» östlich der Maas» für »«S erfolg» reich« örtliche JnfanteriekLmpfe. I« Oste» nicht- von vedentnng. Sefterrrichisch-MMrischer Kriegsbericht. Wie», 10. Okt. Amtlich wird verlantbart: RlrgendS besondere Ereignisse. sW. T.B.) DerChes deSGeaeralftabS. Arrsale und Wirrsale. Die stürmische Reichstagssttzung vom Dienstag, in der vieles gesagt worden ist, was das Urteil weitester BolkS- kreise über diesen Reichstag neu bekräftigt, unseren Fein den freilich wie EngelSmusik in den Ohren geklungen haben wird, hat einen „versöhnlichen" Abschluß gefunden durch die Debatte über die auswärtige Politik. Herr v. Kühlmann hat fett seiner Europa-Rede im HauvtauSschutz das Ohr der Volksvertreter, er erfreut sich so sehr der Gunst beS „Berliner Tageblatts" und des „Vorwärts" ja der Mehr- Hett überhaupt, Latz nach dem EntrüftuugSsturm vom Sonn abend, wo man hier und dort bereits mit einer neuen Krise rechnete. Herr v. Kühlmann als präsnmptiver Erbe -es Kanzleramtes genannt wurde. Altmodische Politiker, die die Staatsmänner danach beurteilen, was sic sachlich geleistet und erreicht haben, könnten nun zwar fragen, welche Ver dienste Herrn v. Kühlmann zu dieser hohen Anwartschaft berechtigten, und würden, außer zwei Reichstagsreden, über die man geteilter Meinung sein kann, schwerlich eine positive Antwort finden; aber darauf kommt eS bei uns heute offen bar nicht so sehr an. Der Reichstag oder wenigstens die Mehrheit ist ja so bescheiden in ihren Ansprüchen, voraus gesetzt, daß ihr der Mann nur sonst genehm ist und vom Dogma des IS. Fuli nicht abiveicht. Und das trifft ia. gott- lob. bei dem Staatssekretär des Aeutzeren zu. Wir halte» nun wenig von dem Werte allgemeiner Dogmen und Doktrinen in -er Politik und ziehen vor, zu fragen, was tatsächlich ist. Und da mutz gesagt werden. Satz der Staats- sekretLr dcS Auswärtigen, -er unter lebhaftem Beifall des Reichstages in seiner Antrittsrede erklärt hat. e- müsse ver mieden werden, datz neue Feinde gegen das Reich auf. ständen, feine Rede am Dienstag mit der Mitteilung von dem Abbruch der Beziehungen mit Peru und Uruguay be. ginne« mutzte. Das möge» unvermeidbare Ereignisse ge wesen sein, immerhin läßt eS sich denken, daß der Verband, eben weil er wußte, wie viel Herrn v. Kühlmann an der Haltung der Neutrale« lag, alle Hebel in Bewegung ge. setzt hat. um weitere kleine Staaten an sich zu ziehen, sei es auch nur in der Hoffnung, von Deutschland irgendwelche Zugeständnisse in Sachen des Unterseekrieges auf diese Weise zu erpressen. Die Art. wie die peruanische Regierung die vollständig rechtmäßige Versenkung -es Seglers „Nor ton" auSzubeuten sucht«, läßt fedenfalls einen derartigen Schluß zu. Die Herren verlangten als Preis für ihre Neu tralität, von der sie ta annchmen mutzten, daß sie der deut schen Regierung sehr teuer sei. nichts weniger als die Durch löcherung des Unterseekrieges. Selbstverständlich konnte er nicht bezahlt werden. Herr v. Kühlmann mutzte weiter erklären, baß sein Bemühen, einen Gedankenaustausch mit feindlichen Staats männern herbetzuführen, seit der Beantwortung der Papst note nicht einen Schritt vorwärts gemacht habe. Es sei »och nicht einmal abzusehen, ob die Gegner die Papstnote überhaupt beantworten werben. „Trotzdem" noch in den letzten Tagen Graf Ezerntn die Bereitwilligkeit der Mittel- Mächte zu einem ehrenvollen Frieden betont habe, sei man Le« Friede« «icht um einen Schritt näher gekommen. Wenn man Nest, wie der „Petit Parisien" zu der Rede des Grafen Ezernin bemerkt, sie „beweise die außerordentliche Müdigkeit beS DonaureicheS noch stärker als btöher", wie der „TempS" aus ihr das Eingeständnis der Niederlage entnimmt und die „Times" Lzernin gegenüber die „Min- -estbedingnngen der Alliierten" betont, dann enthält die Feststellung Herrn v. KühlmannS nichts Erstaunliches mehr — außer dem Wörtchen „trotzdem". Hätte er seine» Satz mit „weil" begonnen, dann wäre die Lage richtig ge- kennzeichnet gewesen. So aber mußten wir es erleben, wke im vierten Fahr« eines Krieges, in dem Deutschland auf allen Fronten Sieger geblieben ist. der deutsche Staats sekretär der Welt versichern muß, Deutschland henke nie mals daran, deutsches Gebiet abzutreten — an die immer und immer wieder geschlagenen Feinde. Dabei kann man es Herrn v. Kühlmann noch nicht einmal zum Borwurf machen, daß er von Elsaß-Lothringen gesprochen bat. Seit dem man in London den Eindruck hat. cs bedürfe nur eines sanften AntippenS, um Deutschland zum vollständigen Ver zicht auf die berühmten „Faustpfänder" zu bewegen, ist es leider so weit gekommen, daß man dort und in Paris glaubt, auch die Forderung auf „Rückgabe" Elsaß-Loth ringens mit Aussicht auf Erfolg vertreten zu können. Mit Recht betonte Herr v. Kühlmann. Elsaß-Lothringen sei Deutschlands Schild, mit Recht betonte er, daß auch wir von „Desanncxion" sprechen könnten, daß uns dabei so schöne Worte wie Toul und Verdun einfielen, er hat aber die Wirkung dieses Satzes sofort wieder aufgehoben durch die Erklärung, „außer dem französischen Wunsche nach Elsaß- Lothringen gebe es kein absolutes Hindernis für den Frie den, keine Frage, die nicht durch Beratungen gelöst werden könnte". Die Feinde verlangen von uns bekanntlich die Bekanntgabe unserer Friedeilsbedingungen im einzelnen, sie werden nicht verfehlen, Herrn v. Kühlmanns Erklärung als ein Nachgeben gegenüber dieser Forderung, als ein neues Friedensangebot anzuschen. Ihnen wirb auch der Gegensatz anffallen zu dem Worte Setz Reichskanzlers von einem «wirklichen Frieden der Kraft" und der Erklärung: „wir bergen unsere Friedenshand in den verschränkten Armen". In der Tat: bergen mir unsere Friedenshand in den verschränkten Armen, wenn Herr v. Kühlmann die elsaß-lothringische Frage als das „Haupthindernis für den Frieden" bezeichnet und damit, vielleicht unbewußt, im Aus lande den Eindruck erweckt, über alles andere ließen wir mit uns reden, das heißt, in allen anderen Fragen seien wir unter Umständen zum Verzicht bereit? Graf Czernin hat am Schlüsse seiner Budapester Rede erklärt, wenn die Feinde die jetzt dargebotcne Friedens- Hund wieder -urückstießen, dann hätten die Mittelmächte volle Handlungsfreiheit. Das Wort hat weder im feind lichen, noch tm nentralen Auslände den Eindruck hervor- gerufen, den der österreichisch-ungarische Minister des Aus. wärtigen wohl erwartet hat. Das Wort ist noch abgc- schwächt worden durch Herrn v. Kühlmanns ausdrückliche und uneingeschränkte Berufung auf das Friedensprogramm der Reichstagsmehrheit. Auch diese Berufung, die selbst redend den stürmischen Beifall des Reichstags ausgelöst hat, steht mit der Kanzlerrede insofern nicht ganz im Ein klang. als Herr Dr. Michaelis die Kundgebung „in ihrem positiven Sinn, in ihrer kraftvollen Seite" faßte — wie er sie versteht. Hiervon hat Herr v. Kühlmann nichts gesagt, dafür hat er es obgolehnt, den Feinden bei der Aufstellung „utopischer Maximal- und Erobernngsprogramme" zu folgen. Das kann man nur loben. Wir glauben auch sagen zu können, daß Herr v. Kühlmann wenig Beifall im deutschen Volke gefunden haben würde, wenn er etwa die Forderung erhoben hätte, Frankreich müsse Burgund wieder abtreten (was ja auch eine „Desannexion" wäre), oder etwa den Kanal bis Brest freigeben, was nach der Kriegslage beurteilt, ungefähr Sen französischen Ansprüchen auf das linke Rhcinufer mit Brückenköpfen auf dem rechten entsprechen würde. Derartige Ziele erstreben wir in Deutschland nicht, auch hegen wir nicht die Befürchtung, irgendeine deutsche Negierung könnte sich in solchen ufer losen Plänen verlieren. Um so wertvoller aber wäre es gewesen und um so nachhaltiger hätte es auch auf den Feind gewirkt, wenn der deutsche Staatssekretär die Sicherheiten betont hätte, die für den künftigen Bestand des Reiches notwendig sind. Das hätte geschehen können, ohne Gefahr zu laufen, Utopien vorznbringen, denn die Sicherheiten, die wir brauchen, die halten mir schon fest in den Händen dank der Tapferkeit unserer Heere. Ans dem Kriegsschau plätze ist, wie der Reichskanzler sagte, die Entscheidung schon zu unseren Gunsten gefallen. Im übrigen aber wirkt der Unterseekrteg in einer Weise, die unsere Feinde in absehbarer Zeit dazu bringen dürfte, diese Entscheidung als gegÄene Tatsache anznerkennen. wofern nicht noch Lurch wettere Reichstagssttzungen. wie die vom Dienstag, ihr sinkender Mut neu belebt wird und sie durch die Hoffnung auf den inneren Zusammenbruch des Reiches angefpornt werden, auch das Letzte daran zu setzen. Es ist selbstver- stündlich, daß derartige Anstrengungen, die heute auch den Engländern blutsauer werden, auch psychische Wirkungen bei den feindlichen Völkern anölösen, daß dadurch der Haß vertieft, der Wunsch nach Rache gefördert, die „Verständi gung und Versöhnung" also, die der Reichstag erstrebt, eben durch den Reichstag immer wieder erschwert und un möglich gemacht wirb. Wo ist der Führer, der den.Ausweg aus diesem Jrrsal und Wirrsal zu zeigen weiß, der den Reichstag an seiner unbewußt kriegSverlängernden Tätigkeit hindert und dem Frieden eine Gaffe bahnt? Verbürgtes zur Kriegsanleihe. I. Die Sicherheit der Kriegsanleihe«. Hierzu führte letzthin in einer Versammlung der Staats» sekretär des Reich, schatzamts, Graf von Roedern, aus: Die Anleihen sind gesichert, formell durch das Ver- sprechen von Regierung und Reichstag, durch den unerschütterlichen Willen beider, gerade denen gerecht zu werden, die dem Vaterland in schwerer Zeit geholfen haben, materiell durch das, was hinter ihnen steht, die Arbeits und Steuerkraft des ganzen deutschen Volkes. H. Kriegsanleihen und Steuerfragen. 1. Hierzu sagte der Präsident des Reichsbank- Direktorium» l)r. Havenstein: Torheit ist die hirnverbrannte Redensart, das Reich würde später den Kriegsanleihezeichnern eine Sonder- stcucr auflcgen; viel näher lieg« der Gedanke, denjenigen, die in der Not des Vaterlandes versagt und, obwohl sie es konnten, keine Kriegsanleihe gezeichnet haben, eine außer ordentliche und nachdrücklich« Steuer als Strafe auszulegen. 2. Der Staatssekretär de» Reichsschatzamte» hat besonders auf den finanziellen Vorteil der Zeichner hingewiesen, die bekanntlich ihre Kriegssteuer mit Anleihen bezahlen können; die SA Kriegsanleihen (und zwar auch die Schuldbucheintragungen) werden zum vollen Nennwert, die 4'/s A Schatzanweisungen der 1., 2., 4. und S. Kriegsanleihe zu 96,50, also IV, A höher, der 6. und 7. Anleihe zu 100 A. also 2A höher, als sie den Zeichner gekostet haben in Zahlung genommen. Um auch den Zeichnern der 7. Kriegsanleihe schon jetzt bei der Bezahlung der Steuern diele Vorteile zu bieten, werden auch die Z w i j ch e n s ch e i n e in Zahlung genommen. 3. Des weiteren hat der R e i ch s j ch a tz s e k re t ä r hierzu ausgcführt: „Die Finanzverwaitung wird bemüht sein, diese Art der Steuerzahlung auch für eine oder die andere dafür ge eignete Steuer nach dem Kriege beizubehaltcn und dadurch der Flüssigmachung der Anleihen einerseits und der Haltung ihres Kurses andererseits zu dienen." Deutscher Reichstag. (Fortsetzung aus dem Vorabenü-Blait.) lDrahtmelduug unsrer Berliner Schrifllcitung.) Berlin, 10. Okt. Mg. Dr. Strescmann fährt fort: Die Erfolge unseres Unterseeboot- Krieges wechseln von Monat zu Monat. Man muß die versenkte Tonnage immer in Beziehung zu der geringer werdenden noch vorhandenen Hanöelstonnage bringen. In Neu seeland lagern unendliche Mengen von Baumwolle, die England nicht hercinkriegen kann. Die Schiffahrt am Suez-Kanal hat sich von 10 Millionen auf 4!4 Millio nen Tonnen vermindert. Was England jetzt durchmacht, ist e i n W e t t r e n n e n mit d c m T o d c. (Sehr richtig! bei den Nationallibcraleu.j England kämpft heute mit der Uhr in der Hand. Gewiß ist seit dem 1. Fe bruar die Lage für uns komplizierter geworden. Ich nehme es gewiß nicht leicht, wenn Guatemala oder ein anderer kleiner Staat uns den Krieg erklären. Dabei geht uns ver loren, was deutscher Kausmannsgeist seit Aahrzehntcn ge schaffen hat. Diese ganzen Kriegserklärungen sind schon ein Stück des gegen uns geführten Wirtschaftskrieges. Diplomatische Ungeschicklichkeit hat unseren Feinden ge holfen. Ohne das Angebot an Mexiko wäre es Wilson nicht so leicht geworden. Stimmung gegen uns zu machen. (Zu stimmung.) Ein deutsches Witzblatt hat recht, wenn es sagte: Wie stark mutz Deutschland sein, um solche Diplomaten er tragen zu können. (Zustimmung.) Warum hat man von Berlin aus nicht sofort gegen die Aeußerungcn des Grafen Luxburg protestiert? (Sehr richtig!) Gegen einen Mann von solchen Verdiensten, wie Tirpitz, sollte man nicht mit solchen Angriffen, wie sie gestern laut wurden, kommen. (Sehr richtig! rechts und bei den Nano- nalliberalcn.) Ein Gegensatz zwischen England und Deutschland war unvermeidlich angesichts der wirtschaft lichen Entwicklung Deutschlands. Mit den Augen auf Eng land gerichtet, hat Tirpitz die deutsche Flotte gebaut. Innere Gegensätze dürfen nicht den Blick trüben für die wirklichen Verdienste dieses Mannes. (Beifall.) Was er bei der Vaterlanüspartci über die deutsche weltwirtschaftliche Ent wicklung ausgeführt hat, das kann man nicht mit einer Handbewegung abtun. Die Grundursachen dieses welt politischen Zusammenpralls liegen in allen den Dingen, die sich vorher entwickelt haben, nicht zuletzt in unserer eigenen wirtschaftlichen Entwicklung, die uns in Gegen-