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WchmtzZitW. Mi kA, «reir vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 »so. Einzelne Nummern 1v Pfg. — Alle Postan- stqlten, Postboten, sowie «« Agent«» nehmen Be stellungen an. 'M«, Mag, Ddimer, Somiabend. - Amtsblatt sgr die Königliche Umtshauptmamschast Dippoldiswalde sowie für die Königlichen Amtsgerichte und ' zu Dippoldiswalde und Arauenstem die Stadlräthe Inserate, welche bei der bedeutende» Auflage He» Platte» «in« schr Hifl- ssme Verbreitung, finde,, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta» bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen »heile, die Spaltenzeil« L0 Pf» Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithne in Dippoldiswalde. Nr. 13Z. Dienstag, den 16. November 1886. 52. Jahrgang. Aus dem Wetttheater. Endlich, endlich kommt die bulgarische Bombe zum Platzen! In geheimer Sitzung Hai die Sobranje be schlossen, den Prinz Waldemar von Dänemark zum Fürsten von Bulgarien zu wählen und will Stam- buloff mit seinen Kollegen den Freunden der bulga rischen Regentschaft Valet sagen, wenn der Dänen prinz nicht sofort mit beiden Händen zngreift. Das ist aber ein höchst vorsichtiger Mann, denn er will sich zur Uebernahme der bulgarischen Dornenkrone nur dann bereit erklären, wenn Rußland nichts dagegen einwendet und in Punkto der Fürstenwahl scheinen die russischen Politiker selber noch nicht recht zu wissen, was sie eigentlich wollen. Jedenfalls scheint sich aber der groteske Kampf zwischen dem russischen Goliath und dem bulgarischen David doch seinem Ende zu neigen zu wollen, nur mit dem Unterschiede, daß es letzterem ein wenig anders ergeht als seinem biblischen Vorgänger. Die modernen Goliaths lasten sich eben von zwerghaflen Gegnern nicht mehr unterkriegen und die moralische Steinschleuder, deren sich der bulgarische David bediente, hat den russischen Goliath nicht im Mindesten genirt — der gehört eben zu den dickfelligen Leuten! Wahrscheinlich werden Meister Stambuloff und seine Ministerkollegen die Zeche bezahlen wüsten, womit der politischen Moral freilich ein schlechter Dienst erwiesen wird — indessen, was hilft's? Auf «ine andere Weise scheint die bulgarische Affaire nicht zur Ruhe kommen zu wollen und sollen denn die Völker Europas sich immer und ewig wegen der zwei Millionen Bulgaren beunruhigen lasten? Schließlich haben da die Nationen wahrhaftig mehr zu thun, zu mal jetzt, wo die parlamentarischen Winterkampagnen beginnen, die jeder Nation eigene wichtige Angelegen heiten in Hülle und Fülle bringen. Schon die Budgets geben da überall Anlaß zu tiefsinnigen Betrachtungen und meist warten sie mit einem Defizit auf, daß den geplagten Steuerzahlern die Haare zu Berge stehen möchten! Das geht nur immer so in die Millionen und dabei denkt keine Macht ans Abrüsten, im Gegen- theil, der Moloch „bewaffnete Macht" schluckt immer mehr hinunter. Man sollte meinen, in Bezug auf die Waffentechnik, speziell der Jnfanteriegewehre, sei nun mehr die Grenze der Leistungsfähigkeit erreicht — i bewahre — jetzt erscheint das Repetir- und Magazin gewehr auf der Bildfläche, das womöglich ein Schock Schüsse und noch mehr auf ein paar tausend Meter Entfernung in der Minute gestattet. Natürlich haben die Militärmächte nicht Eiligeres zu thun, als sich Hals über Kopf schleunigst das neue Gewehr anzuschaffen, die Gewehrfabriken arbeiten Tag und Nacht und selbstverständlich wollen die kleineren Staaten in dieser neuesten Hetzjagd ebenfalls nicht zurückbleiben. Kaum «wer find Alle mit den neuen Gewehren versorgt, so taucht irgendwo das allerfunkelnagelneueste Hinter ladergewehr auf, das mindestens 100 Schüsse in der Minute auf eine schier fabelhafte Entfernung abgiebt und der Tanz beginnt abermals. Die armen Steuer zahler, die möchten da immer blechen, bis sie „schwarz werden" und nur die Herren Fabrikanten von Ge wehren, Kanonen und anderen ähnlichen Kulturträgern der modernen Zeit werden wohlgemuth ausrufen: „O 19. Jahrhundert, es ist eine Lust, in dir zu leben!" Lokales «ad Sächsisches. Dippoldiswalde, 15. November. Die am vorigen Freitag stattgesundene Versammlung des Gewerbe vereins war recht gut besucht; beschäftigte sich die selbe doch mit Gegenständen, die die allgemeine Auf merksamkeit und Theilnahme in Anspruch zu nehmen wohl geeignet waren. Nachdem die Eingänge erledigt und Anschaffungen für die Volks bibliothek beschlossen worden waren, berichtete der Vorsitzende über die vom Verein gewünschte Petition an die Generaldirektion der kgl. sächs. Staatsbahnen in Betreff der Wieder einführung von je 4 Zügen und einiger damit zu sammenhängender Aenderungen in dem der Zeit gel tenden Fahrplane. Die von dem Vorstande unter Zuziehung der Herren Postmeister Stadtrath Franke und Kaufmann Reichel berathene und von Herrn Kaufmann Richter ausgearbeitete Petition, die bereits an ihren Bestimmungsort abgegangen ist, wurde ver lesen und gleichzeitig mitgetheilt, daß Abschriften der selben an die von der gegenwärtigen Gestaltung des Fahrplans besonders berührten Gemeinden und Körper schaften abgegeben und denselben der Anschluß an die betr. Petition anheim gegeben werden soll. Da von einer Seite gewünscht wurde, auch die Vertreter des Bezirks in der Ständeversammlung von der Ange legenheit in Kenntniß zu setzen, so wurde beschlossen, auch den betr. Herren Abschriften zugehen zu lassen. — Hierauf sprach Herr Kaufmann Lincke über eine in das volkswirthschaftliche Leben tief einschneidende Erscheinung, über das auffällige Zurückgehen deS Zinsfußes. Während 1866 der Norddeutsche Bund die benöthigten Kapitalien nur durch Ausgabe sechs prozentiger Schatzscheine habe beschaffen können, habe 1870 die Bundesregierung dieselben bereit zu 5 Proz. erhalten. Seitdem sei der Zinsfuß immer mehr zurück gegangen. Als Ursache dieser volkswirthschaftlich be deutungsvollen Erscheinung bezeichnete der Vortragende die Differentialzölle, den Milliardensegen, die Ein führung der Goldwährung u. a. und besprach dann die Licht- und Schattenseiten des billigen Zinsfußes. Unter der ersteren wurde angeführt, daß sich durch einen billigen Zinsfuß der Gegensatz zwischen dem geldverleihenden Rentner und dem vermögenslosen Arbeiter mildere, daß sich die Schuldenlast beim Ge werbe, Landwirthschaslsbetriebe und Grundstücksbesitze vermindere, daß die Spekulation und die Vergrößerung gewerblicher Unternehmungen durch die Möglichkeit, billiger Kapitalien zu erhalten, wesentlich erleichtert werde. Als Schattenseiten werden besprochen die Er schwerung des Vermögenserwerbs und der Kapital vergrößerung, die plötzliche Schmälerung des aus er sparten Kapitalien fließenden Ertrages, ferner der durch die nöthige Einschränkung der Kapitalisten un ausbleibliche Rückschlag auf Handel und Gewerbe, das Hinausdrängen einheimischen Kapitals nach dem Aus lande. — An den das Nachdenken vielfach anregenden Vortrag knüpfte sich eine sehr lebhafte Debatte, welche noch manch schätzenswerthen Beitrag zur Klärung der Ansichten lieferte. — Zu weiterer Aussprache gab eine abgegebene Verwahrung gegen die Bestrebungen, einen Handwerkerverein gründen zu wollen, Veranlassung. Wir nehmen von derselben mit umso größerer Genug- thuung Kenntniß, als sie von einem Glied des Hand werkerstandes ausging, das rückhaltlos anerkannte, daß der Gewerbeverein in seiner Zusammensetzung vor trefflich geeignet sei, den allgemeinen Interessen der Bürgerschaft und also auch des Handwerks zu dienen. — Hoffentlich entwickelt sich in folgenden Versamm lungen ein gleich reges Leben, hoffentlich wird aber auch die Betheiligung immer größer, was auch im Interesse der Vortragenden, die selbstverständlich eine möglichst zahlreiche Zuhörerschaft haben möchten, sehr zu wünschen wäre. — Wegen des jetzigen vermehrten Auftretens an steckender Kinder-Krankheiten in Stadt und Umgegend seien hier einige allgemeine Schutzmaßregeln gegen dieselben veröffentlicht. Gegen die Diphtherie können als geeignete Maßregeln empfohlen werden: Tägliche Gurgelungen und Ausspülungen des Mundes mit Salzwaster, Alaunlüsungen oder anderen ähnlichen Mundwässern. Bei klemen Kindern, die hierzu noch nicht fähig sind, ersetzt man diese zweckmäßig durch tägliches tiefes Auswischen der Mund- und Rachenhöhle mittelst feuchter Schwämme, die natürlich vor und nach jedem Gebrauch sorgfältig gereinigt werden müssen. Man erzielt dadurch nicht blos eine Abhärtung jener em pfindlichen Theile und übt zugleich eine stete Kontrole dieser Gegend aus, sondern man beseitigt auch oft bei etwaigem Beginn der Krankheü schon deren erste Keime, die in vielen, ja fast den meisten Fällen von der Umgebung erst dann bemerkt wird, wenn infolge weiterer Ausbreitung der Krankheit die Gesundheit der Kinder bereits in erheblicher und gefährlicher Weise gestört ist. Freilich sollte man, um noch sicherer zu gehen, auch die Schleimhaut der Nase, welche oft genug die Eingangspforte für Diphtherie bildet, derartigen Maßnahmen unterwerfen; allein das tägliche Ausspritzen der Nase scheitert gewöhnlich an dem Widerstreben der Kinder und wird für sie oft zur wahren Marter. Jedenfalls ist zu Zeiten von Diphtheritis-Epidemien jeder Schnupfen, sobald er selbst mit geringfügiger Störung des Allgemein befindens der Kinder einhergeht, streng zu beachten, namentlich aber wenn der Ausfluß aus der Nase nicht wie sonst glasig, wässerig, sondern trübe, eiterig aussieht. Im Zweifelsfall ist ärztliche Entscheidung anzurathen. Aber auch die Hautpflege ist nicht zu vernach lässigen, besonders wenn es sich um Schutzmaßregeln vor solchen Infektionskrankheiten handelt, welche mit einem Hautausschlag verknüpft sind, wie Masern, Scharlach. Häufige Waschungen mit grüner Seifenlösung stehen im Rufe, Schutz vor Ansteckung zu gewähren; wenigstens ist die Beobachtung gemacht worden, daß Kinder, welche solchen Waschungen zur Zeit von Scharlach- oder Masern-Epidemien unterworfen wurden, seltener erkrankten, uno, wenn cs geschehen, einen leichteren Krankheitsverlauf zeigten, als andere, bei denen die Hautpflege vernachlässigt worden war. Daß auch auf die peinlichste Reinhaltung der Wohn- und Schlafräume, sowie der Betten, der Bett- und Leibwäsche geachtet werden muß, braucht wohl nicht näher ausgeführt zu werden. Bezirksarzt vr. Erler. — Von unserem Korrespondenten in Glashütte erhalten wir eine längere Zuschrift, die sich gegen die angebliche Berichtigung über das Kirmes-Concert in Nr. 130 richtet. Derselbe hält seine in Nr. 128 aus gesprochene Ansicht über das Concert voll und ganz aufrecht. Wir können diese Zuschrift, da sie ganz ge eignet ist, eine Polemik anzubahnen, leider nicht ver öffentlichen, und hoffen, daß die aufgeregten Gemüther bald zur gewohnten Ruhe zurückgekehrt sein werden. — Von Hrn. Kaufm. W. E. Richter in Frauen stein erhalten wir die Mittheilung, daß sich derselbe wohl mit um die in Frauenstein zur Erledigung ge kommene Kollektion der Landeslotterie beworben habe, daß aber dieselbe noch nicht ertheilt worden sei. Unser Korrespondent in Frauenstein hat eben ein um laufendes Gerücht als bereits feststehende Thatsqche angenommen. — Ueber die am 10. November in Frauendorf abgehaltene Feier des 50jährigen Bestehens der dor tigen Schule bringen wir einen längeren Artikel in nächster Nummer. — Der Bezirksausschuß der Amtshauptmann- schast Dresden-Altstadt genehmigte in seiner Sitzung am 13. November u. A. eine unbedeutende Ver änderung der Grenze des Gemeindebezirks Kleinölsa, genehmigte das Schank- und Konzessionsgesuch der verw. Klippel in Rabenau, lehnte aber das Gesuch Baumgart's in Klingenberg um Konzession zum Klein handel mit Spirituosen ad. — Der neueste „Amtskalender 1887 für die evang.- luth. Geistlichen" enthält auch eine Statistik über die Personalien der sächsischen Geistlichen in der Zeit vom 1. September 1885 bis 31. August 1886. Bei einem Bestände von 1158 amtirenden Geistlichen (inkl. Hülfsgeistlichen und Vikaren) mit 1212 Kirchen sind innerhalb jener Jahresfrist 15 emeritirt worden, 9 ge-