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Schönburger Tageblatt «r 84 Sounabwd, dc« 22. Wril 1922 Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften der EtandeSamtSbezirke Altstadt Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Krumbach, Kaufungen, Langenleuba- l^ederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Walienburzer Anzeiger. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts und de- Stadtrats zu Waldenburg. verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag L. Kästner in Waldenburg. WMernxg-dericht ausgenommen am 21 April, Mittag« 12 Uhr: varo«etersta«ö 762 mm reduzier» auf den Meererspiegel Ther»o»«1erft«»d -j- 4° L. (Morgens 8 VH» -i- 1° L Tiefste Nachttemperatur 4- 1° L.> Aenchtigkitsgehatt der Luft nach Lamprecht« Polymeter 5S°l,. Taupxntt — 5'. Windrichtung Nord. Mie-erschlaK-men-e t» den letzten 24 Stunden bi« früh 7 Uhr: 0,, mm. Daher WitterungSan-fichte» für den 22. April: Wechselnde Bewölkung. Anzrigenaunahmelchlutz Borm. 9 Uhr am Surgab«», Geschäftsstelle tn Waldenburg Sachsen, Obergass« 88 Geschäftszeit: Vormittag 7—1, Nachm. 2—5 Uh». Malen: in Altstadt Waldenburg bei Herrn Ott» Fö^ ster; in Tallenberg bei Herrn Strumpfwirker Fried«, Hermann Richter; tn Langenchursdors bei Herrn Hermann Esche; in Penig bei Firma Wilhelm Dahler; in Wolkenborg bet Herrn Anus Friedr- mann und in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirst». Bankkonto: Veretnrbank zu Tolditz Geschäft»'^? Waldenburg Sa. Gemeindegirokonto Waldenburg 1». bäHeint täglich mit Ausnahme der Tage nach «-ono» und Magen. Annahme von Inseraten bt, Norm »Uhr des Msgabetage,. Bezugspreis monatlich 12 Mt., im oor- mw zahlbar, Ech dir Post bergen monatlich 12 Edqelne Nrn. 50 Psg. Sonntags-Rr. «0 Psg. Inse- reüenprei» 1 Zeile L.- Mk., Reklamezrtlr 88 mm breit K Mark, die dretgrspaUene Zeile im amtlichen Teile 4.— Mk. tzinweil» aus Anzeigen und Eingesandt« 1 Petit-Zeile 1 Mk. Nachwrtsongsgebühr 1 ML Gegründet 1878. Fernsprecher Nr. 9. Postschluß, such Nr. 8. Postscheckkonto «mt Leipzig Rr. 4488. Verzicht der Alliierten auf Annullierung des Vertrages. Teil Briketts bei Flechsig heute Freitag Nachmittag bi« b Uhr und morgen Sonnahe«» 8—11 Uhr Vormittag je '/, Zentner aus di« Abschnitte Kl—7G der blauen Kohlcnergänzung»- karte, soweit noch nicht beliefert. Preis 43 Mk für den Zentner. »«Idenburg, den 21. April 1922. Ortskahle«st«»e. 8» ReichSpoftminifierium wird über Erhöh««» der Pvsigebühr«« berate«. A« dentsch-poluisch» Handelsvertrag ist in «orbtrttt«ng. Nene GehattSerhöh«n,e« für die Beawte« stehe» bevor. 8« «erlin fand gestern eine kommnniftische Versa»»- lü«g statt, die der «nflösnng verfiel. Die Kohlenpreise »erde« weiter erhöht. Französische Lrnppen ziehen in Koblenz ein. 8« Gleiwitz wurde die Pretzzensur eingesfihrt. Fnfolge der Untätigkeit der alliierten Polizeiverwalt««, in vberschlefien herrscht dort Anarchie. PeincarS wühlt gegen den drntsch rusfischen «ertrag, «r will in Bar le Dne eine Bede halte«. 3» Frland fanden neue Kümpfe statt. Die russische Regierung hat beschloßen, für die «r- Waldung des Grafen Mirbach «enngtunng zu gebe« S«» »iedera«fva« RntzlaudS fallen 4» Milliarden Dollar erforderlich sein. 8» M-nastir fa«d eine gewaltige Explosiv« statt. Die Mefie in Rischni «awgarad wird wieder erSKnet. 3«GouvernementJekaterinoSlaw verhungern »»Prozent *«bölk»ru«g. Fiir Amerika ist der deutsch rusfische »ertrag ohne »e- deutuug. "W«lde»d«rg, 21. April 1922. Eine» der grjtbten amerikanischen Blätter, dem man den vorwurs der Deutschsreundlichkeit nicht machen kann, der ,«ew York Herold", hat in Bezug auf den Abschluß de« deutschrusfischen «ertrage« sein Urteil dahin abgegeben, dqß gegenüber der Haltung bei Alliierten da» Zusammen rücken Deutschland« und Rußlands unvermeidlich gewesen sei. So viel ist klar, vast bei dec Entwickelung der Ver hältnisse in Deutschland und Rußland der deutsch rusfische Vertrag über kurz oder lang in irgend einer Fvrm kommen muhte; er wurde unvermeidlich, al« es immer deutlicher wurde, daß von den Alliierten trotz aller bi« an die äußerste Grenze de« Möglichen getriebenen Erfüllung»- polttik kein Entgegenkommen zu erwarten war, daß man dort unsere restlose Vernichtung wollte und will. Die einzige Möglichkeit für un-, wieder hochzukommen, lag in der Zusammenarbeit mit dem gleich uns am Boden lie genden russischen Volk. Auch diese einzige Möglichkeit wollte man UN« in Genua nehmen, man wollte Deutsch land einschließen in da» geplante internationale Syndikat zum Wiederaufbau Rußland«. Wir sollten hierzu nur beschränkt zugelasen werden, der ganze Rutzen, den wir ge- Winnen »unten, sollte aber in da« bodenlose Faß der Reparationen fließen. Daneben suchte Frankreich die trennende Wand zwischen Deutschland und Rußland lückenlos aufzurichten, Politisch durch den von Polen-Frankreich beherrschten Bund der baltischen Staaten, wirtschaftlich durch Handelsverträge mit Polen, Lettland und Estland. Diese bereits abge schlossenen Handelt vertrage sichern ihm da» Monopol sür die Anfahrtswege nach Rußland, zu Lande und zur See. Mft der Sowjetrcgierung verhandelte e» über Anerkennung de» Artikels 117 deS Versailler Vertrages mit der Absicht, sich die russischen Rechte ans Wiederherstellung und .Wieder ¬ gutmachung" übertragen zu lassen und mit den dafür ge forderten deutschen Sachlieserungen sich sür die russischen vorkciegSschulden bezahlt zu machen, da« heißt, die deut schen Jndustrieerzeugniffe durch den französischen Handel an Rußland zu verkaufen und den russischen Wiederaufbau in Monopolbesitz zu bekommen. England suchte diesen Plänen durch da» Projekt de» Aiederaufbaustzndikat» zu begegnen. Wir aber mußten mit allen Mitteln versuchen, mit der Sowjetregierung zy einer Vereinbarung zu kommen, die eine Anwendung de» Artikel» 116 auSschloß. Man war auch schon so weit sich einig, aber die Sowjetpolitik wollte sich noch nicht binden. Sie wollte eist die Möglichkeit und die Kräfteverhältnisse in Genu« prüfen. Dort über reichte man ihr aber da» sogenannte Londoner Memoran dum, die Bedingungen und Forderungen sür eine Wieder- ansbanhilfe. Da» waren säst «ur Bedingungen und Garan tien, aber so gut wie keine Hilfe. Diese „kolonialen Au«beutung»pläne" al» Verhandlungrbasi» aber lehnten die Sowjetmänner ab mit den Aorten, daß Rußland keine englische Kolonie sei. Run schlossen sie mit Deutschland den vorbereiteten Ver trag und legten damit in d<» AuSbeutungkshndikat eine gewaltige Bresche. Denn der Wiederaufbau wird in der Hauptsache durch Deutschland erfolgen müssen. Da» ist kluge und kühl« Politik, die Rußland den Alliierten gegen über in eine weit günstigere Lage versetzt, uns aber mit der ganzen Schuld an dieser Wendung der Dinge belastet. Darüber läßt un» die Presse nicht im Unklaren. Man nennt den Vertrag eine „Herausforderung Europa»", eine „Brüskierung". Die Franzosen möchten die Konferenz darob am liebsten in die Luft sprengen. I«, sämtliche Arbeiten der Konferenz sollen unterbrochen werden bi» zur Lösung diese» „Zwischenfalles". Und doch tat die deutsche Politik nichts andere», als wa» die Alliierten auch taten. Diese suchten doch ebenfall» nicht» andere» al- einzeln, unter Ausschluß Deutschlands, zu einer Vereinba rung mit den Sowjetmänner« zu kommen. DaS Ent- scheidende ist, daß durch diesen Vertrag alle Ersatzansprüche au» dem Weltkriege erledigt find. Laß dies den Alliierten äußerst unangenehm ist, und gerade jetzt während der ent scheidenden Verhandlungen, ist nur zu begreiflich. Eine aktive deutsch« Politik ist der Vertrag. Sr liegt tn einer Linie mit der Ablehnung der Forderungen und Sedingungen der Reparationtkommisfion. Die Frage ist, werde« wir konsequent bleiben, den Mut z«r Konsequenz behalten? Da» deutsche Volk aller Parteirichtungen steht in seltener Geschlossenheit Hinte« dieser deutschen Politik. Die deutsch-russischen Lerhandlungen find nie ganz ge heim gewesen, Kord d'Abernon, der englische Botschafter in Berlin, wa« seinerzeit ebenso von ihnen verständigt, wie später tn Genua besonder» die Briten über sie unter- richtet waren. Die Alliierten dagegen hatten hinter dem Rück«» der Deutschen — und nicht nur der Deutschen, sondern auch der Neutralen! — heimliche Verhandlungen mit den Ruff«» begonnen, ohne die Deutschen zu unter richten. Erst al» hier Gesahr sür un» drohte, haben wir, was unser gute» Recht war, sie gemeinsam mit den gleichfall» bedrohten Russen abgewehrt. Jetzt dreht man den Spieß um, tadelt und rügt u«» tn dem üblichen anmaßend hoch- fahrenden Ton und kann doch nichts gegen uns Vorbringen «l» Lügen. Nicht einmal einen Verstoß gegen den Ler- sailler Vertr«, haben die Ententejuristen au« dem deutsch- russischen Abkommen herauSklügen können. Politische Rundschau. Deutsches «eich. Auf die Nachricht vom Tode Otto HuL« haben der Reichspräsident und der Vizekanzler Bauer an die Witwe, die sozialdemokratische ReichStagSfraktion und den Deutschen Bergalbeiterperband herzliche Beileidsdepeschen abgesandt. Dieser Tage beginnt im ReichjernShrung-minifterium «ine neue Konferenz der ElnthrungSminister üb» die Frage der Kartosfrlbewirtschastung im neuen Wirtschaftsjahr. Der neue amerikanische Botschafter Houghton ist in Berlin eing<troffen. Am Mittwoch kam im ReichSarbeitSministerium nach einer den ganzen Tag dauernden Verhandlung eine Einigung über die Lohnerhöhungen der Bergarbeiter des gesamten deutschen Kohlenbergbaues zustande. Am Nachmittag tagte der Reichtkohlenrat, um den durch die neuen Lohn erhöhungen bedingten neuen KohlenpreiS festzusetzen. Das Ergebnis der Verhandlungen war folgende«: Rheinland West falen: Lohnerhöhung pro Mann und Schicht 40 Mark per Tonne, Prei-erhöhung für Fettförderkohle 138,llO Mk. ohne Steuer. Niederschlefien: Lohnerhöhung pro Mann und Schicht 3» Mk., Preiserhöhung per Tonne ohne Steuer und Handelsnutzen 21ö,30 Mk. Andere Sorten im alten Ver hältnis. Sachsen: Preiserhöhung im Durchschnitt per Tonne 227,68 Mk. Der Verkehrsbeirat im Reichlpostministerium ist zusammen- getreten, um im Verein mit den zuständigen Referenten über die bevorstehenden Erhöhungen der Postgebühren zu be raten, die, wie amtlich mitgeteilt wird, durch die letzte Er höhung der Gehälter und Löhne sür die Postbeamten und Arbeiter notwendig geworden sein sollen. Für die im Weltkriege gefallenen 5087 U-Boot-Helden soll am Unterlauf der Eibe ein würdiges Denkmal er richtet werden. Unter Vorsitz de» Vizeadmiral» a. D. Michelsen, de» einstigen Befehlshabers der U-Boote der Nordsee, hat sich ein geschifl-sührender Ausschuß gebildet. Nachdem die deutsch polnischen Verhandlungen in Gens zmn Abschluß gelangt find, werden in nächster Zeit mit der deutschen Regierung Verhandlungen angebahnt werden, dir den Ab schluß eines deutsch-polnischen Handelsoertrage« be zwecken. Zurzeit in Berlin statlfindend« Verhandlungen über ein deutsch-sinnischeS Handelsabkommen nehmen «inen besriedigenden Verlaus und dürften bald zu einem Abschluß führen. Der Parteitag der Bayerischen Volk-Partei wirb Ende April in Würzburg «bgehalten. Im Reich-tag haben deutschnationale Abgeordnete «ine kleine Anfrage eingebracht, in der au-geführt wird, baß bei Beginn der Frühjahr-bestellung in verschiedenen Gegenden Deutsch land» Landarbeiter in den Streik getreten find und zwar trotz weitgehenden Entgegenkommen» der Arbeitgeber, wahr scheinlich «u» politischen Gründen. E» wird gefragt, ob bie Reichlregierung bereit sei, zur Sicherung der volkßernährung die landwirtschastlichen Betriebe durchweg als lebens wichtig zu erklären, die BestellungSarbeiten al- unaufschieb bare Notstand-arbeiten anzuerkennen, die Technische Nothilfe einzusetzen und die Arbeitswilligen durch Schupo oder Reichs wehr zu schützen. Die Erschießung de» Gleiwitz» Polensahr«» Or. Sitze- zynski wird von polnischer und von interessierter Entente» seite selbstverständlich als neuer Beweis dafür au-gegeben, daß alle, in der letzten Zeit wieder sehr angehäuften Mord» anschläge im besetzten Gebiet von deutscher Seite au-gegangen seien. Bei objektiver Betrachtung ist aber festzustellen, daß gegenwärtig in Oberschlesten die Anarchie infolge der Un tätigkeit der alliierten Polizeiverwaltung so allgemein ist, daß alle diejenigen, die Waffen besitzen, sich diese auch zu sichern suchen. Polnische Waffenlag» find nur delwegen in letzter Zett niewal» gefunden worden, weil die interalliiert« Ko»- misfion entsprechende Durchsuchungen nicht angeordnet hat. Für di« preußische Berwaltung wird sich nach der Uebrr- nähme Deutsch Oberschlefien» eine äußerst schwierig« Ausgabe