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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.09.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910912026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891091202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891091202
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-09
- Tag 1891-09-12
-
Monat
1891-09
-
Jahr
1891
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Abeod.Ausgabe: die 6g»spolt«e Petitzeil» 40 Reklamen unter dem Redactlonsstrich i4ge>palten) 1 >l, Jamiliennachrichtrn und Anzeigen verlorener Gegenstände (6 gespalten) 20ÄrSßere Schriften laut unserem Preis- verzeichaiß. Tabellarischer und Aiffernsatz uach höherem Tarif. Extra»Beilagen (««falzt), nur »tt der Morgeu-AuSgabe, ohne Postdefürderuug 80.—, mlt Posibesürderung 70.—. Ännahmeschlnß für Zasenär: Abeud-Au-gabe: Vormittag» 10 Uhr. Margen-Au-gabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn- und Festtag- früh 9 Uhr. vet dea Filialen und Annahmestellra j« et»« Halde Stund« früher. Anserate find stet» an die Expedition zu richte». M. Sonnabend den 12. September 1891. 85. Jahrgang. Leipzig, 12. September. * Bei Beendigung der österreichischen Kaisermanöver er- folgten, wie der „Pestcr Lloyd" berichtet, zwei politisch hoch» bedeutsame Ansprachen, Keren Wortlaut veröffentlicht werden soll. Kaiser Franz Josef hob in seiner Ansprache hervor, daß durch die Anwesenheit des ihm verbündeten deutschen Kaisers daö Manöver an Bedeutung gewonnen habe. Er, sowie der deutsche Kaiser wollte» gewiß den Friede» er» halten: sollte aber zu den Waffen gerufen werden, so würden beide Armeen den Kampf gewiß siegreich bestehen. Kaiser Wilhelm dankte hierauf für die ihm daracbotene Gelegenheit, den Uebungcn der Armee des ihm verbündeten Monarchen bcizuwohiie». Wenn cS sein müßte, würden die Armeen Schulter an Schulter kämpse». — Der „Kölnischen Zeitung" zufolge spielte sich der Bvrgang wie folgt ab: Die Generäle und böbcrcn Ossicierc sammeln sich in weitem Kreise um die Majestäten. Der Kaiser von Oesterreich spricht den Truppen seine aUcrböchstc Anerkennung aus über ibre gute Haltung und ihre vorzüglichen Leistlingen, aus welchen er mit Befriedigung entnommen, daß Jeder seine Schuldigkeit gcthan bat und dag Jeder mit Lust und Liebe bei der Sache war. Mit erhobener Stimme fuhr Kaiser Franz Josef fort: „Ich will meine» Böllern den Frieden erhalten, wenn aber der Krieg über uns kommen sollte, so wird er uns bereit finden." Nunmehr wandte sich Kaiser Wilhelm gegen seinen kaiserlichen Gastfrcnnd und dankte mit weithin schallender Stimme für die gastfreundliche Ausnahme, er zollte der österreichischen Armee volle Anerkennung und schloß mit den Worten: „daß, wenn der Krieg bereinbrechcn sollte, er beide Armeen Schulter an Schulter in treuer, fester Kameradschaft finden Werde". * Bei dem Empfang, welchen der Kaiser während seine- Münchener Aufenthaltes den in München zu den HandelS- verl raasverbandlunge n anwesenden österreichischen, italienischen und deutschen Delcgirten gewährte, sind natür lich sachlich keine Entscheidungen oder wichtige Mittheilungen erfolgt. Die Audienz war mehr eine formelle Ehrung der Herren, legt aber zugleich für die große Bedeutung, welche auch an höchster Stelle dieser FriebcnSarbeit der verbün deten Mächte bcigelcgt wird, vollgiltig Zeugniß ab. Seine Majestät unterhielt sich mit den etwa zwanzig Herren über verschiedene Gegenstände, wobei natürlich die handelspolitischen Projccte eine Hauptrolle spielte», für die der Kaiser sein rcgcS Interesse, sowie sein gutes Vcrständniß documentirtc. Auch sonst ist im Stande der Dinge keine Aenderung cingetreten. Die Dclegirlen der einzelnen Staaten, die in München verblieben sind, treten je nach Bcdürfniß zu Be- ralhungen zusammen, Entscheidungen werden erst fallen, wenn nach Eintreffen der neuen Instructionen seitens der Regie rungen die zweite Lesung begonnen bat. Bisher hat im Wesent lichen, wie schon wiederholt betont, in der ersten Lesung nur die gegenseitige Kemilnißnabme und Begründung der Forde rungen und Wünsche siattgefundcn. Bei den principicll nach wie vor allseitig bestehenden gute» Dispositionen, zu einer Einigung zu gelangen, könnte man aus manchen Zeitungs berichten doch zu weitgehende Schlüsse ziehen. Im Ganze» ist eS richtig, wenn das Wiener „Fremdenblatt" zur Sache schreibt: „Bezüglich dieser (zur wetteren Behandlung für die zweite Lesung Vorbehalte»?») Pvstcii wurde von keiner Seile irgend welche Ilnanncbmbarlcit hinsichtlich der zu erlangenden Con- cessionen conslalirt, und cS sind bis zur Stunde principiclle Schwierigkeiten gegen die Gewährung von Zugeständnissen überhaupt »ach keiner Richtung erhoben worden, so daß sich bei der Bcrathung der zweite» Lesung nur über die Höhe dieser Conccssionen Meinungsverschiedenheiten ergeben können." I» der erste» Lesung wurde, wie die „Allg. Ztg." aus bester Quelle erfährt, bei einzelnen Differenzen erklärt, daß sich darüber Wohl eine Einigung erzielen lasten werde, bei anderen hoben aber auch die Telcairtcn hervor, cs werde sehr schwierig sein, daß ihre Regierung die verlangten Conces- sionen zugestchc. Man muß also ohne ^csorgniß, aber auch ohne zu großen Optimismus die zweite Lesung der Borschlägc ab- wartcii, für deren Beginn der Zcilpunct »och nicht scststeht, sondern vom Eiittrcstcn der neuen Instructionen abkaiigt. * Wie uns aus Berlin tclegraphirt wird, bezeichnet inan von bestunterrichtetcr Seile als Verfasser der sogenannten „Waldersee-Artikel", welche seiner Zeit so großes Auf sehen machten, de» verabschiedeten Hauptmann Hornig. Fürst Bismarck steht den bezüglichen Artikeln und deren Berfaffcr völlig fern. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" erklärt sich auf Grund aulbeittischer Information i» der Lage, die Gerüchte über Meinuugöverschicdenbeilcii, welche betreffs der Behand lung von Flüchtlingen, die sich an Bord der i» den chile nischen Gewässern bcsmdlichen deutsche» Schiffe begeben haben, zwischen dem Geschwadcrches und dem deutschen Ge sandte» entstanden wären, als erfunden zu erklären. " Tw. „Nat.-Lib. Eorr." schreibt: In Berlin hat dieser Tage auf Einladung dcö BorslandcS dcS Bercinö Berliner Kauslcute der Colonialwaarenbranchc eine Bcrathung einer größere» Anzahl vo» BcrcinS- bczw. JnnuiigSvorstänkeil über die Mittel und Wege statlgcfunden, durch welche dem immer Vorschreilenden Niedergänge dcS mittleren und kleinen Handels- und Gewerbestandes ciitgeacn- gctretcn werden könne. Die Versammlung hat schließlich eine Commission ernannt mit dem Aufträge, „l) i» Füh lung zu treten mit allen Bcreinövcrbändrn, die bereit sind, die Lage dcS gewerblichen Mittelstandes auf zubessern, 2) ral-in zu wirke», daß den Interessen dcS gewerblichen Mittelstandes im Reichs- und Landtage fortan mehr Rechnung getragen werde als bisher." Daß das mittlere und kleine Gewerbe sich im Großen und Ganzen in einer mcbr oder weniger mißliche» Lage befindet, kann nicht bestritte» werden, wie andererseits die Erhaltung des gewerblichen Mittelstandes als ein hervorragendes staatliches und gesellschaftliches Erfordernis; betrachtet werden muß. Man kann also scdeS ernste Streben, welches cmc Besserung der Lage dieses Standes zui» Zwecke bat, von vornherein als be rechtigt anerkennen. Nur wird eS tickt frage», ob dasselbe auf einer richtigen Erfassung der Ursachen der gegenwärtigen Lage beruht, und ov eS Reformen ins Auge saßt, welche durchführbar sind und einen da- besondere, wie da« all gemeine Interesse fördernden Erfolg versprechen. Was man in dieser Beziehung von der erwähnten Commission zu er warten hat, ist einstweilen nicht zu ersehen. Will dieselbe die ihr ausgrtragene Einwirkung auf die gesetzgebenden Körperschaften zweckmäßig ausüben, so wird sie concrrt« Forderungen ausstellen, praktische Vorschläge machen müssen. Vo» Seilen der Innungen, welche an dieser neuen Action betheiligt sind, hat man bisher immer nur das Recept der Rückkehr zu den veralteten Formen de« Zunftzwanges gehört. Bisher haben Bundesrath und Reichstag in der Anwendung diese» Neceptcs eine ersprießliche Reform nicht zu erblicken vermocht. Man wird abwarten müssen, wie die neuen Pläne auSsehen werden, mit denen man sich im Reichsamt dcS Innern trage» soll. In der hier in Rede siebenden Berliner Versammlung hat man sich nicht mit dieser Seite, sondern, wie eS scheint, auSschUcßlich mit den Klagen über da-lleberhandnebmen der Consumvereine besaßt. Ohne Bedenken kann zu gegeben werden, daß dies lleberhandnebmen nicht erfreulich ist. Aber was verlangt man ihm gegenüber von der Gesetz gebung? Die steuerliche Ungerechtigkeit, welche bestand, «st Ulan soeben zu beseitigen an der Arbeit. Ein Verbot der Bildung von Consumvereinen wird man doch kaum in Vor schlag bringen! DaS sicherste Mittel, die Consumvereine in Schranken zu halten, wird immer sein, sie durch die Güte der Leistungen zu übertresfen. Die Gesetzgebung kann dazu nicht- tkun. Vielleicht gefällt eS aber der erwähnten Commission, sich ein wenig uinzusebcn, ob diesem Mittel überall die ge- hührende Beachtung geschenkt wird. * Die „Nordd. Allg. Ztg." wird um Veröffentlichung nach stehender Erklärung ersucht: „Durch verschiedene Blätter ist die Notiz gelaufen, daß sich der Kriegerverdand Sachien-Weiniar-Eisenach nicht an der Ausstellung der Kriegerverei»? bei der Kaiserparade de» 4. Anneecorp» betheilige» werde. Um Mißverständnissen vorzubeuaen und bereit- erfolgter irrthüinlicher Auffassung zu begegnen, sehen wir uns veranlaßt, hierdurch zu erklären, daß der Weirnarische Kriegerverband (Landesverband für da» Großherzogthum Sachsen-Weimar), der sich de« Proiectorat» Sr. künigl. Hoheit de» Großherzvg» Karl Alexander und de» Ehrenpräsidium» Sr. Hoheit des Prinzen Hermann von Sachien-Weiinar ersreut, wie selbstverständlich an der Parade vor Sr. Majestät dem Kaiser lheiinehmen wird. Der Eiu- gang» genannte Kriegerverdand Sachsen-Weimar »Eisenach ist der Bezirk 16» de» Deutschen KriegerbiindeS. Allstedt, den 10. September 1891. Das Präsidium de» Weimarischea Lande». KriegerverbandeS." * Der Verlauf der von uns mitgetbcilten Debatten in der im 6. Berliner Reichstag-Wahlkreis statt- gchabten socialdemokratischcn Versammlung zeigt einen Riß in der Partei, der auch durch die schönsten Resolutionen nicht verkleistert werden kann. Ans die Bewegung, gegen welche die alte Führerschaft jetzt anzukämpfcn hat, mögen Beweggründe mancherlei Art, auch Phantastereien mit von Einfluß gewesen sei». Wenn Genosse Rodrian erklärt, daß der Parteivorstand die Noth des Volkes nur noch theoretisch kenne, wenn von anderer Seite darüber geklagt wird, daß socialdcmokratische NcichStagsabgeordncte ohne Gewissensbisse Geschenke von 2»0l)—5(>oo.«r: anneb»ic»,nnd wenn endlich aufdie wachsenden Kosten hingcwicsen wird, welche die parlamentarische Vertretung der Partei verursache, ohne daß den Arbeitern aus derselben irgend welche Vorlbeile erwüchsen, so spricht das schon für sich. Aber die Hauptsache ist doch und der Hauptgrund, daß die Masse, die dem rothcn Banner bisher gefolgt ist, cS müde wird, sich mit Redensarten ab- Ipciicn zu lassen und mit Hinweisen auf eine Zu kunft, in der sich Alle- von selbst mache» werde. Jahrzehnte lang hat ein gewissenloses Agitatorentbum den Arbeitern vor- qcrckct, wie ihre Lage unerträglich, das Maß de« Elends, da« ihnen beschicken, voll geschüttet sei. Wie darf man sich da wundern, wenn ein Tbeil terVerblendeten sich auS dieser trostlosen Lage befreien will selbst aus gewaltsamem Wege? Und steht cs den Fübrcrn, die heute zwar besonnen tbun, aber vor wenigen Jahren noch von der ReichStagStribünc herab erklärten, daß nur auf dem Wege der Revolution die Ver wirklichung der socialdemokratischen Ziele zu erwarten sei, wohl an, jetzt den „NevolutionSiiiachcrn" mit höhnischen Worten den Rath zu crtbeilen: wenn Ihr Revolution machen wollt, so tbut das, aber auf Eure Verantwortung! * Die Münchener Blätter melden, der Kaiser habe nach der Manövcrkritik auch dem Prinzrcgcntcn für die ihm ge währte Gelegenheit gedankt, die bayerische Armee kenncn zu lernen. Er sei überzeugt, die bayerische Armee werde sich im Ernstfälle bewäbren, wie einst bei Weißenburg und Sedan. Tie bayerische Armee verdanke ihre Erfolge zu allernächst dem Prinzrcgcnten und den im activcn Heeres dienst stehenden bayerischen Prinzen. Er sei hocherfreut, die Mitglieder dcS bayerischen Königshauses bei Gelegenheit der Manöver näbcr kennen gelernt zu haben. Der Kaiser habe mit einem Hoch auf den Prinzregenten geschloffen, worauf der Prinzrcgent ein Hoch auf den Kaiser ausbrachte. * Der Pr in; regc»l hat die in München zu den HandclS- vertragSvcrhandlnnaen anwesenden Delcgirten Deutsch lands, Oesterreich-Ungarns und Italiens auch heute Nach mittag 2 Uhr zur Tafel in daö königliche Nesidenzschloß geladen. * * * * * Der ungar ische Abgeordnete Falk bezifferte in seiner Rede an seine Wäbler die Mchrforderungen des KriegS- ministcrS auf 16—18 Millionen Gulden. Falk bält cS für ausgemacht, die ungarische Regierung werde diese Vorlage dcS Kriegsministers aus das Entschiedenste zurückwcisc». Au« Wien fomincn Nachrichten, nach weichen die KriegS- vcrwaltuna zur Schonung der Finanzen diesmal auf die beabsichtigten Mchrforderungen für HeereSzwccke verzichten werde. * AuS Galgocz wird vom kl. September gemeldet: Anläßlich des heutigen Namenstages des Kaisers von Ruß land brachte der Kaiser Franz Josef, welcher gelegent lich der Manöver hier weilt, bei dem Hosdincr solgcndcn Toast auS: „Auf da- Wohl meine« tbeucrcn Freunde«, Sr. Majestät de« Kaisers Alexander von Rußland!" Rach tcm Toaste iiitonirte die Capelle die russische Hymne, welche die Anwesende», unter denen sich auch der Militair-AttachS bei der russischen Botschaft befand, stehend anhörten. — Der Kaiser Franz Josef ist Freitag Abend unter lebhaftesten Ovationen der Bevölkerung nach Bistritz abgereist. Im Gefolge befanden sich der deutsche und italienische Militair- AltachS, Oberstlieutrnant von Deines und Brusati. Der russische Militair-AttachS Oberst Pujew ist nach Wien zurückgekehrt. * Wir haben dieser Tage erwähnt, daß General Gallifet in Marienbad da- Tragen von Kornblumen als eine gegen ihn persönlich gerichtete Demonstration aiifgcsaßt und des wegen Händel angcfangcn hat. Ein ähnlicher Fall krank hafter Ueberrciztheit wird jetzt der Münchener „All gemeinen Zeitung" auS Basel berichtet. Ein I>v. Blanchct richtete im Namen der dortigen französischen Colonic an den Obersten eines Regiments, dessen Capelle dort in öffentlichen Localen spielte, einen Brief, worin eS u. A. heißt: „Letztes Jahr spielte hier in verschiedenen öffentlichen Localen die Capelle Rhode ein Musikstück, welches den Titel trug: „Schlachtenmusik, grobes KriegSpotpourri", und besonders der Erinnerung an das KriegSjahr l870/7 l gewidmet war. In diesem Stück soll die „Wacht am Rhein" ertöne», in deren Melodie hinein die Hörner da« französische Signal „zum Rückzug" blasen. Durch diese Anspielung wurden hier wohnhafte Franzosen (eS sind im Ganzen deren .2000) in hohem Grade aufgebracht und rotteten sich zusammen, um einen Krawall mit der Capelle Rhode berbeizusiibrcn. Herr Rhode, von diesem Vorgang benachrichtigt, erklärte sich sofort bereit, die Aufführung des Musikstückes „Schlachtcnmusik" in hiesiger Stadt einzuslellen Fortan verschwanv diese Nummer von seinen Programmen, worauf jede Ruhestörung vermieden wurde." Da nun diese« Stück wieder gespielt werden sollte, wurde jener Brief an den Obersten gerichtet, der denn auch den Krawall der 2000 durch daö Verbot der „Schlachtcn- mustk" vermied. Die Basier Blätter beschränken sich jetzt darauf, ihren Lesern das „Urtheil über die Opportunität des Schrittes dcS Herrn I)r. Blanchct" zu überlassen. * Ueber die Reise der Königin Victoria nach Deutschland schreibt das nicht besonders zuverlässige Sen- sationSblatt „Truth": „Die Königin wird nicht im nächste» Sommer, sonder» schon Anfangs April nach Deutschland reisen. Der Besuch wird ferner nicht 14 Tage, sonder» vier 'Wochen dauern. Die Königin beabsichtigt nicht nach Berlin und Potsdam zu gehen. Es liegen Privatgründe hierfür vor. Ihre Majestät wird vielmehr eine Woche auf Schloß Stolzenfels Gast des deutschen Kaisers sei», welcher selbst nebst der Kaiserin mittlerweile im kurfürstlichen Palast in Coblenz wohnen wird. Daraus wird sich die Königin nach Cronbcrg bei Homburg zu einem Besuch der Kaiserin Friedrich begeben und schließlich nach Coburg gehen, wo sie viele Jahre nicht gewesen ist. Die Nachricht, daß ein eigener Salon wagen für die Königin zu dieser Reise gebaut wird, klingt nicht sebr glaublich, da Ihre Majestät schon eine» doppelten Salonwagen besitzt, den sie seit Jahren zu ibren Reisen auf dem Contincnt benutzt. Derselbe wird in Brüssel aufbcwabrt. Auch der Salonwagen dcS Prinzen von Wales steht in Brüssel." * Der englische Botschafter White ist vom Sultan am Freitag in Audienz empfangen worden. * Die „Times" veröffentlicht die Statuten der neu- gegründclcn Gesellschaft zur Colo nisirungdcrJiiden, KaS Ergcbniß dcS Planes des BaronS Hirsch ftir die Unter stützung russischer Jude». DaS Capital der Gesellschaft be trägt zwei Millionen Pfund Sterling in 20 000 Acticn von je 100 Pfund Sterling. Sieben der acht lluterzcichncr der Statuten, darunter Lord Rothschild, Sir Julia» Gold- smid, Ernest Cassel, Mocatta und Benjamin Louis Cohen, »cbmen jeder eine Anzahl Actien, Baron Hirsch, der achte Theilncbmcr, nimmt den Rest. Die Zwecke der Gesellschaft, deren Hanptsitz in England ist, sind rein mild- thätigcr und religiöser Natur »nd geben dabin, die Auswan derung von Jude» a»S irgend welche» Thcilcn Europas oder Asiens, hauptsächlich aus Ländern, wo sie zeitweilig besonderen Steuern oder politischen oder anderen Unfähigkeiten unter worfen sein mögen, nach anderen Tbeilcn der Äclt zu unter stützen und zu fördern, ferner i» verschiedenen Tbeilcn Nord- und Südamerika- und in anderen Ländern Colonicn für landwirthschaftliche, commerziclle und andere Zwecke zu gründen. * Der französische Ministerratb beschloß die Bei setzung Grevy'S auf Staatskosten. Tic Negierung wird durch Freycinet, FalliereS und Nouvicr vertreten werden, welche in verschiedenen Cabincttcn während der Präsidentschaft Grevy'S ven Vorsitz führten. Tic Brigade, welche bei der Beisetzung die militairischen Ehren erweisen wird, soll ans den Truppen der benachbarten ArnieccorpS zusammengesetzt werde», da sich das siebente ArnieccorpS in den Manövern im Osten befindet. * AuS Paris wird vom 1l. September geschrieben: Alle Pariser Blätter bringen lange, einzelne biö vier Artikel über „Lobengrin" und die Ilcbcrrascknng, welche die Direction der Oper durch die beschleunigte Aufführung gebracht bat. Es steht jetzt fest, daß die Aufführung deshalb sckwn beule Abend stailsiiidcn wird, m» dcn Gegner» nicht Zeit zu lassen, den Widerstand und den Skandal im Theater und vor demselben zu organisircn. Tic Opernkircction er klärt, daß sie ganz genaue Nachricht darüber habe, daß diese Vorbereitungen bereit« im vollsten Gange waren »nd daß man bereits die Anwerbung von bezabltcn Schreiern begonnen hatte. Einige Blätter wiederholen die Be hauptung, daß die Bewegung von einigen Musik- verlegcrn anSgebc, die sich zu diesem Bclmfe mit bonlangistisckcn Elementen verbunden »nd ei» eigene- Blatt „Patrie cn dangcr" geschaffen hätten. Die große Mehrzahl der Blätter greift die Hetzereien auf das Ent schiedenste an »nd kaum ein einziges vertbeidigt sie offen. Die allgemeine Ansicht geht dabin, daß die Rnbc innerhalb des Theaters nicht gestört werde» wird, daß aber etwaige Ausschreitungen auf der Straße von der Polizei nachdrücklich und ohne große Anstrengungen werden unterdrückt werken. — Ein Telegramm der „Na».-Zeitung" vom II. September lautet: „Die Dircctic» der Oper ist in der letzte» Stunde veranlaßt worden, die für heute Abend festgesetzte „Lobengrin"» Ausführung auf unbestimmte Zeit zu verschieben. DaS Gerücht, daß einzelne der mitwirkenden Künstler plötzlich ihre Mitwirkung verweigert haben, bedarf der Bestätigung." — Und ein Telegramm von heute aus Paris lautet: Kurz nach 9 Uhr Abends war der Play vor dem Lpernhausc ziemlich belebt, während die große» Boulevard« um diese Zeit auch bereits wieder ibre gewöhnliche Physiognomie zeigten. Nunmehr ist die „Lohengrin"-Ausführung sür Mittwoch in Aussicht genommen. * In Toulon fand anläßlich de« Namenstage- dcS Zaren eine russenfreundliche Kundgebung statt. Eine dichtgedrängte Menschenmenge batte sich auf dem Haupl- platze angesammelt, welche die russische Nationalhymne mit großer Begeisterung aufnahm. Ter Biccadmiral Rieunier wohnte mit seinem Stabe dem Concert bei. Am Schluffe der Festlichkeit wurde eine Glückwunschadresse an dcn Kaiser von Rußland abgcseutcl. * In gut unterrichteten Londoner Kreisen glaubt man an eine deiiinächstige Umbildung des englischen CabinetS, in welches Gorst cintrcten soll. ES wird nämlich die Lang samkeit der Regierung bei Ernennung eines neuen General- Postmeisters sehr bemerkt. Sir John Gorst, der Herzog von Rulland und Freiherr Henri de WormS werden als Candi- dalen bezeichnet. * In vaticanischen Kreisen herrscht große Freude über den Besuch dcS Reick,skanzlerö von Caprivi bei dem päpstlichen Nuntius in München, Mons. Agliardi. Dieser Bestick, wird als ein Beweis der Achtung und Sympathie angescbe»; wie versichert wirk, sei besonder« die Haltung de« ValicauS gegenüber der gegenwärtige» Gruppirung der Mächte besprochen worden, und der Reichskanzler habe die Versicherung erhallen, daß der Valican sich ganz neutral verhält. * Eine römische Meldung der „Polit. Corrcsp." besagt: Die russische Regierung bat dem Valican gegenüber die Besorgnis; auSgcdrücki, daß die Beschlüsse der nächsten Synode der gricchisch-uiiionirteii Geistlichkeit zu Lemberg auf die Haltung der Untaten in Rußland eine unerwünschte Rück wirkung auSübcii könnten, und daran da« Ersuche» geknüpft, über die Ziele dieser Synode aufgcliärl zu werde». Der Valican lcbnle die A»Sk»iist ab, da die Synode ausschließlich kirchliche Interessen österreichischer Untertbanen beratbe. * Der Seldstberrscher aller Reußen bat an seinem Namenütagc eine Reibe von Auszeichnungen an seine Getreuen verliehen. Der ossiciöse Draltt meldet n»S deren nur drei. Den Generalen Gurko nnd Obr»isck,e>v sind hohe L rdcn, dem General Dragvmirow ciiicRangbcsörtcrung zu Tbeil geworden. General Gurto, der jüngst vo» dem „preußischen Kettenkunde" gesprockien hat, der bald loSgclasscn werten könne, gilt als auSerschencr Beseblsbabcr einer gegen Dcntschland be stimmten Armee, General Tragomirow als wahrscheinlicher BefeblShaber des russischen Heere«, welche« Oesterreich cut- gcgenlrclcn soll. Obrittschew aber ist seil Jahre»'die Seele der russischen KriegSparlci, welche dem Glaubcnssatze huldigt, das; der Weg »ach Koiiskaittiiiopel über Berlin und Wien sichre. Wir bebe» diese Tbalsacbcu bervor, weil sie in Frank reich ohne Zweifel die Hingebung an Rußland steigern und den Glauben »ähren werte», der Zar sei völlig den Panslawisten in das Garn gegangen. Die Ziele für die AnSzcichnungen dcö Selbstherrschers sind wobt mit Sorgfalt auSgcwählt worden. Herr von Gier« ist nicht unter ihnen, sondern geht auf Urlaub. Gleichwohl darf man süglick der Kundgebung keine übertriebene Bedeutung bcimcsscn; sie bestätigt nur, was man von dcn Gesinnungen dcö Zaren gegen seine Nach barn längst wußte, und ist darum kein Grund zu neuer Beunruhigung. * Die Wablbewegung in Norwegen wird nicht allein in Schweden inil erklärlicher Mißstimmung verfolgt. Bei allen ernsten Politiker» muß cS Verwunderung und Bcsrcinden erregen, daß in einem Lande, welches mit seinem Nachbarstaat? unter dem gleichen Herricherbause verbunden ist und bei aller inneren Selbstständigkeit die Vertretung in seinen auswärtigen Bezieknngen bisher »ul ilini gctbcilt hat. eine große Partei die vollständige Trennung der beiderseitigen Diplomatie zurWahlparvlc macktt und einen hcsondcrcnMinisterdcSAcußcrn sür daö in der Union stehende zweite Land fordert. Und das ist noch nicht ciniiial das Schlimmste bei der Sache. Wenn Ibsen und Björnson über die Anwendung der Tclcphon- vcrbindnng zwischen den eventuelle» beiden Ministern dcS Auswärtigen in Stockholm und Chrisliania diScutircn, so wird man dabei noch Gleich»»»!!, bewahren können; wenn aber aclive StaatSräthc, wie Slecn und Konow, die Losung der radikalen Linlc» nicht allein als diScutirbar behandeln, sonder» auch die Durchsükrung dcS Planes zui» Gegenstand öffentlicher Erklärungen machen, so gebt ein derartiger Gebrauch der Freiheit der DiScnssion selbst in einer Wahlbcwcgung über das Maß dcö bisher sür möglich Gehaltenen denn doch noch weit hinaus. Noch vor wenigen Monaten hatte der gegenwärtige SiaatSratl, Berner im Storthing cS als einen uniuöglichcii Grad vo» Naivelät erklärt, wenn man „zwei Minister dcS Aenßcrn" z»m Wahlprogramiii machen wollte, und jetzt ist cs doch zur thatsachliciicii Wirklichkeit geworden. Am meiste» irren sich aber die staatSrätblichcn Wortführer der reinen Linken, wenn sic einer derartigen Forderung bei der in Schwede» herrschenden Stimmung irgendwelche Aussicht eröffnen. Wie den „Hamb. Nachr." auS Stockholm geschrieben wird, würde selbst diejenige große Partei Schwedens, welche einer vollständigen Gleichstellung Norwegens innerhalb der Uiiinii geneigt ist, sich auf das staatsrechtliche Unding zweier Minister dcS Auswärtigen niemals cinlassen. Die vollständige Auflösung der Union würde einem Fortbestand der Union unter einer solchen Be dingung weil vorzlizichc» sein. * Wie a»S Kviistaiitiiiopcl berichtet wird, findet in der dortigen Diplomatie die Ansicht iiiimer mehr Glaube», daß der nninitlclbarc Anlaß zu dem Ministerwechsel in der Besorgnis; dcS Sultans vor einer gegen ib» gerichteten Palaslvcrschwöruiia lag. Damit werden politische Ursachen und Folgen dcS Wechsels keineswegs auSgcschlosscu, denn sie konnten bei Bemühungen, den Sultan an eine Verschwörung glauben zu mache», im Spiele sein. Darauf, daß er sich von einer solclilli bcdrcltt wähittc, dculct nach der Auf fassung uiilerrichtclcr Bcurthcilcr besonders die Absetzung dcS Scheichs ul Islam hin. Dieser hohe geistliche Würdenträger
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