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Anzeiger. ^ 28S. Dienstag den 16. Octoder. 1855. Bekanntmachung. Die für die bevorstehende Neuwahl deS am Jahresschluß ausscheidenden DntttheilS der Herren Stadtverordneten und Ersatzmänner angefertigte W <r h l l i st e ist von heute an aus dem Saale und im Durchgänge deS Rathhauses zu Jedermanns Ansicht auSgehangen und im Kxpeditionsloeale der Herren Stadtverordneten in der alten Waage auSgelegt, auch werden Abdrücke derselben nebst Stimmzetteln unter die stimmberechtigten Bürger verthrilt werden. Einsprüche gegen die Wahlliste sind sofort und längstens bis mit dem 27. October d. I. zur Kenntniß und En» scheidung des RathS zu bringen, widrigenfalls solche bei gegenwärtiger Wahl nicht berücksichtigt werden können. Zur Abgabe der Stimmzettel Behufs der Erwählung von 218 Wahlmännern sind die Tage des S, 6. and V November dieses Jahres Vormittags von 9 bis 12*/, und Nachmittags von 3 bis 6 Uhr festgesetzt worden und es haben sich die Abstimmenden innerhalb dieser Zeit vor der Wahldeputatiotr in der ersten Etage der alten Waage bei Verlust ihres Stimmrechts für diese Wahl in Person einzufinden und ihre Stimmzettel abzugeben. Ueber daS weitere Verfahren enthält unsere Bekanntmachung vom 3. October d. I., welche an den oben erwähntm Orten einzusehen ist, und wovon den Stimmberechtigten Abdrücke zugestellt werden, das Nähere. Leipzig, den 16. Oktober 1855. Der Nath der Stadt Leipzig. Lirr Erinnerung an das Lahr 1818. (Schluß.) ! DaS Napoleon-fest war vorüber, di« Kerzen, welche zu seiner Verherrlichung gebrannt hatten, waren erloschen, und mit diesem Feste war wohl auch der Höhepunkt der französischen Herrschaft in Sachsen überschritten; denn Schlag auf Schlag brach nun da- Unglück über den Beschützer de- Rheinbünde- herein. Der Herzog von Padua verließ Leipzig drei Tage nach dem Feste, um zur Armee abzugehen, und gleichzeitig erfolgten am 26. August die Schlachten an der Katzbach und bei Dresden, ja selbst in Leipzig ertönte an diesem Lage der Generalmarsch, weil sich bei Connewitz feindliche Truppen hatten sehen lassen. Zwar verfehlte Gmeral Bertrand nicht, den Bewohner« Leipzig- bekannt zu machen, daß der Kaiser am 27. bei Dre-den einen überaus glänzenden Sieg erfochten habe, aber zwei Umstände trugen mächtig dazu bei, diesen SiegeSjubet mit Mißtrauen aufzunehmen; denn erstlich hatten schon Tage- vorher die französischen Behörden Anstalten getroffen, die Stadt zu räumen, und nur auf die Nachricht hin, daß der Feind sich wieder etwa- zurückgezogen habe, entschlossen sie sich zu bleiben; zweiten- aber kann «an leicht ermesset, wie diese Siege-, Nachricht ausgenommen und besprochen wurde, wenn man einen von Poppe mitgetheilten Erlaß de- Polizei-Amte- vom 29. Aug. liest, in welchem da- Ausammentreten und Sprechen von mehr al- drei Personen verboten wird. Die bedenklichsten Zeichen für den schlechten Stand der französi schen Angelegenheiten folgten einander mit überraschender Schnellig keit. A« 29. und 3V. August war da- französisch« Heer bei Rvllmdorf und Kulm geschlagen worden, und der 3. Septbr. sah die ersten französische« Au-rei-er in Leipzigs Mauern, welche in Trupp- zu 10, 20 di- 30 Mann ankamen, und fast den ganzen September hindurch sah man täglich die Ankunft solcher Ver sprengter. Wie ungünstig die von der Armee und vom KriegS- schaunlatze eingelaüfenen Nachrichten lauten mochten, ersteht man deutlich daraus, da- da- Lazareth-Somit- gleichfalls unter dem 3. Sept. wegen bevorstehender Anhäufung von »lessirten in dm hiefitzkn Lararethen eine« Bittruf um alte Leinwand und Charpie dringend wiederholte und für da- Pfund von ersterer ein Prei- von 6 Groschen, für das Pftmd von letzterer 8 Gr. bezahlt wurde. Wennschon nun der nächste Tag da- Schauspiel darbot, daß einige Tausend gefangene Oesterreicher, Preußen und Rossen, von Dre-den kommend, hier anlangten, die man theilS in der Pleißen- burg, theil- in den Pulverthürmen, theil- auf dem Gotte-acker unterbrachte und am folgenden Tage nach Frankreich weiter tranS- portirte, so mußte e- doch dei den wenigen Anhängern der franzö sischen Herrschaft Besorgniß erregen, daß am 5. Sept, demselben Tage, an welchem da- verbündete Heer auf zwei Punkten die sächsische Grenze überschritten Halle, der Gottesdienst in der Pauliner- kirche eingestellt wurde, weil sie in aller Eile zur Aufnahme der Gefangenen, Blessirten und Flüchtigen hatte geräumt werden müssen. Die Ereignisse drängten sich mit immer größerer Hast und eine Stege-botfch<ckt folgte der anderen in kurzen Zwischenräumen. Am 8. Sept. erließ der General Thkelemann seine bekannte Pro klamation und am 11. schon fand da- Gefecht bei Weißenfels statt, während in der Nähe Lützen- durch einen schnellen Angriff der Rittmeister Bock 200 Franzosen gefangen nahm, welche zu eine« Transport von Munition und Leden-mittckn nach Leipzig bestimmt waren. Inzwischen waren, der nahen Gefahr gegenüber, die Franzosen in Leipzig auch nicht unthätia gewesen und hatten bereit- am 8. Sept. begonnen, vor dem Halle'schen Thore, in der Nähe der Scharfrichtern, und vor dem Grimma'schen Thore, hinter dem Gotte-acker, Schanzen aufzuwerftn. Täglich mehrte sich der An drang von Generalen, hohen Stab-- und sonstigen Officieren, so daß der Rath nicht mehr vermochte, sie, wie er früher getha« hatte, in Aubergen unterzubringen, und am 11. Sept. die Hausbesitzer und deren Abmiether auffordern mußte, sich sofort in ihren Häusern und Wohnungen zur Aufnahme derselben einzurichten. Die Un geheuern Summen, welche in solcher Zeit der städtische Haushalt kostete, hatten den Rach genöthigt, durch da» Handlung-tzau- Reichenbach u. So. bei de« Bürgern eine Anleche von 400,000 Lhlr. zu machen, welche am »L. Sepl. »eröffnet wurde.