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Allerthal -Mung. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle Klöfterlein, Nieder, u. Obcrpsannenstiel, Lauter, Bockau, " Bernsbach, Beyerfeld und die umliegenden Ortschaften. Erscheint Mittwoch», Freitag» n. »»««tag». Avonn«ment»pr«i» iacl. der 3 werlhvollen Beilagen vierteljährlich mit Bringerlohn 1 Mik. 20 Bf. durch die Post 1 M. 2K Pf. Mt 3 issustrirten Aeiötättern: Deutsches Aamitieuvtatt, Hute Krister, Zeitspiegel. Derantwortlicher Redakteur: «Mil Hegemeister in Au « (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: Au«, Marktstratze. Inserat« di« einspaltige EorpuSzeile 10 Pf«, di- volle Seite 30, >/r S. 20, >/« St. » Ml. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und Landbriesträger nehmen Bestellungen an. Mittwoch, den 16. Mat 1893. No. 58. 6. Jahrgang. Oeffentliche Impfungen in Aue. Die öffentlichen (unentgeltlichen) Impfungen werden im hiesigen die Stadt Nur umsaffenden Jmpfbezirke am 17., 24. und 31. Mai im Saale der hiesigen Bürger, schule dergestalt vorgenommen werden, daß die Kinder, deren Familiennamen mit den Buchstaben HL beginnen, Mittwoch, den 17. Mai d. I, Nachm. 3 Uhr diejenigen Kinder, deren Familiennamen mit den Buchstaben L—II beginnen» Mittwoch, den S4. Mai d I, Nachm 3 Uhr und diejenigen, deren Familiennamen mit den Buchstaben Hl—L beginnen, Mittwoch, den 31. Mai d. I., Nachm. 3 Uhr > geimpft werden sollen. Die am 17., 24. und 31. Mai geimpften Kinder find eine Woche darauf, also am 24., 31. Mai und dez. 7. Juni Nachmittag 3 Uhr im Jmpilvkalc dem Jmpfarzte vr. well. Matthesiu» hier, zur Besichtigung vorzustelle«. Jmpfpflichtig sind 1. die im vorhergehenden Kalenderjahre hier geborenen Kinder 2. die während des vorigen Jahres hierher zugezogenen ungeimpsten Kinder, S. die im vorigen Jahre wegen Krankheit zurückgestellten oder ohne Erfolg geimpften Kinder. Boni Erscheinen zum Impftermine sind nur diejenigen der obengenannten Kinder befreit, welche a. die natürlichen Blattern überstanden haben, d. ohne Gefahr sür-ihr Leben oder Gesundheit z. Z. nicht geimpft werden können, a. Privatim in gesetzmäßiger Weise bereits geimpft sind oder während des laufenden Jahres noch geimpft werden sollen. Es sind jedoch deren Angehörige verbunden, eine schriftliche Anzeige über den Grund des Ausbleibens der bez. Impflinge unter Beilage der vorschriftsmäßigen ärztlichen Zeugnisse und Bescheinigungen zu erstatten und diese Belege bis zum Tage vor den anbe« räumte» Impfterminen bei der unterzeichneten Behörde abzugcbcn. Eltern, Pflegecltern und Vormünder impspslichtiger Kinder werden zu pünktlicher Beachtung dieser Vorschriften hierdurch ermahnt unter Hinweis darauf, daß für Unterlas sungen Geldstrafe bis zu SO Mt. oder Haftstrasen bis zu 3 Tagen gesetzlich angedroht sind. Aue, am 13. Mai 1883. Der WccLb der Stadt. vr. Kretzschmar. E. Wählerlisten für die Reichstagswahl in Ane. Die für die bevorstehende Reichstagswahl ausgestellten Wählerlisten liegen vom 18. bis 25. Mai dieses Jahres in unseier Ralhsregistratur zu Jedermanns Einsicht aus. Einsprüche gegen die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Listen sind unter Bei bringung von Beweismitteln, falls die Behauptungen nicht aus bekannten Thatsachcn be ruhen, gemäß 8 des Reglements zur Aussührung des Wahlgcsitzes für den Reichstag innerhalb obiger Frist bei dem unterzeichneten Stadtrath schriftlich oder zu Protocoll an zubringen. Aue, am 15. Mai 1883. Der WaLtz der Stadt. vr. Kretzschmar. E. OchMchk ÄMmoldliktkiljihiW ju Aue. Mittwoch, den 17. Mai 1893, Abends 6 Uhr. Politische Nachrichten. Dentfchtaud. , Berlin, den 15. Mai. — Dem aufgelösten Reichstag werden keine Thronen nachgeweint. Man gicbt ihm im Gegenteil noch herbe Tadel» auf dem Heimweg niit. Beispielsweise schreibt die „Post" (Reichh): Besser die Auflösung dieses Reichstages, als sein Fortbestehen noch anderthalb Jahre in dec bis herigen Weise! Kläglicher hat noch niemals eine große Volksvertretung ihre Geschäfte geführt, ärger noch keine ihre Pflichten vernachlässigt. Es ist durchaus zutreffend, wenn genau« Beobachter versichern, daß dieser Reichstag nicht den vierten Teil der Beschlüsse, die er faßte, zu Recht gefaßt hat. Seine dauernde Beschlußunsähigkeit machte ihn zum Gespött der Menge und zur ernsten Sorge der Män ner, welche di« gesetzgeberische Arbeit nicht als Spielerei betrachten. Und wie ließ dies« hohe Versammlung die Würde ihrer Beratungen durch die ^unflätigsten Schimpf wort« schädigen! Di: Erwählten des Volkes riefen sich Lästerungen zu, welche die Grenze deS Möglichen nur darum ereichten, weil die deutsche Sprache keine Ueberbie- tung von Lump, Schuft usiv. mehr kennt. Wir befanden uns mit diesem Reichstage im tiessten parlamentarischen Niedergange. Der Lag wird kommrn, wo der treue Pa triot, der bewährte Staatsbürger, der ruhige Charakter wieder zu Ehren kommt vor dem Volkstribünen und Klub- redner. Zu dieser Zeit müssen wir uns mit Ernst und Kraft durchringen. — Bismark „Hambunger Nachrichten" (Nachdruck verboten). IseuiU'eton. Kinderfragen. von Helene Stökl. In C. A. Koch's Verlag (I. Sengbusch) in Leipzig hat Helene Stökl unter dem Titel „Unsere Kleinen" rei zende Plaudereien „für die Großen" erscheinen lassen, vie wir der Aufmerksamkeit unserer Leser empfehlen. Mit Erlaubniß der Verlagshandlung entnehmen wir dem sehr hübsch auSgestatteten Buche den folgenden „Kinderfragen" überschriebene» Abschnitt: „Ganz still sitzt unser kleines Töchterchen neben uns auf dem Fußboden und stellt seine bunten Häuschen zu Straßen und Gassen zusammen. So vollständig scheint es in das Spiel vertieft, daß wir uns hüten, cs anzurr- den ja nur recht anzusehen, um rS nicht zu stören. Da läßt es plötzlich seine Häuschen au« der Hand sinken, und die großen Kiudcraugen ernst und voll zu un» aufschla- gend, fragt eS: „Mutter, müssen all- Menschen sterben?" „Ja, Kind, alle Menschen I" antworten wir betroffen von der unerwarteten Frage. ,Auch die ganz braven?" fragt da- Kind schüchtern weiter. »Auch die braven, mein Kindl Bott nimmt sie zu sich, weil er sie lieb hat und sie in seinem schönen Himmel bei sich haben will. Schweigend sitzt di« Kleine rin Weilchen da, dann kommt sie zu uns und fragt, dicht an uns geschmiegt : „Mutter, ob es dem lieben Gott vielleicht alles eines ist, wenn er mich lieber gar nicht in den Himmel nimmt, sondern immer hier bei Dir auf der Erde läßt?" Wir ziehen das Kind fest an unsere Brust und suchen die Zweifel seines kleinen Herzchens in unfern Liebkosun gen zu ersticken; aber die einmal angeregte Fragelust will sobald nicht wieder zur Ruhe kommen, nur einen anderen Gedankengang schlägt sie ein. „Mutter, trägt der Engel, der die kleinen Kinder bringt die Kinder in einer Schachtel oder hält er sie nur so in der Hank?" Die Frage trifft uns völlig unvorbereitet. „Nein, nicht in einer Schachtel," antworten wir end lich zögernd. „Aber Kleidchen haben sie doch an?" „Nein, Herzchen, die kleinen Kinder kommen nackt und bloß zur Welt." „Aber Mutter, wie wissen dann die Eltern, ob es rin Bube oder ein Mädchen ist. Wieder zögern wir einen Augenblick. „Das st-ht man den kleinen Kindern ja gleich am Gesichtchen an." Unser Töchterchen scheint befriedigt und wendet sich wie der ihrem Spielzeug zu; plötzlich aber fährt sie auf und rüst in lebhafter Beunruhigung: Mutter, Mutter I" „WaS denn, mein Kind?' „Der Papa hat neulich gesagt, ich habe ein ganze» Bu bengesicht. Am Ende bin ich gar ein Bube und kein Mädchen? Diesmal zögern wir nicht mit der Antwort. „Nein, nein Kind, d» bist ganz gewiß mein kleine», liebe» MS« delchen. Aber nun laß da» Fragen und komm mit mir in die Küche. Du darfst der Mama kochen helfen." Vergnügt folgt da» Kind in die Küche, sich dort dem wichtigen Geschäfte des „Kochenhelfens" resp. „Zusehens" mit derselben Gründlichkeit widmen, mit der es eben noch nach dem Endziel und dem Ursprung des Menschenge schlecht» forschte. Wunderlich genug mag es manchmal in dem werdenden Geiste des Kindes auSsehen! ES ist, als ob er ans einer großen, unruhig durcheinander gährendcn Masse bestände, deren glühendem Schaum die zahllosen Fragen al» Bla sen entsteigen, durch die das Ganze allmählich zur Klä rung gelangt. Welt und Leben, mit ihren selbst den Erwachsenen un faßbaren Wundern, sie stehen dem Kinde, diesem schwa chen hilflosen Geschöpschen, als geheimnißvoll dunkle Räth- sel gegenüber. Kein Wunder, daß in dem Bestreben, sie zu lösen und der eigenen Unwiffenheit durch die Erfah rung Anderer zu Hilfe zu kommen, ihr ganze- Wesen ost einer einzigen großen Frage gleicht. Daß dir- beständige Fragen zuweilen sehr lästig wer den kann, wer könnte e» destreüen, wer aber wollte ein Kind wünschen, da» keine Fragen thäte l Julius Sturm erzählt in einem sinnigen Märchen, wie ein Großvater, von dem »nanshörlichrn Fragen seines Enkelkindes zur Verzweiflung getrieben, den Ausruf that: „Daß Dir die Zunge erlahme I" dann aber, als sein Wunsch sich unvermuthet erfüllte, frcndig eine» der beiden Jahre, die ihm nach der Prophezeihung deS TodeSengel» noch zu leben vergönnt waren, higab, nur um wieder da süße Plaudern und Fragen de» Enkrlchen» zu hören. Ein Kind, dessen Fragen von den Eltern unbeantwor tet bleiben, wird sich entweder an Andere «enden, dir sei ner Wißbegierdr williger entgegenkommrn, dabei aber viel leicht nicht den richtigen Takt besitzen au» ihren Antwor ten auSzuschetden, wa» dem Kinde nicht gut zu wissen ist, oder r- wird die leichte, schöne Empfänglichkeit verlieren