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Telegramm - 6Sm§e: (vocdenblatt plilsnik. und Umgegend für Pulsnitz er verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in Pulsnitz. Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 2S5. Druck und Verlag von L. L. Förster's Erben. Amtsblatt für den Bezirk des Aönigl. Amtsgerichts gulsnits, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch. Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalds, Ohorn, Gbersteina, Niedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Friedersdorf - Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Ul.-Dittmannsdorf, Inserate für denselben Tag sind bis vormittags zo Uhr auszugeben. Preis für die einspalt. Zeile oder deren Raum zo H. Reklame 20 H. Bei Wiederholungen Rabatt. Alle Annoncen-Expeditionen nehmen Inserate entgegen. —Wochenblatt Amtsblatt des König!. gmtsgepickts und des Stadtnatkes Lu Pulsnitz Erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Beiblätter: Illustr. Sonntags blatt und landm. Beilage. Abonnement: Monatl. 5ü , vierteljährlich z.25, bei fteier Zustellung ins Haus sowie durch die Post unter No. 8059 t-^o. Ar. 15. 54. Jahrgang. Dienstag, den 4. Keöruar 1902. Mittwoch, den 12. Februar: Biehmarkt in Pulsnitz. Die südafrikanische Friedensfrage. Noch immer läßt sich nicht bestimmt beurteilen, ob und inwieweit die von der niederländischen Regierung so über raschend ins Werk gesetzte diplomatische Aktion beim Lon- doner Kabinet zu Gunsten von Friedens-Verhandlungen zwischen England und den Boernstaaten dazu führen wird, daS lange blutige Drama in Südafrika endlich zu seinem Abschlusse zu bringen; manches Unklare und Widerspruchs volle wirbelt da eben in den betreffenden Meldungen noch durcheinander. Wenn aber die Information des „Daily Telegraph" zutreffend sein sollte, wonach die englische Re gierung in der Antwort aus die ihr zugegangenc Mitteilung der niederländischen Regierung betont, daß bei dem Mangel an jeglicher Vollmacht derselben im Namen der Boern zu sprechen und bei dem Fehlen irgendwelcher greisbaren Vor schläge die holländische Note praktisch unverwertbar sei, so wäre wohl nicht viel von dem jetzt unternommenen Schritte der niederländischen Regierung betreffs der Friedenssache in Südafrika zu erhoffen. Vor allem würde aus der englischen Antwort erhellen, daß sich die maßgebenden Boernkreise dem Vorgehen Hollands durchaus fern gehalten haben, und daß e» sich bei demselben ferner nur um eine schüchterne An regung in London, nicht aber um greifbare Vorschläge zur Beendigung der Feindseligkeiten in Südafrika gehandelt hat. Wenn dem wirklich so ist, so würde dann für Friedensver handlungen zwischen den kriegführenden Parteien noch herz lich wenig gewonnen sein, eL müßte doch wenigstens ver langt werden, daß die Boeren unzweideutig ihre Zustimmung zu aller VermittlungSaktion Hollands zu erkennen geben, und eS ist einigermaßen befremdlich, daß weder von Seiten der offiziellen Boern-Vertreter in Haag noch von den im Felde stehenden Boerngenerälen keinerlei Stellung zu dem Schritt« der niederländischen Regierung genommen worden sein sollte. Steht eS für die Boeren auf dem Kriegsschau plätze vielleicht doch so verhäliniSmäßig günstig, wie dies in privaten Nachrichten aus Südafrika immer wieder versichert wird und meinen sie infolgedessen etwa, daß sie es nicht nötig hätten ihrerseits mit FriedenSanbietungen, selbst nur auf indirektem Wege, zu kommen? Eine solche Haltung wäre aber nur im höchsten Grade bedauerlich, sie müßte den Krieg bis zur völligen Erschöpfung einer der beiden Parteien verlängern, da man in England nach wie vor auf dem Standpunkte steht, eS sei an den Boeren, um die Friedens» bedingungen nachzusuchen, wozu dieselbe jedoch eben nicht ge willt zu sein scheinen. Freilich, so ganz und gar kann man den leitenden Boernkreisen nicht unrecht geben, wenn sie sich in der wieder angeschnittenen Friedensfrage zunächst reserviert verhalten, herrscht doch hinsichtlich der eigentlichen Grundlage für Frie- denüverhandlungen noch immer ein schier unüberbrückbarer Gegensatz in den Anschauungen der kriegführenden Teile. Die Boern beharren dabei, daß ihnen absolute Unabhängig keit bewilligt werde, während die englische Regierung durch ihre Wortführer in den Adreßdebatten des englischen Parla ments nochmals die Unmöglichkeit erklärt hat, den Boeren eine derartige Forderung zuzugestehen. Ja nicht einmal von einer Selbstverwaltung der Boerenstaaten unter englischer Oberhoheit will man an den maßgebenden Londoner Stellen einstweilen etwas hören, sie sollen direkt als Kronkolonien dem britischen Reiche einverleibt werden, um vielleicht erst später ein gewisses Maß von Selbstverwaltung zugebilligt zu erhalten. Es ist vorerst unerfindlich, wie bei einem solchen Widerspruche zwischen den Hauptforderungen Eng lands und den Boeren eine Vermittelung und eine Verstän digung b^husS Einleitung auch nur von Verhandlungen wirk sam Platz greifen könnte, von einem Friedensschlüsse ganz zu schweigen, aus welcher Sachlage ohne Weiteres hervor geht, daß der vielfach zu bemerkende Optimismus hinsichtlich deS Ergebnisses der holländischen Aktion in London durch aus nicht am Platze ist. Ein Eingreifen dieser oder jener Großmacht zur Unterstützung der holländischen Bemühungen würde aber bei der englischen Empfindlichkeit möglicherweise nur den entgegengesetzten Effekt Hervorrufen und England in dem Entschlusse bestärken die Boerenrepubliken vollends niederzuzwingen. Die zuversichtlichen Darlegungen über die Gesamtsituation in Südafrika, mit denen der Kriegsminister Brodick die am Freitag im englischen Unterhause erfolgte Einbringung der NachtragSsorderung von ü Millionen Pfd. Sterl, zur Fortsetzung des Krieges begleitete, zeigen ja auch wiederum, daß England in der That hartnäckig auf der Durchführung deS südafrikanischen Feldzuges b> steht, da die Boeren nun einmal freiwillig die Waffen nicht niederlegen wollen, und so wird denn die von der niederländischen Re gierung in London gegebene Anregung leider ein Schlag ins Wasser bleiben. Die Welt wird also die Fortsetzung all' der bisherigen kriegerischen Gräuel in Südafrika sehen, obwohl sie nun schon in daS dritte Jahr hineindouern, und eS ist wohl möglick, daß sogar noch die im Juni bevor stehenden Krönungsfestlichkeiten im englischen Königshofe sich unter dem aus Südafrika herükerlallenten Kricgslärm voll ziehen müssen. ^ertliche ««- ^chsijche Avgelegerlheitev. — Am Sonntag war Lichtmeß, der Tag, an dem der Winter einen gewissen Abschnitt macht — „Lichtmessen ist der Winter halb vergessen" — und daher knüpfen sich eine Menge Sprichwörter an diesen Tag. Sie räumen ein, daß der Winter noch nicht überwunden ist, daß er noch mit einem widerwärtigen und ost sehr langweiligen Ende nachkommt, allein sie nehmen doch auch Akt von den ersten Strahlen, die der kommende Frühling als Vorläufer sendet. ES wird auf dem Londe nicht gern gesehen, wenn an diesem Tage die Sonne scheint. Man meint, daß Helles Wetter eine wenig ergübipe Einte in Aussicht stille und den Bauer zu einem armcn Gesellen nach«, während trübeS Wetter ihm «ine reiche Ernte andeute: „Lichtmisscn hell, schindet dem Bauern das F'll, Lichtmesicn dunkel, macht den Bauer zum Junker." — „Scheint auf Lichtmeß die Sonne froh, bewahr' der Wirt nur oll sein Stroh." — Wenn Lichtmeß die Dächer flenzen (weinen), so wird im Johr der Flachs baß glänzen." Unsere Zeit ist drüber hinweg, den alten Wettcrsprichwörtern glaubende Beachtung zu schcnken, sonst wüßte man voraus sagen, daß dieses Jahr „dem Bauer daS Fell geschunden wird", denn am Sonntag gab eS bei allerdings ziemlicher Kälte Sonnenschein. — Bus Grund zuverlässiger Mitteilungen ouS den deutschen KonsulolSbezirken wird bei der Handels« und Gewerbekommer ein „nicht öffentlich,-" Verzeichnis von kreditunwürdigen Personen und Firmen des Auslandes geführt. Abschriften von dieser Liste dürfen nicht e> teilt Werden, eS wird jedoch den Inter,ssenten anheimgegeben, namentlich vor Anknüpfung von Geschäftsverbindungen mit unbekannten Firmen deS Auslandes, sich die Auskunft der Kammer darüber einzuholen, ob die Namen der Personen oder Firmen, mit denen sie in Verbindung treten wollen, bereit- im deutschen Konsulatsbezirke al- kreditunwürdig bekannt sind. Oberlichtenau. Am vergangenen Sonntag fand im Gasthof zum weißen Hirsch, hier der 2b Tauturntag de- „Nördlichen OberlausitzturngaueS" statt. Nachdem der Gauturnwart vormittag- >/,12 Uhr eine Vorberatung ab- gehalten hatte, nahm Nachmittag mit dem Liede: „O Deutsch land, hoch in Ehren" der Gauturntag seinen Anfang. Der Gauvertreter Reißmann-Kamenz eröffnete denselben und stellte die Anwesenheitsliste fest. Hierauf hieß der Vor steher deS hiesigen Verein-, Koban die Anwesenden willkommen. Als erster Punkt der Tagesordnung wurden die Jahresberichte vorgelragen uud zu Rechnungsprüfern Hildebrand-KönigSbrück und Pietsch-Lichtenberg gewählt. Die Prüfung wurde sofort voraenommen, woraus die Richtigsprechung erfolgte. Zum Gauvertreter wählte die Versammlung einstimmig Reißmann-Kamenz, ebenso als Gougeldwart Hälsig-Bautzen. Die Wahl der Gouturn- räte fiel auf Kind-Lichtenberg, Scheibe-Elstra und Gräfe- Königsbrück. Ferner wurd,n auf den KreiSturntag nach Zschopau Reißmann-Kamenz, Misselwitz - Bautzen und Fichte.Großröhrsdorf abgeordnet. Die Gausteuer für 1903 wurde auf 9 Pfennige pro Mitglied festgesetzt. Von der Abhaltung eine- GauturnfesteS nahm man Abstand, anstatt dessen sollen BezilkSturnseste stattfinden und die näheren Bestimmungen über dieselben den Bezirken überlassen bleiben. Der Gauvertreter referirte sodann über die Vor- schläge deS KreiSturnroteS, Unterstützung und Haftpflicht- gesetz betreffend. Der Ueberlrttt deS Turnverein- Höcken dorf au- dem ersten in den zweiten Bezirk Wurde geneh- migt. Zwei Vereine, der Turnerbund-Kameuz und der Turnverein zu Gödlau meldeten sich zum Gau. Eine Sommlung für die Unterstützungskasse ergab den Betrag von 6 Mark 60 Pfg. Nach Verlesen der Verhandlungs schrift wurde der Sauturntog '/«6 Uhr geschlossen. Kamenz. Ueber das Vermögen der offenen Han delsgesellschaft in Firma Kamenzer Elektrizitätswerk, Ge brüder Vogler, in Kamenz wurde am 30. Januar 1902, vormittags >/,12 Uhr das Konkursverfahren eröffnet. Elstra, 2. Februar. Ein gewaltiger Brand ver nichtete heute das herrschaftliche Schloß hierselbst. Morgens gegen '/r8 Uhr drangen plötzlich mächtige Rauchmassen aus dem Dache hervor; auf sofortige Alarmsignale er Feuerwehr wurde mit 'sämmtlichen Löschgeräten der Stadt der Brand angegriffen, doch stand bereits schon das dritte Stockwerk in Flammen und der dichte Rauch verhinderte ein Vordringen in die oberen Räume. Au« den unteren Räumen bis zur zweiten Etage wurde fast sämmtlicheS Mobiliar, darunter die wertvolle Bibliothek, gerettet, frei lich ist mancher wertvolle und altertümliche Gegenstand dem Feuer zum Opfer gefallen. Von auswärts kamen zur Hülfe die Spritzen von Gödlau, Kindisch, Wieso, Prietitz, Landspritze und Freiwillige Feuerwehr Kamenz und Frei willige Feuerwehr Kloster Marienstern. In dem Schlosse wohnte zur Zeit nur eine ältere Dame, sowie ein Stuben mädchen der Frau von Hartmann-Knoch, letztere befindet sich ouf einer längeren Reise und beabsichtigte Anfang duser Woche zurückzukehren. Wie der Brand enistandin ist, läßt sich nicht beurteilen, doch dürfte ein Essendefekt nicht ausgeschlossen sein, da doch wohl daS Feuer geraume Ze» gebraucht Hot, um einen solchen Umfang anzunehmen, bevor eS bemerkt worden ist. Vermutlich ist der entstandene Schaden durch Versicherung gedeckt. DaS Schloß ist bis auf den Grund ausgebrannt und steht nur noch da- Mauer werk. Durch die ungünstige Windrichtung war die Stadt sehr gefährdet, doch ist glücklicherweise weiterer Schaden verhütet worden, Tie Gottesdienste fielen infolge dieses Brondunglücke- aus. Elstra war im Laufe des heutigen Tages ein sehr besuchter Ort von zahlreichen Fremden der näheren wie weiteren Umgegend. Bautzen, 1. Februar. An Stelle mehrerer zu dispensieren gewesener Geschworener der bevorstehenden QuartalSpertode wurden durch nachträgliche Loosziehung ernannt die Herren: Rittergutsbesitzer Graf zu Stolberg. Stolberg ouf Brauno, Gutsbesitzer uud FriederSrichter Böhmer in Oelsa und Kauimonn Olbrich in Seifhennersdorf. — Sächsischer Landtag. Die 2. Kammer genehmigte am Freitag den Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung der Gerichtsgebühren, unverändert in der Schlußberatung. Dresden, 2. Februar. Hier hat sich ein Komi.ee hervorragender Geschäftsleute und Industrieller gebildet zwecks geschäftlicher Brykottirung sämtlicher nicht deutsch korrespon- direnden Firmen Böhmens. Dresden, 2. Februar. Ueber dos Vermögen des WeinhändlerS Wendt, Inhabers der Firma Oswald Nier ,,^ux coves cle Trance" ist gestern dos Konkursverfahren eröffnet worden. Herr Wendt scheint sich allen Verpflich tungen durch die Flucht entzogen zu haben. — Auf Flur Langebrück wurde Sonnabend früh ein junges Mädchen tot aufgesunden, welches sich vom Zuge hatte überfahren lassen. DaS junge Mädchen war bei einer Herrschaft in Langelnück bedienstet gewesen. Der Grund zu dem Selbstmord ist nicht bekannt. Zittau, 31. Januar. An Stelle deS als Bürger« meister nach Auerbach berufenen Siadtrais Achilles wurde heute Rechtsanwalt Päschner aus Freiberg zum besoldeten Siadtrat gewählt. Die nächsthöchste Eiimmenzahl erhielt Assessor LongerhanS in Berlin, der Neffe des bekannten Berliner EtadiverordnetenvorsteherS vr. LongerhanS. Zittau. Vor einigen Tagen wurde hier an der Mandau ein halberstorrter und bewußtloser Herr aufge funden, dessen Herkunft und Persönlichkeit vollständig in Dunkel gehüllt schien; er machte den Eindruck eine- Geistes kranken, der einen Selbstmord versucht hatte. Es konnte festgestellt werden, daß der Aufgesundene der nach Unter schlagung von 25000 Mk. flüchtig gewordene, ouS Gnaden- bürg gebürtige 39jährige Buchhalter Georg Schmidt ist, welcher von der Staatsanwaltschaft Glogau verfolgt wird. Der Mann, der Irrsinn zu simulieren scheint, wurde nun mehr verhaftet.