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r«. g<chr»imo. >« Aden-Ausva-e Mittwoch, r. April 193« Praätinsschrtft: N-chrtchie« Lrewr- gemipr-cher-Lammeinumm«: »»»«» Nur lür Rachtgeipräche: «r. »0011 Schrisliettung ». Haupt,eichäiuftelle: Drrlden- «. 1, Mari-nlttat« »8/4» Gegründet 1SSS Vq-o»^»ahr »«« 1. »N 1». «pril 1»N> »et «1«U» zwetm-Iiger Zuftellmig frei Hau« 1.7« «N. Poft»e»ug»prel« lür Monat NprU 5.40 Mt. rtnichu «« VI». Postgebühr tohne PvI^usteUungtgebühr». An,einummer 10 PI,. An,cigenvretle: Die «n,eigen werben nach Polvmark berechnet: dt« etn- tpaltige »o mm breite Zeile 3» Pfg., für aurwärt« 40 Pfg. gamilienan,eigen und SteUengefuche ohne Rabatt tb Pfg., außerhalb Sb Pfg., die »o mm breite Reklame,eile so« Pfg.. außerhalb Sb« Pfg. vffertengebühr SO Pfg. «uswlirtige Aufträge gegen Bora»«be,ahlung »ruck ». Verlag: kiepfch ck Reickfard». Dresden. Poftfcheck-Illo. 1068 Dresden Rachdruck nur mit deutl.Quellenangabe lDreSdn. Rachr. > juläffig. Unverlangte Schriftstücke werden nicht aulbewahr« Sozialistischer Angriff gegen W-enburg Ntvlmi der AMraAr im RelMlag Vreitschei- beschul-ivt -en Retchsprüfi-enten unverfasfungsmaßigen Verhaltens SUmmnugabUS nnaorar 8»rUo«r Solirtliloltullg Berlin, 2. April. Der Reichstag begann am Mittwoch- mittag 12 Uhr mit der Aussprache über die Regterungs» irklärung. Den Neigen der Debatteredner führte Dr. Breit scheid an, der eine teils weinerliche, teils hoch tönend phrasenreiche und teils hemmungslos hetzerische Oppo» fitionsreüe hielt. Nach dem Ausscheiden aus dem Kabinett Müller, für das sich die Sozialdemokratie bet Herrn Wisse ll wird bedanken dürfen, ist der »Siegesrausch" sehr bald verflogen. Wer weih, wenn man sich wieder einmal in Siegierungsfcsseln sonnen kann, wer weih, wie lange man aus die magere Oppositionskost gesetzt wird, wer weih, ob es über haupt zu Neuwahlen kommt? All dies klang aus Breit- schcids l^stündigcr Rede sehr deutlich heraus. ES war fast mehr ein Nachruf aus das Kabinett Müller und eine Ver teidigung für die sozialdemokratische Haltung, die zu seinem Stur, geführt hat. ES war ein Schwanengesang auf die Große Koalition überhaupt und die BcreitwilltgkettSerklärung, gegebenenfalls wieder zur Verfügung zu stehen. In drei Punkten setzte Breitscheid kritisch an. Zunächst einmal versuchte er» den Reichspräsidenten »ns die Hörner zn «eh««», dem er »«tnaha stz etwa» wie Bersasinngsbrnch oorivars. Die Herren Braun, Müller-Franken und 8übe, die bekanntlich bei Hindenburg aus- und eingehen, werden ihm für diesen ungualiftzierten Angriff schlechtenDank wissen. Der zweite Punkt war ein Frontalangriff gegen die Grüne Front. Das liegt so in den Gewohnheiten der Sozialdemokratie, die noch immer nicht begriffen hat, baß das Schicksal der Arbeiterschaft weitgehend von den Möglichkeiten der Ninnenernährung abhängt. Punkt 8 war dann die Außenpolitik. Hier hatte Breit scheid, der wieder einmal die Möglichkeit, Außenminister zu werden, hat dahinschwtnden sehen, besonders große Befürch tungen. »Nene Wege der Außenpolitik*: baS Wort hat eS ihr» angetan, da er und sein« Partei noch niemals be griffen haben, daß eS höchste Zeit für Deutschland ist, mit den außenpolitischen Methoden der letzte» Jahr« grundsätzlich zu brechen. Als zweiter Redner gab der Abg. Esser für die Zen- trumsfraktton eine kurze» zu stimmende Erklä rung ab. ES folgte der Führer der Deutschen Volkspartei, Dr. Scholz, der für die Außenpolitik seines PartetsreundeS EurttuS eine Lanze brach, die Unterstützung bet den in Aussicht genommenen Maßnahmen zur Förderung der Land wirtschaft versprach und noch auf das Problem der RetchS- resorm htnwieS, bas nun endlich praktisch angefaßt werden müsse. Die Volkspartet wird genau so wie das Zentrum diese Regierung stützen. Die Reichstagsdebatte wirb heute nachmittag 3 Uhr ab gebrochen und erst am Donnerstag fortgesetzt werden. Sitzungsbericht Berlin. 2. April. Auf der Tagesordnung steht di« Be sprechung der Regierungserklärung. Mg. Dr. Vreitscheld (Soz): Die sozialdemokratische Fraktion schließt sich voll und ganz dem Dank an. den der neue Reichskanzler in so ritterlicher Weise seinem Amtsvorgängcr Müller ausgesprochen hat. Es war nicht leicht, in der Groben Koalition Parteien zu- sammcnzuhalten, deren einzelne Bestandteile in mehr als einer Beziehung auSeinanderstrcbten. Wir haben diese dornenvolle Aufgabe durch 15L Jahr erfüllt. Wir haben dabei Opfer (?) gebracht, und wir haben eS getan, weil mir die Gefahren kennen, die auS einem Abweichen von der parlamentarischen Linie entstehen mußten und entstehen müssen. Koalitionen stellen niemals etwas Endgültige» dar. ^ SS kan« der Zeitpunkt kommen, wo dieselbe» Er wägungen, die für «nS IN Jahr lang bestimmend waren, wiederum Geltung gewinnen. Die Sozialdemokratie als größte Partei de» Ictzigen Reichs tages und auch als größte Partei des nächsten Reichstage» iLachen und Widerspruchs wird, wie in der Vergangenheit, so auch in der Zukunft, immer bereit sein, eine Mitverant wortung zu übernehmen, solange sie e» mit den von ihr verfochtenen Ideen und mit den von ihr vertretenes Schichten kür vereinbar halten kann. Wir Sozialdemokraten waren bereit, der RegierungSvor- läge über die Sanierung der Arbeitslosenversicherung zuzu- stimmen. Die Sozialdemokratie konnte aber den offen zu- gegebenen Leistungsabbau nicht mttmachen. und so kam eS zum Sturz der bisherigen Regierung. Die schnelle Bildung der neuen Regierung war möglich, weil schon zu Lebzeite.. de» alten Kabinettl Vorbereitungen für daS neue durch Intrigen und auf Hintertreppen gemacht wurden. Wir glauben nicht, daß Dr. Brüning daran beteiligt war, aber ander« Leute warteten im Vorzimmer des kranken Kabinett» aus den Moment, wo sie die Macht antrcten konnten. Im Sinne dieser Leute hat dann et« sehr hoher Herr eingegrissen. Damit ist der Bersaynna ein« Auslegung gegeben worden, die nach unserer Anlsaffnng dem Sin« «n» Wortlaut dieser «ersaAnng nicht entspricht. (!) Für die deutschnationalr RetchStagsfraktion wird in der Debatte voraussichtlich der Fraktionssührer Dr. Obcr- sohren eine kurze Erklärung abgeben, die, wie gesagt, tu ihren Einzelheiten noch nicht fest steht. Sicherlich dürste die Erklärung jedoch folgende Kragen an die Regierung enthalten: 1. ob sie den deutsch-polnischen Handelsvertrag ablehne, 2. ob sie da» Moratorium für die Landwirtschaft des Ostens gewähre, 8. ob sie die Baurate für das Panzerschiff 8 in den Etat einsetze und 4. ob sie dem Antrag des Reichstagsabgeordneten und jetzigen Retchsmtnislers Treviranus entsprechend alle Maßnahmen SeveringS gegen die thüringische Regierung rückgängig machen werde. Gegen >48 Uhr brachen die Deutschnationalen ihre Fraktionssitzung ab. Um 4 Uhr werden die Beratungen wieder ausgenommen werden. Parteipolitisch ist unS die OppositionSstellung immer aus gezeichnet bekommen, staatspolitisch gilt aber das in Man n- he i m vom Führer der Deutschen Volkspartet gesprochene Wort: Aus die Dauer läßt sich nicht ohne und gegen die Sozial demokratie regierenl (?) Der Zentrumspartei können wir den Vorwurf nicht ersparen, daß sie selbst den Weg ver lassen hat, den kurz vorher ihre Führer Dr. Brüning in Köln dcrBolkspartet gegenüber mit großem Nachdruck als den Weg des Zentrums bezeichnet hatte. Da» jetzige Kabinett will nach außen hin dokumentieren: wir haben mit Hugenbergs Fraktion offiziell nichts zu tun. Ein echter Regicrungsmann mag keinen Hugenberger leiden, doch seine Stimme nimmt er gern! (Heiterkeit.) Man hat von einem Kabinett der Frontkämpfer generatton ge sprochen. Es handelt sich aber mehr um das Kabinett der „Grünen Frontkämpfer". (Sehr gut! b. d. Soz.) DaS Situattonsprogramm der Grünen Front wird nicht der Land- Wirtschaft helfen, aber die Staatssinanzen und die gesamte Wirtschaft in den Abgrund reißen. In dem Kabinett sitzt der Mann, der vor kurzem hier erklärte, der Mittelstand verbitte sich, daß man ihm Steuersenkungen verspreche, an dir die Re gierung, selbst nicht glaube. Dieser Abgeordnete Dr. Br «dt is» jeV'Ar Kkfev Regierung SnMssmtuiflr^ -(Heiterkeit.)--Diel st»««» lassen» »aß Deutsche Bolkspartel weiß, baß der neue Minister TreotranuS das Ausscheiden des Außenministers Dr. Eurttus verlangte und erst aus S i n d e n b u r g s Druck hin darauf vorläufig verzichtet hat. Treviranuß. der jetzige Minister für die besetzten Gebiete, bat alles getan, um die Be- sreiung des Nhcinlandes zu verhindern. Drei Herren, die Gegner der Ratifizierung des Aoungplancs waren, sitzen jetzt in der Regierung. Herr S ch i e l e hat das Volksbegehren mit dem Zuchthausparagraphen unterschrieben. Er sitzt neben Zuchthauskandidaten. (Heiterkeit.) Reichskanzler Dr. Brüning droht immerfort, den Artikel 48 zur Durchführung seiner Pläne anwcndcn zu wollen. (Bei Schluß der Redaktion bauert die Sitzung noch an.) Auflvsungsorder unterzeichnet (Nach Schluß der Redaktion einqegangen.) Berlin, 2. April. (Eigene Meldung.) Die deutschnationalr Fraktion hat dnrch ihren Vorsitzenden Obersohre« de« sie et«»» Antrag «ns Ver tagung der Abstimmung über die Mißtrauensanträge bi» zu» L4. April stelle« »olle. Der Reichskanzler hat diese Mit teilung mit ter Erklärung beantwortet, -aß er sich ans diese« Vorschlag nicht einlasse« könne. Entweder die Lentsch, national« Fraktion sorgt dafür» daß am DonnerSlag die Mtßtranensanträge nicht angenommen werde«, »der der Reichstag wird «nfgelöst. Die Ans» lösnngsorder ist bereits ««Sgefertigt und in den Händen Dr. Brünings. Die Deutfchnattonalen fordern vrabtmolckang unaoror KorUnvr SodrUtloitnog Berlin, 2. April. Es sck-eint, daß Teile der Abgeordneten in der deutschnationalcn Fraktion neuerdings wieder den Wunsch haben, daß das Kabinett, in dem ihr Vertrauensmann Schiele sitzt, auch von den Dcutschuationalen geduldet werden müsse. Die endgültig« Regelung der Arbeitslosenversicherung. Wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, sind die Regie rungsparteien in Uebereinstimmung mit dem Reichsarbetts- minister Dr. S t c g e r w a I d und dem Rcichsfinanzminister Dr. Moldenhauer dahin überetngekommcn, daß die end gültige Regelung der Arbeitslosenversicherung noch vor Sommerpause des Reichstags erledigt wird. der SamWtzWe Wendung »er AgrargMk Retchsmtnifter Schiele bevrürr-et feine Man-atsnie-erleyuny vraktmolünng ao»»r«r varUnar SvlirUtlaltnng Berlin, 2. April. Reichsernährungsminister Schiele hat am 81. März d. I. zur Begründung seines Eintritts in die Reichsregterung und der Niedcrlcgung seines Reichstagü- mandals an den deutschnationalcn Parteivorsitzendcn Geheim- rat Hugenberg ein Schreiben gerichtet, in dem es heißt: „Bereits in unserer Unterredung am 28. März habe ich Ihnen dargelcgt, welche Beweggründe mich zur Uebcrnahme des Neichsernährungsministeriums im Kabinett Brüning ver anlassen und an welche Voraussetzungen ich diesen Schritt ge knüpft habe. Angesichts der immer bedrohlicher werdenden Notlage der Landwirtschaft, die sich u. a. im Osten zu einer unmittelbaren Gefährdung zahlreicher Existenzen in Stadt und Land verschärft hat, hielt ich mich für verpflichtet, dem ein- müttg von den landwirtschaftlichen Berufsorganisationen an mich ergangenen Verlangen nach Uebcrnahme des Reichs- ernährungsminlsteriumS im Kabinett Brüning zu entsprechen. Zudem erschien eS mir als besondere Pflicht, dem persönlichen Wunsch des Reichspräsidenten Folge zu leisten, akS Fachminister die in seinem Briese an de« Reichs kanzler vom 18. März geforderte Hilfsaktion sür die Land» »irischast des deutsche« Ostens bnrchznsühre«. Ich sehe mich hierzu um so mehr in der Lage, als ich nach den Verhandlungen, die der Regierungsbildung vorausgingen, die Möglichkeit von Maßnahmen sür gegeben erachten muß, die geeignet sind, den Zusammenbruch der Landwirtschaft auf zuhalten und eine grundsätzliche Wendnng in der Agrarpolitik wirksam anznbahncn. Um diese Ausgabe bei den gegenwärtig gegebenen politischen Verhältnissen erfüllen zu können, bedarf ich der HandlungSkrethett. Aus diesem Grunde und auch um der Partei und ihrer ReichStagssraktion die in der FraktionSgemelnschast liegenden Bindungen abzunehmen, habe ich mich veranlaßt gesehen, mein Reichstagsmandat aufzugeben und lege demzufolge auch mein Amt im Parteivorstand nieder. Ich habe mich zu diesem Schritt nach über Ikksähriger Zu- innerlich verbunden bleiben. In der festen Ueberzeugung, daß der erste Schritt zur nationalen Freiheit und -um Wirt- schaftlichen Wiederaufbau unseres Vaterlandes sowie zur sozialen Einigung unseres Volkes eine zielbewußtc Agrar- und Ostpolitik ist, hohe ich das mir angetragene Amt an genommen." Wetter hat der Reichsernährungsminister Schiele an den Vorsitzenden der deutschnationalen Reichstagsfraktion, den Abg. Obersohrcn, ein Schreiben gerichtet, in dem eS heißt: „Ich bitte tm Verfolg meiner Ihnen am 28. März abgegebenen Erklärung der Fraktion in meinem Namen mitzuteilen, daß ich mein Mandat als Mitglied des Reichstages niebergelegt habe. Nachdem ich seit über 16 Jahren Mitglied des Reichstages in der konservativen und seit ihrer Gründung der beutschnattonalen Fraktion gewesen bin. möchte ich den Ab schied von der Fraktion nicht vollziehen, ohne meinen Dank für die mir bewiesene treue Kameradschaft zum Ausdruck zu bringen. In dem Ziele, in unserem Volke den Willen und die Kraft zur nationalen Befreiung lebendig z« erhalten, weiß ich mich mit meinen politischen Freunden eins. Z« de« «nerläß» liche« praktische« Voraussetzungen für die Erreichung dieses Ziele- gehört ader. daß kein Mittel ««angewendet bleibt, da» «nch «nter de« heutige» Verhältnisse« geeignet ist, de« landwirtschaftliche, BerusSstand wieder lebenSkrästig zn machen «nd so de« Landnolke überhaupt erst die Mög lichkett z« geben» ser« »»» verzweiselndem RadikaliSmn» «nd dernsSständiscker Isolier»«« sich wirksam in de« Dienst nationaler BesreinngSpolttik,« stellen. Tiner solchen Aufgabe, deren Lösung die maßgebenden land wirtschaftlichen Berufsorganisationen von mir persönlich ge fordert haben, konnte ich mich nicht entziehen. Ich glaube in dessen, die Ausgabe nur übernehmen zu können, indem ich mir angesichts de» außerordentlichen Notstände» in der Landwirt schaft und anbersett» der besonder» schwierigen Verhältnisse tm Parlament die HandlungSfrethelt sichere und glelchzelttg auch der Fraktion die in der FrakttonSgemetnschast liegende« Bin» dünge» mir gegenüber avuehme.*