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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.08.1915
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1915-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19150807025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1915080702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1915080702
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-08
- Tag 1915-08-07
-
Monat
1915-08
-
Jahr
1915
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Jahrgang L—svr Nnzeigea au» reipzig unS Umgebung-i» /»nAnIAetlprel^» . ispaltlg«p«tltzc<l»r>pf.,Sie Neklam»,«ile i!N., vvn auowiirto rs pf., N»klamen l.2SM., Klein« stnzeigen Siepelltzrile nur rspf.,b.wirSrrhol.Nad.,sln;etgen von0ebörS«n im amtlichen VeilSiepetil- zell« SSPs. ch«fch<tft,an,eigen mit plahvorschrift im Preise »rhibt. Nadatt nach ilaris. S«iiagrn: >Sesamtau»l.7M.Sa»<saus»nü uuoschl.postgedubr. Nn;eigen»Nnnahm«: ZokanniogasteS, del lumtli»,n.«iltalcn Se» L«ipzig«r Lagediattr» unS allen stnnoneen-LxpeSitionen Se, In» und NuolanSe». Va.LeipzigerSageblall erscheint Werktag« rmal,Lo»n»n.Zeicr1ag,lmal. Verliner NcSaklion: Zu Sen Zellen >7, terniprcch.stnlchlust: Hansa Nr. 4,7. Nr. 398. Sonnsdrnü, Len 7. stugult. 1915. 8ce;i-Lils«;Ii vor üer Räumung? I?us«>ä?1ige Politik una ^loik O Die Mitteilungen, die unsere Negierung durch Vermittlung der „Nordd. Allg. Zeitung" aus den belgischen Geheim sch ranken an das Licht des Tages befördert, sind in mehr als einem Belang eine ungemein nachdenkliche Lektüre. Nicht nur sozusagen als Akte pragma tischer Geschichtsschreibung: in der Beziehung werden sie für alle Zeiten Urkunden von höchstem Werte bleiben. Die Frage, wie es so kam; wie von Jahr zu Jahr ein immer engmaschigeres Netz um unser Vaterland gespannt wurde: wie und mit welchen Kräften in aller Welt die Vorstellung verbreitet ward, Deutschland rüste den Krieg, den in Wahrheit die anderen vorbereiteten, ist damit ein für allemal an der Hand unangreifbarer Urkunden beantwortet. Eine spätere, ins ein zelne gehende Forschung wird vielleicht noch den oder jenen Zug nachtragen und in das Gesamt bild einstigen können. Das Bild selber aber steht nunmehr fest, und nur der böse Wille oder ver bohrter Fanatismus werden sich dem Eindruck dieser vielleicht gewaltigsten und sicherlich folge- schwersten weltgeschichtlichen Intrigen entziehen können. Für uns Deutschen indes werden dabei doch noch andere Empfindungen wachgerufen. Ge danken nebenbei, die auch schon die ersten halb amtlichen Kundgebungen nach dem vollzogenen italienischen Treubruch in den Politik erlebenden Köpfen weckten. Damals wurde ungefähr aus geführt (wir zitieren hier nach dem Gedächtnis): inan hätte Italien schon lange nicht mehr getraut. Zum mindesten seit Racconigi wäre man sich dar über klar gelvesen, daß unsere angeblichen Ver bündeten mit einem Fuß bereits im Lager der Entente stünden. Trohdem ward mit einer ge wissen Hingebung die Legende von dem annoch unerschütterlichen Dreibund weitergepflegt und jeder noch so kümmerliche Anlaß benutzt, sie von neuem vor der deutschen Öffentlichkeit zu be schwören. Die Zweifler aber waren nirgends wohlgelitten: in der Presse nicht, in den Parla menten nicht und, wenn uns unsere Erinnerung nicht täuscht, auch nicht bei der Negierung. Ganz Äehnliches begab sich mit der soge nannten „Einkreisung", deren einzelne Sta dien jetzt in der Gestalt der belgischen Argumente an uns vorüberziehen. Wie oft hat man uns triumphierend versichert: die Einkreisung sei nun mehr gescheitert und erledigt. King Edwards Mühen hätten sich, mit Schopenhauer zu reden, als ein zielloses Streben ins Leere erwiesen. Stärker denn alle diplomatischen Künste, aller intrigierende Haß, seien schließlich doch die gro ßen lebendigen Interessen, die England und Ruß land dauernd voneinander rissen. Derweil so süß tönende Weisheit auf allen Gassen ausge- trvmmelt wurde, ward aus der Entente der Zwei bund, aus der freundschaftlichen Annäheruna ein französisch-englisch-russisches Schutz- und Trutzbündnis. Edward VII. sank ins Grab, aber seine Schöpfung überlebte ihn. Nicht nur (ob schon auch das sicher mitspielt) wegen der Völker Haß und Mißgunst; aber das Rad war einmal in Schwung gebracht und, was mehr gilt, es ivar nachgerade zu viel Kapital in diesem Ein- tceisungsgesclsäft installiert worden. Das alles ist natürlich unseren Staatsmän nern bekannt gewesen, ebenso, wie es jedem von uns, der sich angelegentlicher mit den auswärti gen Problemen beschäftigte und dabei auf die Quellen zurückzugehen verstand, bekannt war. Vielleicht haben, als unbeteiligte und bis dahin unparteiische Beobachter, die belgischen Gesand ten das eine oder andere schärfer gesehen, das Wesentlichste — das geht schon aus den Kommen taren hervor, mit denen die „Nordd. Ällg. Zei tung" die Veröffentlichungen der Dokumenten- sunde einleitet — war jedenfalls den bei uns Regierenden wohlvertraut. Warum sagten i i e's nicht? Wozu sträubten, so der eine oder andere es sagte, sie mit Händen sich und Füßen, es einzugeftehen? Ohne Frage: auswärtige Politik wird in alle Zukunft ohne ein gewisses Verstcckspielen und Heim lichtun nicht zu betreiben sein. Aber wem wünschte man denn überhaupt hier etwas zu verheimlichen? Tic Gesellschaftler von der Entente wußten ja ohnehin, wie es stand. Denen gaben wir höchstens Anlaß, unser zu spotten, wenn wir an Träumen uns berauschten, die, wie ihnen bekannt war, längst ausgeträumt . waren. Bleibt also das deutsche Volk in seiner Gesamtheit übrig, dem man immer wieder etwas vormachte, und das gibt diesen Dingen doch auch noch in der Erinnerung einen ein wenig bitteren Nachgeschmack. Wir sagen das selbstverständlich nicht, um die Regierung nachträglich mit Unfreundlichkeit len zu bedienen. In Fragen auswärtiger Poli tik haben Regierung und Volk, Regierung und Presse an demselben Strang zu ziehen: das gilt für den Alltag und gilt für die Kriegszeit natürlich doppelt und dreifach. Zudem ist die Regierung in diesen Stücken wirklich nicht die einzige Schuldige: Presse und Parlament leben genau in der gleichen Verdammnis. Aber schließlich sind Fehler dazu da, oah aus ihnen gelernt wird, und deshalb, scheint uns, sollten wir die nachdenklichen Stunden, die ein jeder von uns mit der Lektüre der belgischen Urkun den verbringt, dazu nützen, um aus ihnen auch für dell zukünftigen Betrieb unseres aus wärtigen Geschäfts etwas zu profitieren. Es tut nicht gut, die breiten Massen des Volkes in Un klarheit zu halten über die großen Fragen nationaler Existenz und sie mit Eiapopeiagesän- gen in falsche Sicherheit zu wiegen. Ein mün diges Volk soll teilhaben am Vertrauen so gut wie an Sorge und SLot. Nur so wird es, wennschon auch nicht von heute zu nwrgen, fähig werden, die Verantwortung für die vater ländischen Geschicke mit tragen zu Helsen. Srest-Litowsk vor -er Räumung! (-.) Stockholm, 7. August. (Eig. Trahtn.) „Dagblad" meldet aus Petersburg: Tie neutralen Berichterstatter wurde» angewiesen, Vrest- Lttowsk zu verlassen. Es verlautet, daß auch iu Brest-Litowsk Vorkehrungen zur aber maligen Rücklegung der russischen HauPt- fr o n t getroffen werde». Zum Zoll von Warschau vtb. Budapest, 6. August. Die ganze ungarische Presse widmet dem Fall Warschaus begeisterte Artikel und verleiht den traditionellen Sympathien Ungarns für Polen in wärmsten Worten Ausdruck. — Der „Pester Lloyd" meint, daß durch den Fall von Warschau und den Rückzug der Russen aus dem Königreich Polen die polnische Frage in der Hauptsache endgültig gelöst sei. Die Monarchie und in ihr die ungarische Nation hätten stets für die Sehnsucht des polnischen Dolles nach Befreiung von den Drangsalen der russischen Fremdherrschaft Ver ständnis und inniges Mitempfinden gehabt. Be- sonders die Ungarn hätten dieses Streben des pol nischen Brudervolkes stets mit den aufrich tigsten und wärmsten Wünschen begleitet. Polen sei nun frei und werde es bleiben. — „Az Ujsag" schreibt: Dis Befreier, die der in moskowitischer Sklaverei schmachtenden polnischen Ration die Wiedergeburt bringen, sind wir Ungarn, Oesterreicher und Deutschen; hundertjährige Fesseln fallen. — „A Rap" schreibt unter der Ueber- schrift „Der Zar verspricht": Wenn das russische Heer stark schien, verstummte der Zar plötzlich, wendete sich aber oas Kriegsglück, dann streichelte der edle Zar die Polen. Der Sturz des Moskowiter- tums bedeutet tatsächlich die völlige Befreiung Polens. — Aus allen Provinzstädten treffen Schilde rungen von der Begeisterung der Bevölkerung über die Einnahme von Warschau und Iwangorod ein. In vielen Städten wurden für Sonnabend und Sonn tag Dankgottesdienste angekündigt. vtb. London, 7. August. Die „Times" schreiben über die Einnahme Warschaus, es sei töricht, zu behaupten, daß die Einnahme Warschaus nur ge ringe Bedeutung habe. Die Möglichkeit einer Offensive, durch die die Sicherheit Deutschlands ernstlich bedroht würde, sei für unbestimmte Zeit vorbei, doch sei beruhigend, daß die Deutschen das russische Heer nicht vernichtet hätten. — Der mili tärische Mitarbeiter der „Morning Post" schreibt: Das russische Heer sei auf einer Front von 300 Mei len Umzingelungsversuchen aus Nord, Lvest und Süd ausgesetzt. Der Feind beabsichtige offenbar eine Wiederholung der Schlacht von Sedan in großem Stile. wtir. Konstantinopel, 7. August. Die Nachricht von der Eroberung Warschaus und Iwan gorods hat hier große Freude hervorgerusen, die in der allgemeinen Beflaggung der Häuser ihren Ausdruck findet. Die österreichisch-ungarische und die deutsche Kolonie feiern das historische Ereignis mit großem Jubel. — Das Blatt „Turan" hebt die un geheure Wichtigkeit Warschaus als polnische Haupt- stadt und mächtige Festung hervor. Der pour le mirite für -en Sieger von Warschau Dem „B. I." zufolge hat der Kaiser dem General-. feldmarschall Prinzen Leopold von Bayern, dem Sieger von Warschau, den Orden ?our le mLeite verliehen. — In München fanden vor dem Wittelsbacher Palais begeisterte Kundgebungen statt. König Ludwig hielt eine Ansprache und mahnte zu treuem Ausharren. Vie Duma verlangt vertrauliche Auskunft über -ie Gesamtlage (L.s Stockholm, 7. August. (Eig. Drahtbecicht.) Nach Meldungen aus Petersburg hat der Se il i o r e n k o n v e n t mit Zweidrittel-Mehrheit be schlossen, von der Regierung vertrauliche Aus kunft über die militärische Gesamt lage zu erbitten. Der Seniorenkonvent ersuchte den Präsidenten, zu diesem Zweck eine geheime Sitzung der Duma baldmöglichst einzuberufen. Räumung Estlands llgm. Petersburg, 7. August. (Eigene Draht nachricht.) Der „Petrograder Knrjer" meldet, daß sämtliche Fabriken und industriellen Werke aus dem Gouvernement E st land auf Befehl der Militärbehörden ins Innere des Reiches übersiedeln müssen. der Schistahrtsverkehr zwischen Reval unö petersburg eingestellt (2.) Kopenhagen, 7. August. (Eig. Draht nachricht.) Der Feftungstommandant von Reval gibt nach Mitteilung des dortigen Konsulats be kannt, daß dieFrist für neutrale Auslän de r zum Verlassen des Festungs- gebietes am kommenden Sonntag um Mitternacht abläuft. Der bisher noch be standene Schiffahrtsoerkehr zwischen Reval und Petersburg ist ringe st ellt. Die Zivil verwaltung für das Generalgouvernement Warschau, die seit acht Tagen in Reval amtiert, ist nach Peters burg iibergesicdelt. der lehr vorsichtige Iosire tu. Genf, 7. August. Um eine Demorali sierung der Truppen an der Westfront infolge des Falles von Warschau zu ver hindern, ordnete Generalissimus Io ff re die strengste Geheimhaltung der Katastrophe an und verbot jede Zritungssendung nach der West front. Kriegsrat in Calais Aus Holland wird der „T. R." gemeldet: Aus zuverlässiger Quelle erfahren wir, daß zu Beginn der Woche ein außerordentlicher Kriegsrat der General st äbedes franzö sischen, englischen und belgischen Hee res in Talais getagt hat. Zweck der Zusammen kunft war die Beratung von Maßnahmen, die der voraussichtliche Fall von Marschau und die dadurch wahrscheinlich gewordene Möglichkeit der baldigen Wiederaufnahme einer Offensive der Deutschen an der Westfront erheischen können. Ueber die als Ergebnis der Besprechung gesoßten Beschlüsse ist bisher nichts laut geworden, da sie selbstverständlich streng geheim gehalten werden. Was man vernimmt, ist nur das eine, daß die Leitungen der feindlichen Heere über einstimmend die deutschen Linien in Belgien und Frankreich für zu stark halten, um zurzeit selber eine Offensive zu wagen. Dagegen hat man die Schieß- bedarfzufuhr und die Herbeischaffung neuer Geschütze zur nördlichen Front nach Kräften be eilt, um die französischen Stellungen so stark wie nur irgend möglich zu machen. Danach scheint man den Angriff der Deutschen abwarten zu wollen. Türkischer Tagesbericht rvtb. Konstantinopel, 6. August. Das Hauptquar tier teilt mit: Au der Kakasusfront geht der von unserem linlen Flügel errungene Vorteil weiter. Unsere Truppen, die das ganze Muradtal besetzt haben, nahmen dem Feinde am 3. August aus der Verfolgung Alaschkerd, nordwestlich von Kara Kilissa, weg. An der Dardancllenfront ließ der Feind in der Nacht zum 4. August vor den Schützengräben unseres linlen Flügels eine Mine springen und machte einen Angriff, wurde aber mit Verlusten zu- rückgcworfen. Wir konnten eine große Anzahl von gefallenen Feinden vor unseren Gräben festüellcn. In derselben Nacht beschoß die Artillerie unseres rechten Flügels «in feindliches Torpedo boot, das sich brennend zurückzog. Bei Seddil - Babr Geschützscuer mit Unterbrechungen von beiden Seiten. Unsere Truppen haben durch allgemein fort schreitende Angriffe dem Feinde auk dem linken Flügel 200 Meter Gelände in Richtung seiner Schützengräben genommen. Feindliche Flieger baden Bomben auf das Lazarett von Agadere bei Sedvil - Bahr geworfen, obgleich die Fahne mit dem roten Halbmond darauf wehte. Sie haben dort vier Verwundete getötet und vierzehn Personen verletzt. — Auf den anderen Fronten nichts von Bedeutung. Den Russen aus -en Zersen Aus dem Hauptquartier im Osten, 4. August 1915. (i-.) Der Versuch des Gegners, die Mitte unserer Division längs der Straffe Alt-Auz —Wad dax en nut überlegenen prüften zu durchstoßen, war trotz des tapferen Vorgehens der Russen an dec Zähigkeit unserer Truppen und dem taltblütigen Veifprel ihrer Führer geichcirert. Ter Kamps, der bis in die ipäten Abcudsiunoen dauerte, hatte damit geendet, baß der Feimo in seine vorvereitete, mit Drahthindernissen versehene Stellung zurückgeworsen war. Um das Zusammenarbeiten mit den übrigen Truppen des Nordflügels im Auge zu behalten, mußte die Division am 17. nach einer im Freien verbrachten Regennacht den Feind erneut angreifen, um ihn festzuhalten, bis die übrigen Heeresteile von Ost und Nordost heran waren, und die Heeres- kavallerie gegen seinen Rücken und die Flanken ein schwenken konnte. Am Nachmittag oieses Tages durchbrachen die Truppen unserer Division an drei Stellen die feindlichen Linien, worauf sogleich die Verfolgung gegen die Rückzugsstraße Alt- Au z—P a n k e l h o f — H o f z u m b e r ge in brei ter Front eingelcitet wurde. In dem waldigen Ge lände und am Bahndamm leistete der Gegner überall verzweifelten Widerstand, besonders in der Gegend von Gut und Bahnhof B e h n e n , wo noch die ganze folgende Nacht hindurch gefochten wurde. In Weitenfeld hatten die Russen eine lange Gartenmauer besetzt, um die hart gekämpft werden mußte, obwohl unsere Artillerie an mehreren Stellen Bresche hineingeschossen hatte. In dem reisen Korn feld vor der Mauer lagen unsere Toten, hinter der Mauer die Russen. Auf einem Partwege lag ein verwundeter russischer Soldat vom Typus eines Beduinen. Er deckte eine gräßliche Wunde am Oberschenkel auf und flehte um Hilfe und Wasser. Es wurde ein Sanitätssoldat hingejchickt, obgleich dem armen Teufel nach der Meinung unseres Ober stabsarztes nicht zu Helsen war. Das Gut gehört einem Grafen Pahlen, das Schloß ist geräumig, zer wühlt natürlich wie alle Häuser, in denen die Russen gewohnt haben, aber viele Bettstellen mit Matratzen darin. Einladendes Quartier, denn wir haben schon einen guten Marsch hinter uns. Aber die Truppen marschieren, und jo müssen wir auch marschieren. Prachtvolle Felder wieder auf der ganzen Strecke. Dichtbestandene Eetreidebrei- ten und solide Gebäude, wie man sie in Deutschland sieht, kurz unverkennbar der Einfluß alter deutscher Kultur. Wir kommen durch Wald. Der Weg ist zum Teil aufgeweicht, daß die Wagen nur mit Mühe vorwärts kommen. Der Wald steckt voll Kosaken, es sind Ausklürunaspatrouillen seitlich vorgeschickt. Eine davon ist in Kalin: in einem Ge höft abgesessen, das scheinbar verlassen ist, der Führer schreibt gerade eine Meldung. Da beginnt es aus den Dachluken und allen Winkeln zu krachen, die Kugeln fliegen in Massen unter die Reiter, die Pferde packt eine Panik, und bevor einer das Kommando: „Karabiner heraus!" ausführen kann, sind die Pferde auf und davon. Die Leute rennen hinterher, einen Kilometer weit müssen sie im feind lichen Feuer lausen und — es geschel)en unglaubliche Dinge — kein Mann und kein Roß hat die kleinste Wunde. Weder auf zehn, noch auf hundert oder tausend Schnitt haben sic getroffen. Der Himmel gebe, daß sie immer so schlecht schießen. In Georgen- hof werden die Pferde eingefangen. Etwas später radelt ein Pionier desselben Weges, mit umgebänqtem Gewehr. Er bekommt Feuer aus dem Walde, und plötzlich lsiilt ein Kosak mit geschwungenem Säbel neben ihm, so daß unserm Pionier nichts übrig bleibt, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Der Kosak packt ihn bei der Hand, und er muß nebenher traben bis zum gegen überliegenden 2Baldrand. Dort stehen noch mehr Kosaken mit einem Offizier, und mit dem hat der erste Kosak eine Beratung, was mit dem Gefangenen geschehen soll. Der Erfolg ist. daß der Kosak unser» Pionier losläßt, den Säbel abermals aus der Scheide zieht und einen wuchtigen Hieb nach dem Deutschen führt. Der duckt sich, springt um das Pferd herum und rennt — es gilt das Leben — aus Leibes kräften den Berg herunter. Der Kosak ihm auf den Fersen. In der Dämmerung erblickt der Pionier einen moorigen Tümpel, springt hinein und taucht unter. Als ihm die Luft alle wird, taucht er mit dem Kops aus dem Waner. Der Kosak ist ver schwunden. Jäger, die desselben Weges radelten, haben die Szene mit angesehen und Feuer auf den Kosaken gemacht. Als nasser Mohr, aber immerhin lebendig, setzt unser Pionier seine Reise fort. Wir hörten die Schüsse, nicht nur die aus der Ferne, sondern auch auf unsere Kolonnen wurde fort während aus dem dichten Walde geschossen, ohne daß man sich groß darum kümmerte. Es ist dunkel geworden, ich reite neben dem General an der Spitze des Gros ... am Himmel funkeln die Sterne, hinter den Waldbäumen lauert ver Tod . . . ein wunderbares Reiten durch die Sommernacht. Der Wald öffnet sich, im Nebel der Wiesen stehen Büsche und Bäume . . . flackernde Wachtfeuer, die Klänge einer Harmonika, halblauter Gesang. Jenseits der Wiese, auf einem Parallel wege marschiert die Nachbardivision. Ein paar Autos surren drüben vorbei. Gewehre knattern vor uns, bei Behnen .. . Aufblitzcn von Kanonen . . . zuweilen das eintönige Knacken eines Maschinen gewehrs. Sitzt der Feind in Behnen, sollen wir darauflos gehen, es nehmen? Oder ist es unsere Kaoalleriedivisio». . . . Wie soll man es heraus kriegen in der Nacht? In diesem Kriege, wo Freund und Feind grau sind, auf so weite Entfernungen gekämpft wird, ist
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