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Mer Tageblatt l—»«»ft. Nr. SS. s. Jahrgang. Mzeiger für -as Erzgebirge mit -er wöchentliche« Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsbla«. kÄL! Mirchchw-e -e» «e-at-s» wü Msmchwe »e, «enniag» nachick«ags 4—- Uhr. — k»l^r<unm.fi»r,ss,, Lag^lai» stue«M»tme. -amfbwch« -s. Ill» ««»«langt »lugesoeöt» Mwwfkript» kann »«wLH» nicht -»wist« »e^en. Sonnabenä» 22. Marz 1913. »lese Rümmer umfaßt II Sette«. Das Wichtigste vom Tage. Die Reise de»-erzog» von Lumberland nach Potsdam ist nach neune« Melvungen bi« «ach der Beisetzung de» König« von Griechenland verschoben worden. . a Nach Meldungen au» lataro find 4VV Albanier von ven Montenegrinern unter Lod etdrohu n« gen gezwungenworden,zurorth od oxen Kirche aberzutreten. Der bisherige Justizminister vartbou hat die Bildung de» französischen Kabinett» übernommen.*) » Der neu« französisch, Botschafter Deleass» tfi am Karfreitag inPetersburg eingetroffen. * Oesterreich-Ungarn e tsendet zur Demonstration gegen Montenegro «ine Kreuz,rdtvtston an die Küste vm Aibanien. » König KonftanttnvonSirtechenland leistete gestern den Lid auf die Verfassung.') -> Mähne» a«i< a» aadnn Still,. Auferstehung. In jedem Augenblicke unsere« Loben» sind wir Zeu gen des ewigen Werden» und Berschen», find Zuschauer des dauernden Wechsels und wissen, daß jeder einzelne nicht mehr sein Gestern kennt, daß jeder Mensch sich selbst ent flicht und seine Vergangenheit wie einen Nebel hinter sich läßt. Aber niemals werden wir von diesem Gedanken,der ewigen Erneuerung mehr ungerührt al» jetzt, da sich ring» um uns die Gärten mit neuen Blüten schmücken und über die Berglehnen unseres Erzgebirge» bald ein grüner Tep pich fliehen wird. In jedem Jahre sehen wir dieses Er wachen und in jedem Jahre versinken wir in da» feierliche Erstaunen vor den Wundern, die jeder Tag vor uns aufbaut. Wir selbst werden da wieder jung, erwachen aus schweren Winterträumen und hören, wie das Lied der Jugend in uns zu tönen beginnt. Die Osterglocken fangen an zu läu ten und rufen die frohe Botschaft, von der Auferstehung de» Menschensohnes in die Welt, die frohe Botschaft, daß im Garten des Joseph von Arimathta Engel den großen Stein von der Gruft »ätzten und daß, von Eherubinen begleitet, der Gekreuzigte dem Grabe entstieg und wieder zu wandeln begann. Bon allen Zaubern seliger Verheißungen ist diese Botschaft umflossen. Mit allen Zungen spricht diese Auf erstehung zu uns, daß hinter der dunklen Pforte de» Todes die Wiesen der Ewigkeit find und daß sich aus dem welken Leibe der Geist zu neuen Bahnen erhebt. Freilich: neben den Kirchenglocken tönen noch ganz andere Mocken an unser Ohr. Und was uns au» dem Gesang der politischen Osterglocken entgegenklingt, stimmt nicht zur Freude. Un ten am Balkan wütet noch immer der Kampf der Bölter, und tausende von jungen Menschen finken ins Massengrab. Adriauopel und Mutart fahren fort in ihrem Widerstand. An der Tschataldscha-Linie brüllen die Kanonen, und in Kon stantinopel droht eine neu« Milttärrevolte. Allerdings, es wird versichert, daß sich die Londoner Botschafter um den Frieden bemühen und in ihren Vorschlägen unermüdlich sind. Aber di« Osterglocken bringen keine Friedenskund« und keine Meldung, die uns heiter stimmt. Nur gut, daß sich an d«r österreichisch-russischen Grenze da» Gewölk zerteilt hat und daß jener Spannungswechsel entwichen ist, der so lange unser Auge verdüsterte. Inzwischen sind die chauot- ntstifchen Fanfaren verstummt, die in den letzten Tagen die Pariser Journale schmetterten. Und man möchte hoffen, daß bei den westlichen Nachbarn nun auch die kühle Ver nunft ihre Auferstehung feiern möge, nachdem der Säbel tagelang «in« so überflüssige Musik gemacht hat. Auch vor hundert Jahren haben die Osterglocken geklungen. Aber e» waren Sturmglocken, und sie kündeten die Auferstehung de» kllhnen vefretungsgrdanken». In die sem Jahr», da un» jeder Tag einen Becher voll Erinner- ungen reicht, erleben wir sie noch einmal mit: diese groß« eisern« Zeit von ISIS. Wir find nachprüfend« Zeugen die- ser Epoche, in der di« Verzweiflung eine» geschlagenen vol- kr» seine gesammelte Kraft in den Gowitterstürmen blu tiger Schlachten entlud. Und wir überschauen da» ganz« vergangene Jahrhundert mit seinen beispiellosen Ereignissen und seinem AuWlühen Deutschlands. Wir überblicken dies alle» wie ein Auferstehung »wunder: das national« Erwa chen des deutschen Volkes und den überwältigenden Auf stieg: und fühlen die ungeheure Expanlstonskvaft dieser Einheit von sechzig Millionen. Jeder Lenz bringt neue Lie der und jeder Völkerfrühling neue Forderungen. Auch aus dem Grunde des jung erwachten Deutschland steigen mit je dem Tage neu« Aufgaben, die nach Männern rufen. Na- tionale Pflichten melden sich an und höhere Ziel« steigen herauf Sorgen wir dafür, daß auch unsere ideellen Güter größer werden und daß der Geist unseres Volkes nicht im Materiellen versinkt. Schärfen wir vor allem das Ber- antwortlichkeitsgefühl jedes Einzelnen fiir das Gedeihen der Nation und rufen wir die Pfli ch 1 zu politischer Mit arbeit. Es bleibt noch unendlich viel zu tun. Und es ist nötig, daß in allen das Gebot lebendig ist, hier mitzuhel- fen. Dann werden die Osterglocken Heller klingen, und dann wird es sich erfüllen, was Freiligrath einst in schweren Tagen, bangend und hoffend, schrieb: Der Knosp« Deutschland auch, — Gott sei gepriesen I — Regt sich'» im Schoß! Dem Bersten scheint sie nah — Frisch, wie sie Hermann aus den Weserwiesen, Frisch, wi« sie Luther von der Wartburg sah! Ein alter Tri«b! Doch immer mutig keimend, Doch immer lechzend nach der Sonne Strahl, Doch immer Frühling, immer Freiheit träumend — O, wird die Knospe Blume nicht einmal? Der du die Blumen auseinand«Haltest, O, Hauch de» Lenze», hauch auch un» heran! Der du der Völker heilge Knospen spaltest, O, Hauch der Freiheit, weh' auch diese an! In ihrem tiefsten, stillsten Heiligtum«, O küß st« aus zu Duft und Glanz und Schein — Herr Gott im Himmel, welche Wunderblume Wird einst vor allem dieses Deutschland sein! Don 9taät nnä Lanä. * Gedenktag« am 2 2. März: 1797 Wilhelm I., König von Preußen, Deutscher Kaiser, ' Berlin. 1832 Wolfgang v. Goethe, Dichter und Staatsmann, -f Weimar. — Am 2 3. März: 1819 August von Kotzebu«, Bühnendichter, in Mannheim von K. L. Sand ermordet. — Am 2 4. März: 1871 Die Festung Bitsch kapituliert an die Deutschen. MnekdttM vom rr. Mi n minagk » Udk. Station»« Name illarumeter Stand Temperst. (Lessin«) Fruchtig. keit»gehall Map MG. vind- richtg. Wetter- Hänichen -König Albert- Brück« Lu» 73V mm 7V S«V - »«c blO. Au« SS. Mär,. sN-qdruck unsnn Lokaln-tlnn, dt« durch «tu N»rttlp»nd«u»«tch«n kinnUtch -«macht sind, tst - auch tm llulzu-« — nur mtt ,«nau«r Quitlinau-ad« -<staü«t.) Oster«. -k Di« Sonne glänzt wieder in weißen Wüten und der Wind rauscht wieder in grünenden Blättern. Längere Tage, kürzere Nächte: des auferstandenen Leben» Sieges fahne rauscht wieder durch die Welt. Auferstandenes Leben ringsum! Nicht in den Hallen der Gotteshäuser nur wird es verehrt. Die ganze Welt ist in diesen Tagen ein Sinnbild: die Menschen, die au» engen Straßen uÄ> Stuben hinaumvallfahrton nach Luft und Licht; dt« Lerchen, die ihrs trillernden Lieder leichtbeschwingt zu den Wollen hinauftragen, die Osterhasen, die sorglos über die Mecker springen, die Kinderaugen, di« märchengläübig Moosnester suchen für bunte Eier. In Kampf und Liebe, in Märchen und Wirklichkeit, in Bewegtem und Unbewegtem: Ueberall das Leben! Und selbst Faust, den.Grübler, drängt es an diesem Tage aus dem Studierzimmer hinaus, teitzuhaben am Leben, Mensch zu sein unter Menschen. So drängt es uns alle zum Leben hin. Wir wissen nicht, was wir mitt diesem Wort Leben alles sagen. Wir fühlen, wir ahnen es nur. Geheimnis bleibt es. Ist nicht Leben der umfassendste Begriff, den wir überhaupt haben? Lebt nicht in irgend einer Art alles, was ist? Und das Leben reicht wett hin aus über alle erdenkbaren Anfänge und Abschlüsse der Entwicklungen, die wir sehen; reicht unendlich weit hinaus über alle Grenzen, di« unsere Fernrohre und Mikroskope absuchen. Und vor diesem Leben ist aller Tod nur Schein, Eiei. Humoreske von Reinhold Ortmann. Nachd.u« onl-lni. . Sonnig und fröhlich war der Märzmorgen angebrochen, ein Ostersonntag, wie man ihn nach all dem Regen der letz ten Wochen kaum hatte erhoffen können. Kein Wunder also, daß auch die Stimmung im Hause der verwitweten Kwn- merrätin Bernward sonnig und fröhlich war. Bald au» dem einen Zimmer, bald au» dem andern klang Helle» Mäd- chenlachen oder da» Deträller «ine» übermütigen Liedchen»; bald hinter dissem, bald hinter 'jenem Fenster erschien ein Köpfchen, da» au» blanken Augen in di« schöne Welt hinaus spähte. Solcher niedlichen Mädchenköpf« lab'» nämlich in der Villa Bernward nicht weniger al» drei, zwei blonde, dt, den Zwillingen Gerda und GM, und einen braunen, der ihrer verwatsten, aber seit Jahren al» gleichberechtigte» Haustüchterchen angenommenen Kusin, Martha Bernward gehört,. Di» Zwilling« hatten erst vor kmgsm ihren acht zehnten Geburtstag gefeiert, und tm stolzen Bewußtsein ihr« Jugend pflGten sie darum unter vier Augen de» öfteren mtt dem Armdruck teilnehmenden Bedauern» fchaustellen, daß Martha mit ihren -weiund-man-tg schon bedenklich nah» daran sei, eine alte Jungfer zu werden. Ob Fräulein Martha selbst dich Ansicht teilt«, blieb ungewiß. MÜH der etwa, herben Zurückhaltung in ihrem Venchmei» gegen di, jüngeren männlichen Besucher de» Hause» und nach dem Ernst in ihrem gangen Wesen hätte man e» beinahe vem muten können. An diesem sonnigen Ostermorgen aber schien auch st« gang von festlicher Heiterkeit erfüllt und ahn, all» Kümmernis «egen ve» über ihrem Haupt» schwebenden Altjungfernschicksal». Le» Zufall wollte »»daß sie eben in di» Hurstür« getreten war, al» ein junger Mensch mtt einem umfänglichen, sorgsam in Seädenpapier eingchllllteir Gegen- stand durch den Garten daherkam. Er machte sein«« Kratz fuß und entledigte sich mit dem Anstand eine» trinkgeld freudigen Lausburschen seiner Mission al» Abgesandter der Bluwenhandlung Rosa Piper: E» ist von dem Herrn Amt», richter Hildebrandt für Fräulein Bernward. Frau Piper läßt um Entschuldigung Sitten, weil da» Kuvert, das beige, fügt werden sollte, leider verloren gegangen ist. Ich war schon bet dem Herrn Amtsrichter, um ein andere» zu holen. Wer der Herr Amtsrichter.war nicht zu Hause. Nun erschien auch Fräulein Gerda, der um zwei Stun den ältere von den beiden Zwillingen, auf der Bildfläche. Sie hatte den,Sendboten vom Fenster au» etspäht, und eine inner« Stimme mochte ihr gesagt haben, daß da» Geheim- ni» unter der Seidenpapterhülle in irgend einer Beziehung stände zu ihrer eigenen P«rson. von Herrn.Amtsrichter Hildebrandt? wiederholt« st«, dann ist'» schon gut, und St» brauchen sich wegen de» verloren gegangenen Kuvert» nicht weiter zu bemühen. Hier, mein Bester, — machen St» sich davon «inen vergnügten Feiertag. Der Jüngling ver schwand, und Fräulein Geüa trug da» Geheimnis behüt- fam in den Salon. Di« Hüllen fielen, und -um Vorschein kam «in wunderschöne» ,vlum»n-Arvangemen1 in Form eine» Osterei», .fatbenbunt und düftehauchend wi, ein gacher Frühling»gart«n. Himmlisch! ries Gerda, einfach entM und! Aus ein« so geschmackvolle Aufmerksamkeit konnte auch wirklich nur der Amtsrichter verfallen, ptzama hat gan- recht, wenn sie sagt, daß er »in reizender Mensch ist. Findest du da» nicht auch, Martha? — Jh kenne den Herrn Mmte- ttcht,r wohl nickst so genau wie du und di» Dante. Wer die» BlumengMnd« ist in der -kt wunderhübsch. Sie hattß ,i sehr ruht- und freundlich g«sa-t, nur daß ihr Go> sicht jetzt wieder seinen Alltagsernst angenommen hatte, statt der sonnigen Festwgsfrähltchkeit von vorhin. Wun- dechlldsch ist viel zu wenig gesagt, schwärmt« Fräulein G«S da, so etwa» Schönes hast du sicherlich nie in deinem Leben geschenkt bekommen. Ah, Elli, du bist auch da! Sieh nur, was mir der Amtsrichter Hildebrandt al» OstevangMnd« geschickt hat. Feudal geradezu großartig — wie? , Fräulein Elli logt« den Kops ein wenig auf die Seit« und versank für di« Dauer einiger Sekunden M schwei gende Betrachtung de» Osterei». Merkwürdigerweise ver schwand dabei auch au» ihren Zügen.bis aus den letzten Rest all die.übermütige Munterkeit, mit der sie heut« den jun- gen Tag begrüßt hatte. Niedlich! sagte sie endlich, hat er dir auch was dazu geschrieben? — Natürlich! Mer der Brief ist in der Blumenhandlung verloren gegangen. — So—o-^o—o? und du weißt ganz bestimmt, daß die Blu men auch wirklich dir zugedacht waren? Gerda sah den an deren Zwilling mit großen Augen an: Zweifelst du vielleicht daran, wenn ich fragen darf? — Na, wenn kein Brief ob« keine Kart« dabei war, ist es dach noch nicht so ganz.ausoe- macht, daß die Blumen gerade für dich sein müssen. E« gibt ja auch noch mehr Leut« hier tm Haus». — Dich -um Beispiel — meinst du? — Gewiß — auch mich, warum soll der Amtsrichter nicht ebenfomrt mir ein« .Aufmerksam keit «vwetsen al» dtr? Fräulein Gerda» Wangen -vannten, nie war ein Blick weniger liebevoll gewesen al» der, mit dem st, ihr« Schwester filtert«: weil es stL dabei nicht um «in» bloß» Aufmerksamkeit handelt, wenn du es denn durch««» wissen willst. Herr Hildebrandt wird un» ja ohne Zwei fel heut« vormittag seinen Besuch'machen, und -et der Ge legenheit werden wir vermutltch erfahren, was dies» Mu- men Mir sagen sollten. — Ria, wenn du dich nur nicht schnei dest! So wie Hildebrandt dtr den Hof-»macht hat, hat er «, b«l mir mindesten» auch getan, vielleicht sogar noch ein bißchen deutlicher! — LH, hiw ha» ist «ßMltch. Go kommt man hinter dein» Ränke und Schlich». Du wußtest,