Volltext Seite (XML)
Die Sachsex-Zeit««- enthält die amtliche» Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meitze«, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen u. a. Nc. 55 - 83. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Mittwoch, 5 März 1924. Tel.-Adr.: „Sachsenzeitung* Postscheck: Dresden 2640 Seamle, K/rMMe v. Kr-e/'/er «»zrijtnp«,-: Lik 8 gespalten. R«»mz»ilc »»oldpfenni», die 2 gespaltene sZeile Ler amtlichen Bekam,tniachungen 40 <Lold- pfennig, die Sgespaltenc «eklamqkilk i» teitlichen Teile der Zeitung 100 Goldpfennig. Nachweisungrgedützr 20 »old- pfennige. «»rgeschriebcne «r- scheinung.tage und Pl.zoor- schristen werden nach MSglich- 7 sd/Nt v keil beriichsichtigt. Anzeigen annahme bis vormittags io Ui>r. . Mr Lie Dichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeige» übernehmen wir keine ÜLaraniie. Jeder Radllttanfpruch erlischt, wenn Ler Betrag durch Klage eingrzogen «erden muh aber »er Austra,g-der in Konkurs gerät. Anzeigen nehme» auch alle Vermittlungsstellen entgegen. SMow/e DiMSM/Ms M ^MSV/rMqst, Die.eachsen.Zrlt»»,' erscheint ""A,^"ags k Uhr sie Len falzenden T»,. «e,»««preis: Bei Abholung in den »eschistsstellen U»LAu»,abaP«Sen 2,— Mmch imMonat, bei 8»st»I»u, »urch di«Boten 2,MMark, beiPoftdrftellnng und »eschästsftellen nehme» —— - jederzeit Bestellungen entgegen. Im Falle höherer Tema», «L« sonst,,er Betriebsstörungen hat »er Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung der Z-itnng »Ler «irzu», »« Bezugspreises. — «»ä,se»»u»g eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wen» Porto »riliegt. WsW-e MÄUck-MM Mciii muß in dem neuen englischen Ministerpräsidenten zwei Seelen suchen, die in seiner Brust wohnen. Da ist der P a z i fi st, ber erfüllt ist von dem Wunsch der Völker- Versöhnung, Anbeter des Völlerbundgedankens, leichten Herzens im fanatischen Nicht-schew-W ollen die Lebens inleressen der nun einmal bestehenden Völker und Nationen beiseite schiebend. Der in diesem Bunde der friedlich nebeneinander lebenden Völker eine höhere Entwicklungs stufe der Menschheit sieht. Und der eine Hinentwicklung zu diesem Bunde durch ruhige Aussprache, durch Verhand lungen, durch Schiedsgerichte und internationale Garantien für möglich hält. Aber diese" — nach den Worten zu ur teilen — Gesinnungsgenosse Wilsons ist doch wieder auch Engländer, dem oder vielmehr dessen Land die Er füllung aller dieser Dinge nach der politischen wie nach der wirtschaftlichen Seite hin zum Besten dienen sollen. Denn die politisch-wirtschaftliche Erhaltung der Stellung Eng lands in der Welt ist natürlich die Voraussetzung, und zu dem Bund der Völker soll zwar England treten, aber nicht etwa — Indien oder die anderen hundert Millionen nichtenglischer Menschen, über die diese Weltbeherrscher an der Themse gebieten. Die praktische Durchführung dieser Vülkerbundidee läuft also — und das unbewußt oder mit gewollter Absicht, wer kann das entscheiden? — aus eine Herrschaft der beiden angelsächsischen Völker und Frankreichs über die Welt hinaus, dieser „Internationalis mus" ist anglo-sranzösischer Art, ist doch „Teilung der Welt". Mit Amerika ist man einig, mit Frantreich noch nicht. Weil hier das, was Frankreich tut, zum Lebensinterefse Englands im Gegensatz steht, nämlich die französische Herrschaft über den europäischen Kontinent allzu stark und fest verewigt. Nun will Macdonald darüber „sich aussprechen". Mit Poincarö natürlich. Und der, oder vielmehr die Briefe, die der englische Ministerpräsident feinem französischen Kollegen schrieb, sind ein heißes Werben um dessen Zustimmung rmd Nach giebigkeit. Er zählt also „ans dem Geiste der Sympathie heraus" nicht Einzelheiten, sondern in großen Zügen das auf, was an der französischen Politik der letzten Jahre England beunruhigt: der Versuch Frankreichs, jetzt Deutschland gegenüber durchzusetzen, was es in Ver sailles nicht erhielt. Und daß diese Gewaltpolitik das Gegenteil einer wirklichen Sicherungspolitik sei. An einer solchen Sicherung aber sind alle Völker interessiert, und sie habe nicht Gewalt, sondern gegenseitiges Vertrauen zur Voraussetzung; das sei wichtiger als alle „Neutralisatio nen" und Garantieerklärungen. Daran zu arbeiten sei Aufgabe des Völkerbundes; aber diese Politik könne nur in Gang kommen, wenn „Frankreich und England sich ver ständigt haben". In der Reparationsfrage sei man sich eigentlich schon völlig einig, denn England wolle nicht bloß den Wieder aufbau im Zerstörungsgebiet des östlichen Frankreich, son dern weit darüber hinaus einen Wiederaufbau ganz Euro pas, betrachte aber besorgt die französische Politik, die zu einer Zerschmetterung Deutschlands und zu einer Hegenomie Frankreichs über den Kon tinent zu führen scheine, beobachte noch besorgter die großen militärischen Rüstungen, die Bündnispolitik im Osten und Südosten, während Frankreich seine Schulden an die Entente-Genossen nicht bezahle, der englische Steuer- ' zahler sogar die Zinsen für die Schulden Frankreichs bei England aufbringen müsse. Allerdings hofft Macdonald, daß man alle diese Dings in Ordnung bringen kann, wenn erst der Sachverständigen bericht vorliegt; dann soll auch das interalliierte Schulden- problem geregelt werden. Dann werde, unter englisch französischer Führung, ein geeintes Europa sich aus dem Elend der Gegenwart herausarbeiten. Dem Wunsch Macdonals nach Antwort ist Potn - carö sofort nachgekommen und glaubt — oder tut so —, daß eine von Einzelheiten absehende Ausspraclie Klärung der „Mißverständnisse" bringen könne. Das größte „Miß verständnis sei die Ansicht, als denke Frankreich daran, seinen „Schuldner (Deutschland) an den Bettelstab zu bringen. Ebensowenig wie etwa daran, deutsches Gebiet zu annektieren. Oh, ganz im Gegenteil. Deutschland soll wieder produzieren, wieder hochkommen, man wolle keinen Fußbreit deutscher Erde, habe ihn nie anuel.ieren wollen. Wenn Macdonald uoch der — frühere Macdonald wäre, würde er Tardieus Buch über den Frieden von Versailles zitieren, oder die Reden de^ Generals de Metz oder Herrn Barros oder — oder — oder. Wurde darauf Hinweisen, daß die deittsche Neichshoheit ,m besetzten Gebiet aus geschaltet, durch die französische „ersetzt" ist. Das ist eben Annexion. Und, so fahrt Vomcarö fort, wenn Frankreich rüste, so tue es das riur gegen Deutschland. Jedes englische Mißtrauen sei ebenso töricht wie etwa französisches Mißtrauen gegen — die eng lische Flottenrüstung. Also: Frankreichs areparations- und Sicherungspolitik sei durchaus berechtigt, sei geradezu die Grundlage für die Neuordnung Europas unter der Füh- rung des Völkerbundes. Der muß überhaupt ausgebaut, stark gemacht, mit großen Vollmachten ausgestattet werden, damit er — den Weltfrieden erhalte. Ja, Weltfrieden unter englisch-franzö sisch e_r Führung — diele Einigkeit nennt Poincare Jie »UW MösW der VM. WM fort. Weiterer LinksrnLsch -er sächsischen SozisUsterr (Es-ener I«»yfprechbienft t «r „G«chfen-Feit»il -".) Dresden, 4. März. jDie Groß-Dresdner Sozial demokratie nahm mit rund 265 gegen! 85 Stimmen eine Ent schließung an, die die Politik der Reichstagssraktion tadelt. Zum Spitzenkandidaten für die Reichstagswahlen für Ost sachsen wurde der frühere Kultusminister Fleißner mit 199 Stimmen gewählt, ferner wurden 6 weitere Kandidaten aus gestellt, die ebenso wie Fleißner dem Linksflügel der Partei angehören. Wahlniederlage der Linken auch in Hamburg. (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) Hamburg, 4. März. Nach vorläufigen Ergebnissen der am Sonntag im Hamburger Landesgebiet stattgefundenen Wahl der Bürgervertreter, Gemeinbevertreter und der Abgeord neten der Landesausschüsse ergibt sich, daß die Kommunisten 6 Sitze, die VSPD, 27 Sitze, die Demokraten 2 Sitze verloren, die vereinigten Mehrheitsparteien 18 Sitze, die Völkischen und Grundeigentümer je 4 Sitze gewannen. Lawinen im Schwarzwald. (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) Karlsruhe, 4. März. Mchrere Lawinen sind im nördlichen Schwarzwald bei der Hormsgrinbe nicyergegaugen. Eine dieser Lawinen erfaßte 2 Skifahrer und verschüttete sie. Während der eine sich sehr bald aus den Schneemassen heraus arbeiten konntie, gelang es dem andern erst nach 5-stündiger Arbeit. Glücklicherweise haben beide Skifahrer nur leichte Ver letzungen erlitten. Schwerer U«saL Seim Bahnbau. (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) Horst - Emscher, 4. März. Die Schutthalde der Zeche „Nordstern" wird zur Zett abgetragen, um passendes Gelände für Bahngleise zu schaffen. Hierbei stürzten plötzlich große Erb- und Steinmaflen ab. Eine Reihe von Arbeitern wurde in eine Tiefe von 15 Metern hinabgerissen und zum Teil verschüttet. Zwei Arbeiter wurden getötet, einer ist lebensgefährlich und mehrere teils schwer, teils leicht verletzt. Der Briefwechsel zwischen Macdonald und Poineare als Vorläufer einer Znsammen- knnft. (Elzenir K«i n f p r e ch »i e» st -er chf»u-Z eitu « ,") London, 4. März. Laut „Reuter" sollte der Brief wechsel zwischen Macdonald und PoincarL den Weg zu einem baldigen erfolgreichen Zusammentreffen der beiden Premier- , Minister ebnen. Eine Begegnung wäre indessen vor Prüfung der Sachverständigenberichte als verfrüht anzufehen. Macdonald über das Gsargebiet. (Eigener Fernsprechdien st der „Sachsen-Zeitun g".) London, 4. März. In Beantwortung einer Anfrage hinsichtlich des Saargebietes erklärte Macdonald gestern im Unterhause, die englische Regierung wünsche, daß die Friedens bedingungen so schnell wie möglich in Kraft treten. Es hätten sich indessen finanzielle Schwierigkeiten betreffend die sofortige Schaffung einer Saargebietspolizritruppe ergeben. Dr. Schacht «ach London (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) London, 4. März. Reichsbankpräsident Dr. Schacht reist heute früh von Paris zur Fortsetzung seiner Kreditverhand lungen nach London. Die Sachverständigen dürften am 15. März ihre Arbeiten beenden. Morgan kommt nach Europa. Eigener Fernsprechdienst der „S«chse»-Fe, iun z".) Neuyork, 4. März. Der Finanzmann Morgan reist heute nach Neapel. In Börfenkreisen ist man der Ansicht, daß Morgan während seiner Anwesenheit in Europa zu einer Kon ferenz über deutsch-ungarische Anleihen eingeladen werden wird. Die brutsch-polnischen Verhandlungen. (Eip»v»r >«r»spr»chdk«ust der „Sachse»-F«it«n g".) Warschau, 4. März. Die Warschauer deutsch-polnischen Verhandlungen haben bereits in zwei Angelegenheiten zu einer völligen Einigung geführt, nämlich in der Frage der Rechts hilfe und in der Frage der Minderjährigen. Der deutsch-türkifche Freundschaftsvertrag Ml-eurr kernsprech die,st der „S«ch s»n-F «ttung") Konstantinopel, 4. März. Die dilomatischen Be ziehungen zwischen dem Deutschen Reiche und der Türkei werden jetzt in ein neues Stadium eintreten. Voraussichtlich wird be reits heute in Angora die Unterzeichnung des deutsch-türkischen Freundschaftsvertrages stattfinden. Der Vertrag soll ähnlich dem zwischen Deutschland und Deutschösterreich abgeschlossenen eine Reihe staatsrechtlicher Fragen regeln und Deutschland die Mög lichkeit einer offiziellen Vertretung in der Türkei schaffen. Nach Abschluß des Vertrages wird der frühere Außenminister von Rosenberg zum deutschen Botschafter in Konstantinopel oder Angora bestimmt werden. eine „Mttatt gegennver oer Zwttisattonl" — als Wachte' über das, was der Versailler Vertrag brachte: Balkan, irerung Europas, ein Völkergewimmel, über da- iene beiden zur größeren Ehre der französischen „aloiro' rnd des englischen Geldbeutels herrschen. Aus dem LaAdtage. W W Dresden, 3. März. Seitens der Deutschen Volkspartei ist folgender Antrag im Landtag eingebracht: Der Landtag wolle beschließen, die Regierung zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vor zulegen, wonach das Gesetz über die Landeskulturrentenbank vom 30. 6, 1914 auf Goldbasis umgestellt wird. — Die Links fraktion der SPD. hat unter Führung des Abg. Arzt am 21. 2. im Landtag folgende Anträge gestellt: Der Landtag wolle be schließen, das Ministerium für Volksbildung möge umgehend eine Verordnung erlassen, wonach Religionsunterricht innerhalb der ersten vier Schuljahre nicht erteilt wird. — Der Land tag wolle beschließen: Die Verordnung des Volksbildungs ministeriums vom 29. März 1923 über den Schulbesuch an staatlich nicht anerkannten Feiertagen und die Berücksichtigung der Empfindungen Andersdenkender in den öffentlichen Schulen, die durch den Minister für Volksbildung, Herrn Minister Dr, Kaiser, am 14. Januar 1924 aufgehoben worden ist, ist wieder herzustellen. — Die beiden letzten Anträge kennzeichnen die Antragsteller und ihren Führer. Das Schicksal dieser Anträge ist übrigens nicht zweifelhaft, denn nur noch die Kommunisten, die Gesinnungsfreunde der Arzt und Kons., werden für Annahme stimmen. Sturm bei den Berliner Sozialdemokraten Im Neichstagssitzungssaal fand der Bezirks- Parteitag der Berliner Sozialdemokratie Katt, der fick in der Hauvtlacke mit den kommenden Reich stagswahlen beschäftigte. Die politische Haltung der Partei erfuhr die schärfste Kritik. Die ersten Abstimmungen zeigten, daß unter der fast 500köpfigen Delcgiertenschast die Radikalen eine Mehrheit von unge- l führ 40 Stimmen über die gemäßigteren, die offizielle Parteitaktik vertretenden Elemente befaßen. Eine Reso lution wurde angenommen, welche die Aufstellung der Kandidatur Noskes als unerträglich be zeichnete. Bei der Benennung der für Groß-Berlin aufzu stellenden Wahlkandidaten wurden zunächst an erster und dritter Stelle Radikale (Crispicn und Zubeil), an zweiter und vierter Stelle Gemäßigte (Heimann und Eduard Bernstein) genannt. Bei der geheim vorgsnvm- menen Wahl zeigte sich, daß ausschließlich Radikale an den ersten Stellen nontinicrt und die Gemässigten nach hinten in aussichtslose Positionen verwiesen worden waren. Diese erklärten insgesamt, daß sie nunmehr über haupt auf Aufstellung verzichten. Die Delegierten geraten in ungeheure Erregung. Es kommt zu Beschimpfungen. Die Erregung pflanzt sich auf die. Tribünen fort. Es gelingt dem.Vorsitzenden nicht, die Der Zels«er-Prozetz. Dresden, 3. März. Am 14. März findet, nachdem die Voruntersuchung abgeschlossen ist, die Verhandlung gegen ben vormaligen Ministerpräsidenten Dr. Zeigner vor dem Landgericht Leipzig statt. Neben Zeigner wird dessen Gehilfe Möbius, der vor einigen Wochen erneut in unterchchungshaft genommen wurde, auf der Anklagebank erscheinen. Das Haupt- verfahren ist zunächst wegen 5 verschiedener Halle eröffnet wor den. Das laufende Disziplinarverfahren sowie das verfahren vor dem Untersuchungsausschuß des Landtags sind bis zur Er ledigung des Strafverfahrens zurückgestellt worden. Die Ver handlung vor dem Landgericht findet unter Vorsitz des Land- gerichtsdirekssors v. Miaskowski statt. Es wird mit einer zwei tägigen Dauer der Verhandlung gerechnet. Die Verteidigung Zeigners liegt in den Händen der Rechtsanwälte Dr. Alsbergs