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12 Verantwortlicher Rcdactcur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. 9. Februar 1858. Prei- pro Quartal 10 Ngr. Inserate die ^spalten-Zeile 8 Pfg. Wienstag. MWeißeritz-Zeitung Ämts- und Anzeige-Ilatt der Königlichen Gerichtsämtcr und Stadträthe zu Dippoldiswalde, /rauenstein und Altenberg. Was thut dem Handwerkerstande Roth? Leider ist eS eine nicht zu bestreitende Thatsache, daß der Handwerkerstand, mindestens in unserem engeren Vaterlanke, nicht mehr die Stellung einnimmt, die er früher inne gehabt; eben so wenig ist auch zu ver kennen, daß seine materiellen Verhältnisse von mehr als einer Seite bedroht sind. Während die Großin dustrie durch ihre mächtige Ausbreitung, durch ihr kräftiges Erstarken von der einen Seite her den Handwerkerstand in immer engere Grenzen zusammen drängt, schmälert die von Tag zu Tag sich mehrende auswärtige Concurrenz den bescheidenen Verdienst in bcsorglicher Weise. Man vergleiche die Beschäftigung einer großen Zahl von Gewerken, wie sie vor 20 und 30 Jahren waren, und nun sehe man, was denselben in der Gegenwart noch übrig geblieben ist; man er innere sich jenes wirklich patriarchalischen Wohlbefin dens der Hanvwerker in früheren Zeiten, und man beobachte nur das oft krankhafte Ringen, das ängstliche Sorgen, um nur, bei allerdings jetzt erhöhten An sprüchen an's Leben, das Nölhige zu erschwingen. Fragen wir aber nach dem Grunde dieses allge meinen Rückschrittes, so müssen wir allerdings bekennen, daß der Handwerkerstand zum größten Theile die Schuld selbst trägt, da säst einzig jener Grund in dem Verkennen der volkswirthschaftlichen Forderungen der jüngsten Zeit zu suchen sein dürfte. Während der Handwerker über schlechte Zeiten, über nachkheilige Wirkungen der Großindustrie, über Concurrenz der Kaufleute, wie überhaupt über die Bedrückungen, die er zu erleiden, gejammert, hat er gänzlich vergessen, sich nach den Mitteln umzusehen, die ihm seine Lage verbessert haben würden, und die ihm die Wissenschaft auch zum großen Theile längst angegeben hat. So ist z. B. „die Wissenschaft schon lange darüber einig, daß die starren und jede freie Entwicklung hemmenden Formen des Zunftwesens wie ein Krebsschaden an der wirlhschaftlichen Entwickelung eines Volkes nagen können", und die Erfahrung aller wirklich bedeutenden Industrie-Völker hat diese wissentschaftliche Wahrheit siegreich bestätigt; denn, die englische, französische, belgische, schweizerische Industrie ist erst seit der Be- freiung der Gewerbe und durch dieselbe groß ge worden, während dec gebundene Handwerkerbetrieb in Deutschland von Jahr zu Jahr immer mehr verkommt und nur daS freie Fadrikwesen gedeiht. ES ist aber eine Reorganisation des Zunftwesens oder auch eine vollständige Aufhebung der Zünfte nicht die einzige Frage, womit sich der Handwerker ernstlich zu beschäftigen hat. Sein Streben Hal sich vielmehr weiter auf Aneignung und Verbreitungen einer allgemeinen, namentlich aber volkswirthschaftlichen Bildung des Handwerkerstandes; auf Errichtungen von Sonntagsschulen zur Bildung der Heranwachsenden HandwerkSgenoffen; aufBegründungvonAssociationen, wie z. B. Creditvereine, KrankenunterstützungScaffen, Vereinigungen zum Einkauf von Rohmaterialen, Ver einigungen zu gemeinschaftlichen Magazinen, Vereini gungen zur Herstellung gewisser Handelsartikel, zur Aufstellung dazu nörhiger Maschinen, so wie auch, in besonderen Fällen, aus Errichtung gemeinschaftlicher Werkstellen und aus noch viele andere für ein neue-, kräftiges Aufblühen des Handwerkerstandes höchst wichtige Fragen zu erstrecken. Wie eS aber anfangen, um solchen Anforderungen gerecht zu werden? Wohin sich wenden, um Mittel und Anweisungen, Unterstützung, Rath und Hilfe zu erlangen? Die Antwort auf diese Fragen ist einfach die: Bildet Gewerbevereine, oder, wo schon welche bestehen, werdet thätige Mitglieder derselben! WaS dem Kaufmann und Fabrikanten Handels schulen, Handelskammern, Jndustrievereine, dem Tech niker Gewerbe- und Polytechnische Schulen, Ingenieur vereine, dem Gelehrten Universitäten und Gelehrten vereine sind, — das müssen dem Handwerker in noch viel höherem Grade die Gewerbevereine sein. Jetzt, wo ein gemeinschaftlicher Vorstand, unter einem Centralvorstande, alle Gewerbevereine SachsenS innig vereinigt, muß eS dem kleinsten Gewecbeverein und auch im kleinsten Orte, mit der Zeit möglich werden, eine segensreiche Thätigkeit nach allen Seiten hin zu entfalten! — Wer allerdings von dec Tätig keit derGewerbevereine schon nach Wochen und Monaten eine Verbesserung seiner Verhältnisse, eine günstigere Lage des Handwerkerstandes erwartet, der wird sich freilich auch hier enttäuscht sehen; wer sich aber bei all dem Wirken und Schaffen dieser Vereine mit Lust und Vertrauen betheiligt, der wird bald auch erkennen, daß die wohlthätigen Folgen, auch für seine speciellen Verhältnisse, nicht auSbleiben. Nur wenn der Handwerkerstand sich selbst zu helfen und zu reformiren versteht, kann ihm ernstlich geholfen werben; die Grundpfeiler einer neuen und segensreichen Zukunft dieses Standes werben und müssen aber die Gewerbevereine sein. (C. Z.) Tages geschieht e. Dippoldiswalde, den 7. Febr. Donnerstag, den 4. Februar Nachmittags, ereignete sich bei dem Holz zufahren auf Bärenburger Revier, in der Nähe von