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/luer Tageblatt UM- /lnzeiger für -as Erzgebirge kiitW««, ftm-^-ng«. Eatholteab sß, «üUch« H»»amu«ocho>-«a h« a«W» 4« «asi uaö tes Mmtsgettcht» fU«. «» fti —, ». iw« Nr. )74 Sonnabenä, äen 28. Zull l923 18. Jahrgang Politische Wochenschau. voo Obevbürgttmeist« Dr. K ü lz, M. d. R. An Differenzen -wischen den einzelnen Bun. de!»p!aaten hat e» auch im ehemaligen Kaiserreich nicht gefehlt. Selbst -wischen den regierenden Läufern traten ^»weilen starke Gegensätzlichkeiten zutage. Aber alle dies« Meinungsverschiedenheiten wurden doch all gemein in, einer erträglichen Form au-ge tragen. Boni den Einzelstaaten der Republik in ihrem .Verhältnis zueinander und -um Reiche kann man das gleiche lei- der. nicht behaupten. Hier vollziehen sich nur allzu häu. tg Vorgänge, die man im Milchen Leben als Anrem. veleten bezeichnen würde. Sachsen marschiert neuerdinaS dabei an der Spitze. Ten Anrempeleten der Reichs.! ikgterung durch den sächsischen Ministerpräsidenten und der bayrischen Regierung durch die offizielle sächsische ZtaatSzeitung wegen der Volksgerichte sind fetzt An griffe au» Anlaß det Flucht Ehrhardts gefolgt d.e mindesten» in hem Augenblick, wo sie geschahen, völlig unangebracht waren. Solange in einem solchen Falle die Untersuchung nicht abgeschlossen ist, darf die offi zielle Meinung picht durch Tetlkriliken ein,eilig.beein flußt und irregeWhrt werden. Reichsregierung und säch sische Regierung mutzten fich .in einem „Bundes".staake auf Linen gemeinschaftlichen Bericht einigen. Tas gegen, fettige Lin. und Hergezerre zwischen der Reichsregierung und per sächsischen Regierung ist unwürdig pnd autori- tätszersetzend. Der Ehrhardtp.rozeß selbst in seiner fetzigen Teilauflage zeigt von neuem, .daß es keine großen Cha. rattere waren, .die sich im Kapp-Putsch zu einem akti ven Vorgehen berufen fühlten. Keiner von den „Hel. den- hat zu seiner Tat gestanden mit den versöhnenden Wortenr ,Ack hab'» gewagt- und alle versuche we. algsten» Mr Ehrhardt den Nimbu» eine» charakterstar, ken Tatmenschen zu retten, müssen einfach an dem Um stand Wettern, da- er in seinem persönlichen Interesse eine Frau zu einem Meineid mindesten» mittelbar ver. leitete und unmittelbar und schutzlos in» verderben ren nen ließ. Sv steht deutsche Ritterlichkeit nicht aus. Hier war kein große» sittliche» oder politische» Motiv im Spiel, sondern nackt« Ichsucht. Wer um seiner selbst willen einen Willensschwächen Menschen zu einem Ver. brechen verführt, .ist immer ein Ehrloser. Hoffentlich hört nun auch in den Kreisen der Rechten der Kultus aus, Zer mit Ehrhardt getrieben worden ist. Daß -in «sicher überhaupt getrieben werden konnte, ist Lin be schämendes Zeugnis für den Mangel wirklich führen« der Persönlichkeiten in Deutschland, der dazu verleitet, iede Person, Pie mit irgend einer Tat au» dem allge meinen Dunstkreis herauStritt, al» einen Führer M be- trachten, .gleichviel ob im Hintergründe der Tat sittliche Stärke und Grüße stehen. Diese Erscheinung ist ein Teil de» seelischen Chao» - dem sich, um mit den Worten einer Wiener Zeitung z. sprechen, gegenwärtig da» deutsch« Volk befindet. Ä« psychologisch« Verwirrung weiter BolkSkreise in Deutschland ist tatsächlich..ungeheuerlich. Wie wären onst ander» die wüsten Plünderungen in Breslau mit -ren Milliardenschäden Mr die Privatwirtschaft und für den Staat denkbar. Wie wär« e» sonst möglich datz gu» Anlaß einer Demonstration ein so grauenhaf. ter Mord begangen wird, wie der. an Staatsanwalt Tr. Haas in Frankfurt. Derartige Vorkommnisse werfen un» in der Achtung der Welt immer wieder in die tiefsten Tiefen zurück. „Sie sind wirklich Barbaren- — da» ist der Widerhall,, den derartige Vorkommnisse in den autzerdeutschen Ländern finden müssen. Und man soll sich auch bet un» nicht scheuen, die Dinge mit den richtigen Namen zu nennen, zumal es selbst M- ntster gegeben hat und noch gibt,, welch« derartigen De. monstrationen wie in Frankfurt da» Wort geredet haben. Mit Genugtuung lst o» zu begrützen^datz da» offi zielle Organ der Sozialdemokratie, der „Vorwärts- .von diesen Scheußlichkeiten wett abrückt, und mit dankens werter Entschiedenheit die Arbeiterschaft vor der Be- teiligung an derartigen Veranstaltungen warnt. Auch die Warnung vor den am 29. Juli geplanten kommu nistisch«» Aktionen ist durchaus angebracht. In einer Z«tt..ift der die letzten unversehrten Tragbalken de» Ge rüste» de» deutschen Reiches von außen berannt werden dürfen die für die Erhaltung de» Gebäude» verantwort lichen Personen nicht tatenlos -usehen, .wenn da» Gebälk auch im Innern zu knistern beginnt. Wer tn solchen Zeiten aber absichtlich Zündstoff. Heroin trägt, ist ein ver. brech er, gleichviel ob dieser Zündstoff Zon recht» oder von ltnk» herangefchafft wird. von außen her ist auch in der letzten Woche noch klein« Erleichterung der auf unß lastende« Drucke« etngetreten. Da» franzüstsch.brittsch« Gegenspiel will nicht vom Flecks kommen. Dis Reden Potneare» wer, dsn sv alltäglich, dgß fts tau« mich jemand «rnst nimmt. Und doch findet sich »gerade tn seiner letzten Rede ein ganz besonderer Ton. .der nachhaltige Aufmerksamkeit verdient: da» ist die stark» Betonung Zer drohenden Wirtschaftshegemonie. Oder wollt ihr dafür liebe« eine deutsche? — so klingt'» Über den Kanal herüber, ,DeS wetteren aber wird diele» Schreckgefpenst einer deutschen Wirtschaft-Hegemonie auch der französischen Industrie gegenüber an die Wand gemalt, .die von Tag «zu Tag unruhiger wird. Die Beunruhigung Zer französischen Industrie geht soweit, daß neuerdings da» Comttee des ForgeS Schadenersatzansprüche an den französischen Staat wegen der Schädigung erhebt, die vor allem die Industrie tn Lothringen in fühlbarster Weis« erleidet. Psychologisch sehr feinsinnig abgestimmt auf diese Er- schefnung .ist per neueste Hinweis Baldwins, daß Line befriedigende Lösung der zwischen Frankreich und Eng. land schwebenden Fragen längst gefunden sein würde wenn man die Lösung den Wirtschaftlern überlassen würde. Dieser Appell de» britischen an den französi- scheu WirtschatzssgoiSmuS ist ein deutlicher Gegenzug gegen den politischen Sadismus derer uM Poincare. Ob er freilich von besonderer Wirksamkeit sein wird, ist .mindestens zweifelhaft -denn in dem fetzt abgeschlos. senen Frieden von Lausanne hat der wirtschaftliche Egoismus Englands über den Frankreich» triumphiert. Nach der politischen Sette hin besteht da» Wesent liche des Lausanner vertrage» darin, patz Pie Türkei gegen Bulgarien und Griechenland bessere Grenzen, in der Befreiung Konstantinopels und der übrigen europä ischen Gebiete von der Besetzung eines starke Entlastung und tn der Zurückgabe der Inseln JmbroS und TenedoS einen Gebietszuwachs erhält. Wirtschaftlich stehen zwei Punkte im Vordergrund«, die freie Durchfahrt durch die Meerengen zu Wasser und tn der Lust im Kriege und im Frieden. Zie «inen jahrhundertelangen Kampf .ab- schließt, .liegt im Interesse der britischen Wirtschaft-Po. litt!. Endgültig noch nicht gelöst find die Grenzfragen im Zrakqebiet. .da» wegen seiner Petroleumquellen für die britische Geegeltung von besonderer Bedeutung.ist. Hier soll der BölkerbundSrat entscheiden, wenn nicht binnen neun Monaten ein unmittelbares Abkommen zwischen der Türkei und Großbritannien zustande kommt. Weltpolitisch liegt die Bedeutung de- fetzigen Frieden» von Lausanne darin, datz mit ihm! erstmalig.einer von den Gewaltfriedensverträgen pes Jahres 1919 au» der Welt geschafft worden ist.'Tie Türkei hatte dabei einen starken Verbündeten, den Neid der Gegner untereinan der.' Dieser starke Verbündete steht als einziger auch un» zur Seite. _eS kommt nur darauf an, datz wir ihn rich. ttg.nutzen. Tie Türkei Hat trotz aller Verschleppung», versuche einer Regelung die Nerven nicht verloren, son dern zäh an ihrem Ziel festgehalten. Nach dieser Rich, tung Hin liegt da» Beispiel, wa» unS die Türkei geben kann, .nicht nach miÄtärischWauvinistischer > Seite hin. Die von Woche zu Woche verschleppte Entscheidung auf Zie letzte deutsche Note mutz naturgemäß eine Ver. schärfung de» auf MS lastenden wirtschaftlichen Drucke» im Gefolge haben. Zn nie Mr möglich gehaltene Lie fen ist Zie deutsche Mark gestürzt, .und kaum vermag die Nvtenpresse wenigsten» papiermätzig Zie erforder- lichen Zahlungsmittel herzustellen. .Angesicht» dieser fortschreitenden Zerrüttung per deutschen Währung.ent schließt sich die deutsche Regierung, endlich! zu einer Maß« nähme, Pie von einsichtigen Ftnanzwiirtschastlern. so vor allem von Prof. Bonn in Berlin schon längst gefordert worden sind: Zur Auslegung einer Goldanleihe Mr da- Reich Wird diese Anleihe im erforderlichen Um fange durchgedrückt..so wird sich für alle die, die noch einen Rest von wirtschaftlicher Moral ihr Eigen nen nen. die Möglichkeit ergeben, eine wertbeständige An. läge ihre» Geldes nicht tn Devisen, .sondern in einhei mischen Werten zu suchen. Ihre Ergänzung mutz diese Goldanlethe im staatswirtschaftlichen Interesse in der endlichen Schaffung einer Gteuer-Festmark finden, ohne die ein einigermaßen sich vollziehender Ausgleich zwi schen der Geldentwertung und den Steuereinnahmen de» Reiche» nicht denkbar ist. He weniger Aktivität die Reichsregierung §ack außen hin glaubt entfalten zu dür. sen .umsv stärker muß ihr Bestreben sein, im Innern durch rasch« und entschlossene Tat die außerordentlichen Schwierigkeiten zu mildern, ehe die wirtschaftlich« Sint flut über un» zusammenschlägt. Besonnenheit. Lite inneren Schwierigkeiten in Deutschland haben sich tn den letzten Wochen geradezu katastrophal gestei gert. E» ist nur natürlich, datz jn einem Parlament«, risch regierten Lande da» voll nach dem Verantwort lichen ruft Zn der Tat trägt di« Regierung.nun ein mal di« Verantwortung. Md wenn sich Notstand« wie dis jetzigen zeigen st> verlangt man von einer Regie rung fsstß Führung. Selbst w«n« st« nicht weiß, wts wir sofort au» unsrem Elend heraüskommen Wunen, .ft» ist es doch ihre Aufgabe aufklärend und beruhigend -u wirken. Darüber hinaus muß sie aber tn jenem Roch men. der^durch .die Zwangsläufigkeit der Gntentegewalt ihr zwar ena gezogen ist. .aber der noch einen gewifirn Spielraum läßt »handeln. So ist aber wahkzunehmen. datz Zie ReichsreBerung per Entwicklung: Zer Dinge in den letzten Wochen zusah, .ohne irgend etwa» Lu unter nehmen. Wir glauben, datz sie völlig.Machtlos der Markentwerlunq gegerrüb ersteht, und alle unerhörten Preissteigerungen sind die natürlich« Folge de» neuen katastrophalen MarksturzeS. Wenn di« jetzige Not zu Verzweiflungsakten führt so kann man den undisziplinierten Leuten im Volke trotz allem garnicht scharf L«nug «ntgegentreten. viel« Händler und Kaufleute leben heute nur.noch von der Hand in den Mund. Ihre Warenbestände verringern sich zusehends. Tie Gefahr von Plünderungen lMt Mb lähmend auf di« Tätigkeit de» Kaufmann». Hier hat die kommunistische Hetze den inneren Notstand wesent- lick.verschärft. Tie Steigerung üur jetzigen Not ist durch ein Zusammenwirken verschiedener Umstände her» beigesührt worden. Tie Ernährung?läge hätte garnicht so kritisch werden können, wenn nicht die lange Regen- Periode da» Reifen von Frühkartoffeln und Gemüsen empfindlich beeinträchtigt hätte, weiterhin kann der Großhandel kaum noch seine reMlierende Tätigkeit autz, üben. Tie Beschaffung.von Devisen Mr die Einfuhr von Lebensmitteln hat sW immer schwieriger gestaltet. Tie bevorzugte Berücksichtigung de« LebenSMittelhan« del» bedeutet ja auch noch längst kein« volle Berücksich tigung. Zluk dem Gemüsemarkt kommt die früher so starke ausländisch« ZuMhr jetzt so gut wie ganz in Fort fall. Wir haben noch in jedem Jahre in der Kartoffel- Versorgung, einige kritische Wochen gehabt. Da» ist die Zeit in der die alten Kartoffeln aufgezehrt und di« neuen noch nichr an den Markt gekommen find. Dies« Notpandsperiode griff in diesem Jahre unglücklicher weise mit dem katastrophalen Marksturz zusammen und ist Häher zehnfach empfindbar. Immerhin kann map damit rechnen datz Pie' nächsten Wochen eine Erleich terung ^bringen werden. Wir werden die schwierigen! Tay« am ehesten noch überstehen, wenn di« Bevölkerung da» nötige Maß.von Besonnenheit bewahrt. E» hat gar keinen Zweck setzt große Temonstrationsversammlungen zu veranstalten Diese nützen nicht da» mindeste, ver mehren aber die innere Unruhe und Nervosität Entscheidend wird freilich Mr eine Besserung sein, ob es gelingt, der rasenden Geldentwertung.zu steuern. Auch wenn man die Riesengefahr der uferlosen Infla tion noch so hock einschäht, wird man doch! sagen müs sen, Paß der gegenwärtige Tiefstand der Mark wirtschaft- lich unberechtigt ist. Hier kann und mutz aber die Re- gierung auch mit ihren Maßnahmen einsetzen. ^om Verbrechen an äer Ruhr. Angeblich« Verständigung Pari»—Brüssel. HavaS teilt mit. zwischen der französischen und der belgischen Regierung sei jetzt über die Hauptfragen der auf.das englische Dokument zu erteilenden Antwort eine Verständigung erstell worden. Der, Wortlaut der Note wird unverzüglich festgesetzt werden, Tie Antwor ten von Pari» und Brüssel würden wahrscheinlich nicht identisch fein, sich aber völlig in Weicher Richtung be-. weaen. > Die optimistisch« Auffassung.der» Agentur Hava» wird durch da» „Journal des TebatS" nicht bestätigt da» auf Grund von Aeußerungen in offiziellen Kreisen Vie Tatsache der getrennten Beantwortung _allerdinG» nicht al» Anzeichen ernster Meinungsverschiedenheiten aufgö. faßt wifien will aber htnzuMgt, die beiden Kabinett« glaubten sich ohne Schwierigkeiten «ine gewiss« Hand lungsfreihell beiderseitig Vorbehalten zu können. England al» „Rettungsmannschaft- für Europa. Baldwin hielt im kvnjervativen Klub in Glasgow eine Red«, M der er u. a. erklärt«, di« Art der Besetzung wie sie gegenwärtig im Ruhrgebiet «handhabt würde sei Mr den internationalen Handel genau so störend, wie wenn man ein scharfe» Messer tn da» Werk «tnpr Taschenuhr bohrt. Der ganze internationale Handel fei ein außerordentlich empfindlicher Mechani-mu». Die Zell würde kommen, wü Zentraleuropa nicht mehr 1» der Lage sein werde, auf den englischen Märkten zu kaufen. Wenn nicht in Deutschland eine Stabilisierung der Finanzen herbeigewhrt werd«, sei an Reparationen - nicht zu denken. Die englische Regierung Zesinde sich tn der Lage einer «etiung-mannschaft. England hab» rwsenhaste Bedürfnisse zu befriedigen. L« wenigpr -na« rede.^rm so besser sei«». Da» H«U Europa» häng» von seinem Ein- und «u-ßchrhanvel ab. VW erst« Maß» noh'Nk s«j »jwn sF»-b«l gMf tzßA MßtßWS