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Wilsdruff, Tharandt, Reffen, Sicbeulch» und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^7 98. Freitag, den 13. December 1872. Tagesgeschichte. Wilsdruff, am 12. December. In Mittweida wurde am 10. d. M. von einem dortigen Bürger an Rathsstellc ein Strauß reifer Heidelbeeren übergeben. Der Ex pedition des Chemnitzer Tageblattes wurde gestern ein dort einge- fangcner Schmetterling überbracht. Ein weiterer Beweis, wie die jetzt herrschende laue Witterung das Thier- und Pflanzenleben her- vorlvckt. Wie die „Ztg. f. d. Meißn. Hoch!." aus Neustadt berichtet, treiben sich in dortiger Umgegend eine Anzahl von Hausirern, meist Juden, herum und bieten wollene Sachen aus, die sich als leichte werthlose Stoffe herausgestelll haben, ebenso Barchente, welche mit Kalk gedruckt sind. Der Käufer ist regelmäßig der Geprellte, denn er hat das drei- bis vierfache des Wer'thes bezahlt. Das Gesetz kann solchem Betrüge nicht entgegentreten, weil es ja dem Käufer freige standen hat, die Waare zu besehen und der Handel in aller Form des Rechts gemacht worden ist. Das Publikum ist somit selbst zur Vorsicht angewiesen. (Wir warnen auch das hiesige Publikum vor dergleichen Schwindlern) Dem „Leipz. Tgbl." berichtet man aus Döbeln, 7. December: Ein vorgestern hier stattgesundencr Selbstmord erregt großes Aussehen. Auf dem niederen Gottesacker erschoß sich der 48 Jahre alte Haupt mann und Adjutant bei dem hiesigen Landwehr-Bezirks-Commando, Friedrich Bruno Schultze. Uebcr die Beweggründe zu der traurigen That verlautet nichts Bestimmlcs. Bautzen. Der in der dritten Schwurgerichtsperiode 1872 wegen Vergiftung seiner Ehefrau zu Todesstrafe verurtheilte Carl Friedrich Giebe aus Zittau ist von Sr. Majestät dem König zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt worden. Zur Warnung. Rentier A. in Dresden verkauft sein Grund stück mit Allem, was darin wand-, band-, mauer-, niet-, nagel- und wurzelfest ist, an B., nachdem Letzterer es angesehen und in gutem, wohnlichem Zustande gefunden hat. Es wird eine Punktativn aufge setzt. Frau A. glaubt, außer dem Verkaufspreise noch aus Sachen etwas zu gewinnen, welche dem Wortlaut des Kaufes entsprechend, zum Hause gehören und mit ihm verkauft worden sind. Sie läßt Regale, Glockenzüge, Winterfenster, Wandschränkchen, Kleiderrechen rc. rc. losmachen lind giebt sie mit überflüssigem HauSrathe zur Auc- tion, erhält aber nicht viel mehr für erstere Gegenstände, als die Kosten für's Losreißcn. A. zieht aus, V. ein. Wie findet er das Haus! Große Löcher in den Wänden von herausgerissenen Haken, schwarze Streifen von wandfest gewesenen Regalen, die Doppelfenster fehlen in die Äußere Umrahmung, an den Wänden andersfarbige Stellen, wo befestigt gewesene Gegenstände nicht erlaubt haben, neu zu malen rc. „Wo sind die Sachen? Sie müssen wieder her!" Es kommt zur Klage. A. wird verdonnert, Alles wieder so herzustellen, wie es bei Abschluß der Punktalion war. Schlosser, Tischler, Mau rer Glaser rc. müssen es neu fertigen und befestigen und A. zahlt 200 Thlr. mehr, als seine Frau aus den losgerissenen Sachen löste. Die Gesammt-Ausprägung der Reichsgoldmünzen stellt sich bis 23. November b. I. auf 390,293,890 Mark, wovon 337,634,380 Mark in Zwanzig- und 52,659,510 Mark in Zehnmarkstücken bestehen. Ein Verein in Berlin sammelte im v. I. abgeschnittenc Cigarren spitzen und beschenkte mit deren Erlös 19 arme Kinder reichlich zum Weihnachtsfcst. Den Thicrärztcn in Stuttgart macht eine unter den Pferden plötzlich ausgebrochene unbekannte Krankheit viel zu schaffen. Dieselbe wirkt ungemein rasch und zerstörend und führt oft schon nach wenigen Stunden zum Verenden der Thicre. Es soll nicht dieselbe Krankheit sein, wie sie in letzter Zeit unter den Pferden in Nordamerika ausge treten ist. Italien ist in den letzten Tagen in ähnlicher Weise von der Wuth der Elemente heimgcsucht worden, wie vor wenigen Wochen die deutschen Ostseeküsten. Nachdem der furchtbare Wettersturm in der Donnerstagsnacht in Neapel und Umgegend gewüthet und großen Schaden angerichtet hat, drohen im nördlichen Italien wieder die fortwährenden Regengüsse schlimmes Unheil. Der Po wächst aufs Neue zum Erschrecken; er hat mehrere Brücken zerstört und verschiedene Gemeinden überschwemmt. Auch Tanaro und Arno sind über ihre Ufer getreten und haben mehrere Häuser fortgcrissen. Diese in letzter Zeit wiederholt erlittenen Heimsuchungen werden nicht ohne Einfluß auf mancherlei Verhältnisse in Italien, so auch namentlich auf die Finanzlage sein. Aus New-Jork, 4. December, wird berichtet: Der Finanz sekretär Boutwell schätzt den Ueberschuß der Einkünfte für das Finanz jahr auf 40 Mill. Dollars, die sämmtlich zur Tilgung der Staats schulden werden verwendet werden können. Der Ueberschuß für das nächste Jahr wird auf 34 Mill. Dollars angegeben. Eine traurige Geschichte wird aus dem Westen Amerikas ge meldet. Seit einiger Zeit ist man mit dem Bau der Winona- und St. Peter-Eisenbahn bei Minnesota beschäftigt, um den Schienen strang bis zu der westlichen Grenze vor Minnesota vor Anfang des Winters zu vollenden. Uebcr 800 Mann waren mit der Arbeit be traut, und gelang cs auch zwei Meilen täglich vorzurücken. Sie waren etwa hundert Meilen von der nächsten Ansiedelung entfernt, als am 14. November ein furchtbarer Sturm begann und beinahe eine Woche tobte. Die Pioniere der Civilisation wurden dadurch von ihrer Zufuhr abgcschnitten und einzig auf ihren sehr knappen Vorrath an Lebensmitteln beschränkt. Als die Nachricht von der ihnen drohenden Gefahr bekannt wurde, schickte man sofort einen Zug mit 150 Mann und Nationen für einen Monat zu ihrer Hülfe. Aber obwohl 4 Locomotivcn den Zug zogen, konnte er doch bis zum 15. November nur bis auf 50 Meilen von den Abgeschnittenen kommen. Dann mußte der Zug ganz halten, da es unmöglich war, in Folge des angehäuften Schnees und entsetzlichen Sturmes vorzudringen. Der Sturm tobt fort und man fürchtet, daß, ehe die Hülfe die Unglück lichen erreicht, die größte Anzahl derselben der Kälte und dem Hunger erlegen sein wird. Vermischtes. Nicht weit von San Antonio in Texas entfloh kürzlich ein verliebtes Paar zu Pferde, begleitet von einem Geistlichen, der die Absicht halte, die Liebenden zu trauen, sobald man die nächste Sta tion erreicht haben würde. Ihre Flucht wurde aber durch den strengen Vater der jungen Dame entdeckt und er bestieg sein schnellstes Pferd zu hitziger Verfolgung. ES gelang ihm, des Paares nach einiger Zeit auf der Prairie ansichtig zu werden, und auch die Flüchtigen bemerkten frühzeitig den Verfolger, Bald erkannte auch das Mädchen, daß es unmöglich sein würde, dem schnellsten Renner ihres Vaters zu entkommen, und sie bat den Priester, sie während des Reitens zu copuliren. Er stimmte zu und die Ceremonie ging in größter Eile vor sich. Wahrend das Brautpaar ihm zur Seite ritt, vollzog er vontro g, torrs die heilige Handlung. Kaum war das letzte bindende Wort gesprochen, als der Brautvater sie einholte und den Zügel von dem Pferde des Mädchens ergriff, aber der junge Gatte wies ihn jetzt kraft seines Rechtes zurück. Als der Vater das Geschehene er fuhr, sah er sich gcnöthigt, nun auch seinerseits dem Paare den Segen zu geben. Brocken von Johanncwski. Als ich die Griechen studirte, kamen sie spanisch mir vor, und gar bitter War mir das Studium. Seit ich den „Bittern" recht kenn', Kommt er ganz süße mir vor. (Deutscher Ncichsbote für 1873.) Kirchenuachrichten aus Wilsdruff. Am 3. Advent-Sonntag Vormittags predigt: Herr ?. Schmidt. Nachmittags predigt: Herr Diaconus Canitz.