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Vie >rfer Zeitung" erscheint Lnr.istag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährli» , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahmt »*n Inserat« bis »»»mittag s« Uhr. Inserate werden mit zo p für dl« Lpaltzeil» berechn« Tabellarisch« Satz nach besonder«« Tarts Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Dkrilla Na. 91. Mittwoch, den 31. Juli 1907. 6. Jahrgang. Sparkasse vnentlott - MoritMf verzinst Einlagen mit 3^/, o/° und expediert an jedem Wochentage von 8—1, und von 3—6 Uhr, Sonnabends von 8—2 Uhr. Einlagen werden streng geheim gehalten auch der Steuer-Einschätzung«-Kommission gegenüber. Einlagebücher fremder Sparkassen werden kostenfrei übertragen. Orrttiches und Sächsisches. Vttendorf-Vkr illa, den za. Juli >90?. Am vergangenen Sonntag hielt der Turnverein „Jahn" zu Ottendorf-Moritzdorf im Gasthof zum schwarzen Roß ein äußerst zahlreich besuchtes und in allm Teilen wohl- gelungenes Tanzkränzchen ab. Eine wohl von allen Anwesenden sehr günstig beurteilte Ab wechselung waren die unter der bewährten Leitung des Herrn Lehrer Hanke und des TurnwartS Herrn Förster gebotenen turnerischen gesanglichen und humoristischen Aussührunaen, die stets reichen Beifall ernteten. Bis in die frühen Morgenstunden hielt die Tanzgöttin die Mitglieder nebst Gäste zusammen und verließen wohl alle mit dem Bewußtsein einige frohe Etunden verlebt zu haben den Saal. —* Eine staatliche Beaufsichtigung der Freiwilligen Feuerwehren steht in Aussicht Infolge der Enthüllungen, die vor dem Frei berger Schwurgericht in dem Siebcnlehner Brandstiftungsprozeß über die dortige Frei willige Feuerwehr gemacht worden sind, be absichtigt die sächsische Regierung, dem nächsten Landtage eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten, in der die Anstellung eines vom Staate zu be soldenden Landesbranddirektors gefordert wird, dem die Beaufsichtigung sämtlicher Freiwilligen Feuerwehren im Königreich Sachsen übertragen wrrden soll. —* Gegen die Nonnengefahr. Vom sächsischen Finanzministerium wurden Professor Dr. Groß an der Forstakademie Tharandt und Forstmeister Timaeuü vom Maldgute bei Colditz beauftragt, die Versuchsstation für Vogelschutz des Frei- Herrn von Berlepsch, Schloßgut Seebach, Kreis Langensalza, zu besichtigen. Sie sollen darüber berichten, ob es sich empfi hlt, auch in Sachsen (hauptsächlich wohl im Hinblick aus die immer mehr drohende Nonnengesahr) dergleichen Ein richtungen zu treffen. Die Besichtigung fand am 18. und 19. d. M. unter persönlicher Führung deS Freiherrn von Berlepsch statt, di« Herren sind zu dem Resultat gekommen,, daß sich zum Nutzen der Forst- und Land wirtschaft auch in Sachsen dergleichen Maß nahmen empfehlen dürsten. Dresden. Einen Begriff davon, welche Schätze die letztverflosienen Regentage unseren heimischen Wäldern gebracht haben, konnte Man am vergangenen Sonntag Abend erhalten. An diesem Tage wurden in den letzten von Berlin über Zossen-Elsterwerda verkehrenden Zuge in Uckio und den bis Hohenleipisch folgenden Stationen so viele für die Dresdner Markthallen bestimmte Körbe mit frischgepflückten Pilzen verladen, daß der Zug eine fast ein- stündige Verspätung infolge der langen Lade zeiten erlitt. Am Orte, d. h. in Uckro und Umgegend kostet das Pfund Pilze 5 Pfg., wie in der sächsischen Schweiz, in Hohenleipisch «-8 Pfg. — Das Schießen aus den großen Vogel aus der Vogelwiese nahm am Sonntag Nach mittag feinen Anfang. Die ersten Schüsse gab der Königliche Kammer Herr Herr v. Rex-Zeh'.sta für das Königshaus ab. Der große Vogel ist in diesem Jahre zum ersten Male mit einer Medaille geschmückt, die der Deputierte Privatus Adam stiftete. Auch am Montag war der Besuch wieder ein ganz gewaltiger. — Der Redakteur der Elbgaupresie Buttler vergiftete sich auf dem Staffelstein bei Nieder- poyritz durch Lysol. Pulsnitz. Die Festordnung für die Ent hüllungsfeier des König Albert-Denkmals ist von Sr. Majestät dem König genehmigt worden. Der Denkmalsausschuß gibt folgendes darüber bekannt: Als Tag der Enthüllung ist Mittwoch, der 21. August festgesetzt worden. Früh 6 Uhr wird die Enthüllungsfeier durch Weckruf der Stadtkapelle eröffnet. Von halb 10 bis halb 11 Uhr findet Platzmufik auf dem Marktplatze, welche teils durch die Pulsnitzer Stadtkapelle, teils durch das Trompeterkorps des 2. Garde-Dragonerregiments „Kaiserin Alexandra von Rußland" unter Leitung des Königlichen Musikdirigenten Herrn Peschke, eines Pulsnitzer Kindes, ausgeführt wird- Um 11 Uhr wird auf dem Schützenplatz zum Festzug gestellt und pünktlich 11 Uhr 15 Minuten nach dem Festplatz abmarschiert. Um 12 Uhr trifft Se. Majestät auf dem Fest platz ein und die eigentliche Enthüllungsfeier beginnt nunmehr, eingeleitet durch ein Musik stück der oben erwähnten zwei Musikkapellen. Bautzen. Einem Aufseher ist ein Sträfling der hiesigen Königlichen Landesstrafanstalt ent sprungen. Der Ausreißer, der Anstaltskleidung trägt, stammt aus Böhmen. Meißen. Ein hübscher Spaß trug sich vor einiger Zeit in einem hiesigen Geschäfte zu. In demselben verlangte ein Kunde vom Lande ein Thermometer zu kaufen. Die Verkäuferin, die den Kunden bedienen wollte, frug diesen: „Wünschen Sie ein Thermometer nach Reaumur?" „Nein, nach Weinböhla!" antwortete der in der Naturlehre anscheinend nur wenig bewanderte Käufer zur allgemeinen Heiterkeit der Anwesenden. Freiberg. Um Mitternacht brach in dem sogenannten „Turmhofgute" hierselbst Groß- feuer aus, vermutlich durch Selbstentzündung von Heu. Es griff Mit größter Schnelligkeit um sich und äscherte nach dreistündigen Wüten eine große Scheune und ein kleineres Gebäude ein, in welchem 1000 Zentner Heu und 100 Zentner Stroh, sowie eine Anzahl land wirtschaftliche Maschinen und Kutschgeschirre lagerten. Das größere Vieh konnte gerettet werden, doch erlitten 21 Schweine schwere Brandwunden. Zufällig fand am Montag der Verbandstag des Freiberger Bezirks- seuerwchrverbandes in einem eine halbe Stunde von Friberg entfernten Orte statt, wo alle Feuerwehren der Umgegend vertreten waren, so daß die hiesige Freiwillige Feuerwehr erst als das Feuer schon eine große Aus dehnung gewonnen hatte, eingreifen und ein weiteres Umsichgreifen des Brandes verhindern konnte. Bei den Löscharbeiten ereignete sich leider ein schwerer Unfall. Der Steiger Tischlermeister Butze erlitt bei einem Sturz von der drei Stockwerke hohen Stützleiter, die kipple, eine schwere Rückgratverstauchung. Außerdem kamen eine Anzahl kleinerer Unfälle vor. Der Besitzer hat zum größten Teil ver sichert. Chemnitz. Die „Neuesten Nachrichten" melden: Auf Bahnhof Mohsdorf an der Chemnitztahlbahn wurdsn am Sonntag Abend einem Manne, der sich an einem Vereins ausfluge beteiligt hatte und unbefugt die Schienen überschritt, um den stehengebliebenen Regenschirm seiner Ehefrau zu holen, von einer Lokdmotive beide Beine abgefahren. Der Ver unglückte verstarb alsbald. Leipzig. Ein frecher Raubanfall wurde Sonnabend mittag auf dem Dammweg nach Connewitz verübt. Als eins Dame mit drei Töchtern dort spazieren ging, trat ihnen der 19 jährige Stallschweizer Busper mit dem Rufe: Geld oder Leben entgegen, während er ihnen einen Revolver vorhielt. Auf die Hilferufe der Bedrohten eilten Passanten herbei und der junge Mensch entfloh, wurde aber später in der Stadt verhaftet. Annaberg. Zur Erhaltung eines kultur geschichtlich interessanten Bauwerkes traten mehrere Herren auf Veranlassung des hiesigen Gerichtsvereins, des Erzgebirgs-Zweigvereins und des Vereins für Kunstpflege zusammen. Dieses kulturgeschichtliche Denkmal bildet der sogenannte „Frohnauer Hammer", das einzige unverändert erhalten gebliebene jener einst so zahlreichen Hammerwerke des Erzgebirges. In ganz unverbindlicher Form hat der Bezirksverband Annaberg sich den Verkauf durch Vertrag gesichert. Johanngeorgenstadt. Mitihrer Schwieger mutter geriet die Frau eines angesehenen Bürgers in Niedereulitz in heftigen Wortwechsel, in dessen Verlauf die Erzürnte die alte Dame an der Gurgel packte und würgte. Als sie von ihrem Opfer abließ, war die Schwieger mutter erdrosselt. Die Täterin ward verhaftet. Werdau. Ein ganzes Schwein mittels Einbruchs gestohlen und sofort an Ort und Stelle abgeschlachtet wurde in der Nacht vom Montag zum Dienstag dem Restaurateur und Schmiedemeister Kändler in Langenheffen. Von d M ausgeschlachteten Schwein haben die Einbrecher dem Bcstohlen n nur die Gedärme, sowie Leber und Lunge zurückgrlassen, Von den Dieben, unter denen sich ein Fleischer be finden mußte, hat man nicht die geringste Spur entdecken können. Lengenfeld i. V. Das siebenjährige Söhnchen des Klempnermeisters Kalbel geriet während die Mutter an der Mangel be schäftigt war, mit dem Kopse zwischen die im Gange befindliche Maschine und die Wand. Es erlitt furchtbare Quetschungen am Kopfe, die seinen Tod herbeiführten. Adorf. Dis Ausbeute der in der oberen Elster auf ihrem ganzen Laufe durch das Vogtland und ihren sämtlichen Zuflüssen unter stattlicher Aussicht betriebenen Perlenfischerei betrug 1906 'acht (im Vorjahre 20) Helle Perlen, 9 (22) halbe Helle, 3 (3) Sandperlen und 7 (24) verdorbene Perlen. Außerdem wurden 4 1(3) Stück Muscheln mit einge wachsenen Perlen gefunden. Vor 20 Jahren wurden dagegen insgesamt 154 Perlen ge funden. Aus der Woche. Das Interesse von ganz Deutschland, ja der ganzen Welt ^wird von dem Mordprozeß Hau in ungewöhnlichem Maße in Anspruch ge nommen. Man würde fehl gehen, wenn man annehmen würde, daß die Person des Ange klagten besondere Sympathien wachgerusen hätte. Es ist nicht zu leugnen, daß seine neue aus dem Amerikanischen entnommene Art, dem Richter entgegenzutreten, ohne Zweifel ihre Wirkung auf weitere Kreise geltend gemacht hat; aber die Gründe für die erregten De batten, die das Todesurteil hervorgerufen hat, sind doch wohl nicht darin zu suchen. Denn selbst in jenen Kreisen, die den jungen Rechts anwalt für schlankweg „schuldig" halten, hatte man nicht an ein Todesurteil glauben wollen. Das Dunkel, das Tat und Täter umgibt, er scheint aber noch nicht genügend geklärt, der Zweifelfragen sind zu viele. In den Blättern aller Länder findet man dec Anschauung Aus druck gegeben, daß der unbedingt stattfindende neu Hau-Prozeß entweder das Dunkel soweit lichten wird, datz ein Zweifel, auch der geringste ausgeschlossen erscheint, oder aber — — der Möglichkeiten gibt es viele. — Der Aufsehen erregende Prozeß hat in den letzten Tagen die Augen der Welt von den Geschehnissen der Politik abgezogen und dennoch gibt es auch auf dem Welttheater genug zu schauen. Da ist zunächst bemerkenswert, daß in den Ver handlungen auf der Friedenskonferenz ein völliger Stillstand eingetreten ist- Damit ist's am Tage, daß die Schwarzseher wieder einmal recht behalten haben die sich von solchen Konferenzen keinen Erfolg versprechen. Daß die Dinge sich jetzt nach fünfwöchentlichen Ver- handlungeu aussichtslos gestaltet haben, geht daraus hervor, daß ein hervorragender Diplomat im Haag geäußert hat: „Wenn das so weiter geht, wird dieses die letzte Friedenskonferenz sein." Der Weltfriede ist also im Haag nicht dauernd sicher gestellt worden und die welt fremden Träumer, die unter Verkennung menschlichen Wesens und geschichtlicher Ent wickelungsnotwendigkeiten im Haag den ewigen Frieden entstehen sahen, müssen ihre Palmen zweige senken und ihre Schalmei verstummen lasten. — In Frankreich hat sich endlich die heißersehnte Ruhe eingestellt. Die Winzer haben sich überzeugen müssen, daß ihr Wider stand nutzlos ist, und der revoltierende Süden, der todesmutig dem Norden den Krieg erklärt halte, bezahlt wie einst seine Steuern. Aber der Winzerausstand hat doch auch Schäden auf gedeckt, die Frankreich und seine Leiter mit banger Ssrge erfüllen müssen. Die Disziplin in der Armee, von der in unsrer Zeit für den Staat viel, wenn nicht alles abhängt, (den Romanows erhielt sie in den jüngsten Sturm jahren den Thron), erscheint in bedenklicher Weise gelockert. Wrren schon dis Soldaten meutereien ein Anzeichen von innerer Verderbtheit des Organismus, so hat j-tzt der Mastenrücktritt von Generalen gezeigt, wie schlimm es um Frankreichs Armee steht, um die Armee des selben Frankreichs, daß die Welt so gern über zeugen möchte, es sei fürchterlich in seiner militärischen Stärke. Die Generale treten zurück, weil sie befürchten, die Soldaten könnten „im Ernstfälle bei jedem Mißgeschick die Führer verantwortlich machen und den Gehorsam aufsagen. — Hatte also das russische halb amtliche Organ so unrecht, als es vor einiger Zeit den Wert des russisch-französischen Bündnisses in Zweifel zog? — In England hat man mit Besorgnis der Entwickelung der Dinge in Marokko zugeschaut, wo der Räuber- Hauptmann Raisuli den Abgesandten des Sultans immer noch in strenger Haft hält. Um das Leben des Gefangenen zu schonen, wollte man Gewaltmaßregeln gegen Raisuli vermeiden, aber jetzt sieht man sich gezwungen, der marokkanischen Regierung zuzustimmen, die zum Feldzuge gegen den Räuberhauptmann rüstet. — Im Zarenreiche sind die Dinge un verändert. Hier wird ein Komplott entdeckt, dort eine Staatskaste beraubt, an dem einen Orte eine Bombe geworfen, an einem andern ein hoher Staatsbeamter durch schleichendes Gift ums Leben gebracht. Und in all dem Wirrwarr läßt die Regierung eifrig durch den „Verband echt russischer (Leute" die Vorbe reitungen für die dritte Dumawahl betreiben. Das weite Rußland nimmt an dem zukünftigen Parlament keinen Anteil. Man weiß aber, daß alle Elemente, die den Selbstherrschaft bestrebungen der Regierung ein „Nein" ent gegensetzen, doch von der Volksvertretung aus geschlossen sind. Die Rusten haben sich zum größten Teile wieder unter das Joch der Auto kratie gebeugt. — Die Welt hat ein seltsames Schauspiel erlebt. Das „gelbe Rätsel" hat von sich reden gemacht, indem der Mikado seine starke Hand auf das „Reich der Morgen ruhe" (Korea) legte und den Kaiser diese» Landes zum Vasallen Japans machte. Der alternde Pi-Hön, der 40 Jahre lang in Söul das Zepter führte, ist abgesetzt worden, weil er zu laut über die Beschränkung seiner Macht durch Japan klagte, und sein Nachfolger J-tschak ward von vornherein mit der neuen Rolle des Kaisers von Korea vertraut gemacht, die ihm keine andre Bedeutung sichert, als die eines japanischen Sachwalters. Ward das Völkerrecht durchbrochen? Unter der Oberfläche summen tausend Stimmen: „Ja", aber niemand sagt dem Mikado, der jetzt Asiens mächtigster Herrscher ist und dem die Regierenden Europas Ehren erweisen, die man vor zwanzig Jahren noch jeden Asiaten stolz geweigert hätte,