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BauhenerMUathnchten. Verordnungsblatt der Areishauptmannschaft Bautzen als Kousistorialbehörde der Oberlanfitz. Amtsölalt -er Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, -es HauptzoÜamtS Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- «nd Äewerbekammer z« Zittau. Wrscheiuuugsweiset Täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. «chriftleitung und Geschäftsstelle: Bautzen. Innere Lauenftrahr 4. Fernsprecher: Nr. 51. — Drahwachrichl: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis t Monatlich 1 Marl. Einzelpreis: 10 Pfennige. Anzeigenpreis: Die Oaespalienk Peii^cile oder deren Raum 15 Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die ^gespaltene Peiitzeile 50 Pfennige. Ar. 55. Mittwoch, dr« !>. Marz 1910, abends. 12V. Jahrgang. Tas Wichtigste vom Tage. * König Friedrich non Sachsen ist gestern, Dienstag, von Korfu nach Pola abgereist. * In Dresden st a r v an Herzschlag das Mitglied der Ersten sächsischen Kammer Geheimrat vr. ing. Ienck e, der bekannte frühere Leiter der Kruppschen Werke in Essen. * Es wurde in den politischen Kreisen Berlins viel beachtet, daß der Vater des b r e u ß i s ch e n Wayl- re-formentwurfs, Geh. Oberregierungsrat Fal kenhayn, eifrig im Abgeordnetenhause mit freikonser- oativen und nationalliberalen Abgeordneten verhandelte. * Die Spanier haben ihren festen Platz Ceuta in Marokko jetzt mit einer Garnison von 12 000 Mann und 100 Festungsgeschützen versehen,' sie fürchten, dass die in Kürze beginnenden Straßenbauten Veranlassung zu neuen Zwischenfällen mit den benachbarten Stämmen geben werden. * Wetteraussicht für Donnerstag: Heiter, nachts wär mer, tagsüber wenig geändert, trocken. ' Ausführliches siche an anderer Slclle. Persische Sorgen. Selten wohl ist es so schwierig gewesen, die Entwick lung der Dinge in Persien auch nur auf Tage vorauszu sehen wie im gegenwärtigen Augenblick. Die Männer, die an der Spitze der Regierung stehen, sind nur zum ge ringen Teil für ihre Stellungen geeignet und haben ihre Portefeuilles meist nur dem Umstand zu verdanken, das; nach der Abdankung des Schah notwendigerweise irgend eine Regierung gebildet werden mutzte. Der Regent AssetelMulk, dellen einziges Verdienst darin besteht, das älteste Mitglied der Kadscharenfamilie zu sein, hat sich während seines langen Lebens nie mit Staatsgeschäften abgegeben und kommt als Regierungsfaktor gar nicht in Betracht. So bleibt also die Last der Verantwortung auf dem Kriegsminister Sep ah dar, der sein Ansehen lediglich der Rolle verdankt, die er bei der Einnahme von Teheran und dem Sturze Mohammed Alis ge spielt hat. Vielfach, und wohl nicht mit Unrecht, wird behauptet, daß der Sepahdar mehr von den Ereignissen mit fortgerissen worden sei, als datz er sie geleitet habe, wie denn überhaupt die Ueberrumpelung der mit Truppen genügend besetzten Hauptstadt durch eine Handvoll Na tionalisten und die darauf erfolgende Uebergabe der in takten Kosakenbrigade durch den russischen Obersten Ljachow noch ganz rätselhaft ist. Der Sepahdar hat bis jetzt den besten Willen gezeigt, man traut ihm aber die Fähigkeiten nicht zu, der schwierigen Lage Herr zu werden, und so schwindet seine Popularität zusehends. Das Volk und die Presse ver langt Taten zu sehen, die beweisen, datz der neue Zustand der Dinge besser ist, als der frühere Despotismus, und datz es die Regierung ehrlich meint mit den versprochenen Re formen. Infolgedessen ist die Tätigkeit in den eingesetzten Kommissionen eine lebhafte, namentlich die Neuschaffung einer kleinen, aber guten Armee wird mit Ernst erwogen, aber auf all die schönen Entwürfe wirkt lähmend die schreck liche Finanzmisere. Die Regierung lebt von der Hand in den Mund, die Steuern von den Provinzen gehen nicht ein, und oft war es nur durch „freiwillige" Spenden reicher Personen, die sich besonders reaktionär betätigt hatten und sich durch diese Zahlungen vor weiteren Unannehmlichkeiten schützten, möglich, die dringendsten Bedürfnisse zu bestreiten. Auch durch kleine Mittelchen, wie Abgaben auf Opium, Spiri tuosen, Weintrauben und Tabak sucht man vergeblich der Not zu steuern. Jetzt heitzt es wieder, datz England nun mehr, wo das Parlament gesichert sei, helfend eingreifen würde. Alles Heil wird überhaupt vom Parlament er wartet. Wenn es nicht energisch die dringendsten Geschäfte sofort erledigt, sondern gleich der ersten Medschlis seine Zeit mit wütenden Brandreden vergeudet, so wird das Volk sehr bald die Geduld verlieren, und ein neuer Auf stand und völlige Anarchie wären die Folge, denn wenn auch die Partei des früheren Schah sehr gering und ohne Führer ist, so ist die Zahl der mit den augenblicklichen Zu ständen Unzufriedenen desto größer. Ebenso gefährlich könnte es werden, wenn das Parlament, durch Hochmut und Fremdenhatz verblendet, von neuem eine Sanierung der Finanzen durch auswärtige Hilfe zurückweisen und nochmals auf die vor drei Jahren kläglich gescheiterte patrictische Opferwilligkeit der Wohlhabenden im Lande rechnen würde. Ällgemein ist die endliche Ankunft von Nassrel Mull freudig begrützt worden. Er ist wohl der intelli genteste und ehrlichste der Männer, die für die Regierung in Betracht kommen. Nachdem er vom Schah verbannt worden war, hatte er es trotz mehrfacher dringender Auf forderungen abgelehnt, in sein Vaterland zurückzukehren, und auch jetzt weigert er sich noch energisch, an der Re gierung tätigen Anteil zu nehmen. Es wäre jedoch gerade zu ein Unglück für das Land, wenn er bei diesem Vorsätze beharren würde. Die prekäre allgemeine politische Lage wird noch ver schlimmert durch die s ch l e ch t e n N a ch r i ch t e n, die aus der Provinz Aserbeidschan eintreffen. Aus Teheran sind 300 Kosaken, 300 irreguläre "Reiter und 300 Nationalisten (gewerbsmäßige Revolutionäre aus dem Kaukasus und Aserbeidschan) mit Maxim- und 2 Feld geschütze unter dem Kommando verschiedener Banden- führer nach dem Norden abgegangen. Der bekannteste unter ihnen ist I e f r e m, der nach der Einnahme von Teheran mit seinen Revolutionären die Ordnung in der Stadt aufrecht hielt und seitdem die Stellung eines Chefs der Polizei einnahm. Er soll im Kaukasus verschiedene Bombenanschläge, „Expropriationen" und dergleichen Kleinigkeiten auf dem Kerbholz haben. Mit der Entsen dung der Nationalisten nach Ardebil war die Regierung um so bereitwilliger bei der Hand, als diese anfingen, ein Element der Beunruhigung in der Haupstadt zu bilden, denn die Regierung konnte sic doch nicht bis zur nächsten Revolution unterhalten, und zur Erfüllung ihrer Bedin gungen, unter denen sie Teheran verlaßen wollten, man gelte es der Regierung an Geld. Uebrigens befinden sich unter diesen „Landsknechten der Revolution" auch eine Anzahl von Europäern aller Nationen, Fran zosen, Rußen, Schweden und auch zwei Deutsche. So sieht der Horizont bei Eröffnung des Parlaments und Beginn der neuen Aera in Persien trübe genug aus. Ueberall Unzufriedenheit und Mißtrauen zum Bestand des gegenwärtigen Zustandes und Mangel der notwen digsten Mittel zur Inangriffnahme des Reformwerkes. Möge dem schwergeprüften Lande endlich eine Zeit der Ruhe deschieden sein, um innerlich zu erstarken und eine bessere Zukunft vorzubereiten. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Eine Niederlage Langhammers. Es dürste überall ziemliches Aufsehen machen, daß der Abg. Max Lang hammer nichtwiederin den V o r st a n d des n a t i o - nalliberalen Landesvereins gewählt wor den ist. Da Herr Langhammer gewissermaßen alsFllhrer des linken Flügels der Nationallideralen gilt, so wird der Umstand, daß er nicht wieder gewählt wurde, viel leicht als eine Niederlage dieses Flügels der Partei gedeu tet werden. Ob das allein der Grund war, steht doch wohl sehr dahin. Denn es ist ja bekannt, daß die seinerseits so viel Aufsehen erregende Tiag-Affäre, in die Langhammer verwickelt war, in vielen Parteikreisen eine Mißstimmung gegen ihn erzeugte, und daß diese Mißstimmung auch durch den Vergleich, mit dem der Prozeß geendet hat, nicht aus der Welt geschafft worden ist, da dieser Vergleich ja zu neuen öffentlichen Angriffen der Gegenseite auf Herrn Langhammer führte. Jedenfall hat diese Affäre sicher wesentlich dazu mitgewirkt, datz man von einer Wiederwahl Langhammers absah. Noch keine Gemeinschaftserziehung. Der Herr Kul - tusINinister hat die Genehmigung dazu, datz Schüler innen der Höheren Bürgerschule in Z w i ck a u Ostern d. I. in die Untertertia des Realgymnasiums zur Gemeinschafts erziehung mit Knaben ausgenommen werden, versagt. Es liegen acht solcher Anmeldungen vor. So lange der Lan d- tag das ihm zur Zeit vorliegende Gesetz, betr. das Höhere Mädchenschulwesen nicht verabschiedet hat, dürfen nach einer Entscheidung des Kultusministeri ums Mädchen zur Gemeinschaftserziehung an höheren Lehr anstalten nicht zugelaßen werden. Zu der kommenden Prioatbeamtenversicherung schreibt eine amtliche Beziehungen unterhaltende Korrespondenz: Wenn immer wieder die Forderung erhoben wird, die Hinterbliebenenversicherung der Privatangestellten durch eine Erweiterung der bestehenden Invaliden versicherung durchzuführen, so wird hierbei folgendes übersehen: Das Jnvalidenversicherungsgesetz lätzt aller dings die Versicherung in einer höheren Lohnklaße zu als derjenigen, welche für den Versicherten eigentlich in Frage kommt. Auch die Selb st Versicherung und die fre i- willige Fortsetzung der Versicherung ist für alle Lohn- klassen freigestellt. Der Erundbetrag der Invalidenrente wird nun bekanntlich nach den 500 Beiträgen der höchsten Lohnklaße berechnet. Sonach hat es der Versicherte also in der Hand, seine Ansprüche sowohl nach dem Erundbetrag als auch nach den Steigerungssützen dadurch erheblich zu verbessern, datz er bei dem Einrücken in höhere, der Inva lidität voraufgehende Lebensjahre Beiträge in der höchsten Lohnklaße zahlt. Ein solcher Uebergang eines Versicherten in höhere Lohnklassen in vorgerücktem Alter verschlechtert aber natürlich die Finanzlage des Versicherungsträgers. Denn die erhöhten Beiträge werden von dem Versicherten aus diese Weise nur wenige Jahre gezahlt, während für die gesamte übrige Zeit nur die niedrigen Beiträge entrichtet werden. Hierbei findet der Grundbetrag der Invaliden rente nicht mehr seine Deckung durch die 500 höchsten Bei träge. Würde heute von dem freiwilligen Uebertritt in höhere Lohnklaßen ein stärkerer Gebrauch gemacht, als es tatsächlich geschieht, so würde schon bei der gegenwärtigen Invalidenversicherung ein ungünstiger finanzieller Ein fluß sich hierdurch geltend machen. Dieser Einfluß wäre aber naturgemäß noch viel stärker, wenn der Invaliden versicherung neueLohnklassen angefügt würden, wie es die A n g l i e d e r u n g der P r i v a t b e a m t e n v e r- sicherung notwendig machen würde. Es kommt weiter hinzu, datz der Kreis der Personen, der in den neuen Lohnklaßen Aufnahme fände, meist mit zunehmendem Alter in höhere Lohnbezüge einrückte. Dieser Personen kreis zahlt also heute in den untersten Lohnklaßen Bei träge und rückt in höheren Lebensjahren in die höchsten Lohnklaßen ein. Hieraus würden sich unübersehbare finanzielle Schwierigkeiten für die Versiche rungsträger und auch grotze "Nachteile für die übrigen Ver sicherten ergeben. Unter diesen Umständen erscheint es also nicht möglich, die Pensionsversicherung der Pri- vatangestellLen, die in der Jugend meist in den untersten Lohnklaßen Beiträge entrichten und mit steigendem Alter in die höchsten Lohnklaßen einrücken, im Zusammenhang mit der Invalidenversicherung zu regeln. Der Landesverband Sachsen des Vereins für das Deutschtum im Auslände (Allgemeiner Deutscher Schul verein) hielt am Sonntag unter dem Vorsitze des Herrn Direktor Or. Faul seine Hauptversammlung ab, der auch Vertreter österreichischer Ortsgruppen beiwohnten. Auch die Ortsgruppen Chemnitz und Leipzig, sowie Bautzen und Zwickau waren in der Versammlung vertreten. Aus dem Geschäftsberichte ging hervor, datz besonders die Tätigkeit der Frauenortsgruppen Dresden und Leipzig von grotzem Erfolge begleitet gewesen ist. Die Hauptarbeit des Verbandes erstreckte sich über Galizien, Oesterreichisch- Schlesien, Ungarn und Steiermark und besteht in der Er richtung und Erhaltung deutscher Kindergärten und Schulen. Den Kassenbericht erstattete Herr Stadtverord netenvizevorsteher Obermeister Unrasch. Die Einnahmen betrugen 19 780 M, wovon 411 M an den Hauptvorstand in Berlin und 9773 ,N für Unterstützungen usw. bezifferten sich auf 41 652 M und der Haushaltplan für 1910 balanciert in Einnahme und Ausgabe mit 18 100 <N. Die nächste Hauptversammlung soll in Eibenstock abgehalten werden. Die Versammlung beschlotz noch, aus Anlatz der jetzt abge schloßenen Sammlung der 2 Millionen-Kronen-Spende für das Deutschtum im Auslande an Peter Roßegger ein Be- griitzungstelegramm abzuschicken. * ü s Die weiteren Beratungen der preußischen Wahlrechts oorlage. Im Seniorenkonvent des Abgeordneten hauses wurden folgende Vereinbarungen getroffen: Die zweite Lesung der Wahlrechtsvorlage beginnt am Freitag und soll drei Tage in Anspruch nehmen. Die dritte Lesung der Wahlrechtsvorlage beginnt am Mittwoch nächster Woche und soll am Donnerstag zu Ende geführt werden. Am Donnerstag sollen dann auch die Osterferien beginnen und bis zum 7. April dauern. Die verfassungsmäßige zweite Abstimmung Uber die Wahlrechtsvorlage soll am Dienstag, den 12. April, stattfinden. „Revolutionsspielerei". Unter dieser Spitzmarke be merken die „Leipziger Neuesten Nachr." sehr richtig: „Man kann einen Bogen auch überspannen. Das sollten auch die Genoßen sich gesagt sein laßen, sie sollten erkennen, daß die Revolutionsspielerei, wenn sie übertrieben wird, sich in blutigen Ernst verwandeln kann. Und sie sollten wißen, daß dann die letzte Verantwortung nicht auf die Staats behörden fällt, selbst wenn sie hier und da in verständlicher Erregung über das Matz hinausgegangen sind, datz sie viel mehr ausschlietzlich auf das Haupt der Männer zurückfällt, von denen die erste Herausforderung ausgeht. Und heraus zufordern ist und bleibt doch der Zweck der Uebung, die man letzt in einer Reihe von preuhischen Städten, vor allem in der Reichshauptstadt versucht hat. Daran ändern auch alle Sophistereien nichts. Gewiß verbietet es das Gesetz nicht, daß an einem schönen Sonntag Arbeiter spazieren gehen.