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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.02.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070225029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907022502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907022502
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-02
- Tag 1907-02-25
-
Monat
1907-02
-
Jahr
1907
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ftir Leipzig mtd Vororte: I» der Haupt- Expedition oder derea Ansgabestellea ab- geholt mouatUch: Ausgabe^ (1 mal tügllch) 70 Ps., Ausgabe v i2 mal täglich) 80 Pf, bei Zustellung in» Hau« Ausgabe X 80 Pf, Ausgabe v I Mark. Durch unsere aus« wärtigen Ausgabestellen und durch die Post bezogen (1 mal täglichsinnerdalb Deutschlands monatlich 1 Mark ausschl. Urslellaebühren, für Oesterreich-Ungarn 5 8 45 d virrteljShrsich, die übrigen Lander laut steituagSpreislistr. Diese Rmamer kostet auf »sb 4»»k allen Bahohdsea und bei III ^Idl den Zettuugs-Verkäuseru i steUuMo» au» ttz»esMo«: Iohauntsgafs« L. Telephon «r. 15Sz Nr. WL, «r. 117L Verltuer NepaMons-Purnm: Berlin HäV. 7, Prinz Louis Ferdinand« Strobe 1. Lrlephon l. Nr. 9275. Abend'Arrdgabe S WpMrr.TllsMÄ Handelszeitung. Amtsblatt des Nates «nd des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. «»^eiaen-PPer- die 8gespaltene Petttzeile für Geschäfts- Inserate ans Leipzig und Umgebung 86 Pf, Famtltewz Wohaunqs- a. Etellen-Anzeiaen, sowie Au- und Verkäufe LO Pf, finanziell« Anzeigen »0 Pf, für Inserate von auswärts 80 Pf. Reklamen 7b Pf, auswärts l Mark. Beilage« gebühr s Mark p. Lausend rzkl. Postgebühr. Geschäft-anzeigen au bevorzugter Stelle im Preis« erhöht. Rabatt nach Laris. FürJnseratr vom Ausland« beiond«rerLaris. An»etgen-Annahm«: Augustusplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- EzprdUtoaen des In» und Auslanve«. Für da» Ertcheine» an beiltmmtea Lagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen Feptttttlt» Aufträge k0an«u »tcht zurück, -ezogeu werde». Puupt-Filtal« verlia:« LarlDunckr r,Herzgl.Bapr.Lofbuchhandlg, Lützowstraße 10 (Tel. VI, 4S03H -UttÜuitN»e»Utou: Dresden. Marienstr.3l. Montag 25. Februar 1907. Nr. 56 des auf der FriedenSkonseren, der PolitiLEnglands an« schließen werde. (I) Im Vatikan hofft man noch immer auf einen Besuch deS Herrn v. Martens; doch erklärt dieser, vom Zaren dazu nicht beauftragt zu sein. Erschütterung des neuen Transvaaltfchen Llatinett». Maa erwartet eine Aenderung in der Zusammenstellung de» neuen Kabinetts. Die Generale Delareh und Schalk- Burger sind telegraphisch nach Präioria berufen worven. Es bandelt sich angeblich um Einflüsse der nationalen Partei, vie drr Part« Het Volk feindlich gegenübcrsteht. Vas Neueste vsm Lage. (Die nach Schluß der Redaktion «Ingegangenen Depeschen strheu ans der L. Seit« deS Hauptblaffes.) Ein Antrag des Neichstagsabgeordneten Dr. Junck. So groß auch der Fortschritt zur Sicherung deö geheimen Wahlrechts bei ren ReicbStagSwahlen ist, der durch die Schaffung der „geheimen Kabinette' und die Wahl« urnen geschah, so wirb noch vielfach und zwar gerade aus dem Lanke die geheime Wahl dadurch illusorisch gemacht, daß die Wahlurnen in einem durchaus unzulänglichen Zu stande sich befinden. Man nimmt lleine Pappschachteln, Eigarrenklsten, aufeinander gelegte Teller, ost im besten Fall eine — Suppenterrine. Nicht selten ist das G faß, daS man Wahlurne nennt, so „durchsichtig', daß von einer geheimen Wahl nicht die Rede sein kann. Ganz abgesehen davon, daß diese durch besondere Kniffe noch aufgehoben wird. So klagt man in vielen Orten darüber, daß die Wahlvorsteher die Wahlkuverts aufeinander schichten und eine Liste führen lassen, in welcher Reihe die Wähler kamen. Dann können sie genau kontrollieren, wie gewählt wurde. Diesem Mißstand, der ein schädlicher Miß brauch ist, kann nur durch strenge Verordnungen mit entsprechenden Strafandrohungen begegnet werden. Aber die Mängel der Wahlurnen lasten sich leicht beseitigen, wenn diese Wahlurnen überall fileich sein muffen und zu dem Zweck auch einfach auf ReichSkosten geliefert werden. Da ist eS denn erfreulich, daß unter den dem Reichstag ein gereichten Anträgen auch ein solcher ist, der die Lieferung von Wahlurnen auf Reichskosten fordert. Und wir freuen uns Mitteilen zu können, daß dieser Antrag vom Abge ordneten für Leipzig - Stadt ausgeht, den Namen des Dr. Jurick trägt. Die Ktrchenfrage. Clemenceau erklärte in einem Interview, die Regierung rechne mit der Ablehnung ibrer letzten Vorschläge durch Rom al» einer Tatsache. Die Kirchen sollen gleichwohl offen bleiben; die gegenwärtig amtierenden Pfarrer werden ihre religiösen Funktionen ungestört fortsctzeu; die Erhaltung der Gebäude aber wird aus den Einkünften der Kirchen vom Staate und von den Gemeinden zu bestreiten sein. Der Ministerpräsident fügte hinzu, baß Brianv dieser An schauung beipflrchtet, di« allerdings nicht den Beifall der Bifchöie findet, denn diese wollen die Kircheneinkünste nicht vom Staate verwaltet wissen. Zudem fehlt in ClemenceauS Programm der Hinweis auf die von Rom für unentbehrlich erachtete Verwenvung ehemaliger Kongreganisten in der Seelsorge. Italienische Friedensfreunde. Bei dem Bankett, welches gestern der russische Botschafter zu Ehren deS StaatSrat» v. Mariens veranstaltete, dem Tlttoni und bas diplomatische Korps beiwohnten, drücklen alle Vertreter ihre Genugtuung aus, daß Herr v. Marten» bei den verschiedenen Höfen für die Haager Friedenskonferenz erfolgreich gewirkt habe. Tittoui erklärte, daß Italien sich erhielt das Ritterkreuz des Friedrichorden», Oberregisteur Meery den Hosrattitel. * Der Etat der Stadt Berit«. Oberbürgermeister Kürschner und Stabtkammcrer Dr. Steiniger Haden den Stadtverordneten den Etat für 1907 übermittelt. Am nächsten Donnerstag soll er beraten werden. Der Etat selbst balanciert in Einnahme und Ausgabe mit 147 534 411 die EtaiS der stärtiichen Werke schließen in Ein- und Aus gabe ab mit 123 199273 ^!; sodaß also die Gesamt summe sich auf 270 733884 stellt. Die Steuern ergeben UeberschÜste von 75 495 918 «k, gegen das Vorjahr mehr 4 l75 258 Sehr interessant ist die Zusammenstellung der Zuschüsse. Für den Unterricht zahlt die Stadt Berlin zu 24 24l 827 (gegen daS Vorjahr mehr 808 418 ^t). Für daS Armenwesen werden als Zuschuß verlangt 14 408288 (-s- NI 717), für die Krankenpflege 8 292 435 .6 (ff- 332 627), für VerwaltungSkosten 14 232 925 (-s- 772 036). Dieser Posten wächst von Jahr zu Jahr enorm. Für Vie Polizei und daS Fe verlö sch welen werden verlangt 6291 577 (ff- 76339), für Straßenbeleuchtung und Reinigung 6548067 -6 (-s- 562 930). Der Etat der Gaswerke balanciert mit 71 608 532 der Wasserwerke mit 19 414 402 der Kanalisationsiverke und Rieselfelder mit 21 936 662 -4, deS Viehmarkts mit 2 793 461 -4, deS Schlachthof- mit 2 011 823 Mark, drr Fleifchschau mit 1 380 274 ^, der Markthallen mit 3 483 750 Schulden bat die Stadl Berlin insgesamt 423 200 448 Davon sollen jedoch im EtatSjahr 1907 getilgt werden 11 109 094 nie. Roeren. Den Abschied deS ZentrumSsübrerS Roeren aus dem Iustizdienst sucht jetzt die Zentrumspreffe so darzu stellen, als ob sich Äbg. Roeren schon längst mit dieser Ab sicht getragen habe. So berichtet die „Kölnilche Volks zeitung', Herr Roeren habe bereits in vorvoriger Seffion des Reichstags, als die Vertagung «intrat — also Ende Frühling» 1905 — seinen definitiven Entschluß mitgeteilt, nach der Vertagung nicht wieder in Dienst zu treten. — Hätte er diesen Entschluß damals wirklich zur Tat ge macht, so waren ihm Vit berechtigten Angriffe über seine Handlungsweise im Disziplinarverfahren gegen Wistuba erlpart geblieben. Die „Germania' glaubt, die Ausführung der von Roeren schon vorher (?) gefaßten Absicht auf besten zeitweises wenig befriedigendes Befinden zurückführrn zu müssen. Db der Privatmann Roerca noch diejenige Reso nanz bei feiner Partei findet und solchen Einfluß auszu üben vermag, welch beide er kraft seiner früheren hoben richterlichen Stellung in Anspruch nehmen zu können glaubte, möchten wir füglich bezweifeln. Denn auch die parlamen- «arifchen ZentrumSkreise haben die moralische Niederlage RoerenS in den Dezemberlagen vorigen Jahres peinlich empfunden. I. Rückkehr »er Schulschiffe. Die auf der Heimreise be findlichen Seekadetten- und Schiffsjungen«Sckul'chiffe .Stosch', „Charlotte' und „Stein' werden am heutigen Tage den letzten Teil der Rückreise antreien und sämtlich nieder ländische Häfen besuchen, bevor sie die deutschen Gewässer politisches. * Das Rkichsiagspräsidtum beim Kaiser. Ueber das, was der Kai,er gelegentlich der Audienz de- ReichStagSpräsiviumS auSgesührt hat, verlautet noch Näheres. Er sprach seine Freude über den AuSsall der Wahlen auch geravt in bezug auf Vie Wirkung au«, die va» Ausland betrifft. Er äußerte sich auch, daS Allgemeine Wahlrecht bade sich durch aus bewährt. Besonder« habe ibn aber der Ausfall der Wahl im Königreich Sachsen interessiert. Al- König Friedrich August gleich nach der Hauptwabl am 27. Januar nach Berlin gekommen sei, habe er sich mit ihm Uder diese Wahlen ausgesprochen, und dabei ,ei ihm interessant gewesen, zu bemelken, wie gut der König über die Periönlichkeiten der Abgeordneten, bez. der Kan didaten sich unterrichtet gezeigt habe. Eines fei jedenfalls sestgestellt, als ras lehrreiche Ergebnis der Wahlen, die Tat sache, daß der Anprall der Sozialdemokratie zerschelle, sobald di« bürgerlichen Parteien sich zusammcnscbließen. Bezüglich deS Zentrums ließ der Monarch durchblicken, daß ibm die Verschiedenheit zwischen der regierungsfreundlichen Haltung ve- EpiScopatS und der ZeutrumSpanei nicht entgangen sei. Aus diese Verschiedenheit letze er die Hoffnung auf eine künftige, ersprießliche ZentrumSpolitik. Die weltpolitische Lage berührte der Kaiser ebenfalls. Die Konstellation der Mächte nach den Ereignissen im fernen Osten sei der Erhaltung deö Friedens günstig. Auch die Entwickelung unserer Kolonien wurde erörtert. An Be merkungen persönlicher Art fehlte eS ebenfalls nicht. Den zweiten Vizepräsidenten Kampf hatte der Kaiser mit den Worten begrüß», daß ^r sich freue, den Vertreter deS ! Ber liner Wablkre'fcS, in dem er ja selbst wohne, willkommen zu heißen. Nach der Audienz beim Kaiser wurde das Präsidium von der Kaiserin empfangen, die ibrem Interesse an den persönlichen Verhältnissen der Herren Ausdruck gab. * König Wilhelm von Württemberg vollendet am heutigen Tage sein 59. Lebensjahr. Aus diesem Anlaß finden, wie uns ein Privattelegramm auS Stuttgart meldet, die üblichen Festlichkeiten statt. Die Straßen nagen reichen Flaggen schmuck. Eine Sonderausgabe des Staaisanzeiger gibt zahl reiche Äusteichnungen belannt, wobei die neuen Minister Krieg-Minister, Iusti,Minister und Kultusminister das G-oß- kreuz de» Friedlichorden- erhielten. Hoflapellmeifter Pohlig 161. Jahrgang. wieder erreichen. „Stosch', da» im Mittelmerr war und jetzt in Ferrol liegt, erhielt Befehl, nach Vliisingea zu gehen. Die ebenfalls auS dem Mittelmeer heimkehrende „Charlotte" geht von Villagarcia an der Westlüste Spaniens nach Rotter dam, und „Stein', da» die westindischen Gewässer besuch«?, geht von Horta auf den Azoren nach Nieuwedig. Die deutschen Kriegsschiffe kehren au- den niederländischen Häfen immer mit den freundlichsten Eindrücken heim, fo daß vie Schiffsbesatzungen gerne dort verweilen. Da- Eintreffen der Schiffe in Kiel erfolgt in den Tagen vom 16. bi- 20. März. * * Sin Referendum Da« St. Galler Volk hat da» neue Gesetz über die Einführung der obligatorischen Vithversiche- ruog verworfen. * Die Freimaurer i« italienischen vfftzierkarps. Auf sehen erregt eine Meldung dr» Blattes „Vita', daß der GeneralstadSchef entschlossen ist, ein Rundschreiben an die KorpSkommandeure zu richten mit dem Ersuchen, die Zahl ver Freimaurer unter den Offizieren jede« Korps festzustellen. * Die Volksbewegung tu Kalabrien. Die Aufregung in Kalabrien über die Erhebung der Grundsteuer dauert fort. In Fiolitta griff das Volk die Wohnung de- Steueibeamtea an und steckte sie in Braud, wodurch sämtliche Akten ver nichtet wurden. * Die Hungerer alle frei! DaS OberlandeSgericht Lem berg bat betchlossen, die fünf von den ruthenischen Studenten, deren Freilassung zuerst nicht bewilligt wurde, gegen Sicher« beitösteüung ebenfalls freizulassen. Die Burgschastssumme von zusammen 30 000 Kronen ist gestern nachmittag erlegt worden und danach die Freilassung aller Verhafteten erfolgt. — Nach amtlicher Mitteilung sind bei den Verhafteten keine Erkrankungen vorgekommeu; bei einigen wurden leicht« Störungen in Puls und Temperatur sestgestellt. * Fürstin Milena van Manteaegra muß sich iu Ro« einer Nieren-Operation unterziehen. * Die Bomben bet Witte. Einige Petersburger Zeitungen halten behauptet, bei drr gerichtlichen Untersuchung hätte sich die Unschädlichkeit der jüngst im Hause de- Grafen Witte entdeckten Höllenmaschinen ergeben. Die „Pet. Telrgr.-Ageat.' ist zu der Erklärung ermächtigt, die am 21. Februar durch gerichtliche Sachverständig« voigenommrne Untersuchung habe festgestellt, daß jede Höllenmaschine bis zu 3>/, Piunv Explo sivstoff von gewaltiger Kraft enthielt und die Explosion zweifel los infolge von Erwärmung oder Erschütterung Kälte erfolgen müssen. Durch die Uhrwerke, mit denen die Höllenmaschine ausgerüstet waren, konnte die Explosion nicht berbeigeführt werden, denn ihr Mechanismus war ungeschickt zusammengesetzt. Wäre die Explosion erfolgt, so wäre ein Teil de» Hauses mit der Hausmauer zerstört worden. * Zustände in Lab;. Zwei Lodzer Fabriken wurde» von etwa 30 bewaffneten Perionen überfallen. E» gelang den Tätern zu entkommen, nachdem sie bedeutende Summen geraubt und den Sohn eine» Fabrikbesitzers tödlich ver wundet hatten. Feuilleton. Leckllrfen retgt dem kAen schon /Aen schon sn. Der nicht decksrf, letrt von dem l-eden fern, üeopollt SMetrr tüeiendeevler». Alles, was ckem Leckürfni, ühnllch ist, hat ckls iülgentllmttchlleit, ckast man es viel rvenlger geniest», venn man es hat, als es schmerrt, wenn man es ent- wlldelm von tzumdolö». vie TLtigstea cker kAenscheu waren siet» ckle untre- ckllrftigsteo. NerSer. Berliner Theater. (..Mieze und Maria". Komödie von Georg Hirschfeld. Uraufführung im Lefsing-Theater am 23. Februar 1907.) Man hat „Mieze und Naria", die neue Hirschfeldsch« Komödie im Lefsing-Thcater mehr als freundlich begrüßt. Für den Merten Aufzug bereiteten ein paar Enthusiasten, die offenbar vor jeder Berliner Premiere die letzten Ziele deS Dramas erhoffen, wieder einig« Zischakkorde vor: aber was besagt dies in all der Turbulenz des Theaterjahres 1907? Die Hausschlüssel fehlten. Herr Brahm, der Hauptmanns vier Jungfern getrost wieder »ach ihrem Bischofsbere, ziehen ließ, Herr Brahm, her sich fortan auch ,n Sudermann» Blumenboot nicht allzu häufig mehr wird schaukeln müssen, durfte lächelnd alle Spielplanjchwierigkeiten der Lenzmonde leugnen und Herr Georg Hirichfeld, vorsichtig verborgen im ersten Teil des Abends, konnte sich ausmalen, daß nur der Neid die Zischer drängte. Sie gehören schon Heuer dazu. Sie Vahren die Sensationen der Theaterfchlacht. Gibt es keine Schlacht, gibt es wenigstens ein Geplänkel. Und sie wären diesmal auch dagewesen, hätte der I.tzte Aufzilq der Gesell'chastskomödie auch richt hinter den drei Vorläufern zurückstehen müssen. Eine Gesellichaftskomödie. Sie spielt in Berlin O gegen ^iV. Oder besser: den Gästen, die aus Berlin VV, aus dem Grünewald, zu Herrn Brahm ins Theater kommen, wird «in Ebenbild gezeigt, das sie entrüstet beklatschen, wenn sich dagegen di« Natürlichkeit, die Gesundheit, die Frische abhebt, di« in 0 oder X oder Pankow wohnt. Herr Doktor Wendelin Weisach ist «in Atzschet. Die stilisierten Räume seiner Billa durchmißt er i-m Awzug von hellgrau schillern-oem Samt, kein störender Laut von außen dringt je ,n diese abgetönte Still«, di« Marmorstatuetten, die stummen Büsten «n den Nischen verliefen noch „das ^owebe seiner Stimmung". Er ist ein Herrenmensch, dessen Geist sich längst das eigen« Leben gestaltete, selbst Sibylle, seine Frau, hat er gelehrt, wie man physisch« Wünsch« durch Geist btfri«dlg«n kau«. Lerr Wen« delin ist sehr fleißig, Herr "Bendelin ist ein Künstler. Alle vierzehn Tage führt er «ine ganze Sette seiner Vasenkund« dem Abschluß entgegen, er liebt die Schönheit der Hellenen und komponiert dorische Melodien. Droht ibm das Gleich maß seiner Seele zu entfliehen, genügt das ÄralSmotio, da- Gleichmaß wieder zu gewinnen. Er ist nervös, kann selbst des HomseS Dienerichast nicht mehr um sich sehen und er finde» sich einen stilisierten Pchtkasten, der lautlos alle Briefe in seinen Salon befördert. Wenn sie nicht von Leonie sind, deren Künstlerschaft er gerade heimlich woh entdeckt hat, deren Künstlerschaft er zu ungeahnten Triumphen verhelfen wird, liest er sie nicht, läßt sich st« höchstens durch den Grafen Puzzuoli-Gamsburg, seinen Freund, vorlesen, der häufig zu Besuch weilt. Es ist fatal, daß dieser österreichisch« Gras eines Tages just auch ein Schrtiben vorliest, worin die Tischlermeisterin Hempel wegen der Mieze wieder einmal um Unterstützung bittet. Von acht Göhren, die in Pankow Hau sen, war Mieze das erste» Herr Wendelin ist der Papa. Der gute Graf beklagt Sibylle, der arme Wendelin beklagt sich lelbst. Mieze ist vierzehn fahre alt: „Du kannst daraus ersehen, wi« sehr ich schon damals unglücklich war." Frau- lein Illegitim ward geboren im zweiten Jahre seiner legi timen We. In Pankow sind die Leute roh. Sie betteln «inen ästhetischen Grunewalddoktor nicht bloß an, sie schieben Mieze logar selbst in die Villa, das Geld zu holen. Da hat Frau Sibvlle ein Erlebnis. Zwar weiß sie nichts von Frau Hempels Brief, aber sie sand das Göhr in Wendelins Herkunft, läßt sich die selbst kein Kind gebar, Mieze in der Villa im Grünewald. Sie muß von jetzt ab Maria heißen. Muß Schulze und Krause, mit denen sie sich in Pankow umtrieb, schnell ver- gessen, griechische Tänze und französisch« Vokabeln lernen. Gibt Doktor Wendelin, dessen Nerven ganz entschieden gegen solchen Familienzuwachs protestierten, protestierten schon um der Gesellschaft willen, gibt er ckli'o Sibyllens Laune schon nach, soll wenigstens die» nördliche Milieu raich vergessen fein. Und das Kind schlüpft in ein weißes Kleidchen, schlüpft in zwei AtlaSschuhe, weiße Strümpfe, tanzt griechisch und lernt Französisch. Erst geht'». Maria- Schwester, „det Aas', wie Mieze, die unausrottbare meint, würde blaß vor Neid, sähe sie all die schönen Sachen, mit denen Maria überhäuft wird. Sibylle ist gütig. Hat nicht allein dem Gatten ver ziehen, hat alle mütterliche Zärtlichkeit schon auf daS fremde Kind übertragen. Aber der Mann im Samtjackett wird stets nervöser. Noch nach zwei Tagen hat Maria die Miez« nicht vergessen, noch nach zwei Tagen wiederholt sie es ganz ungeniert: „det Aas' . . . Verspottet höchst ungeniert „den dicken Breuer', den Sachsen, ''er eS daraufhin vorzieht, sein Französisch weiter an seiner höheren Töchterschule zu dozi«. ren, selbst Herr Tiburtius, der Klavierlehrer, der des Kin de» Wesen ckhnt, verschmäht'», ihm Unterricht zu geben. Herr Wendelin versucht'» mit Strenge. Schlägt zwar das Kittd nicht, doch auch jein« ästhetische Strenge ist bitter genug, da» Kind die Fremde fülsten zu lassen. Und Mieze entläuft, zurück mA Pankow. Frau ->emp«l bringt die Kleine «i«der, aber in, Sibylle hat sich noch jenem ersten Erlebnis noch ein EreiqniH vollzogen So gerührt war Herr Wendelin durch s«m«r Gattin EngelZgüte, daß alt« Lieb« jählings «« «npor- „Atrium" warten, sie ahnt deS Kindes Ahnung bestätigen und behält, da sie glomm, daß jetzt Sibylle selbst noch Mutter wird. Somit lst Näieze überflüffig. Somit ist die ganze Sache eigentlich er ledigt. Somit kann Maria aanz vergnügt wieder Miez« heißen, kann weiter draußen in Pankow bleiben. Natürlich wird man für sie sorgen, natürlich wird man nobel für sie sorgen. Frau Sibylle bekommt letzt selbst ein Kind. Man hofst, daß es dem Aestheten die Nerven nicht weiter irritieren werde. Hirschfelds Komödie gelang vielleicht deshalb recht glück lich, weil sie keine Komödie ''r Situationen ist. Sie schafft eine einzige Situation, die öglich ist, sogar wahrscheinlich, und läßt dann darin die Charaktere sich entwickeln. Er schickt Mieze zu Wendelin in« Haus-, wie sein« Bewohner damit sich ahfinden, ergibt das Stück. Ein bei aller Kultur be schränkter Egoist wird gezeigt. Seine Selbstsucht spiegelt sich in hundert Nüancen, seine Art schasst selber alle Kompli- lationcn, löst selbst alle wieder auf. Die Studie ist voll Fein- heit. Und eine Frau wird gezeigt, beherrscht von ihrer Mutterschnsucht, nur von dieser: )er eine Instinkt entwickelt auch ihre Physiognomie. A"ch das Wesen Miezes bestimmt keine Situation, das veränderte Milieu läßt da frische, kecke Volksmädel, seine Trauer, sein Unglück in der Fremde nur deutlicher erkennen. Auch die Episodisten, die der Komödie — der gutmütige, nur etwas dumme Aristokrat, der sächsische Oberlehrer, der Jude Lindigkeit, die Hempels — als Folie dienen sollen, sind klar und gut gezeichnet, obgleich sie manch- mal — stören. Sic stören, riewohl sie warm und lebens, wahr als Menschen über die Bühne schreiten, denn sie sind, vor allem der Jude Lindigkeit, fast überflüssig. Und sicher lich danken sie ihr selbstbewußtes Dasein nur dem jungen Georg Hirschfeld, der des Dramas Technik nicht beherrscht. Man könnte selbst, zumal sie kurz sind, die Monologe noch passieren lassen. Man könnte auch übersehen, daß es t-h- nisch ungeschickt ist, Mieze unmittelbar nach dem Brief« ein treten zu lassen, den die Mutter an Wendelin schrieb. Und man kann sogar glauben, daß es wahrhafter Komödienzusall ist, wenn Wendelin sich just diesen Brief vom gräflichen Freunde vorlesen läßt. Unmöglich indes bleibt aus alle Falle die große Szene des letzten AkteS, die sogenannte große Ab- rechnung, die Lindigkeit, der Sekretär, mtt seinem Brotherrn Wendelin als Thvu» bestimmter Gesellschaft hält, eine endlos breite Szene, wie sie auf unglaubwürdige Art Lindigkeit schon am Ende des dritten AkteS im Gespräch« mit Miez» herbei führte, eine bühnenwidrige, höchst gefährliche Szene, die zweifellos des ganzen Werkes Erfolg in eine Niederlage hätte wandeln können, wär« sie nicht von Herrn Brahm» Regietalent gemildert worden. Die Figuren konnten hier nicht besser verteilt, daS Kon. versationSbild konnte nicht besser ausgebentt sein. Ueberdirs half Herrn Hirschfeld fast jeder der Darsteller: Herr Basser- mann als Wendelin Weiwch durch sein gewinnende», stet- nur aus sich bedachtes, höchst komische» Aesthetenttnn, Fräu- lein Orloff durch ein« Mieze, ^i« man in Sprache und Aus druck natürlicher auch in Pankow nicht gesunden hätte. Frei- lick ist Frau Else Lehmann an Hcmvtmonn» Bäuerinnen besser gewöhnt, al» an Berliner Weltdamen, die im Grüne- wald eine Villa besitzen, aber sie fand sich ab und, wenn sie nicht ganz die Oberflächlichkeit des Kreises traf, entschSbigt« sie dort, wo sie iHv« Guttuütigsett »eigtt. Herr San«r nnl- derte Lindigkeit» Sentimentalität und Herr Piekelt, der Oberlehrer Breuer, sprach ein glänzende- Sächsisch. Nur Herr Forest gab den österreichiickrn Grasen etwa in txr An- la« eine» eleganten Wiener Fiakerkutscher», da er die Derb, heit de- Dialekte» übertrieb. Auch er hätte die BedcutungS- losiakeit dieser Epiiodisten^ür die Komödie irgendwie mildern müssen, die Hirschfelds äußere Ungelenköeit schon dadurch verrieten, daß sie zu Miezes Dialekt noch zwei andere au- verbrauchten Ejfektgründen beifügten. Xurl I'r. I?o«Llc. * LI« bayerischer velk-biclrter. Zu Maximilian Schmidts 75. Geburtstag. Wenn man ihn so durch die Straßen Münchens wan deln sielst, in aufrechter, fast militärischer Haltung, das rote frische Gesicht umrahmt von einem breiten, weißen Vollbart und um die Stirne die weißen Locken und über den Augen die buschigen Brauen, dann denkt man gar nicht daran, einen Siebziger vor sich zu haben. Und doch sind es am 25. Februar genau 75. Jahre, daß unser Bolksdichter Maximilian Schmidt do droben im bayerischen Wald, in dem kleinen Marktflecken Eschlkam das Licht der Welt erblickte. Sein Vater war dort Zollbeamter, eine damals gerade auf diesem Posten sehr wichtige Persönlichkeit, denn vie Hauptstraße mit ihrem großartigen Giiierverkchr ton Böhmen nach dem Reich führte über Eschlkam. In diesem prächtigen Tal der Chamb, inmitten einer urwüchsigen Be völkerung, wuchs der junge Schmidt auf, und hier wurde der Keim zu dem gelegt, was Maximilian Schmidt geworden ist, ein echter Bolksdichter. Bei einem so empfäng lichen Gemüt, wie dieser Knabe es besaß, sind die ersten Eindrücke stets die bleibenden, sogar vielleicht die bestim menden für die ganze spätere Entwicklung. Und das in um so höherem Matze, wenn eine f.-in empsindeuoe. hoch gebildete Mutter, wie sie Schmidt gleich Goethe zu besitzen das Glück hatte, den poetischen Sinn des Kindes tür all die Naturschönheiten, an denen seine Heimat so reich ist, und für oll die Eigenart seiner Bewohner anzuregen und zu inter essieren weiß. Alles, waS er im Elternhaus erlebte, alles, was sich auS seiner goldenen Jugendzeit vielleicht unbewußt in sein Herz eingeprägt batte, das bildete später ben tiefen Born, aus dem seine lebenSwarme, humorvolle und vom Glauben an die Schönheit der Natur ganz erfüllte Kunst schöpfte. AlleS das aber, was zwischen dieser heiligen Zeit der poetischen Empfängnis bis zu jener Epoche, wo Maximilian Schmidt als ZOjuhriger Offizier zum erstenmal mit Erzählungen an die Oeffentlichkeit trat, war mehr oder weniger nur eine UeberyangSperivde, eine Periode des Irrens, Suchens und AuSreifrnS, die jebeS Talent nötig bat, um das zu werden, tva» ihm zu werden vom Ansana an bestimmt >oar. Ein ko reimeS Innenleben, eine so lebhafte Phantasie und eine io natürliche GestaltunpSgabe, wie sie Maximilian Schmidt besaß, mußte sich an ine Oberfläche drängen und nach Be- 'tätigung ringen, mochte der rein äußerliche Lebenslauf auch dieser Betätigung geradezu hinderliche Wege sührra. Es ist übrigen» interessaitt, zu beobachten, wie die Wende punkte im Leben unseres Dichter- mit den Wendepunkten in d«r Geschichte seine» eigenen Heimatlandes Bayern zu-
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