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Montag, 3. Juli IS«. Diese» Blatt «rschemt täglich Abend« und ist durch alle Post, anllalten de« Zn- und Au«lande« j« beziehen. Dresdner Journal. Preis fär v«s Vierteljahr I'ä Thlr. 3nsertion«gebäh» re» für de« Rai« einer gespaltene» Zeile S Vf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für daS Abends erscheinende Blatt werden bis 12 Uhr Mittag- angenommen. Inhalt. Die Abstimmung der zweiten Kammer über das Zwrikammrrsistem. — Verhandlungen der Stadtverordneten in Dresden. — Lagetgeschichte: Dresden: Zuschrift an das StaatSministerium elfte; Sitzung der ersten Kammer; die sächsisch, b-hmische Sisenbahn. Berti». Frankfurt. Aarau. Paris. — Wissenschaft und Kunst: Hostheater: „die ZauberflLtr." Vorstellungen in der ägyptischen Zauberei »ob Magie von Bosco. — Feuilleton. — Siagrsendetes. — Geschäfts! al en der.—Ortskat en der.—Angekommene Reifende. Bekanntmachung. Das „Dresdner Journal" hat mit dem 1. Juli sein zweites Vierteljahr und ein neues Abonnement begonnen. Daffelbe wird, durch die fortwährend sich steigernde Theilnahme des Publikums ermuntert, auch ferner im Geiste des entschiedenen Fortschritts die Fragen der Zeit erörtern und die Ereignisse des Tages in übersichtlicher Darstellung zur,Kenntniß seiner Leser bringen, wobei die Redakzion durch einen großen Kreis von Mitarbeitern in Sachsen und den Hauptstädten Deutschlands kräftigst unterstützt wird. Neben den allgemeinen Interessen des gesammten deutschen Vaterlandes wird das Dresdner Journal wie seither den Zuständen und Ereignissen Sachsens forran seine besondere Aufmerksamkeit widmen, und namentlich wichtige Verord nungen und Gesetze, die Verhandlungen des Landtags, Mittheilungen über die politischen Vereine, Kunstkritiken u. f. w. stets möglichst schnell zu veröffentlichen suchen. * Das Abonnement beträgt bei allen Postanstalten des In- und Auslandes 1^ Thaler vierteljährlich. Anzeigen aller Art finden unbeschränkte Aufnahme. Jnsertio nsgebühren: 8 Pf. kür die gespaltene Petit zeile oder deren Raum. Die Redakzion und Verlag-Handlung. Die Abstimmung der zweiten Kammer über das Aweikammerfistem. Die zweite Kammer hat sich für Aufrechterhaltung des Zwei- kammersistems in Sachsen ausgesprochen. Es ist unsere persön liche Ueberzeugung, daß sie dem Wunsche und den Erwartungender großen Mehrzahl im Volke damit nicht entsprochen hat. Die Zu kunft wird uns lehren, ob wir Recht haben. Was wir aber schon heute wissen, ist, daß die gleiche Ansicht in Vielen, sehr Vielen lebt, und daß sich alsbald au» den verschiedensten Theilen deS Landes her der Ruf erheben wird: seht, wie wenig die zweite Kammer der Ausdruck des Volkswillens ist. Wir sind, wie ge sagt, in dem vorliegenden Falle ganz dieser Meinung, und Nie mand kann mehr wie wir davon durchdrungen sein, daß die jetzige Art der Zusammensetzung der zweiten Kammer ungeeignet dazu macht, den Willen des Volkes darzustellen. Aber wir müssen vor Uebereilung warnen. Es ist, namentlich in einer Zeit, wie die unsrige, sehr verführerisch, aus einem Falle, wo sich die gesetzlichen Organe als unzureichend bewährt haben, die Nothwendigkeit herzu- tzeiten, mit diesen gesetzlichen Organen ganz zu brechen und auf völlig neuer Grundlage den Wiederaufbau zu beginnen. Denn Mir gedulden unS nicht gern und die heilige Scheu des gesetzlichen Sinnes ist ziemlich wankend in uns geworden. Wir fürchten, in Folge jener Abstimmung hier und dort den Ruf nach einer kon« sti tunenden Versammlung zu hören. Ueber die Bedeutung eines solchen RufeS kann kein Zweifel sein. Er hieße Sachsen in den Strudel der Revoluzion, dem eS Dank dem 17jährigen Vorsprung konstituzionever Bildung glück lich entronnen, zurückwerfen; er hieße dem erschütterten Wohl stände, dem stockenden Gewerbe den tödtlichen Schlag versetzen; er hieße uns den schönsten Ruhm entreißen, daß wir frei geworden sind ohne Blutvergießen. Ein solcher Ruf wäre ein Verbrechen. Denn wenn auch das Zweikammersistem eine Einrichtung ist, welche für unsere sächsischen Verhältnisse nicht paßt, so ist es doch keineswegs eine solche, welche unsere politische Entwickelung unbedingt vernichtet, und weil eS eine solche nicht ist, ist es auch auf gesetzlichem Wege zu beseitigen. Um Preßfreiheit, um daS Recht der freien Vereinigung darf man * eine Revoluzion machen, denn man kann nicht vorwärts, wenn man hier gebunden ist. Aber eine erste Kammer.' — Glaubt man wirklich, daß wir aufhören werden, freie Staatsbürger zu sein, wenn sie fortbesteht? Und kann sie wirklich fortbestehen, wenn das Volk nicht damit einverstanden ist? Wir haben Peti- zionsrecht, wir haben Preßfreiheit, wir haben das Recht der freien Bereinigung. Alle Mittel, das Volk über seine wahren Interessen aufzuklären und der Stimme des Volkes Gehör zu verschaffen, sind in unfern Händen. Damals, al- noch da- alte Ministerium am Ruder saß, als die Presse geknebelt, daS Versammlung-recht geleugnet, das Petizionsrecht verkümmert war, damals haben wir auf gesetzlichem Wege das heimliche und schriftliche Verfahren im