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Dresdner Journal : 06.07.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189607067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960706
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960706
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-07
- Tag 1896-07-06
-
Monat
1896-07
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 06.07.1896
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vei»»»ftr«t«. Für Dresden vierteljährüch L Mark »0 Ps, bei den Kaiser- lich deutschen Poftanstalten vierteljährlich 3 Mark; außer halb det Deutschen Reiche« Poft- und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf Grschetuen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Aernspr-Anschluß: Nr.lSftL. Dresdner M Journal. Ankündigun«s«tdührrn: Für den Raum einer gespal- tenen Zeile kleiner Schrift LV Pf Unter „Eingesandt" die Zeile bv Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Aufschlag. Herausgeber: «königliche Expedition de« Dresdner Journal« Dresden, Zwingerstr LV. Fernspr Anschluß: Nr I2S5. ^154 18S6. Montag, den 6. Juli, abends. Amtlicher Teil. Dresden, 5. Juli. Ihre K. und K. Hoheiten die F.rau Großherzogin von Toskana und die Erz herzogin Anna von Österreich sind gestern abend 6 Uhr 43 Min. hier tingetroffen und haben Sich in die Prinzliche Villa zu Wachwitz begeben. Dresden, 3. Juli. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Schrift- und Dekorations maler bei der Königlichen Porzellanmanufaktur Ernst Adolph Hummel in Meißen das Allgemeine Ehren zeichen zu verleihen. Bekanntmachung. Das Ministerium des Innern hat der Kranken- und Begräbnißkasfe „Fortschritt" ein geschriebene Hülfskasse zu Zwickau auf Grund des 2. Nachtrags vom 29. April dieses Jahres zu deren Statute vom l. Februar 1885 bescheinigt, daß sie, vorbehaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforderungen des 8 75 des Krankenversicherungs gesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 nach wie vor genügt. Dresden, am 2. Juli 1896. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel, vr. Roscher. Fischer. Bekanntmachung. Bei der in Gemäßheit von 8 3 Absatz 2 des Ge setzes vom 22. März 1888, die Regelung der Unfall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirth- schaftlichen Betrieben beschäftigten Personen auf Grund des Reichsgesetzes vom 5. Mai 1886 betreffend (Gesetz- und Verordnungsblatt 1888 Seite 67 fg ), im vorigen Monat erfolgten Neuwahl von zwei Vertretern der Gärtnereibetriebe und je eines Ersatzmannes sür die Genossenschaftsversammlung der land- und forstwirth- schaftlichen Berufsgenossenschaft für das Königreich Sachsen sind die Nachgenannten und zwar als erster Vertreter der HandelSgärtner Ernst Kaiser in Leipzig- Lindenau, — als zweiter Vertreter der Handelsgärtner Otto Jänich daselbst, als erster Ersatzmann der Handelsgärtner Hermann Michel in Zittau, als zweiter Ersatzmann der Handelsgärtner Ernst Gabriel in Pieschen gewählt worden, was gemäß 8 8 des WahlregulativS vom 17. Dezember 1889 (Dresdner Journal 1890 Nr. 9, Leipziger Zeitung Nr. 9) hiermit bekannt ge macht wird. Dresden, den 3. Juli 1896. Königliches Landes-Versicherungsamt. In Stellvertretung: Frauke. Hennig. nichtamtlicher Teil. Zu den Kammerwahlen in Belgien, welche gestern behufs Erneuerung der verfassungs mäßig in diesem Jahre erloschenen Hälfte der Abge- Lunst und Wissenschaft. Onkel Toms Hütte. Daß Bücher ihre Schicksale haben, ist längst Tertianer weisheit geworden, aber auch wenn es Sextanerweisheit würde, wäre es darum nicht weniger wahr Und zumeist gilt bei den wunderbaren Erlebnissen und abenteuerlichen GlückSwcchseln ehedem weitberühmter und nachher fast ver geßener Werke nicht bloß der zum geflügelten Wort ge wordene zweite Teil des alten lateinischen Spruches, son dern auch sein Anfang: Wie sie der Leser versteht, haben die Bücher ihre Schicksale (kro eaptu Isetoris babvnt su» tat» likslli)! Ein wechselvolles Geschick hat auch den erfolgreichsten SensationSroman unseres Jahrhunderts, den in Hunderttausenden, ja Millionen von Exemplaren ver breiteten Roman ,Finkel TomS Hütte" betroffen, an den jetzt, beim Tode seiner Verfasserin, alle die gemahnt werden, die ihn vor Jahrzehnten mit leidenschaftlichem Anteil ge lesen haben, während inzwischen ein Geschlecht heran- gemachsen ist, da« kaum noch den Namen eines Buches kennt, da« einen Platz nicht nur in der Litteraturgeschichte, sondern auch in der Weltgeschichte beanspruchen darf E» wird selten genug vorkommen, daß ein Buch eine so un geheure Wirkung auSübt, wie die« „Onkel TomS Hütte" gethan hat, und wenige Jahrzehnte nachher nur noch so vereinzelt und gleichsam zufällig zur Hand genommen wird, wie die« mit der gleichen Erzählung in den letzten Jahrzehnten der Fall gewesen ist. Als das Werk eben erschienen war, wiesen »hm die urteilsfähigsten Leser einen Ehrenplatz in der Reihe der großen Tendenzromane an T. B Macaulay, der groß« englische Geschichtschreiber, schrieb bald nach dem Erscheinen de« amerikanischen Roma« am 4 Oktober 1852 in sein Tagebuch: „Ich la« „Onkel Tom« Hütte"' zu Ende; ein gewaltige« und unangenehme« ordnetenmandate staltgesunden haben, wird uns ge schrieben: Diesmal gestaltete sich der Wahlgang zu einem erbitterten Kampfe nicht, wie seitdem, zwischen Kleri kalen und Liberalen, sondern zwischen den Anhängern der beiden klerikalen Fraktionen und den Sozialisten, oder, wie die Organe dieser beiden feindlichen Partei lager übereinstimmend versichern, zwischen der bestehen den Monarchie und der künftigen Republik Der Ausgang dieses Wahlkampfes ist daher nicht nur höchst wichtig zur Beurteilung der Lage der Tinge in Belgien, sondern auch außerordentlich belehrend für weitere Kreise und ganz besonders für uns Sachsen, denen die Sorge ob der Abwehr der den Staaten mit hochentwickelter Industrie drohenden sozialistischen Umsturzgefahr die Freude am öffentlichen Leben ver kümmert. Das Ergebnis der gestrigen Wahlen in Belgien dürfte zunächst die Herrschaft der klerikalen Partei in diesem Lande nicht in Frage stellen, da letztere auch nach einer vollen Niederlage ihrer Kandidaten in den großstädtischen Wahlbezirken noch über eine starke Mehrheit in der Drputiertenkammer verfügen wird, aber es wird zeigen, ob überhaupt, oder wenigstens in welchem Maße die bestehende gesellschaftliche und staatliche Ordnung in Staaten mit überwiegender Jndustriebevölkcrung durch das der Wahlordnung zu Grunde gelegte Pluralwahlrecht des solideren Teiles der Wähler gegen den Ansturm der Sozialdemokratie sicher gestellt oder geschützt werden kann. Die letzten allgemeinen Kammermahlen fanden in Belgien vor zwei Jahren statt, und zwar zum erstell- mal auf Grund des im Jahre 1894 von ven beiden Kammern beschlossenen und vom König Leopold ll. sanktionierten neuen Wahlgesetzes. Die Wahlen sielen damals für die klerikalen Schöpfer des Pluralwahl- systems günstig aus, schon weil die sozialdemokratische Partei ihre Organisation erst noch an die durch dieses Wahlgesetz geschaffene neue Lage anzupasfen hatte. Damals bekannten sich von den 152 gewähl ten Milgliedern der zweiten Kammer nicht weniger als 104 zu der klerikalen, 33 zu der sozialdemokra tischen und nur 15 zu der liberalen Partei. Einen verläßlichen Maßstab zu der Veranschlagung der anti sozialistischen Heilkraft des neuen Pluralwahlsystems hat dieser Ausgang der damaligen Wahlen aus den eben angeführten Gründen noch nicht ergeben. Seit dem hat die sozialdemokratische Partei in Belgien ihre Neuorganisation zu Zwecken eines erfolgreichen Wahlkampfes nahezu vollendet, auch haben ihre Ver treter in der zweiten Kammer sich redlich abgemüht, um in ihren Brandreden die unzufriedenen Gemüter gegen die staatliche Ordnung aufzuhetzen und für die künftige sozialistische Weltordnung zu entflammen. Außerordentlich beachtenswert ist es, daß diesmal die liberalen Wahlausschüsse nicht, wie bei den letzten Kammerwahlen, mit den sozialdemokratischen Wahl komitees vielfach gegen die Klerikalen, als ihre gemein samen Gegner Wahlbündnisse geschlossen, sondern aller orts den sozialdemokratischen Kandivaten entweder ihre eigenen Kandidaten entgegengestellt, oder aber ihren Ge sinnungsgenossen es freigestellt haben, sich entweder der Wahl zu enthalten, oder ihre Stimmen dem klerikalen Kandidaten zuzuwenden. Die Scheidung zwischen den Sozialdemokraten und den Liberalen, sowie die Annäherung zwischen Liberalen und Kleri kalen hat diesmal dem Wahlgang ein für die Ver fechter der bestehenden staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung erfreuliches Gepräge verliehen. Die gemein same Gefahr, die in der sozialistischen Umsturzbewegung liegt, hat nun endlich auch in Belgien die liberalen und konservativen Parteien zusammengebracht, um den Staat im Kampfe gegen die sozialistische Hochflut zu unterstützen. Hingegen hatte die konservativ-kaiholilche Fraktion in der klerikalen Partei einen harten Kampf mit dem zahlreichen Anhänge der katholischen Arbeiter partei zu bestehen, die in den großen Ardeiterzentren, wie Brüssel, Antwerpen, Brügge, Courtrai, Ostende und Löwen ihre eigenen Kandidaten ausgestellt hat und die von Bcernaert und Woeste empfohlenen Kandi daten in heftiger Weise bekämpft. Bei den Stich wahlen, deren AuSgang erst die zahlenmäßige Feststellung der gestern errungenen Wahlerfolge der ein zelnen Parteilagcr ermöglichen dürfte, werden wohl die beiden klerikalen Fraklionsiager, welche sich gestern gegenseitig bekämpft haben, gemeinsam vorgehen, wo sozialdemokratische Wahlsiege zu verhindern sein würden, und diese durch die gemeinsamen Gegner den verfeindeten klerikalen Brüdern aufgezwungene Eintracht wird wohl auch später noch in den parla mentarischen Kämpfen ihre Nachwirkung zu Gunsten der klerikalen Partei ausüben. Über die Ergebnisse der gestrigen Wahlen liegen zur Zeit noch keine endgiltigen Angaben vor. Die Klerikalen halten gestern 66 Abgeordnetenmandate, die Liberalen 10, die Sozialisten dagegen nur ein einziges ihnen bisher gehöriges Deputiertcnmandat zu verteidigen gehabt In Brüssel selbst waren 18, in Antwerpen 11 Mandate zu vergeben. Die konser vativen Klerikalen haben in allen 77 Wahlbezirken ihre eigenen Kandidaten ausgestellt, die Liberalen dagegen nur 46 und die Sozialdemokraten 43, von welchen 24 als gemeinsame Kandidaturen der Sozialdemokraten und der ihnen nahestehenden Radikalliberalen zu gelten habcn. Die demokratische oder sozialistische katholische Arbeit» rpartei versuchte es diesmal in 15 Wahlgängen ihre besonderen Kandidaten durch zubringen. Nach einem uns soeben zugegangenen Telegramm haben die Wahlen annähernd folgendes Resultat er geben: In Namur sind die ausgeschiedenen Radikalen und Liberalen wiedergewählt, ebenso in Dinant zwei Klerikale mit 3000 Stimmen Mehrheit gegen die vereinigten Liberalen und Sozialisten In Philippe- ville ist eine Stichwahl zwischen zwei Klerikalen einer seits und einem Liberalen sowie einem Sozialisten anderseits erforderlich. In Marche ist der Minister des Auswärtigen mit großer Mehrheit wiedergewählt worden. In Bastogne und Neufchüteau sind die Klerikalen wiedergewählt. In Arlon ist an die Stelle eines ausgeschiedenen Liberalen der Klerikale Graf Limburg getreten. In Virton ist dec ausgeschiedene Radikale Lorand wiedergewühlt. In Nivelles hat eine Stichwahl zwischen Klerikalen und Sozialisten stattzufindeii Es handelt sich hier um den Ersatz von drei ausgeschiedenen Liberalen und eines Kleri kalen. In Antwerpen ist die Wiederwahl der Kleri kalen schon im ersten Wahlgange gesichert. In Brüssel kam es zu einem erbitterten Wahlkampfe. Es hat eine Stichwahl zwischen 18 Klerikalen einerseits und 18 vereinigten Radikalen und Sozialisten anderseits stattzufinden. In Brüssel erhielten durchschnittlich die Klerikalen 88 000, die vereinigten Radikalen und Sozialisten 71500, die gemäßigten Liberalen 40500 Stimmen. Das definitive Ergebnis des Wahlausfalles dürfte hiernach hauptsächlich von dem Ausfälle der Stich wählen in Brüssel abhängen. Hier stehen sich 18 klerikale und 18 sozialistisch-radikale Bewerber gegen über. Der Ausfall zu Gunsten der einen oder anderen Partei hängt wesentlich von der Haltung der gemäßigten Liberalen ab. Sollten diese ihre stattliche Stimmen zahl auf die sozialistischen Kandidaten vereinigen, so würden die Sozialisten über den stattlichen Zuwachs von 18 neuen Mandaten verfügen und in der Kammer die bisherige Zweidrittelmehrheit der Klerikalen be seitigen. Dieser Ausfall gilt aber in Anbetracht der bisherigen antisozialistischen Haltung der gemäßigten Buch; zu düster und Spagnoletto ähnlich für meinen Geschmack, wenn man es als Kunstwerk betrachtet. Im ganzen ist es aber doch der wertvollste Zusatz, welchen Amerika für die englische Litteratur geliefert hat." Und ähnlich, oft mit Widerstreben anerkennend, aber immer hochanerkennend lauteten eine Reihe gleichgewichtiger Urteile. Nirgends setzte man zur Zeit des Erscheinens voraus, daß der gesellschaftliche Zustand der amerikanischen Sklaven- staaten, die Basis, auf der sich Erfindung und Gestaltung des Romans der Frau Harriet Beecher-Stowe erhob, anderthalb Jahrzehnt nach dem Hervortreten des Werkes infolge eines ungeheuren Bürgerkrieges völlig umgewandelt sein würde. Und doch hätte man an den Wirkungen von „Onkel Toms Hütte" selbst, am leidenschaftlichen Enthu siasmus, den der Roman im Norden, an dem wider willigen Ingrimm, den er im Süden der großen Union weckte, vorauSahncn können, daß dies Werk der Phantasie einen weltgeschichtlichen Sturm entfesseln helfe, daß aber sein absoluter Kunstwert über diese Bedeutung sür den Augenblick hinaus ein merkwürdig geringfügiger sei. Die innere Macht des Buches beruhte eben auf dem Pathos der Sklavenbefreiung, wa« sonst von Leben und Gefühl in „Onkel TomS Hütte" vorhanden war, überdauerte wohl die Revolution, deren Sturmvogel ver Roman abgegeben hatte, übte aber nicht den tausendsten Teil des Zaubers von ehedem noch aus Man hatte gleichsam den Roman mit einem Auge gelesen Soweit er eine nationale Schmach zur lebendigsten Anschauung brachte, hatte er fortgerissen und überzeugt. Soweit er versuchte christliche Bruder liebe für die Neger anzuregen, wirkte er nur auf einzelne. Al« die Sklaven frei waren, trat der Rassen widerwille wieder in sein Recht und jetzt begannen auch die über Onkel TomS Apostel- und Märtyrertum zu lächeln, die mit den Waffen dafür gestritten hatten, daß da« Schicksal de« braven Schwarzen nicht wiederkehren könne. Tie Bedeutung de« Roman« für seine Zeit, seine historische Beoeutung hat H v. d. Holst in seiner großen „Verfassungsgeschichte der Vereinigten Staaten von Amerika seit der Administration Jacksons" (Band 3, Kapitel 5) einsichtig und treffend charakterisiert; er mißt, obschon er weiß, daß „eine plötzliche Bekehrung über das Vermögen des Dichters hinausgeht", dem Buche der Frau Beecher- Stowe einen großen Anteil an der Sklavenbefreiung zu, wenn er sagt: „Auf den Tribünen, auf den Kanzeln, in den Redaktionsstuben der Zeitungen hatte seit zwei Jahr zehnten mancher furchtlose Mann mit starkem Arm den Strang der Sturmglocke gezogen und zu Zeiten hatten die schrillen Klänge so mächtig das Land durchhallt, daß die Fundamente der Republik zu erbeben schienen Und doch war es immer nur eine kleine Minderheit gewesen, bei der die Weck- und Mahnrufe von dem Gehirn in das innerste Herz hinabgedrungen waren Jetzt zauberte ein warmes weibliches Gemüt mit geschickter Feder einige Phantasiegestalten aufs Papier, und Tausende und Hundert tausende, die den scharfsinnigsten verfassungsrechtlichen De duktionen nur ein halbe« Ohr geliehen und sich vor dem dringlichsten Appell an ihre republikanische Freiheitsliebe, ihr menschliche« Fühlen und ihre christliche Barmherzigkeit nur zu bereitwillig hinter irgend einen Rechtssatz zurück gezogen hatten, der ihnen in gutem oder schlechtem Glauben von den Politikern al« Zufluchtsstätte geboten wurde, waren tief erschüttert und senkten ihre Häupter in Scham ES gereicht der menschlichen Natur gewiß nicht gerade zur Ehre, daß große soziale Reformen bisweilen durch einen Roman wirksamer gefördert worden sind als durch Hun derte der gewichtigsten staatsmännischen Reden Allein man würde doch gar sehr irren, wenn man annchmen wollte, daß in diesen Fällen durch Kitzeln der Phantasie und de« Gefühl« wie spielend erzielt worden sei, wa« dem vernünftigen Denken und dem sittlichen Erkennen trotz aller Anstrengung nicht hat abgerungen werden können Wo der Staatsmann, Moralist und Philantrop nicht in Liberalen sür unwahrscheinlich Somit ist die Er wartung nicht ungerechtfertigt, daß in Brüssel die klerikalen Kandidaten gewählt werden. In diesem Falle würde aber die bisherige Zusammensetzung der Repräsentantenkammer durch die jetzigen Wahlen nur unwesentlich verändert werden. Lagesgeschichte. Dresden, 6. Juli. Se. Majestät der König, Ihre König!. Hoheiten die Prinzen und Prin zessinnen des König!. Hauses, sowie Ihre Kaiser!, und König! Hoheiten die Frau Groß herzogin von Toscana und Erzherzogin Anna von Oesterreich besuchten gestern nachmittag das Volkstrachtenfest in der Ausstellung des Sächsischen Handwerks und Kunstgewerbes. Um 5 Uhr vereinigten Sich die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften zur Familientafel in der König!. Villa Strehlen. — Se Majestät derKönig kamen heute vormittag von Pillnitz ins König! Residenzschloß, nahmen die Vorträge der Herren Staatsminister, sowie militärische Meldungen entgegen, erteilten Audienzen an eine große Anzahl Herren vom Zivil und kehrten nach mittags nach Pillnitz zurück. — Den Kammerherrndienst bei Sr. Majestät dem König hat auf die Zeit vom 5. bis mit 18. d. Mls. der König!. Kammerhecr Graf v. Einsiedel-Milkel übernommen. Deutsches Reich. * Berlin. Die Jacht „Hohenzollern", welche die Nacht über bei Kopervik vor Anker gelegen hatte, ist am Sonn abend nachmittag um 3 Uhr bei Sundal im Mauranger- Fjord eingetroffen. Kurz nach dem Eintreffen gingen Se. Majestät der Kaiser mit Gefolge an Land und machten einen zweistündigen Spaziergang nach dem BondhuS- Gletschcr Unmittelbar nach der Rückkehr Sr Majestät an Bord, gegen 6 Uhr, wurde die Reise nach Odde fort gesetzt, wo die „Hohenzollern" um 9 Uhr 45 Minuten vor Anker ging. Vor Odde unternahmen Se. Majestät der Kaiser gestern früh einen Spaziergang an Land und hielten dann um 10 Uhr den Gottesdienst ab Nach mittags erledigten Se Majestät die mit dem Kourier ein gegangenen Sachen. — Die von den Mitgliedern der Institution ok Uritisd ^avnl Arekitsots während ihrer Anwesen heit in Deutschland empfangenen Eindrücke müssen — wie den „Hamburger Nachrichten" geschrieben wird — recht bedeutsamer Art gewesen sein, da sie jenseits des Kanals zu lebhaften Auseinandersetzungen in den Kreisen der Fachmänner geführt haben und auch die öffentliche Meinung mit gespannter Aufmerksamkeit Urteile der aus Deutschland zurückgekehrlcn Schiffsbauingenieure über die Leistungsfähigkeit des deutschen Schiffbaus beachtet Unter den Fachautoritüten herrscht nur eine Stimme über den raschen Aufschwung der deutschen Schiffsbauindustrie und über deren erfolgreichen Wettbewerb auch in solchen Kon struktionen, welche der englische Schiffsbau als Spezialität zu betrachten sich gewöhnt hatte. Die Besichtigung deutscher Wersten, Maschinenwerkstätten, elektrotechnischer Fabriken, Handfeuerwaffen-Etablissements rc. erregte in den englischen Gästen das Gesühl der Bewunderung, untermischt mit Beklemmungen, wenn sie einen Vergleich der deutschen mit den heimischen Verhältnissen anstellten Diejenigen Jnstitutsmitglieder, welche sich er innerten, wie bedächtig, ja fast zaghaft vor 15 oder 20 Jahren der Bau eiserner Schiffe von den Werften an der Elbe betrieben wurde, standen völlig überrascht bei dem Anblick des dort jetzt pulsierenden Lebens Der Anstalt von Blohm u Voß in Hamburg insbesondere wird in der Fachpresse Englands das Zeugnis ausgestellt, daß eS böchstwahrlckeinlick daS vollendetste Werk seiner Art auf langer, harter Arbeit ven Acker bestellt haben, da wcrd der Zauberstab des Novellisten nie ein solches Wunder wirken. Er schlägt doch nur die reife Frucht von dem Baume herunter, den der Schweiß jener aus dem Samen hervorgezogen hat. — — „Onkel Toms Hütte" machte einen so überwältigenden Eindruck, weil die Dichtung volle Wahrheit war Der Süden bestreitet diese Behauptung bis auf den heutigen Tag mit großer Bitterkeit und unstreitig mit bestem Recht, wenn sie dahin gedeutet wird, daß die Erzählung ein Spiegelbild des Lebens ist, zu dem die große Masse der Sklaven verurteilt war — Die Greuel, von denen in ,Onkel Toms Hütte" berichtet wird, konnten alle unter dem Schutze der Gesetze an den Sklaven verübt werden, und es geschah keineswegs selten, wenngleich die ungeheure Mehrzahl der Sklaven in der Regel so gehalten wurde, daß eü gar nicht so sehr zu verwundern war, wenn diese erwachsenen Kinder, die nur dem Augenblick lebten, abends bei Tanz und Spiel heiter und selvst ausgelassen waren. Daß die Gesetze solche Greuel sanktionierten und daß es Hinreichle die Änzeigespalten eines Jahrganges einer größeren südlichen Zeitung zu durchblättern, um das urkundliche Material zusammenzutragcn, das sich zu einer solchen Er zählung zusammenspinnen ließ, reichte aber vollkommen hin, um da« System zu brandmarken, die „besondere Institution" als einen Fluch und einen surchtbaren Flecken auf der Zivilisation des 19 Jahrhundert« zu erkennen In diesem Sinne war die Dichtung volle Wahrheit und das war es, was die Leser aus ihr herauslasen Und da« war e«, was das Buch auf beiden Seiten des Ozean« in kürzester Frist eine Verbreitung finden ließ, die in der Geschichte der Litteratur aller Völker nahezu beispiello« dasteht" v d. Holst hätte dieser Charakteristik noch hinzufügen dürfen, daß da« Festhalten an der Wahrheit der Dinge die Wirkung de« Buche« gewaltig gesteigert hatte ,Onkel
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