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WWMOW Anzeiger Tageblatt für Kohenstein-Emstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg. Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Lrgan kür Politik, Lokalgeschichte und Geschäftsverkehr, sowie kür amtliche Nachrichten. Der „Hohenstein-Lrnsttßaler Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages, vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus Mk. 1.50, bei Abholung in der Geschäfts- ^ale Mk. 1.2b, durch die fost bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.b0. Einzelne Nummern 10 vfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austl äger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriefträger entgegen. 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Kämpfe um die konkreten Existenz-Bedürfniffe der kN verschiedenen Berufsstände im Vordergründe. bauen müssen wird durch die Verhältniswahl den in der Mittel öfftntlichen Leben betätigen, sondern aus Gründen der allgemeinen Wohlfahrt. Das positive Recht ist nun einmal der Ausdruck deS Willens der Mehrheit in den Parlamenten, und das Endziel des Mittelstandes, eine Rechts-Entwickelung herbei- zuführen, die den Massen deS Volkes den Aufstieg zu mäßigem Wohlstand sichert, kann nur dann er« reicht werden, wenn der Mittelstand selbst auf die Zusammensetzung der gesetzgebenden Körperschaften einen starken Einfluß gewinnt. Die Jndividual-Verteetung, die in ihrer jetzigen Form auf die alten politischen Parteien zugeschnitten ist, bietet allen diesen neuen Strömungen, die an scheinend bestimmt sind, in hervorragender Weise zur Gesundung unserer kranken sozialen und wirt- schaftlichen Verhältnisse beizutragen, nur in ganz die beteiligten Berufsstände von der unberufenen geringem Maße die Möglichkeit, durch eigene Ver- Einmischung der politischen Parteien befreit bleiben, treter in den Gang der Gesetzgebung einzugreifen. Lähmend auf die gesunde Weiter-Entwickelung Unter dieser Einflußlostgkeit wichtiger Interessen unserer Verhältnisse wirken die politischen Parteien hat zweifellos daS ganze Staatswesen zu leiden. i haben seit jeher durch ihre Streitereien um abstrakte Prinzipien und Doktrinen den Partei-Hader in daS ! Volk getragen und auSeinandergerifleu, waS von Natur auS zusammen gehört. Wenn durch da- neue Wahlrecht der Parteilärm etwas gedämpft werden sollte, so wäre dieS ein hoch zu veran schlagender Gewinn. Die Vorschläge der Regierung besitzen einige Mängel, die bei vorhandenem guten Willen leicht abzustellen sind. So ist darauf zu achten, daß die persönlichen Beziehungen deS Abgeordneten zu seinem Wahlkreise aufrecht erhalten bleiben. Ferner erscheint die Zahl der Abgeordneten, die auS der Verhältniswahl hervorgehen sollen, zu klein. ES ist deshalb zu erwägen, ob die Zahl der Abge ordneten an sich nicht zu erhöhen ist und ob man nicht vielleicht 48 Volksvertreter auS der Verhält niswahl hervorgehen läßt. Weit würden nach dem Regierungs-Vorschlage die ländlichen Wahl kreise mit ihren geringeren Wählerziffern sicher den Großstädten gegenüber schlecht wegkommen. Hier bedars es noch anderer Grundlagen. Endlich muß der städtische Mittelstand ver langen, daß auch jenen Gewerbetreibenden, die zwar weniger als 1600 Mark Jahreseinkommen haben, aber zur Gewerbekammer wahlberechtigt Dieser von Grund aus veränderten Sachlage sind die historisch gewordenen politischen Parteien in keiner Beziehung mehr gewachsen. Entstanden in einer Zeit, in der alles Trachten fast ausschließ lich darauf gerichtet war, die rein politische Stel lung der einzelnen Personen im Staate zu regeln, können sie sich noch nicht in die Tatsache finden, daß in der Gegenwart alles so ganz anders ge worden ist. Dort, wo widerstreitende reale Berufs. Interessen nach einem Ausgleich streben, suchen sie den völlig nutzlosen, nicht dazu gehörigen Streit um politische Prinzipien hineinzutragen. Dadurch verdunkeln und verwirren sie meist den Sachver halt, der ganz klar und einfach erscheint, solange ursacht werden. Sie müssen sich deshalb in einem großen Verbände wie die Mittelstands-Vereinigung zusammenschließen, um sich das neue Wahlrecht nutzbar zu machen. Im anderen Falle würde nicht nur ein großer Geldaufwand zwecklos vertan sein, sondern viele Gruppen würden überdies noch die Erfahrung machen, daß ihre Stimmen ohne Nutzen für ihre Gesellschaftsschicht verloren gingen, weil sie nicht ausreichten, ihren Kandidaten zum Siege zu verhelfen. Aller Voraussicht nach wird deshalb die Verhältniswahl nicht auflösend, sondern zu- sammenfafsend wirken. Der Voraussage, als könne durch die Verhält niswahl der Kampf Aller gegen Alle im Staate entfesselt werden, ist keinerlei Bedeutung beizulegen. Aus der Geschichte der Volks- und Gemeinde- Vertretungen läßt sich für «ine derartige Behauptung nicht der kleinste Beweis erbringen. Im Gegenteil spricht die Erfahrung dafür, daß Verbände mit wirtschaftlichen Zwecken viel leichter den Bedürf nissen der Zivilisation, deS Staates und der Ge sellschaft Rechnung tragen wie politische Gruppen. Die Verbände, die rein politische Zwecke verfolgen, Die Begegnung des König- Eduard mit dem Kaiser Franz Joseph in Ischl verlief in herzlichster Weise. Bei der Begrüßung in Gmunden, wohin der greise Herrscher Oesterreich. Ungarns seinem königlichen Gaste entgegengefahren war, umarmten und küßten sich beide Monarchen zu wiederholten Malen. Militär war in Ischl nicht zur Stelle, dafür bildeten vom Bahnhof bi-zum Hotel .Elisa beth", wo der König abstieg, Damen in weißen Kleidern, ältere und jüngere, Spalier und warfen dem Könige zahllose Sträußchen Alpenrosen zu, wofür König Eduard laut lachend immer wieder dankte. Im Hotel „Elisabeth" erwartete die kaiser liche Familie den hohen Gast dem Kaiser Franz Joseph die Mitglieder seines Hauses vorstellte. Von den Fenstern seines Zimmers im Hotel „Elisa beth" genoß der König den herrlichen Anblick auf daS großartige Gebirgspanorama des Salzkammer- guteS. — Schnell verflossen die Stunden, bis der Uhrzeiger zum Aufbruch mahnte. Nach herzlicher Verabschiedung vom Kaiser, den Mitgliedern der kaiserlichen Familie und denen deS HerzoaShauseS Cumberland, die von Gmunden herübergekommen waren, trat der König die Reise nach Marien bad an. Ueber die politische Ausbeute des Besuches ist viel geschrieben worden. Selbstverständlich beruht das alles auf Kombination. Die Tatsache, daß König Eduard mit Angehörigen seiner Regierung in Wilhelmshöhe und in Ischl erschien, ist ein vollgültiger Beweis dafür, daß zwischen England einer, und den beiden Dreibundmächten andererseits Vertrauen und Einvernehmen herrscht. find, ebenso eine Zusatzstimme gewährt wird, wie den zum Landeskulturrate wahlberechtigten länd- lichen Besitzern. Was die Wahl durch kommunale Verbände an belangt, so ist eS ein glücklicher Gedanke zu nennen, Selbstverwaltung und Volksvertretung in eine innigere Berührung zu bringen. Die Arbeit in den SelbstverwaltungS-Köcpern bildet für den ein zelnen Staatsbürger die beste Vorschule zur Be tätigung im StaatSleben. Wir sind überzeugt, daß nur tüchtige Männer mit gesundem Urteil aus den Wahlen durch die Kommunal-Verbände hervorgehen werden. Da der Mittelstand in den Stadtverord- neten-Kollegien überall eine bedeutende Rolle spielt, werden die Wahlen seinen Einfluß auf die staat liche Gesetzgebung jedenfalls stärken. Um jedoch plutokratische Einflüsse von dem neuen Wahlrecht fernzuhalten, könnte die Mittelstands-Vereinigung I der Wahl durch Kommunal-Verbände nur unter der Bedingung zustimmen, daß daS Wahlrecht zu den Bezirks-Versammlungen und BezirkS-Ausschüffen einer zeitgemäßen Reform unterworfen wird. Es muß allen Berufsständen Gelegenheit geboten werden, auf die Zusammensetzung der BezirkS-Vertretung einwirken zu können. Auf alle Fälle muß der Einfluß der Höchst-Besteuerten auf die B.zirkS- wahlen bedeutend gemindert werden. Die jetzige Wahlkreis-Einteilung ist in den Kreisen deS städtischen Mittelstandes nicht volks- tümlich, weil sie Städte zusammenwtrft, die absolut keine wirtschaftlichen Beziehungen zu einander haben, I sondern vielfach sogar entgegengesetzte Interessen. I Auch in dieser Richtung könnte die Mittelstands- Vereinigung den Aenderungs-Vorschlägen der Re- gierungS-Vorlage zustimmen, vorausgesetzt, daß eine Reform des Wahlrechts auf den von der Re gierung vorgezeichneten Grundlinien zustande kommt. Sollte aber, wofür bereits in dem führenden nationalliberalen Organe Stimmung zu machen gesucht wird, eine Reform im Namen des jetzigen Dreiklassen - Wahlsystems vorgenommen werden, dann müßte der städtische Mittelstand sich aller dings für die Aufrechterhaltung der Trennung städtischer und ländlicher Wahlkreise aussprechen. Denn würde dem nationalliberalen Gedankengange nachgegeben, so würde das in der Praxi- nicht- anderes bedeuten, als die Mundtotmachung der ländlichen MittelstandS-Wähler durch das städtische Großkapital. Und einer solchen mittelstandsfeind lichen Maßregel darf eine Vereinigung, die sich die Vertretung der Interessen des Mittelstände- zur Aufgabe gesetzt hat, unter keinen Umständen zustimmen. Alle- in allem kann gesagt werden: Die Vor schläge der Regierung bilden ein« geeignete Grund- läge zur Schaffung eines den VolkS-Bedürfnissen entsprechenden Wahlrecht-. An die Parteien muß von allen Seiten da» Ersuchen gerichtet werden, die Regierung in ihrem Bestreben zu unterstützen und den veröffentlichten Gesetz-Entwurf unter Abstellung berechtigter Be» ihm, könnten nur die politischen Parteien bringen. Eine Partei suchte die andere an Versprechungen zu überbieten. Der Mittelstand, der selten diesen Lockungen widerstand, wurde aber gewöhnlich ent täuscht Immer wieder merkte er, daß er seine ihm innewohnende Kraft fremden, gewöhnlich groß kapitalistischen Interessen geliehen hatte, während er selbst leer ausging. So pendelte er zwischen den einzelnen Parteien hin und her und wurde dabei immer ohnmächtiger. Dieses Spiel muß nunmehr ein Ende nehmen! Der Mittelstand darf nicht länger mehr fremde Lasten vorwärts bewegen, darf seinen Unterdrückern nicht länger mehr die Steigbügel halten! Laut und vernehmlich muß er an die Tore der gesetzgebenden Körperschaften pochen und Einlaß begehren. Das Bewußtsein seiner großen Bedeu tung in der Gesellschaft berechtigt ihn zur Befol gung des Rates, den Fürst BiSmarck am 1b März 1884 den Berufsständen gab: sich in den Parla menten durch sachverständige Leute auS ihrer Mitte vertreten zu lassen. Nicht auS Gründen der Herrschsucht soll der Mittelstand sich aktiv am Geduldig hat dieser Mittelstand seit Jahr- I stands-Vereinigung zusammengeschlossenen Berufs zehnten die Aufgabe erfüllt, die immer schärfer I gruppen, ferner den Arbeitern die Aussicht eröffnet, hervortretenden Gegensätze zwischen dem Groß- I eine Reihe von Kandidaten aus eigener Kraft durch- kapital und den nichtbefitzenden revolutionär ge- I zubringen. Auf diese Weise wird einer Gefahr stnnten Klaffen zu mildern. Er hat gewaltsame I vorgebeugt, die vorhanden ist, wenn den einzelnen Explosionen verhütet, die eintreten müßten, wenn ! Berufsständen eine feste Zahl von Kandidaten ge- Großkapital und Proletariat nicht mehr durch eine I schlich zugesichert wird: nämlich der Gefahr, daß elastische Mittelschicht getrennt würden. Trotz dieser I der aufklärende Kampf unterbleibt. Zweifellos hohen Bedeutung für ein geordnetes Zusammen- I wird durch den Einzug der Vertreter der Berufs leben war es bei unserem heutigen Parteisystem ! stände in den Landtag die Volksvertretung an sach- dem Mittelstände nicht möglich, seinen Interessen I licher Bedeutung gewinnen. in der Volksvertretung zu einem direkten legalen I Diese Erwägungen lassen die von der Regie- Ausdrucke zu verhelfen. Er blieb Jahrzehnte hin- I rung vorgeschlagene Verhältniswahl als geeignet durch ein bedeutungsloses Anhängsel von Parteien, ! erscheinen, die Ungerechtigkeit des Dreiklassen-Wahl- die für das Gesamtinteresse auch nicht entfernt so I systems einigermaßen zu beseitigen. Die Befürchtung, wichtig waren wie der Mittelstand. I als würde durch die Annahme des Regierungs- ZweifelloS hat der Mittelstand sich bisher von I Entwurfes die schon jetzt vorhandene Zersplitterung den bevorrechtigten Klaffen mißbrauchen lassen. I im Bürgertum noch erhöht, ist unbegründet. Die Man spiegelt ihm vor, er berge so viele Gegen- I einzelnen Berufsstände sind gar nicht in der Lage, sähe in sich selbst, daß er gar nicht befähigt sei, I die großen Kosten auszubringen und die Arbeiten zu be- als eigene Gesellschaftsklasse aufzutreten. Linderung I waltigen, welche durch die Aufstellung von beson- seiner zum Himmel schreienden Not, so sagte man I deren Kandidaten in sämtlichen Wahlkreisen ver- außerdem noch dadurch, daß sie glauben, auch heute Die Regierung sucht diesen Uebelstand durch noch seien die bewegenden Kräfte in unserer Staats- die Verhältniswahl abzustellen. Wenn wir dem und Volkswirtschaft nur allein die Gesellschafts- gegenüber auch heute noch die Meinung vertreten, schichten, die in der Jugendzeit des konstitutionellen daß durch ein Wahlrecht nach Berufsfiänden am Staates aktiv im öffentlichen Leben auftraten: die I besten und sichersten alle berechtigten Interessen im Aristokratie der Industrie, des Verkehrs, deS Han- I Staate zur verfassungsmäßigen Geltung gebracht dels und des Bankwesens, die moderne Industrie- l werden können, so verschließen wir uns doch Arbeiterschaft und die Landwirtschaft. Ganz haben I andererseits nicht der Einsicht, daß der Einführung sie übersehen, daß die veränderten Produktions- ! eines solchen Systems für ein ganzes Land vor formen zwar die mittelständischen Erwerbsschichten läufig noch manche Hindernisse entgegenstehen, die z. T. schädigten, nicht aber den prophezeiten Unter- in einem Staate mit Millionen von Einwohnern gang derselben brachten, auch nicht einmal den nicht so leicht zu beseitigen sind, wie in einer Beweis für deren Entbehrlichkeit lieferten. Viel- Stadt mit geringer Einwohnerzahl und ziemlich mehr haben diese Stände trotz einer sie benach- übersichtlichen Verhältnissen. Wir hoffen aber, teiltgenden Gesetzgebung sich als höchst lebensfähig I daß wir mit der Zeit ganz von selbst zu einer be erwiesen; ja sie werden nach einer beginnenden ! ruf-ständischen Vertretung gelangen werden. Der Erstarkung und Reorganisation neuerdings als un- I Entwurf der sächsischen Regierung bringt uns entbehrlich erkannt. Sie stellen gegenüber den i übrigens auf einem Umwege der Lösung dieses unsicheren Elscheinungsformen neuerer Gesellschafts- ! Problems näher. Die Verhältniswahl bietet näm- gebilde noch immer die feste stetige Grundlage l lich den großen Berufsständen die Möglichkeit, dar, auf der Staat und Gesellschaft sich neu auf- I eigene Vertreter in den Landtag zu entsenden So Städtischer Mittelstand und Wahlrechts-Reform. (Fortsetzung und Schluß ) Auch wäre nur von einem derartigen mit dem natürlichen Rechtsgefühle in völliger Ueberein stimmung befindlichen Wahlsysteme die Wirkung zu erwarten, daß das bösartige Wort von den Staatsbürgern 1., 2. und 3. Klasse nach und nach an Berechtigung verliert. Selbst der eifrigste Klassenkämpfer kann mit Gründen der Vernunft nicht gegen die schlichte Wahrheit des Satze- an kämpfen, daß ein Wahlrecht nach Berufsständen gegenüber allen jetzt bekannten Wahlsystemen da- gerechteste ist. Es bietet die Möglichkeit, den Ein- fluß der verschiedenen Gesellschaftsschichten insofern gerecht abzugrenzen, als das Gewicht der Stellung im Staate annähernd gleich sein wird dem Ge- wichte der Stellung im schaffenden Gesellschafts. Organismus. Außerdem kommt daS berufsstän dische Wahlrecht dem Zuge der heutigen Zeit entgegen, in der Arbeit die Hauptquelle des Be sitzes und deS Rechtes, sowie aller sittlichen Würde zu erblicken. Jngleichen tritt eine fortschrittliche Tendenz gegenüber dem sichtlich veralteten, auf rückschrittlichen Prinzipien beruhenden Klaffen. Wahlsystem noch dadurch wohltuend hervor, indem e- den Besitz, beziehungsweise den Gewinn, der öfters mühelos erlangt und nicht immer einwand- freien Ursprungs ist, nicht al- geeigneten Grad, meffer zur Bewertung deS Menschen ansteht. Im Gegenteil, eS ehrt und erhöht die redliche Arbeit an sich und spricht der Klasse reichgewordener Spekulanten und Jobber da- Recht ab, die bloße Tatsache de- Besitzes zum Vorwand zu nehmen, I vom Staate Rechtsbevorzugungen zu erlangen. Eine BerufSgruppen-Vertretung würde unseren heutigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen in jeder Beziehung besser Rechnung tragen; denn gegenwärtig find für das innerpolitische Leben ganz andere Motive bestimmend al- in früherer Zeit. Die Kämpfe, die im vorigen Jahrhundert da» Bürgertum um Konstitution, Rede, und Preß freiheit, Seschworenen-Gerichte, GewiffenS-Freiheit, nationale Einigung usw. führte, betrafen in der Hauptsache freiheitliche Forderungen allgemeiner Natur, die der ideologischen Behandlung den weitesten Spielraum ließen. Heute stehen infolge I der unheilvollen kapitalistischen Entwickelnng die I