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7». Yahr»lmy. Sir. «18 «ben-Ausva-e gstettas, r. September «z» »k-tzimschrlst: NachrtiMe« DrrNiei, tz-rnIvrrcher-Eamm-lnumm-r: »Seit Nur >Lr Nachlg-Ipräche: Nr. ivolt SchrUIleilung >». HaupigkschüIt-stcNri Dretde» - N. 1, vlarienftraße »«/«» Br,«asS«bützr bkl tlgllch zwelmaNger ZustrNung monatllck» ».10 Dlk. keinlchl. »0 Psg. skr kr»gnsohn>» durch Postbezug ».«0 VN. etnschl. »« Psg. PostgebLhr «ohne Vostzustellungtgebüdr, bet 7mol wdchent- ltchem Versand. Einzelnummer tv Psg. «lnzeigenpretle: Die Anzeigen werden nach «oldmack berechnet: die rinlpaltige »0 mm breite Zeile ss Psg., sür au«w»rl« «o Psg. gamilienanzeige» und Stellengesuche ohne Rabatt lb Psg., aubcrhalb 25 Psg., die SO mm breite Reklame,eile L00 Psg., auberhalb »so Psg. vfsertengebühr »0 Psg. Auswärtige Austräge gegen «orauSbezahlun, »rnck ». «erlag: Llepsch » Reichacht, Dresden. Poslscheck-Kto. lass Dresden Nachdruck nur mit deutl.Quellenangabe sDreSdn. Nachr.1 zulässig. Unverlangte Schrislstücke werden nicht ausbewahrt ;r; Ri«l«»m KMelni, st, SaiM« Das Institut für Konjunktursorfchuns über -ie Reichsfinanzen Reformieren, nicht nur aufschieben Berlin» 6. Sept. (Eigene Drahtmcldung.j Das Institut für Konjunkturforschung verüsscntlicht in seinem neuesten Bterteljahresbericht erstmalig auch einen Abschnitt über »Finanzen und Konjunktur". Aus Grund einer genauen Ana lyse der konjunkturellen Einflüsse bei den einzelnen Steuer» arten kommt das Institut zn der Schätzung, dast im lausenden Etatsjahr der Einnahmeansfall nicht 18» Millionen betragen wird» wie das die Reichsregierung beim Erlab der Stcuer- «otverordnungen angenommen hat, sondern dast darüber hin aus ein Ausfall in Höhe vou 11V bis 1SU Millionen eintreten »ird, »»von SSV bis 880 Millionen auf das Reich nnd 8V bis k> Millionen ans die Länderanteile entfallen werden. Die Ausfälle sind relativ gering LZ den Verbrauchs steuern aller Art. Hier solle» sie nur etwa 1 Prozent auö- machen, während sie bei den Steuern auf die Produktions- Wirtschaft entsprechend der größeren Konjunkturcmpfind- ltchkeit mit 11 Prozent veranschlagt werden. Auf Grund der Annahme, daß die durchschnittliche Inanspruchnahme der Arbeitslosenversicherung für 1,9 Millionen Unterstützungs- etnpfänger und der Kriscnunterstützung siir 0,8 Millionen Unterstützte in Krage kommt, schätzt das Institut die zusätzliche Belastung des RcichShaushalts bei der Arbeitslosenversiche rung auf IKOMtllionen und bei der Krisenfürsorge auf 7S Mil lionen. Unter Zugrundelegung der geschätzten Mindererträge bei den ReichSstcuern würde sich danach im laufenden Hanshaltjahr ein neuer Fehlbetrag von mindestens S7S Millionen ergeben. Sollte bas Arbeitsbeschaffungsprogramm, daS bei einem Aufwand von rund einer Milliarde die Be schäftigung von 200- bis 300 000 Arbeiter für die Dauer eines Jahres gewährleistet, bald durchgeführt werben, so würde dies «ine Entlastung bei den Ausgaben für die Arbeitslosenfür- sorge bedingen. Die Frage, wie die Deckung des Defizits geschehen kann, wird zum Schluß des Berichts ausführlich erörtert. Eine weitere Verstärkung des Steuerdrucks hält das Institut nicht für ratsam, da die Unrentabilität vieler Ermerbsuuterneh- mungcn dann weiter um sich greise und andere Stcucrguellen verschütten würbe. Auch eine stärkere Belastung des Ver brauchs erscheint ihm wegen der Gefahr einer Absatzminde- rung bedenklich. Sonach bleibt die Alternative: Ausgabensenkung oder Ausnahme von Krediten. lieber den Abbau von Ausgaben sagt bas Institut im wesentlichen nur so viel, daß eine Senkung der Gehälter und Löhne die Konsumgüteriudustricn beeinträchtigen würde. Aus führlicher wird die wirtschaftliche Problematik der Kredit aufnahme behandelt. Ausgcsührt wird, baß eine Beanspruchung des Geldmarktes, wenn neben dem Reiche auch die Länder und Gemeinden mit Ansprüchen hcrvortretcn, die Gefahr einer Verlängerung der Depression oder der Störung der Ansätze eines neuen Aufschwunges i» sich schließt. Man müsse prüfe», ob die Nachteile für die Wirtschaft durch die vorzeitige und übermäßige Beanspruchung der Kreditgucllcn nicht größer seien als die Vorteile der Ankurbelung, weil die Gefahr einer Kapitalfchllcitung bei der Begebung öffentlicher Aufträge infolge Nichtbcrücksichtigung der Rentabilität außerordentlich groß ist. Die Arbeitsbeschaffung stelle nur eine Verschiebung innerhalb der volkSwirtlchastlichen Märkte dar. wobei der Förderung des Banmarktes, deS Arbeitsmarktes und der Warenmärkte die ungünstige Beeinflussung der Kreditmärkte gegcnüberstche. Sin acwisscr konjnnkturpolitischer Ausgleich würde sich er geben. wenn es gelinge, statt anfschiebende Maßnahme» end gültige Reformen durchzusithren, wenn man einen Weg finde, der im In« und Ansland den Eindruck erweckt, daß unsere Finanzverwaltnng von gesunden volkswirtschaftlichen nnd fiskalischen Grundsätzen beherrscht werde. Dann müßte anch das wiederkehrende Vertrauen der Unternehmertätigkeit und der Kapitalinvasion einen gewissen Austrieb geben können. Am 1VZ Mandate Reichskanzler Dr. Brüning über Wahlrecht und Wahlpflicht Berlin, ö. Sept. Reichskanzler Dr. Brüning empfing heute den Chefredakteur des W. T. B. zu einer Aussprache über die politische Lage. Hierbei beantwortete er verschiedene mit dem Wahlkamps zusammenhängende Fragen. Frage: Wie beurteilen Sie, Herr Reichskanzler, die Aus sichten der bevorstehenden Neichstagswahl? Antwort: Wer an das deutsche Volk glaubt, wer Ver trauen zur deutschen Wirtschaft hat, wer den Arbeitswillen des Deutschen kennt und hochschätzen gelernt hat. der wird auch mit einiger Zuversicht dem 14. September entgegensehen dürfen. Ein Volk, das zwölf Jahre bitterster Not ertragen hat und nicht verzweifelt ist, wird an dem Tage, an dem es berufen ist, seine Zukunft zu sichern, nicht versagen. Hierbei muß ich allerdings eines hcrvorhcben: Alle müssen ihre Pflicht tun. Es geht nicht an, daß, wie bei früheren Wahlen, Millionen Deutscher beiseite stehen und der Wahlurne fernbleiben. Wie Ihnen gewiß nicht unbekannt ist, ist die sogenannte Parte! der Nichtwähler die stärkste Partei des deutschen Volkes. Beim letzten Male hatten über 1» Millionen dcutschcr Frauen und Männer ihre Wahlpflicht versäumt, was einen Ausfall von rund 175 Reichstagsabgeordneten bedeutet. Das sind, wie Sie mir gewiß zngeben» geradezu ungeheuerliche Zahlen. Die schwere Not der Gesamtheit ist die Not jedes einzelnen. Kritik zu üben und dann, wenn es daraus ankommt, nicht positiv zu arbeiten, ist gewissenlos. In einem demokratischen Staat ist bas Wahlrecht in erster Linie Wahlpflicht. Wer diese Pflicht nicht erfüllt, verfälscht das Bild des BolkSwillens. Diejenigen, die am abfälligsten über das Versagen des letzten Reichstages geurteilt haben» mögen sich die Frage vorlegen, ob nicht gerade sie cs waren, die aus Bequemlichkeit oder Interesselosigkeit an diesem Versagen nicht schuld gewesen find. Gerade diejenigen Parteien, die die schwere Last der Verant wortung getragen haben, litten besonders unter der Wahlent haltung. Frage: In welchem Lager wird nach Ihrer Auffassung» Herr Reichskanzler, diesmal die größte Zahl der Nichtwähler zu finden sein? Antwort: Das ist schwer zu sagen. Ich habe aber die Hoffnung, daß die Erkenntnis der ungeheuren Wichtigkeit gerade dieses Mahlganges den hinter der Negierung stehenden Parteien einen beträchtlichen Zuzug aus dem Heer der Nicht- wählcr verschaffen wird. Die gegenwärtige Negierung hat, ohne daß ich mit dieser Feststellung zu scharfe Kritik an ihren Vorgängerinnen übte, positive Arbeit geleistet. Sie hat alle die Probleme angcpackt, die in früheren Zeiten keine Lösung fanden, weil man sich nur ungern an unpopuläre Maßnahmen heranwagte. Wir haben das getan. Ein Kranker muß wissen, was ihm fehlt, damit er die Mittel anwenden kann, die zu seiner Gesundung führen. Das deutsche Volk hat ein Recht, die Wahrheit zu wissen, und ist anch reif genug, zu erfahren, wo Miß» stände sind, nnd wie sie beseitigt werben können. Frage: Werden aber nicht gerade diese RegierungSmaß- nahmen, Herr Reichskanzler, die Arbeit der hinter der Regie rung stehenden Parteien erschweren? Antwort: Das Gegenteil würde der Fall sein, wenn man noch an einen politischen Instinkt des deutschen Volkes glauben darf. Die Maßnahmen der Neichsregicrung erschweren nicht die Arbeit der hinter der Negierung stehenden Parteien» sondern erleichtern diese Arbeit. Wir hatten eine Zerrüttung der Finanzen vorgcfunbcn, deren Ursachen wett zurückliegen. Die Negierung hat den Haushaltplan in Ordnung gebracht» soweit dies in den gegenwärtigen Zetten einer kaum da gewesenen Weltwirtschaftskrise überhaupt möglich war. Die qualvolle Sorge früherer Monate, ob die Verpflichtungen des Staates am Ende eines Monats überhaupt noch erfüllt werden können, besteht nicht mehk. Die Negierung hat Ordnung in die Staatsftnanzen gebracht, die es dem kommenden Reichs tage ermöglicht, die bekannten Rcsormvorschläge der Re gierung in Nnlic durchzuberaten. E Sist gelungen, über eine Milliarde Mark durch das Arbeitsbeschafsungsprogramm zu sätzlich der deutschen Wirtschaft zuzuführen. Dadurch wird 100 000 Arbeitern Brot verschafft und dadurch teils Arbeits losigkeit vermindert, teils ihr Anwachsen gehemmt. Durch ein großzügiges Programm, dessen Durchführung im besten Gange ist, haben wir dem schwer leidenden Osten wirkliche Hilfe an gedeihen lasten. Wir haben nicht von Sparsamkeit geredet» aber mir haben sparsame Haushaltgestaltung in die Tat um gesetzt. Vizekanzler Dietrich hat ausgestthrt, daß nach seinen vom Kabinett gebilligten Vorschlägen der in Vorbereitung befindliche Hanshaltplan IVSl eine Er sparnis von über »9» Millionen gegenüber dem Ent wurf ISSü bringen wird. Wer die Dinge kennt» namentlich die vielen Zwangsläufig keiten und etatsgesetzlichcn Festlegungen, wird mit mir darin eine sehr wertvolle politische Arbeit erblicken. Freilich: Wir haben manchem weh tun müssen, aber wir haben der Gesamt heit geholfen, und das Vertrauen im Auslände in die deutsche Wirtschaft und zur deutschen Arbeit gestärkt. Der gesunde Sinn des Deutschen muß und wird erkennen, daß solche Maß nahmen die beste Grundlage und die erste Voraussetzung ge sunder Verhältnisse in Staat und Wirtschaft sind. Der MM Wilhelms II. mim Rentei Sie Brelrumtunmn in der ..Morgen»!!" Berlin, 8. Sept. (Eig. Drahtmeldung.j Vor dem Amts gericht Berlin-Mitte begann heute vormittag unter starker An teilnahme des Publikums der Prozeß, den der frühere Kaiser aegen den Chefredakteur der »Berliner Morgcnpost", Mendel, wegen des bekannten Artikels über die angebliche finanzielle Beteiligung Wilhelm II. an den Kruppschen Werken angestrengt hatte. Der Vorsitzende regte zu Beginn der Ver handlungen einen Vergleich an, wie das im Frühjahr schon nn Sühnctermin, allerdings erfolglos, versucht worden mar. RA. Bloch, der mit dem früheren deutschnationalen RetcbS- tagSabgeorbneten Everling zusammen die Vertretung des Kaisers übernommen hat, erklärte. daß in diesem Falle der Privatkläger einen Widerruf auf der ganzen Linie verlangen müsse. Der Vertreter des Beklagten entgegncte hierzu, daß man zu nächst einmal seststcllen müsse, daß die Rechtsanwälte Bloch nnd Everling mangels einer rechtsgültigen Vollmacht ihres Man danten hier überhaupt nicht verhandeln könnte». Man habe sich über einen Vergleich monatelang unterhalten, schließlich aber durch die Erkrankung des Beklagten die Besprechungen abbrechen müssen. Ein Widerrus komme für den Beklagten überhaupt nicht in Frage. Der Vorsitzende schlug erneut eine Einigung vor, bet der der Kläger aus das Wort „Widerruf" verzichten solle. Die „Ber liner Mvrgenpost" sei eine der größten Zeitungen des Verlags Ullstein, infolgedessen sei der beklagte Ehcsredaktenr Mendel nicht als beliebiger Journalist, sondern als der Exponent einer sehr ernstzunehmenden Zeitung zu betrachten. RA. Bloch: Wenn Herr Mendel den tranrigen Mnt ««habt hat. «nsern Ka ser zn schmähen, so muß er auch jetzt den Mut haben, sich zn berichtigen. Justizrat Mamroth als der Vertreter des Beklagten erklärt daraufhin: Zunächst möchte ich einmal feststellen, daß d«r Prtvatkläger hier nicht „unser Kaiser" ist. R-«.: Bloch: Er ist mein Kaiser gewesen und bleibt «ein Kaiser. W«nn er nicht der ihrige gewesen ist, so bedauere ich die« lebhaft. Justizrat Mamroth: Ich muß nochmals feststellen, daß wir cs in der Person des Klägers lediglich mit einem Privat- mann zu tun haben, für den cinzutretcn der Staatsanwalt tn diesem Verfahren ja bereits abgclehnt bat. Der Kläger, der früher einmal unser Kaiser war, sitzt heute in Doorn und ist lediglich eine Privatperson, deren Name im Verkehr mit den Behörden Wilhelm Prinz von Preußen lautet. R.-A. Everling: Hiergegen muß ich aber doch Ein. wände erheben. Vors.: Herr Rechtsanwalt, ich möchte zunächst von hier aus feststellen, baß an der Rubrizierung dieses Namens durch das preußische StaatSmintsterium nicht zu rütteln ist. Ich bitte, mit den gegebenen Tatsachen rechne» ,» .wollen. R.-A. Everling: In dem in Frage stehenden Artikel hat der Beklagte selbst immer nur vom Kaiser ge sprochen und hat dem Kaiser selbst niemals die Bezeichnung beigelegt, die neuzeitlich eingestellte Behörden für ihn fcft- > gelegt zu sehen wünsche». Der Vorsitzende macht nunmehr nochmals einen Einigungsvorschlag, bei dem er betont, daß hierin weder vom Kläger ein Widerrus verlangt werde, noch vom Beklagten von der Führung eines Wahrheits beweises gesprochen werden dürfe. R.-A. Everling lehnt diesen Vcrmittlungsvorschlag ab. Er erklärt: Wir möchten nicht den Eindruck erwecken, als ob wir jetzt nach einem Jahre noch einen großen Wert auf eine gütliche Uebereinkunst legen. Nachdem tn infamer Weise die Ehre des Privatklägcrs angegriffen wurde, können wir nicht über jedes Wort einen Kuhhandel treiben. Nachdem Justizrat Mamroth gebeten hatte, sich aus sachliche Erklärungen zu beschränken und im Verlauf der Verhandlung keine Schimpfwörter wie infam zu gebrauchen, legt der Vorsitzende seinen Standpunkt nochmals dahin klar, daß er doch, ohne irgendeinen Zwang aus die Prozeß- beteiligten ausüben zu wollen, erkläre» müsse, daß ihm Schlichten besser als Richten erscheine, besonders hier, wo die Ehre einer historischen Persönlichkeit angegriffen werde. Justizrat Mamroth bat dann um eine kurze Unterbrechung der Verhandlungen, um dem Gericht einen neuen Vergleichs- Vorschlag des Beklagten unterbreiten zu können. Das ver- anlaßtc N.-A. Bloch zu der Erklärung: Wir sind nicht dazu da, ein Repetitorium des vorigen Termins abzuhalten. Wir lehnen diese Vcrgleichsverhandlnngen ab. Der Kaiser Wilhelm setzt sich nicht an einen Tisch mit dem Redakteur Mendel, um über Vergleiche zu verhandeln. NA. Everling bat, die weiteren Verhandlungen dieser Art zu unterlassen, da der Beklagte durch seine Andeutung, daß einige seiner Behauptungen doch bewiesen werden könnten, immer wieder den Eindruck des beanstandeten Artikels wiederhole. Die BergleichSverhanblnngen scheiterten schließlich, da Redakteur Mendel es rundweg ablehnte, eine Erklärung deS Sinnes abzugebcn, daß er seine Behauptungen znrückziehe, weil er keinen Beweis dasttr habe. Hierauf beantragte Justiz, rat Mamroth di« Einstellung des ganzen Verfahrens ans Grund des 8 «78 der StPO. Wilhelm H. hätte in Berlin vor Gericht erscheinen können, ohne daß ein Hindernis für ihn bestanden habe. Statt dessen habe er einen Anwalt mit seiner Vertretung be traut und diesem Anwalt eine Vollmacht übersandt, die tn einer notariellen Verhandlung in Holland ausgestellt worden sei. (Die verhandln«- da»«« »«» «chlnh de, «eda«1-» an»