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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrSnmnkratwns- Preis 22^ Sgr. (s Air.) viertelsädrlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er Höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die k Man pränumcrirl aus dieses Literatur-Blatt in Berlin in Ler Expedition der Mg. Pr. Staats-Zeitung (FriedrichSstr. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post-Nennern. Literatur des Auslandes. 138 Berlin, Mittwoch den 17. November 1841. Belgien. Meister Adam Boreel, der Neligionsmacher. (Nach Belgischen Chroniken.) Noch beweinte Jedermann in den katholischen Niederlanden den Tod der Infantin Isabelle; da war Niemand, der nicht ihre Tugenden und die Milde ihres Regimentes gepriesen hätte; selbst ihre Feinde ließen ihr Gerechtigkeit widerfahren, und der Statthalter Friedrich Heinrich zeichnete mit eigener Hand in seine Memoiren ein, daß die Infantin Isabelle durch ihre Herzensgute die Liebe Aller verdient habe. ES war um das Jahr IU32; Spanien setzte sich nur mit Mühe wieder in Besitz der Belgischen Provinzen, die seit dreißig Jahren an ihre Natioual-Unabhängigkeit gewöhnt waren. Friedrich Heinrich benutzte den Ausbruch einiger unzufriedenen Bewegungen, besetzte das Limburgische und ließ seine Soldaten von Zeit zu Zeit Einfälle in Brabant unternehmen. Während der Statthalter solchergestalt einer Provinz oder doch wenigstens einiger Distrikte habhaft zu werden versuchte, hegte ein an derer Sohn der Niederlande noch ehrgeizigere Projekte. Adam Boreel aus Middelburg, der gewaltigste Kopf jener Zeit, dachte, daß man die Umstände benutzen muffe, um Belgien der Römischen Kirche zu entreißen, und predigte im Lande eine verbesserte Religion. Isabelle lebte nicht mehr, die Spanische Herrschaft war nicht beliebt; „viel leicht", sagte er zu sich selbst, „geht cö in jenem Lande, wie eS bei uns gegangen, und mein wirv die Ehre des Unternehmens sepn." Da er aber wußte, daß die Belgier von der Reformation Luther's und Calvin'S nicht sonderlich viel hielten, so schickte er sich an, ihnen etwas Anderes zu bieten. „Gewiß, es wird mir gelingen", sprach er bei sich selbst; „und welch' ein Ruhm für einen jungen Theologen!" — Er zählte in der That erst neunzehn Jahre. Mit einigen Empfehlungsbriefen versehen, die ihm der Doktor Nikolas Tulp aus Amsterdam gegeben hatte, worunter sich auch einer an Peter ScholierS in Antwerpen befand, bestieg er fröhlich und guter Dinge einen bescheidenen Esel, wie Peter der Einsiedler, als er den Kreuzzug predigte, und machte sich auf den Weg nach Brabant. Er lebte vergnügt, aß und trank mit Behaglichkeit, machte den Frauen den Hof und sang muntere Lieder, Alles soüderbare Dinge für einen Apostel; und überdies predigte er eine bequeme und leichte Religion. Da er die Wege nicht genau kannte, so gerieth er unter eine Ab- . theilung Hessischer Marodeure, deren Anführer ein Dortrechter Jude, Samuel Bach, war, der sich bei der Reformation gleichfalls bekehrt hatte. Samuel erklärte ihn für einen Spion, nahm ihm all' sein Geld und seinen Esel und entließ ihn dann. Als aber Adam Boreel sich laut über diese Behandlung beklagte und Gerechtigkeit verlangte, wurde er wieder ergriffen, inS Lager geführt und vor den Grasen von Stprum als katholischer Spion gestellt, den man ungehört hän gen müsse. Dessenungeachtet glückte eS Adam Boreel, einige Worte zu seiner Vertheidigung sagen zu dürfen; er erklärte, daß er aus den Vereinigten Provinzen, aus der treuen Stadt Middelburg her- kömme, daß er Theologe, Doktor und Prediger sey. Zur Bekräf tigung seiner Aussagen zeigte er die Empfehlungsbriefe des NikolaS Tulp vor, den der Graf Stprum zufällig kannte, und sogleich be fahl dieser dem Samuel Bach, dem Reisenden sein geraubtes Eigen thum zurückzugeben; der Esel wollte sich aber nicht wiederfinven lassen, und die hundert Dukaten, die der Reformator besessen, waren bis auf elf zusammengeschmolzen. Um wenigstens anscheinend der Gerechtigkeit gcnugzuthun, wurde der Anführer der Marodeure in Arrest geschickt, was er übrigens der Wiedererstattung der fehlenden neunundachtzig Dukaten bei weitem vorzog, über deren Verlust sich unser Adam auch leicht tröstete, da er noch einen Wechsel auf ein Antwerpener HauS bei sich führte. Meister Adam Boreel befand sich nun wieder in Freiheit, be schloß aber, bevor er das Lager verließ, noch eine BekehrungSrede an die ihn umgebenden Soldaten zu richten, in denen er eben so viel Proselyten erblickte. Er hatte jedoch kaum eine kleine Viertel- stunde geredet und seine Lieblings-Dogmen auseinandergesetzt, so wurde er von einem dicken, untersetzten Manne unterbrochen, den er an der Form seines Hutes und an den schmutzigen Bäffchcn, die »hm von der Halsbinde herabhingen, für einen Regiments-Prediger erkannte. „Bevor Ihr weiter fortsahret", redete ihn der Geistliche an, „verlangt ich, eine Konferenz mit Euch abzulhalten, um zu er- forschen, ob Ihr auch vor den Unsrigen lehren könnt. ES scheint mir, als stimmtet Ihr nicht in allen Punkten mit der Dortrechter Synode überein." — „Steht mir denn nicht freie Lehre zu?" ent gegnete Boreel; „wir leben ja nicht mehr unter des strengen Moritz Regiment?." — „Das hindert mich aber gar nicht daran, Euch, wenn Ihr noch eine einzige Rede haltet, als Dissidenten aufhängen zu lassen." — „So! ist vaS Eure Duldung?" — „Die Duldung ist eine Thorheit. Mit der Toleranz würde es eben so viele Reli gionen wie Individuen geben." — „Luther erkannte aber das Recht der freien Prüfung an." — „Wir halten es nicht mit Luther; wir sind Calvin'S und Gomar's Anhänger und Leute, die nicht mit sich spaßen lassen. Wenn Ihr nicht unserer Meinung scyd, so habt Ihr nur bas Recht, zu schweigen." Boreel sah ein, daß dies das Beste seyn würbe. „Dieser Prediger", sprach er bei sich, „hat sicher bei einem aus so zerstreuten Leuten zusammengesetzten Heere nur eine sehr kleine Gemeinde: er fürchtet, ich werde ihm seine geringe Ein nahme schmälern und seinem Ansehen schaden. Ei nun, er hat hier festen Fuß gefaßt, ich muß iiachgcben." Als er so eine Weile über die Mittel nachgedacht hatte, wie er seinen Ideen, ohne Aufsehen zu erregen, Eingang verschaffen könne, schien (hm der sicherste Weg, Anhänger um sich zu versammeln, der zu seyn, wenn er sich in einen Schenkwirth verwandelte. Er micthete sich also ein Zelt und kaufte eine Tonne Bier. Jeder Weg ist gut, wenn er nur zum Ziel führt! Er war auch mit seinem Entschlusse ausnehmend zufrieden, und stolz auf seine Bescheidenheit, strich er sich den Bauch und- bedachte, welche Ehre er jetzt dem SchenkwirthS- stande anthun wollte. Nichts erfreut so sehr, wie ein Entschluß, der einem gestattet, auf eine stolze Weise demüthig zu seyn, oder ei« HülfSmittel, das bei aller anscheinenden Einfachheit recht sinnreich sich anläßt. Meister Adam Boreel stach seine Tonne Bier au und rief den Krug zu sechs Liards aus. Trotz des billigen Preises seiner Waare widerfuhr ihm aber das Herzeleid, daß sich den ganzen Mor gen hindurch auch nicht ein einziger Trinker seinem kleinen Tische nahte, während ein Soldat, der hinter seinem Zelte nur im Schatten eines dürren Baumes gleichfalls Bier verkaufte, kaum allen seinen Kunden genügen konnte. Der Soldat schlug srcilich sein Bier zu drei LiardS den Krug los, er mochte es wohl gestohlen oder halb mit Wasser versetzt haben; den Trinkern schien eS jedoch zu munden. (Fortsetzung folgt.) Spanien. Rückblick auf den Spanischen Bürgerkrieg. I. Nier Jahre in Spanien. Van A. v. Soeben, Königl. Spanischem Oberst-Lieurenaut vom Generalstabe. Hannover, 1841.. (Schluß.) Wir so'gen nun dem Verfasser bei der Beschreibung der Expedi tion Zariategui's, der auf seinem Zuge Segovia erstürmte, plünderte und in der dortigen Münze Geldstücke, mit dem Bildniß des Don Carlos die einzigen, prägen ließ, sodann gegen Madrid vorrücktc, bis er, nur noch 3 Stunden von der Hauptstadt entfernt, von Mendez Vigo aufgehalten wurde, der ihn in einer festen Stellung erwartete. Die Stellung war augenscheinlich unangreifbar und Umgehung durch das Terrain faktisch unmöglich gemacht; dennoch ließ Zariategui einige Bataillone verrücken, die aber mit Verlust in die Gebirge zurückge worfen wurden- Er trat nun den Rückzug auf der «traße nach Se govia an. „Vielfältig", sagt hier unser Geschichtsschreiber, „ist cs dem General Zariategui zur Last gelegt worden, daß er sich zu jener Zeit Madrids nicht bemächtigt. Wenn man aber die Stärke der Division Vigo (ytttst) Mann), die Zahl der National-Garden (800t>) und die der übrigen Truppen in dem großen befestigten Madrid bedenkt und dagegen die Schwäche der Division Zariategui — in Segovia 3VL0 Mann unb 3vu Pferde — und ihre gänzliche Entblößung von Kavallerie, so kömmt man leicht zu dem Schluffe, daß eS Tollheit ge wesen wäre, die Hauptstadt anzugreifen, selbst wenn Mendez Vigo den Weg dahin freigelaffen hätte." AuS Segovia wurde Zariategui durch die Verfolgung der Chri stines vertrieben. Jndeß gelang es ihm ailmälig wieder, die Offen sive zu ergreifen: Lerma und Valladolid fülen vor ihm. Valladolid schien indeß das Capua der Expedition werden zu wollen, welcher Tag auf Tag unter Jubel und Festen, Bällen und Theater hinschwand. Hier berührt der Perf. eine andere gegen Zariategui erhobene An-