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VS »r. "S ßt e- er nr i. d ir >e s r t. l. t und Anzeiger Mr das Erzgebirge , verantwortlicher Redakteur: 7M R »dol«. Fü> di« Inserate velantwortlich: prmi». Beide in Au« i. Lrzgcb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbellage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der RedaV-»». mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von s—» Uhr. — Lelegramm-Adreffe: Tageblatt Aue. — Fernsprecher Für unverlangt »ingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag: Kmr vni«- veNt,s««kri k»m m. b. H. in Ane i. Erzgeb. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich so Pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich go psg und wSchentlich I» pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich 1.50 Mk. — Durch den Briefträger frei ins Haus vierteljährlich i.yr Mk. — Einzelne Nummer io Pfg. — Deutscher Postzeitungs katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeige« bis spätestens -V, Uhr vormittags. 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Deutsch-böhmische Kreise wollen auf sächsischem Boden ein Krematorium errichten, weil ihnen der Vcw. eines solchen in Böhmen nicht gestattet wird s - M- -- » Infolge eines Konflikts richtete Rußland an China eine scharre Note unter Androhung dec Abberufung des Botschafters. Aus dem Bezirk Schi ko mir im Gouvernement Wilna sind 0 deutsche I a m i l ie n , a u s g e m i es e n worden, ,v:ii sie, entgegen dem Gesetz von 1887 die russische Staatsangehörigkeit bis jetzt nicht erworben hatten. Mutmaßliche Witterung am 8. Juli: Südwestwind, zeitweise aujhn.ernd, wärmer, lein erheblicher Niederschlag. Ge witterneigung. -ML Krisis in Oesterreich. 'Wl Lange genug hat man innerhalb der schwarz-gelben Grenzpfähle fortgewurstelt, ehe es jetzt zum Klappen gekommen !ist. Schon seit Monaten war das Parlament fast arbeitsunfähig, nur mit Mühe konnte man die Gesetzgebungsmaschine noch eini germaßen in Gang halten und mehr wie einmal drohte sie stille gu stehen. Nun aber ist das Ereignis eingetreten, die Regierung hat keinen anderen Ausweg mehr gewußt, als den ohnehin scbon schwachen Gang der Maschine nun gänzlich aufzuhalten. Der Rcichsrat wurde vertagt, weil man in Len letzten Tagen ab solut nicht weiter vorwärts kam. Seit Einbringung der soge nannten Hochschulfrage, welche die Errichtung einer ita lienischen Rechtsfakultät versieht, ist der Sturm los gegangen und die Krisis latent gewesen. Die Gewährung des italienischen Wunsches hatte die Slaven entfacht, insbesondere die Slovenen, welche den Italienern von Alters her nicht sehr gewogen sind und sie ersten daher mit lärmenden Obstruktions szenen ein, wobei es zu wüsten Zwischenfällen kam. Man ver suchte im Vudgetausschuß die slovenische Obstruktion zu brechen, indem man Nachtsitzungen anberaumte und vielleicht wäre cs auch gelungen, den Sieg davonzutragen. Aber da kam den Slo venen Hilfe von Seiten der Polen, welche die Regierung im letz ten Augenblick im Stiche ließen. Män erachtete es von dieser Seite für angebracht, auch seinerseits mit einem Wünsche her- vvrzutreten, indem man unerwartet mit dem Verlangen kam, daß nunmehr der vor sechs Jahren beschlossene Bau desDonau - Oder-Kanals sofort in die Wege geleitet wurde. Dieses Projekt erfordert nicht weniger wie 500 Millionen Kronen, wäh rend, ähnlich wie bei uns, auch der österreichische Staatssäckel ein großes Loch aufweist und ein Defizit von Mehr als 70 Millio nen zu verzeichnen ist. Anter diesen Umständen kann man es begreiflich finden, wenn die Regierung im Hinblick auf die Fi nanzlage da,s polnische Verlangen ablehnte, was aber bei den Polen Entrüstung hervorrief. Sie begannen nunmehr mit der passiven Resistenz und unterstützten damit die sloveni- sche Obstruktion, so daß die Verhandlungen vollständig ins Stocken geraten mutzten und der Regierung schließlich nichts an deres übrig blieb, als Vertagung herbeizuführen, da sich Obstruk tion und passive Resistenz auf sämtliche parlamentarische Kom missionen erstreckte. Die nunmehr eingcirerene Vertagung des Reichsrates ist für Oesterreich überaus im ßlich, vor allem im Hinblick darauf, daß die F i n an z r e s o r m damit gleichfalls verzögert wird und dem Staate Millionen vlUcren gehen, die er sehr notwendig gebrauchen könnte. Diese österreichische Finanzreform hatte in vielfacher Hinsicht eine Achnlichkeit mit unserer letzten, insbeson dere fordert sie eine wehere Besteuerung der Erbschaften, des Branntweins sowie der Tantiemen und Dividenden und schließ lich eine Aenderung der Einkommensteuer. Dieser neue Schlag ist für die Donaumonarchie ziemlich schwer, er wirft sie wieder weit zurück, nachdem in den letzten Jahren infolge der sich haltenden innerpolitischen Ruhe ein gewisser Aufschwung zu verzeichnen war, der selbstverständlich der Festigung der Machtstellung der Donaumonarchie zugute kam. Nunmehr aber gehen die inneren Wirren wieder los und ihre Dauer läßt sich in keiner Weise ab sehen, jedenfalls wird sie kaum sehr kurz sein, denn es handelt sich dabei gleich auch um einen Kampf der Nationalitäten, der sich niemals so schnell ausgleichen läßt, wie andere Zwistigkeiten. Man wird ja vielleicht versuchen, Las Parlament noch einmal nach einer gewissen Pause lebensfähig zu machen, jedoch erschei nen nach der ganzen Lage der Sache die Aussichten sehr gering und man wird daher in der Donaumonarchie wieder mit einer recht bewegten Periode rechnen müssen und zwar in einem Mo ment, wo der Kaiser Franz Josef seinen 80. Geburtstag be gehen wird. Dtts große Rätsel. Seit dem dritten Junitag ist der Freiherr Kreuzwende dich von Rheinbaben Oberpräfident des Rheinlands, und im Reichswesten hat man den neuen Herrn mit lauten Ovationen be grüßt, während in Kiel die letzten Erregungswogen de» Reviere- ments sacht verschäumten. Und seltsam: Nun, da die Ausschiffung vollzogen ist, entspinnt sich ein großes Rätselraten, in dessen Verlaufe zutage kommt, daß der Reichskanzler mit seiner Zu stimmung zur Demission Rheinbabens die Konservativen arg ver schnupft hat, sodaß ihm (scheint's) die Absägung Les Rivalen nicht viel genutzt hat. Von offiziöser Seite wird allerdings erklärt, daß Herr v. Rheinbaben im Einvernehmen mit dem Reichskanz ler aus seinem Amte geschieden sei. Die Kreuzzeitung aber, die in diesem Falle wohl ausgezeichnet unerrichtet ist und mit einer gewissen Beflissenheit ihre entgegengesetzte Ansicht betont, be hauptet, daß zwischen den beiden Staatsmännern Meinung», vrschiedenheiten politischer Art beständen, die nicht auszugleichen seien. Es fei auch unbedingt richtig, daß Freiherr v. Rheinbaben o hne Varwissen des Mini sterpräsidenten sein Entlassungsgesuch eingereicht habe. Die Deutsche Tageszeitung, das Organ der Agrarier, zieht sogar schon die Konsequenzen aus dieser Situation und richtet an Herrn von Bethmann Hollweg eine, wenn auch noch etwas ver hüllte Warnung vor liberalen Anwandlungen. Auch das Zen trum zeigt sich über die Veränderungen im Ministerium und in der Reichsregierung beunruhigt, und sein Berliner Hauptorgan fordert in seinem Leitartikel vom Dienstag (der den bezeichnen den Titel: Das Regierungsorakel führt) den Reichskanzler aus, sofort klipp und klar seine Ziele zu enthüllen. Denn: Ein Rest gesunden Mißtrauens bleibe gut begründet. Die liberale Presse freilich ist nichts weniger als überzeugt davon, Latz der Kanzler auch nur im entferntesten daran denkt, den Forde rungen Les Fortschritts entgegenzukommen. Offenbar um den Fez. " " Skizze von Julius Knopf. Nachdruck verboten. Seit sechs Wochen weilte Eva Hutten in der gemütlichen deutschen Pension in Smyrna, die ihr von einer Berliner Freun din empfohlen war. Nur einen Monat hatte sich das schöne, reiche Mädchen in der interessanten, kleinasiatischen Hafenstadt auf- jhalten wollen, und nun dachte Eva immer noch nicht an die Weiterreise nach Konstantinopel, von wo aus sie nach Berlin tzuriickzukehren gedachte. Des großstädtischen Lebens überdrüssig, hatte Eva in ihrer selbständigen Art, sich plötzlich zu einer Mit- telmeerfahrt entschlossen, und nun war sie in Smyrna hängen- tzeblieben. War es die milde Lust der Levante, die herrliche Lage der Stadt, ihr interessantes Getriebe. — Eva Hutten wußte es selbst nicht, was sie so stark an Smyrna bannte. Nur hie und da tauchte der bärtige und intelligente Kopf des Herrn Erich Berger vor ihrer Phantasie auf, eines Mitgliedes der Pension Und Prokuristen eines großen Exporthauses am Orte. Besagter Erich Berger, unverehelicht und fünfunddreitzig Jahre alt — das hatte Eva natürlich lange bereits erfahren — schnitt ihr recht heftig die Cour. War es dieser Mann, der ihr den Abschied von Smyrna so schwer machte? Aber, nein! Stolz warf Eva das schöne Blondhaupt in den Nacken. Nie und nimmer würde sie die Seine werden, denn ihre Charaktere paßten nicht zusammen, weil sie einander zu sehr glichen. Beide waren sie selbstbewußt, Kühe und nicht gewillt, sich Konzessionen zu machen. Eva zum mindesten hatte nicht die geringste Neigung dazu, und sie hatte es diesem sogenannten Herrn der Schöpfung erst heute wieder recht deutlich zu verstehen gegeben. Eva liebt« die einsamen Spaziergänge. Von dem Zauber des türkischen Stadtteil» gefangen genommen, durchstreifte sie diele. Gegend ohne Begleitung, denn Furcht kannte sie verbot ihr, Warnungen zu beachten. Und wahrlich nicht. Berger hatte sie darauf aufmerksam gemacht, daß sich just in der Türkengegend räuberi sche Ueberfälle häufig genug ereigneten. Er bat sie, diese Solo promenaden zu unterlassen. Und nun hatte es am Vormittag zwischen ihnen eine heftige Szene gegeben. Eva hatte erklärt, nach dem Diner den türkischen Friedhof außerhalb der Stadt be suchen zu wollen. „Das werden Sie nicht tun, Fräulein Eva!" geruhte Berger zu bestimmen. „Das werde ich doch tun, Herr Berger!" hatte Eva aufgetrumpft. „Nun wohl, dann werden Sie mich oder einen der anderen Herren als Schutz mitnehmen." Eva maß ihn mit hochmütigem Blick. „Ich bedarf keines Schu tzes, mein Herr, ich schütze mich selbst." Wenn Eva in diesem stahlharten Ton sprach und so kühl dreinschaute, dann war mit diesem Starrkopf nichts anzufangen. Das hatte Verger schon herausgefunden, und seufzeüd kapitulierte er vor dem energischen Sinn des geliebten Wesens. Auch er warf Eva nun einen stol zen Blick zu, machte eine steife Verbeugung und verschwand. O, er wollte dieser emanzipierten jungen Dame eine Lektion er teilen! Ueber die Art und Weise würde er sich schon klar wer den. Aber denken sollte sie daran! — Erst als das Diner beinahe beendet war, kehrte er, sonst ein Muster von Pünktlichkeit, in die Pension zurück und begrüßte Eva mit kühler Förmlichkeit. Ihre Erbitterung ward durch sein Benehmen natürlich noch gesteigert, ihr Entschluß noch ge festigt. „Nun erst recht!" lautete ihre Devise. In der Tat, nach Beendigung der Mahlzeit «erließ sie die Pension, um den ge planten Ausflug zu unternehmen. Sie lenkte ihre Schritte ins Türkenviertel. Dort am felsigen Bergeshang, mit dem reiz vollen Blick auf Golf und Stadt, war es überaus romantisch. Auch heute vergaß Eva über diesem malerischen Bilde das Leben hinter ihr, aller Aerger verschwand. Da tranken aus moosbe deckten, mit Koransprüchen eingemeißelten Brunnen in holder Gemeinschaft Türken, Esel und Kamele. Durch vergitterte Harems fenster blickten sehnsüchtige Frauenaugen, in schattigen Mauer nischen hockten beturbante Bettler, die ihr« Gebetskette durch di« schmutzstarrenden Finger gleiten ließen. Vor den Tafts saßen die Mrdigen Muselmanen, die ihr Nargileh beschaulich rauch I ten oder dem Allerwelts-DLmon Kartenspiel huldigten. Wetter I hinauf ging Eva. Die Gassen wurden immer enger und winkli ger und stiller. Im Lichthofe einer Moschee lagen andächtige Beter auf Len Knien, während weit aus der Ferne die Böller schüsse der Kriegsschiffe den Beginn Les Beiramfestes verkündeten. Endlich hotte Eva die oberste Häuserreihe erreicht, an deren Stücken sich der Türkenfriedhof schmiegte, ein düsterer Cypressen- wald. Zu seinen Füßen grünte ein von einer hohen Mauer um schlossene» Naturpark, Lessen Cedern, Eukalyptus, Palmen, Oran genbäume ihre Zweige dicht ineinander schlangen. Ein zauberischer Anblick! Lange weilte Eva auf dem seltsamen Friedhof, umfan gen von dem Reiz der fremdartigen, schweigenden Stätte. Dis Stunden glitten dahin, ohne daß sie dessen gewahrt wurde. Da sah sie endlich auf. Höchste Zeit zur Heimkehr, denn schon über hauchten die letzten Strahlen der sinkenden Sonne den Gipfel des Olympos, der die Aussicht begrenzte. Nur schwer trennte sich Eva von der stimmungsreichen Stätte, langsam verließ sie den Friedhof und stieg den menschenleeren Weg hinab. Fast dunkel war es bereits, die Einsamkeit lastete doch et was schwer auf Eva, eine leise Furcht ließ ihre Füße schneller ausschreiten. Erst Astern sollte gerade hier ein Raubversuch ge macht word«n sein. Scheu sah sich Eva um. Dem Himmel Dank, keine Menschenseele zu erspähen! Da — was war das! — au» einer Mauernische löste sich eine herkulische Gestalt, deren Haupt der Fez zierte. Ein Türke also. Der Mann kam auf sie zu — ein bärtiges, listiges Gesicht, wahrlich, die reine Galgenphysiogno mie! — und redete sie in gebrochenem Französische an: „Lermst- te/.-moi äe vous aeoompagner, wackumo!" Dieser Ton — da war keine höfliche Frage, sondern eine energische Aufforderung. Evas Herz schlug in flinken Schlägen, was sie noch nie im Leben empfunden — sie war da: die blasse fürchterliche, den Hals zu schnürende Angst. O, wie sehnte sich Eva jetzt nach einem männ lichen Beschützer, denn was nützte ihr die Energie gegenüber de» brutalen Kraft des unheimlichen Begleiters. All ihren Mut nahm Eva zusammen. Sie warf den Kopf in den Nacken, schnalzt« leicht mit der Zunge — das übliche Zeichen nachdrücklicher Ab- V