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Amtsblatt -LL" der König!, «mtshauptmannschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths z« Ries«. iz. Mittwoch, IS. Januar 18SS, Abends. 48. Jahr«. Da» Riesaer Tageblatt erscheint jeden Tag Abends mit Ausnahme der Honn- und Festtage. Bierteljährlichet vq»««ptti» bet Abholung in dm Expeditionen in Mesa und Strehla, dm LuOWwchMchh smoir am Schalter der taisrrl. Postanstaltm 1 Mart 2S Ps., durch dir Tröger frei in« Hau« 1 Mark SO Pf., durch dm Briefträger stet tu« Hau» 1 Matt « Pf. A»gttg«»U»nah«» s2r dw MM»» de« Ausgabetage« bi« vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Dm» «nd «erlag von Langer t Winterlich w Riesa. — GeschästSstrlle: Kastauieustraß« iw. — Für die RedaetM Mantwottlich: -«,» Gch»idt tu M«s«. Bekanntmachung, Len Nachrichten- und Signaldienst bei Eisgängen und Hochfiuthen der Elbe betreffend. Mit Rücksicht darauf, daß die Ortschaften Kreinitz, Lorenzkirch und Gohlis bei Strehla, sowie die Rittergüter Kreinitz und Cottewitz sn das Reichstelegraphennetz angeschlossen worden sind und diesen Ortschaften bez. Rittergütern die Nachrichten über die Eisgänge und Hochflutben der Elbe nunmehr direct durch die dort eingerichteten Telephon-Empfangsstationen zugehen, hat sich rücksichtlich des nurgedachten Nachrichtendienstes eine Abänderung der Anordnung unter 12 der Beifuge (-) zu der Bekanntmachung vom 9. März dss. Js. dahin nöthig gemacht, daß von der Telr grapheustation Röderau nur durch den Gemeindevorstand zu Röderau nunmehr nur noch die Ortschaften Zeithain und Röderau zu benachrichtigen sind, während dem Ortstheile Grostzfthepa durch den tzkmeindevor- stand zu Loreuzkirch und dem Ortstheile Kleinzschepa durch den Gemeindevor stand zu GohliS die betreffenden Nachrichten übermittelt werden. Ans Frankreich. Paris, 16. Januar 1895. Eine Note der 3S6NL6 dsvss meldet die Demission des Präsidenten Casimir Perier. Diese überraschende Meldung überbrachte uns vergan gene Nackt der Telegraph und wir gaben dieselbe, soweit möglich, durch Extrablatt bekannt. Was die Demission Pe- riers veranlaßt hat, darüber fehlt noch die Aufklärung. Je- denfalls scheint in Frankreich wieder ein schlimmer Gewitter sturm heraufzuziehen. Die Demission des französischen Ka> binets meldeten wir schon in gestriger Nummer. Dem Kenner der französischen Zustände kam diese Nachricht nicht gerade sehr überraschend. Zum Berständmfse des unerwarteten Rücktrittes Bar- thous, der den Sturz des GesammtministeriumS zur Folge hatte, fügen wir hinzu, daß es sich um die Auslegung der vor zwölf Jahren vom damaligen jüdischen Bamenminister Rayna! mit den Eisenbahnen abgeschlossenen, seither viel an gefochtenen Verträge handelte. Streitig war die Dau^r der staatlichen Zinsgewähr, deren Feststellung Raynal bei Abschluß der Verträge „vergessen" hatte. Ende Juni vorigen Jahres sprach sich Barthou in der Kammer für die kürzere, mit dem Jahre 1914 ablaufende Gewähr aus, und das Haus schloß sich dieser Ansicht an. Die Gesellschaften legten Berufung an den Slaatsrath ein, der am letzten Sonnabend gegen die ministerielle Ansicht entschied. Das gab dem Sozialisten führer Millerand Anlaß zu einer scharfen Anfrage an die Regierung, sowie zum Anträge der Versetzung Raynals, der gegenwärtig noch Kammermitglied ist, in den Anklagezustand. Raynal h:elt eine schwache Verrheidigungsrede und erklärte sich mir der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein verstanden. Hierauf begann die Kammer unter lebhafter Bewegung die Abstimmungen über die zahlreichen während der Debatte cingelaufenen Tagesordnungen. Für eine Tages ordnung Porquery, durch welche die Regierung aufgefordert wurde, den Rechten des Staates Achtung zu verschaffe», ward die Priorität bewilligt. Ministerpräsident Dupuy erklärte unter steigender Bewegung, diese Tagesordnung gar nicht anzu nehmen, worauf diese mit 264 gegen 246 Stimmen abge- lehnt ward. Es wurden neue Tagesordnungen eingebracht, von denen Dupuy nur diejenige Trelats anuahm, welche die Achtung der Kammer vor dem Grundsätze der Trennung der Gewalten ausdrückt. Die Kammer lehnte die Priorität für diese Tagesordnung mit 263 gegen 241 Stimmen ab, wo rauf die Minister den Saal verließen und sich nach dem Elysee begäbe», um ihren Rücktritt einzureichen. Die Kam mer nahm h.erauf einstimmig eine Tagesordnung Krantz an, in welcher erklärt ward, daß die Rechte des Staates gewahrt werden sollen. An der Abstimmung über diese Tagesordnung nahmen 329 Abgeordnete Theil. Darauf vertagte sich die Kammer bis Sonnabend. Al» die Minister den Saal ver ließen, ertönten auf der äußersten Linken einige Beifallsrufe. Der Präsident Casimir-Perier hat die Entlassung der Mi nister angenommen. In den Wandelgängen der Kammer wurde noch lange nach Schluß drr Sitzung deren Verlauf lebhaft erörtert. Vielfach wurde die Meinung geäußert, daß die von Mille rand verlangte Untersuchung in der Frage der ZinSgewähr wahrscheinlich abgelehnt Worten wäre, wenn Dupuy sie be kämpft hätte. Die Mehrheit hätte sich alsdann auch nicht gegen die Regierung ausgesprochen. Millerand äußerte wie derholt seine Genugthuung über da» Ergebniß der Sitzung Ferner hat die Punct 13 der obengedachten Beifuge (-) mit vorgesehene Benachrichtigung des Ortes Unterreu Heu durch den Bürgermeister zu Strehla sich erledigt, da nach einer Anzeige des Gemeindevorstandes zu Unterreußen dieser Ort von den Hochfiuthen der Elbe nicht berührt wird. Meißen, am 15. Januar 1895. Königliche Amtshauptmannschaft als Elbstromamt. 6. 5. von Schroeter. W. Bekanntmachung. Am 11. dieses Monats ist in hiesiger Stadt eine Uhr gefunden worden. Dieselbe kann vom rechtmäßigen Eigenthümer an Rathsstelle entnommen werden. Riesa, den 14. Januar 1895. Der Stadtrath. Klötzer. Sch. und bezeichnete den Beschluß über die Einleitung einer Unter suchung als eine bedeutsame Nachlassenschaft für das künftige Kabinet. Dies über den Rücktritt des Ministeriums. Ueber die Demission des Präsidenten Casimir-Perier gingen uns heute Nachmittag folgende Nachrichten zu: WS. Paris, 16. Januar. Die Note, in der die „H.A6NL6 Slsvss" die Demission Casimir-Periers ankündigt, faßt die hauptsächlichsten Ideen zusammen, die der Präsident in einer an den Senat und die Kammer zu richtenden Bot schaft entwickeln wird. Der Präsident habe den Entschluß gefaßt, auf sein Amt zu verzichten. Die gestrige Kammer sitzung und die Abstimmung in derselben seien in seinen Augen nur ein Zwischenfall, der in zweiter Linie in Betracht komme. Ein Kampf sei ausgebrochen gegen das parlamentarische Regime und gegen die staatsbürgerlichen Freiheiten. Er hatte gehofft, daß die Präsidentschaft der Republik, die der Aktions mittel entblößt sei, unerreichbar für die Parteien sein werde, daß das Vertrauen aller Republikaner ihm Kraft und An sehen geben würde; er hatte gehofft, daß diejenigen, die ihn wider seinen Willen auf einen Posten gestellt hatten, wo er sich nicht selbst verthcidigen konnte, die Bertheidigung seitens des ersten Staatsamtes annehmen würden. Er habe die Minister gebeten, provisorisch ihre Demission zurückzunehmen, um die Ueberlragung der Gewalten zu sichern. Dupuy habe ihm, Casimir-Perier, und die Präsidenten des Senats und der Kammer seine Entschließung wissen lassen, welche das Parlament einberufen würden. WS. Paris, 16. Januar. Die Demission Casimir- Periers wurde auf den Boulevards gegen 11 Uhr bekannt. Das Publikum eilte zu den Nachrichtenbureaus und den Bureaus der Zeitungen, um die anfangs bezweifelte Nachricht festzustellen. Dieselbe machte tiefsten Eindruck. Bezüglich der neuen Candidaten ist die bisher verbreitetste Nachricht, daß Casimir-Perier mit großer Mehrheit wiedergewählt wird. Für den Fall, daß er ablehnt, werden Dupuy, Waldeck^ Rousseau, Challemel - Lacour und Spuller genannt. Die Kammern werden heute einberufen, der Kongreß wahrschein lich zum Donnerstag. WS. Paris, 16. Jan. Große Bestürzung herrschte gestern bei den Persönlichkeiten, die den Nachmittag in den «-andelgängrn der Kammer zubrachten. Man bemerkte näm lich nicht ohne Ueberraschung, daß die Mmisterkrise nicht ihren gewöhnlichen Verlauf nahm und eine ungewöhnliche Physiognomie zeigte. Man verbrachte die Zeit damit, alle Eventualitäten zu besprechen. Man hatte die Möglichkeiten in Betracht gezogen, daß da» neue Kabinet sich zum größten Theil aus den Elementen zusammensetzen würde, die das letzte Kabinet gebildet hatten; man hatte ferner an die Bil dung eines radikalen Kabinets gedacht; man hatte sogar die Frage der Auflösung der Kammer und des Appells an das Land unter Vorausgang einer Botschaft des Präsidenten er örtert — an einen einzigen Ausgang hatte man nicht gedacht, an die Demission des Präsidenten. Und gerade dieser Aus- gang trat zur Ueberraschung aller Derjenigen ein, die zuerst diese Nachricht vernahmen. Man kann sagen, daß di« Be stürzung allgemein war. Die Charaktergröße Casimir-Periers, seine Erfahrung, sein« Festigkeit, seine Unbescholtenheit flößten in der Thal allen, selbst den radikalen Republikanern, Ver trauen ein. Man hat jetzt eine Erklärung für die lange Dauer der Unterredung Challcmrl-Lacours mit Casimir- Perier, dessen Entschluß bereit» gefaßt war Alle vemüdun- gen Challemel-Lacour» schienen ersolglo», und der Präsident des Senats verlü ß das Elysee in einer äußerst beklommenen Stimmung. Alle Mitglieder des Kabinets von Dupuy an bis LeyzueS, Pointcarö Mercier, Felix Faure und Guerin wiederholten naheinander den Versuch des Senatspräsidenten; es gelang ihnen aber nicht, Casimir-Perier in seinem Ent schlüsse wankend zu machen. Dupuy begab sich im Laufe des Abends ein letztes Mal zu Casimir-Perier und blieb über Stunden bei ihm. Er kleidete die Gründe, die er Casimir- Perier schon vorgelegt hatte, in eine noch schärfere Form und brachte auch noch andere, mehr persönliche Gründe vor, von denen er glaubte, daß sie größeren Eindruck auf Casimir- Perier machen würden, konnten aber dessen Widerstand nicht überwinden. Nach Dupuy kam Spuller. Alles, was Du puy und L-puller erreichen konnten, war, daß Casimir-Perier seine Entschließung bis 6'/, Uhr Abends verschob. Als Dupuy und Spuller den Präsidenten yerließen, begegneten sie in den Vorzimmern seiner Mutter. Diese versprach, allen ihren Einfluß auf ihren Lohn auszuüben, um ihn zum Ver bleiben auf fernem Posten zu bewegen. Die Begegnung zwischen Mutter und Sohn war, wie es schien, äußerst bewegt. Trotzdem richtete Casimir-Perier schon eine halbe Stunde vor der verabre deten Zeit einen kurzen Brief an Dupuy, in dem er ihm seinen unabänderlichen Entschluß mittheilte und ihn bat, von diesem Entschlüsse den Präsidenten des Senats und der Kammer Kenntniß zu geben, sowie denselben durch das „Journal officiel" und die „Agence Havas" veröffentlichen zu lassen. Dupuy traf nun sofort alle von der Lage bedingten Maß nahmen ; der Seine-Präfekt und der Polizeipräfekt erhielten von ihm dre nöthigen Instruktionen. WS. Paris, 16. Januar. Die Morgenblätter be sprechen die Demission des Präsidenten Casimir-Perier. Das „Journal des Dsbats" sagt, die Geschichte werde die Demission erklären. Ungewiß sei aber, ob die Geschichte diese Demission in Anbetracht der schweren Gefahren, die dem Lande von der wachsenden Kühnheit der Revolutionäre und der Unthätigkeit der Gemäßigten drohen, billigen werde und ob nicht ein anderer Beschluß als der der Abdankung hätte gefaßt werden können. — Der „Gaulois" nennt die Demission Casimir-Periers eine Desertion und meint, die Erklärung für dieselbe sei in dem Vorleben und dem Charakter Casimir- Periers zu suchen. — Der „Figaro" erklärt, wenn Casimrr- Perier auf seinem Entschlüsse beharre, werde Europa ihn ebenso streng beurtheilcn, wie Frankreich. — Die „Nation" nennt die Demission ebenfalls eine Desertion und hält daran fest, daß sie das Ergebniß des anarchistischen Zustandes sei, in welchem die Parteien sich befinden. — Nach der „Autorilv" ist die Demission nicht allein cie Verdammung des Ranges, sondern auch die des Regimes — Die „Lanterne" behauptet, diese Demission sei nicht Vas Ende, sondern der Anfang eine- Staatsstreiches gegen die Unabhängigkeit der Kammer und gegen die Rechte des allgemeinen Stimmrechtes; denn Casimir- Perier wolle einfach die Wiederwahl. — Das „Evenement" tadelt Casimir-Perier, glaubt aber nicht, daß er von seiner Entscheidung abgehen werde. — Das „Petit Journal" sagt, die Demission sei äußerst ernst und werde die Lage nur noch verwickelter machen. — Der „Radical" sieht mit Bedauern den Fall eines Mannes, dessen Kraft und Energie man rühmte. — Der „Jnlransigeant" sagt, cie Demission sei da» Eingeständniß der Ohnmacht. — Die „Petite Räpubliqae" erkennt in der Demission Casimir-Periers hauptsächlich emen Sieg der socialistischen Partei. WS. Paris, U». Januar. Wie die Blätter melden, fand gestern Nacht 1 kthr ein Ministerrath zur Besprechung