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MOmUAMM Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, b Wochenblatt für Wilsdruff - Umgegend P»tbo»nll-d>innrknu«. W^g"n mtg?g"n^Im zalle HSH-r-r »ewalt, Krieg oder sonstiger Belri-ddstörungen besteht kein Anspruch aus Lleserung »r« Zeitung oder Kürzung d» De,u,-preise». — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltenc Naumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgelnihr 20 Goldpfennig. Bor- geschricbene Erscheinung-- -c- läge und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit AbkNkVkbMbr: Ami v berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 10 Uhr ——" — > . .0— , ,. Für die Nichtigkeit Ler durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rab attanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oderder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts «nd Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr 195. 85 Jahrgang Telegr-rldr.: .SmtrblE W «V VNff - D VL»V k« Postscheck Dresden 2810 SoNNabkNd, -LN 21. AttgUst 1S2S Verbrecher-Hochsaison. Gibt es wirklich Menschen unter uns, die der Meinung sind, daß wir, trotz Erdbeben und Windhosen und Hoch wasser und Explosionskatastrophen, noch immer nicht ge nug Elend und Unheil in der Welt haben? Daß man also etwas nachhelfen müsse, das Gegenteil vom bekannten „dem Glück nachhelfen", das als eine der vielen Selbst- hilfcmethoden internationaler Gauner und Hochstapler be kannt ist? Auch diese Gilde von Verbrechern ist offenbar irgendwie international organisiert; man weiß von ihnen nicht, ob sie nur aus Lust an ausgemachten Schandtaten ihr niederträchtiges Handwerk treiben, oder ob sie, in die sem oder jenem Fall wenigstens, aus irgendwelchen an deren Motiven heraus operieren. Aber muß es nicht un gemein auffallen, wie jetzt, nachdem vor einigen Wochen erst ein großer Teil der Pulvervorräte für die amerika nische Marine unter recht geheimnisvollen Umständen in die Luft geflogen ist, ein ähnlicher Vorgang sich plötzlich auch in Ungarn abgespielt hat? In Budapest scheint mau schon die Überzeugung gewonnen zu haben, daß es sich hier unzweifelhaft um eine von verbrecherischer Hand verur sachte Explosion handelt, während in der amerikanischen Bundeshauptstadt vorsichtiges Schweigen über die näheren Umstände der Katastrophe gewahrt wird. Und was soll man erst dazu sagen, wenn auf einer der Hauptstrecken des deutschen Eisenbahnnetzes Verbrecher- Hände sich ans Werk machen und einen der großen inter nationalen Verbindungszüge zur Entgleisung brin gen, so daß Tod und Verderben wieder über ungezählte schuldlose Menschen gebracht wird? Ist hier nichts als Lust an Mord und Zerstörung im Spiel oder war es, nach Wildwestvorbildern, auf Beute abgesehen, die bei weniger entsetzlichem Ausgang des frevechaften Anschlages mit „Hände hoch!" und entsprechendem Revolvernachdruck zu machen gewesen wäre? Eben erst hat ein E i s e n b a h n - d i e ü dieser Art, der auf der Strecke Posen—Berlin einen Werblichen Fahrgast beraubt hatte und dann das Weite suchen wollte, den Tod auf den Schienen gefunden, ein Warnendes Beispiel, über das sich die Schändbuben von Hannover — wenn wirklich das Eisenbahnunglück auf ein Verbrechen znrückzuführen ist — indessen kaltblütig hin weggesetzt haben. Man kann sich kaum vorstellen, daß es ihnen nur darum zu tun gewesen sein sollte, sich an den Qualen der nächtlichen Opfer ihres Frevels zu weiden, oder daß sie etwa der Welt in Erinnerung bringen wollten, daß nicht nur der mehr und mehr in Aufnahme kommende Luft- und Autoverkehr, sondern auch noch der uns längst schon zur Alltagsgewohnheit gewordene Eisenbahnverkehr plötzlich als ein verhängnisvolles Wagnis sich erweisen kann. Nein, hier Hütten sich wieder einmal Abgründe seelischer Verworfenheit aufgetan, daß man wirklich fast den Glauben an die Menschheit verlieren könnte. Aber allerdings, wenn man sich von der Zunft der Verbrecher abwcndet, in der Hoffnung, W rt-n - dem schrecken der Gegenwart beim Anblick des cülva^rbolen '^"nationale« Diplomatie der den »opf hängens doch auch bald Me nns liier etwa sei natürlich fern von imr mff das «°h( der behaupten. Da heißt es, daß Deutschland und Belgien drauf und dran seien, sich über die Rückgabe von Euven und M almedy gegen bestimmte Leistungen finanzieller Art zu verständigen — und prompt setzt von Frankreich her ein sehr entschiedener Widerspruch gegen ein solches Ver söhnungswerk ein, als wäre es nicht mehr und nicht weni ger als ein Verbrechen, auch nur einen der ncbensäcblicke- ren Steine des Anstoßes Versailler Angedenkens aus dem Wege räumen zu wollen. Und der herannahenden neuen Sitzung des V ö l k e r b u n d r a t e s muß man nachgerade angesichts der Wetterzeichcu, die von allen Seiten wieder gegen Genf Heraufziehen, mit großen Bedenken entgegen setzen. Wenn nicht alles täuscht, soll der Versuch gemacht werden, was in der Frühjahrssitzung auf direktem Wege nicht durchzusetzen war, diesmal den widerstrebenden Mächten mit Hilfe eines regelrechten Kuhhandels abzu listen: Her mit dem Ratssitz oder, wenn nicht, dann wenigstens die T a n g e r z o n e s u r S P a n r e n. Oder aber umgekehrt: Könnt ihr euch nicht für die Freigabe der Tangerzone an Primo de Rivera entfchließen, dann bewilligt ihm zum mindesten einen ständigen Ratssitz IM Völkerbund, sonst könnte er für nichts stehen seinem lange genug auf schwerste Geduldprobe gestellten Heimat land. Sehr wohl fühlt sich dem Anschein nach weder Eng land noch Frankreich bei diesen drohenden Anzeichen, die jZeit fängt auch bereits an zu drängen, und kleiner wird 'die Zahl derjenigen, die noch zu hoffen wagen, daß aus den »bevorstehenden Ausschußsitzungen irgendein Halbwegs ver- tzünftiges Aktionsprogramm herauskommen werde. Aber »wenn schon der Eisenbahnweg von Berlin nach Köln den ahnungslosen Reisenden über Katastrophen führt, was kann da den düsteren Gemütes nach Genf aufbrechcnden Europäischen Diplomaten unterwegs nicht alles noch zu- Wßen? Unterwegs — oder gar hinterher, wenn es gilt, i^e Früchte ihrer Friedens- und Völkerbundgrbeit einiger- '"wßen heil in die Heimat zurückzubringcn! ' Dr. Sy. Deutscher Protest Lur Kontrollfrage. Fn der in Genf bereits tagenden Unterkom mission zur Vorbereit ungderAbrü st ungs- konserenz wurde der Gemischten Kommission die Schaffung eines unparteiischen Organs zur Entgegen nahme von Klagen und Beanstandungen empfohlen sowie die Ermächtigung erteilt, in besonderen Fällen eine Unter suchungskommission einzusetzen. Die deutsche Delegation gab hierzu die formelle Er klärung ab, daß eine Kontrolle, wie sie Deutschland nuf- erlcgt worden ist, der Würde und Souveränität eines Staates widerspricht, und daß sie nur von einem Staate angenommen werden tonnte, der einer Welt von Feinden erlag. * Das Programm für Genf. Nach Londoner ziemlich zuverlässigen Nachrichten ist das Programm für die kommende Völkerbundsitzung nun-' mehr den Mitgliederstaaten des Völkerbundes bekanntge geben. Der Rat wird am 2. September und die Völker bundversammlung am 6. September zusammentreten. Am 2. September wird auch das Finanzkomitee des Völker bundes, das über die bulgarische Flüchtlingsanleihe zu entscheiden habe, zusammentreten. Man hoffe, daß die am 30. August zusammentretende Kommission über die Zu sammensetzung des Völkerbundrates zu einem endgül tigen Bericht kommen wird. Die Sitzung wird wegen der erneuten Kandidatur Deutschlands bemerkenswert sein. Man glaubt, daß keinerlei Hindernisse für Deutsch lands Wahl in den Völkerbund und den Nat im Weae i flehen, aver die Furcht, daß Spanien sich vom Völkerbund f zurückziehen werde, wenn es nicht gleichzeitig mit Deutsch- t land einen ständigen Natssitz erhalte, ist immer noch nicht zerstreut. „MWis". - PolMe BMeWszeuge. Genf, 21. August. Unter der Ueberschrift „Abrüstung" berichten schweizerische Blätter, daß ein polnisches Bombenflug zeug von riesenhaften Ausmaßen auf dem Wege nach Warschau auf dem- Baseler Flugplatz gelandet sei. 12 weitere Apparate sollen folgen. Sie werden in Frankreich für die polnische Armee gebaut. Nevoluiion in Nikaragua. Mehrere Städte im Besitz der Rebellen. , m amerikanische Regierung sich geweigert hat, den Präsidenten Chamorro anzuerkennen, ist in Ni karagua eine Revolution ausgebrochen. Die Eisenbahnlinien wurden von den Aufständischen besetzt und ein Zug zwischen Manager« und Corinto zum Ent gleisen gebracht. Nördlich der Hauptstadt wurde ein Zug in die Luft gesprengt. Verschiedene Städte sind von den Rebellen eingenommen worden, aber die Regierung be hauptet, daß ihre Truppen die von den Aufständischen be setzten Städte belagern. Hauptherde der Revolution sind die Städte Leon, Chinandega und Corinto. lwMBW der WMWMoBe bei Leiferde. Mental oder UngWW? Hindenburgs Beileid. Die Zahl der Todesopfer bei der Eisenbahnkatastrophe hat sich aus 21 erhöht und man rechnet mit einer noch weiteren Erhöhung, da noch mehrere Schwerverletzte in ernster Lebensgefahr schweben. Reichspräsident v. Hin denburg, Reichskanzler Dr. Marx, der bayerische Ministerpräsident Dr. Held und Reichsverkehrsministrr Dr. Krohne drückten telegraphisch ihr Beileid zu dem furchtbaren Unglück aus. Dorpmüllers Erklärungen. Der Generaldirektor der Reichsbahn, Dorpmüller, der persönlich an der Leiferder Unglückstelle weilte, hat gleich nach seinem Eintreffen Vertretern der Presse seine Ein drücke übermittelt. Er sowohl wie die Staatsanwalt schaft und ein Vertreter des Reichsverkehrsministers, der gleichfalls an der Unglücksstätte weilte, sind übereinstim mend zu der Überzeugung gekommen, daß hier ein ver brecherischer Anschlag vorliegt. Reparaturen sind an der Strecke seit einigen Monaten überhaupt nicht nötig ge wesen. Zur Aufklärung der Ursache sind folgende Fest stellungen wesentlich: Die Schiene auf der rechten Seite, d. h. von Berlin aus nach Hannover hin, ist losgelöst und hat sich in die Nähe der anderen Schiene hingeschoben. Die Laschenschrauben, durch die die Schienenstöße mitein-' ander verbunden werden, sind herausgenommen und lie gen unvescyadigt neben den Schienen. Wäre, das Unglück die Folge eines schlechten Oberbaues, so müßten die Schrauben verbogen und gebrochen sein. Etwa zehn Meter von.der Unglücksstätte entfernt, im Walde, sind zwei Tchraubensleckschlüsscl gefunden worden. Diese sind einen halbem Meter große Schlüssel in T-Form, die am Ende eine Schraubenmutter zum Lösen der Stellschraube haben. Ferner wurde gefunden ein gewöhnlicher Maschen- fchraubenschlüsfel und ein alter Hemmschuh, wie er ge wöhnlich zum Rangieren benutzt wird, der, sestgeklemmt, allein einen Zug zur Entgleisung bringen kann. Vermutungen. Die Strecke wird in der Nacht innerhalb 50 Minuten von viel Zügen befahren, und zwar von dem Luxuszug u. l2 um 1,13 Minuten, dem Schlafwagenzug O. 16 um l,36 Minuten, dem holländischen Zug v. 174 um 1,52 Minuten und dem v. 8 um 2,03 Minuten. Letzterer ist der Unglückszug gewesen. Es sei möglich, daß während dieser ganzen Zeit von den Verbrechern an den Schienen ge arbeitet worden ist, daß sich bei den drei vorangehenden Zügen das Attentat als wirkungslos erwies und dann die Schiene heraufgebogen worden ist, so daß den letzten Zug das Unglück traf. Die Gegend liegt völlig einsam in einem Waldstreifen von drei bis vier Kilometer Tiefe. Die Nacht war völlig dunkel. Beweggründe ungeklärt. Die Motive zu der Tat der Eisenbahnfrevler erschei- aen noch recht ungeklärt. Die Neichsbahnverwaltung nimmt an, daß mehrere Mann in Frage kommen, wofür besonders der Umstand spricht, daß an der Unglücksstelle nehrere Stücke Werkzeug von einer Sorte gefunden Wur zen. Es müßten demnach also zwei Mann ein Interesse zaran gehabt haben, den Zug zum Entgleisen zu bringen. Ser tiLfere Beweggrund für diese Absicht könnte eigentlich rur ein beabsichtigter Raub sein. Da aber auch nicht der geringste Anhaltspunkt dafür wrhandcn ist, daß Raub geplant war, so erscheint die Mut- naßung nach der Anzahl der Täter um so schleierhafter. Nan könnte sich vorstellcn, daß ein Wahnsinniger ein Liscnbahnattcntat vollbringt. In Anbetracht dessen, daß ich für ein Eisenbahnattentat bisher keine einleuchtenden siründe finden ließen, rechnet man verschiedentlich trotz >cr angeführten Verdachtsmomente damit, daß das Un- flück nicht auf ein Attentat, sondern auf einen Material- ehler bzw. die Beschaffenheit der Strecke zurückzu- ührcn ist. Wie bekannt wird, ist an der Unglücksstelle ein weit rößeres Unglück dadurch'verhütet worden, daß es einem >lockw ärter gelang, einen mit tausend Personen be- tzten entgegenkommenden Personenzug im letzten Augcn- sick kurz vor dem verunglückten Zug zum Hallen zu ringen.