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Dieser Blatt erscheint täglich Abend« und ist durch alle Poft« ankalten de« Zu« und Au«lande« zu beziehen. Prri« filr Virereljahk Dresdner Aournal. M ' «t»«r geskalrene» Zeile » Pf. Herold für sächsische und deutsche Jnteresserl. Redigirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für daS Abends erscheinende Blatt werden bis 12 Uhr Mittags angenommen. Inhalt. K. Biedermann s dritter Bericht an seine Wähler. — Die Rentämter in Sachsen. — Tagetgrschichte: Dresden: Ernennungen; Hauptversammlung des deutschen Vereins. Berlin. Rendsburg. Frankfurt. Karlsruhe. Stuttgart. Wien. Lemberg. Mai land. Venedig. Neapel. Paris. Irland. — Feuilleton. — TingesendrteS.— GeschäftSkaleoder. — OrtSkalender.— Lngekommene Reisende. Dritter Bericht an meine Wühler. Frankfurt, den 23. Juli. Geehrteste Mitbürger! Ich habe in meinem heutigen Berichte von zwei Beschlüssen der Nationalversammlung zu sprechen, welche dem Volke Lasten auf legen, und diese Beschlüsse und meine Mitwirkung dazu vor Ihnen zu rechtfertigen, soweit es der Rechtfertigung bedarf. Es sind die Beschlüsse über Beschaffung von OMillione-n zurBegründung einer deutschen Kriegsflotte und über Vermehrung unserer Streitkräfte zu Lande. Gegen den ersten dieser Beschlüsse, der von der Versammlung Mit einer an Einhelligkeit grenzenden Stimmenmehrheit gefaßt wurde, hat sich meine- Wissen- kein Einspruch in der öffentlichen Meinung erhoben — vielmehr scheint man ihn allgemein mit freudiger Begeisterung ausgenommen zu haben, als da- erste Zeichen einer tbatkräftigen Erhebung Deutschland- aus seiner bisherigen Ohnmacht und Wehrlosigkeit zur See. Dazu stimmen auch ganz die vielen und zum Theil ansehnlichen freiwilligen Beiträge, die aus allen Gegenden Deutschlands für dieses große Nationalunternehmen bei der Nationalversammlung eingehen — auch aus Ihren Kreisen, theure Mitbürger, habe ich einen solchen mit Vergnügen empfangen und an unfern Marineausschuß überliefert. Weniger einstimmig möchten vielleicht die Ansichten sein über den andern Beschluß, die Vermehrung der Landmacht Deutschlands. In der Versammlung selbst fand dieser Antrag heftigen Widerspruch auf Seiten der Linken. Einestheils die Vermehrung der stehenden HeereSmacht, in welcher man ein gefährliches Werkzeug der Reaktion erblickte, anderntheilS die Besorgniß vor Uederbürdung des Volks durch neue Lasten — DaS waren die beiden wichtigsten Gründe, mit welchen man den Antrag bekämpfte. Denn der dritte Grund, der auch geltend gemacht ward, — daß eS einer solchen Vermehrung unserer HeereSmacht überhaupt nicht bedürfe, da wir durch ein Bündniß mit Frankreich uns besser sichern könnten, als durch Auf stellung einer imposanten Streitmacht, — dieser Grund war doch gar zu naiv, um ernstlich in Betracht zu kommen. WaS nun die Befürchtung betrifft: es möchte die zu schaffende HeereSmacht zu Zwecken der Reaktion, der Unterdrückung der Volks freiheiten mißbraucht werden, so ist auch diese kein haltbarer Grund gegen den Beschluß der Nationalversammlung. Es wäre schlimm, wenn unsere Freiheit auf so schwachen Füßen stände, daß wir keine, auch «och so dringende Maßregel für die Sicherheit unser- Vater lande- nach außen ergreifen dürften, aus Furcht, sie gegen uns selbst gekehrt zu sehe«. Ich denke: unser Volk hat feinen Willen, frei zu sein und keinerlei ungerechte Bedrückung ferner mehr zu dulden, so kräftig und entschieden kund gethan, daß der Reaktion wohl auf tange hin die Lust vergangen fein wird, ihr freche- Haupt wieder zu echchen. Sollte sie es dennoch wagen, so wird jener Volk-Wille auch stark genug sein, zum zweiten Male dieselbe zu besiegen und vollends zu zermalmen, und keine Bajonette und keine Kanone« werden diesen zweiten Sieg der Freiheit aufzuhalten vermögen, so wenig als sie den ersten hindern konnten. Freilich wird von gewissen Seiten her schdn DaS „Reaktion" getauft, wenn Ordnung und Gesetz gehandhabt und die Anarchie, die alle Bande der Gesellschaft lösen, durch eine Minderheit die Mehrheit tyrannisiren, wohl gar da- Vaterland dem Feinde öffnen möchte, mit starker Hand niedergehalten wird; freilich sähe man eS von diesem Standpunkte aus lieber, wenn die Regierungen außer Stande wären, solchen gewaltthätigrn Friedensstörungen eine andere sichere und stets bereite Macht zum Schutze der Ruhe und der Ordnung entgegenzusetzen, so oft hierzu die eigene Kraft der wohl» gesinnten Bürger nicht auSreicht, und man nenat e- Unterdrückung der freien Ueberzeugung, wenn einer wühlerischen Partei verwehrt wird, ihre Ueberzeugung und ihren Willen durch Gewalt oder Ein schüchterung Andern aufzudrängen. Daß aber dieser berechtigte und gesetzliche Gebrauch der Gewalt nicht in einen Mißbrauch derselben zum Schaden wohlerworbener Freiheiten d«S Volkes und der großen Errungenschaften unserer Revolution übergehe, dafür hat ja diese Revolution durch so viele und starke Bürgschaften gesorgt, — die freie Presse, da freie Versammlungsrecht, die parlamentarische Abhängigkeit der Minister u. A., — daß nur eine völlige Erschlaffung deS Volks geistes oder ein plötzlicher Umschlag desselben nach der andern Seite uns Gefahr dieser Art bringen könnte. Träte aber ein solcher Umschwung ein — was der Himmel verhüten möge! — dann bedürfte es wahrlich der bewaffneten Macht für die Regierungen nicht, um eine solche reaktionäre Bewegung im Volke selbst zu ihren Gunsten auszubeuten. Endlich aber ist diese ganze Befürchtung schon darum grundlos, weil eine Vermehrung deS eigentlichen stehenden Heere-, d. h. der,präsenten Mannschaft gar nicht aus der beschlossenen Maßregel folgt. Deün es ist ausdrücklich den einzelnen Staaten nachgelassen, soviel als sie an neuen Mannschaften auSheben und einüben, von den schon unter den Waffen befindlichen auf Urlaub zu entlassen, so daß hiernach der Bestand der unter den Waffen befind lichen Mannschaft immer derselbe bleibt, wie bisher, und nur eine größere Anzahl eingeüdter und kriegsfertiger Soldaten zur sofortigen Einberufung, wenn eS nöthig ist, bereit steht. Daß die Regierungen die Maßregel Nur so ausführen, dafür werden schon Volk kund Stände in den einzelnen Staaten sorgen. Aus diesem letzten Grunde sind auch die Opfer an Geld und an persönlichen Leistungen, welche da-Volk in Folge der beschlossene« Maßregel zu bringen haben wir-, bei weitem so groß nicht, al- es vielleicht auf de« ersten Blick scheint oder al- e- von den Gegnern der Maßregel dem Volke vorgestellt wird. Denn nach dem so eben angegebenen System, wonach für jeden neueingestellten